Kleiner Gipfelkranz über Cranzünell


Publiziert von lorenzo , 1. Oktober 2014 um 21:02.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:28 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Biela 
Zeitbedarf: 2 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Bignasco
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Ponte per Corino oder Autstop von dort nach cff logo Cevio
Kartennummer:LK 1291 Bosco Gurin; G. Brenna, Guida delle Alpi Ticinesi 1 Ovest, CAS 1989

So wenig laut Glossario dialettale im aufgeführten Tessiner Führer Madom Gröss mit "grosse Madame" und Madom da Sgiof mit "Frau Jupiters" zu übersetzen ist, so wenig bedeuten Madone di Càmedo "Madonna von Càmedo" oder Madonino "Madonnchen". Vielmehr ist die Bedeutung von madom (Val Verzasca) und madone oder madonino (Vallemaggia) - vom lateinischen meta abgeleitet - einfach Säule oder Pfeiler. Die Übersetzung der genannten Gipfelnamen lautet also etwa "grosser Pfeiler", "Pfeiler des Passes" (Passo Deva), "Pfeiler von Càmedo" (Alpe di Càmedo) und "Pfeilerchen". So zieren denn auch keine Madonna, sondern bloss das vertraute Kreuze oder der übliche Steinmann drei der vier unten beschriebenen Gipfel. Nur auf dem kleinen Madonino steht andächtig und mit gefalteten Händen eine schlanke bronzene Madonna, die gedankenverloren zur Alpe Cranzünell hinunter schaut.

Natürlich hat auch Cranzünell nichts mit einem "Kranz" zu tun. Einen Lorbeerkranz kann man sich bei der Überschreitung Madone di Càmedo-Madonino-Pizzo della Rossa ebenfalls nicht holen, aber ein kleines Freudenkränzchen darf sich trotzdem winden, wer wohlbehalten auf Corte Antico angekommen ist:

"Ununterbrochen geben auch die dunklen Fluren nicht Frucht, und auch
die Bäume wollen nicht in jedem Jahresumlauf
gleich reiche duftende Blüte tragen,
sondern sie wechseln darin ab. Auch das Menschengeschlecht erfährt dasselbe
Geschick. Von Zeus ist den Menschen kein deutliches Zeichen
mitgegeben. Dennoch begeben wir uns in hochfliegende Pläne
und planen vielerlei. Denn der Körper verfällt
schnöder Hoffnung, und die Quellen, etwas vorauszusehen, liegen fernab.
In der Jagd nach Gewinn soll man ein Mass setzen.
Doch stachelt kein Wahn so sehr wie die Begierde nach Unerreichbarem."

(Pindar, Nemeische Ode XI, 39-48)
 

Aber nachts vor der Cascina unter dem weiten Sternenhimmel, wenn der Grosse Wagen über dem dunklen Horizont erscheint, die Luft vom Duft reifer Wachholder- und Heidelbeerstauden und verblühter Alpenrosen tief gesättigt ist, und ein nächtlicher Bergwind stossweise kühlere Luft und das Rauschen der nahen und fernen Bergbäche heranträgt, vergisst plötzlich Seinsvergessenheit sich selbst, und in Momenten, die wie fallende Sternschnuppen aufblitzen, werden Denken und Sein wieder eins.
 

1. Tag (27.9.2014)

Corte di Mezzo  
Von Bignasco auf dem eingezeichneten Bergweg über Piodàu, Fontanella und Corte di Fondo nach Corte di Mezzo, 1290Hm, 3h, T3. Übernachtung in einer der in Renovation befindlichen (noch) offenen Hütten (nach Abschluss der Bauarbeiten wahrscheinlich geschlossen).

Madonino (2121m)
Aufstieg SW-Grat: auf dem Bergweg Richtung Corte di Cima bis ca. 1900m und nach NW über Geröll und steiles Gras in den Einschnitt im SW-Grat (ca. 2010m). Auf der anderen (NW-)Seite ca. 10m durch eine Rinne hinunter, rechts über gestufte Felsen (ca. 10m, II+) in die NW-Flanke und über diese schräg nach NE auf überwachsenen Felsen zurück auf den Grat. Einfach über diesen zu einem Felswürfel, und rechts auf geneigten Platten um diesen herum (II). Der nächste mehrgliedrige Gendarm wird ebenfalls rechts auf einem Grasband umgangen, bis eine Grasrinne zurück zum Grat leitet. Über diesen (eine ca. 5m hohe Felsstufe III-) zu einem markanten Grataufschwung und auf einem Grasband rechts um diesen herum. Durch das zweite grasige Couloir und auf überwachsenen Felsen hinauf zum NE-Grat nahe der Madonna und über diesen zum Gipfel, 385Hm, 1h 30min, T6.

Abstieg NE-Grat: über den Blockgrat (I) bis zum nächsten Sattel (ca. 2075m), nach SE durch eine Grasrinne hinunter, weiter schräg nach SSE über steiles Gras hinab zu einer Felsrinne (I) und nach dieser über Pianca Lunga zurück, 385Hm, 30min, T5.

2. Tag (28.9.2014)

Madone di Càmedo
Aufstieg ENE-Grat: auf dem Bergweg Richtung Corte di Cima bis ca. 1875m und nach S über Moorweide, Stauden und Geröll zu einem bei ca. 2000m ansetzenden, die Creste del Madone querenden Grasband. Auf diesem (Pfadspuren) nach E hinauf, weiter nach SE zu einer Rinne (I), die zum Costone di Càmedo auf dem ENE-Grat führt, und über diesen einfach auf den Gipfel, 710Hm, 1h 45min, T4.

Abstieg WNW-Grat: über z.T. grosse und sperrige Blöcke (I-II, stellenweise ausgesetzt) zum Sattel 2375, 70Hm, 30min, L.

Madonino (2483m)
Aufstieg ESE-Grat: vom Sattel 2375 links vom Grat über griffarme Platten (III, zusätzliche Haltemöglichkeiten mit Pickel in Grasrinnen) bis unter den markanten Gratturm. Einige Meter auf flachere Platten absteigen, diese wieder nach WNW queren und durch grasdurchsetzte Verschneidungen und über schöne Platten (III) hinauf zum Grat, der einfach zum Gipfel führt, 110Hm, 30min, ZS-.

Abstieg NW-Grat: über z.T. grosse und sperrige Blöcke (I-II) bis zu einer Stufe, über die ca. 10m abgeseilt werden kann (Schlingen). Weiter zu einer ausgesetzten griffarmen Platte, über die ca. 4m nach NE abgeseilt werden kann (Felsblock), und zum Sattel (ca. 2440m) vor dem Pizzo della Rossa, 45Hm, 45min, WS.

Pizzo della Rossa
Aufstieg SE-Grat: vom Sattel (ca. 2440m) rechts entlang dem grasdurchsetzten Felsgrat auf den Gipfel, 40Hm, 15min, T4.

Abstieg N-Flanke: Abstieg über die E-Flanke auf Gras und Felsbändern bis ca. 2440m, Querung nach N, und Aufstieg durch eine Rinne in den Einschnitt zwischen Gipfel und trapezoidem Turm NE davon. Auf der anderen Seite in der N-Flanke auf Grasbändern und über Felsstufen (T6, II) ausgesetzt hinunter nach Ganne und nach W über Geröll zu einem Schrofengürtel. Über diesen hinunter (T6), auf ca. 2285m über Geröll und Gras nach NW, N um P. 2440 herum und nach W zum Einschnitt (ca. 2350m) zwischen diesem und P. 2316. Nach SW durch eine steile Grasrinne (ca. 50m, T6, II) hinunter, nach SSE auf Geröll, Weide und Stauden über Süi Alp (2177m) und Pian Cortaccio (1908m) hinunter zum weiss-rot markierten Bergweg und auf diesem über Corte Antico, Campioi (1456m) und Camanoi nach Ponte per Corino (T3), 80Hm Auf-, 1470Hm Abstieg, 3h, T6.

Material: Helm, Klettergurt, 25m 7mm Seil, 3 Express, einige Schlingen, Kk-Set, mittlerer Friend (Kletterausrüstung nur zum Abseilen benutzt; zur Absicherung des grossen Madonino ESE-Grats wäre die übliche keepwild!-Ausrüstung inklusive Friend-Set notwendig), Leichtpickel, Biwakmaterial.

Tourengänger: lorenzo


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Kommentare (2)


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360 Pro hat gesagt: Sehr hübsche Hochnebelstimmung ...
Gesendet am 1. Oktober 2014 um 23:23
... die es so im Tessin wohl nicht allzu oft gibt. Und merci, denn Dank Deiner einleitenden Worte bezüglich madom, madone oder madonino habe ich jetzt endlich eine schlüssige Antwort auf meine Frage von "anno dazumal" erhalten:

>*There are at least 9 different mountains called Madone in the Ticino, why it is such a popular name or what it actually means I don’t know.

Gruss, 360


lorenzo hat gesagt: RE:Sehr hübsche Hochnebelstimmung ...
Gesendet am 2. Oktober 2014 um 06:38
Ja, sogar der - zum Glück einfache - Abstieg im Nebel hatte seinen Reiz.

Ich bin auch froh, endlich eine Ahnung zu haben, was madone und madom ungefähr bedeuten könnten.

Grüsse

lorenzo


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