Herrsteinturm 2395m - Das geheime Tor


Publiziert von georgb , 1. Oktober 2018 um 10:30.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:29 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Pragser Tal-St.Veit
Kartennummer:Pragser Dolomiten

Vor Jahren war der Herrsteinturm noch ein richtiger Geheimtipp, denn der Zustieg war so geheim, dass er auch mir nicht bekannt war. So musste ich einmal unverrichteter Dinge umdrehen hier. Ob Viktor von Glanvell bei seiner Erstbesteigung über die Nordkante schon von dem geheimen Tor gewusst hat und ob er dann auch lieber von Süden zugestiegen wäre? Inzwischen ist der Herrsteinturm nicht nur den Insidern bekannt und es steht ein beachtliches Kreuz, kein Grund mehr, daraus ein Geheimnis zu machen.
Öffentlich bekannt ist, dass die Unwetter vom letzten Jahr den Steig durchs Schadebachtal zum Weißlahnsattel zerstört haben. Trotzdem steige ich hier zu, das Gewimmel am Pragser Wildsee hat sich für meinen Geschmack noch nicht genug gelegt!? So nehme ich ein paar Höhenmeter mehr und einen Tanz durch wilde, ausgespülte Geröllriesen in Kauf.
Von dem markierten Weg ist kaum noch etwas zu erkennen, aber es findet sich eine Linie durch den mürben Schotter und ich komme noch relativ entspannt am Weißlahnsattel an. Ein einsamer Bergkollege steht dort schon zum Sprung auf den Herrstein bereit, sein Name ist Georg, was für ein Zufall!? Trotzdem will er mich nicht zum Turm begleiten und so suche ich mir alleine das magische, geheime Tor.
Wie vor Jahren steige ich kurz unterm Herrsteingipfel über eine ungemütliche, felsige Rinne (I-II) ab, quere durch Steilgras hinüber zum beeindruckenden Herrsteinturm und wühle mich durch steilen Schotter hinab zum Fuß des Turms. Immer noch schaut er unbesteigbar aus, eine schmale Rippe steht im Weg, wenn ichs nicht besser wüsste...
Das Geheimnis liegt in der unheimlichen Schlucht rechts vom Gipfelaufbau und zaghaft taste ich mich abwärts. Tatsächlich kommt nach wenigen Metern ein Felsenbogen in Sicht, es beginnt zu leuchten und ein Durchgang zur Westseite tut sich auf. Was für ein magischer Moment, ich bin beeindruckt, das geheime Tor existiert wirklich. Jenseits ziehen die Spuren an den Felsen entlang und ein Seil hängt zur Sicherheit daneben. Doch es wartet noch eine zweite Überraschung: Ein ausgesetztes Wändchen im 3. bis 4. Grad verhindert den einfachen Zugang auf den Kamm zum Gipfelkreuz. Doch man hat auch hier ein mehrfach geknotetes und mit Schlingen versehenes Seil angebracht, mit ein paar kräftigen Armzügen hangel ich mich hinauf und nach wenigen Schritten stehe ich am Herrsteinturm, voller Adrenalin.
Die zauberhaften Aus- und Tiefblicke beruhigen meinen Puls bald wieder, ich bin begeistert von dem geheimnisvollen Gipfel und blicke zum Nachbarn Herrstein. Lange halte ich mich nicht auf, ich will wieder in entspannte Regionen und schleiche mich zurück. Der kurze Absatz lässt sich mit Hilfe des Seils erstaunlich einfach bewältigen, am Felsentor halte ich kurz inne und bewundere das faszinierende Naturbauwerk.
Es folgen zwei haarige, brüchige Schotterrinnen und das einfache Wändchen zurück zum markierten Steig, Zeit zum Durchatmen und Genießen. Die wenigen Meter zum Herrstein kann ich natürlich nicht auslassen, mein Namenskollege flackt dort noch immer in der Sonne und nutzt das herrliche Spätsommerwetter.
Nach einem kurzen Plausch verabschiedet er sich auf dem wiederhergestellten Steig Richtung Wildsee, ich dagegen ziehe zurück ins Chaos im Schadebachtal. Ein paar Vorgänger haben dort schon zaghafte Markierungen angebracht, man ist anscheinend dabei, die Wegführung zu erneuern!?
Ich schleiche mich durch ausgespülte Rinnen und Schotter hinab, vom Herrsteinturm und seinem magischen Tor werde ich noch lange schwärmen.

Tourengänger: georgb


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