Doldenhorn 3643 .. nein, Üssere Fisistock 2946


Publiziert von amphibol , 25. September 2014 um 23:32.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:20 September 2014
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 2400 m
Strecke:Kandersteg Bahnhof - Einstieg Bäretritt - Doldenhornhütte SAC - Spitze Stei - Obere Stei - Bibergpass - Üssere Fisistock - Brunnlital - Fisialp - Doldenhornhütte SAC - Kandersteg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Kandersteg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:-
Unterkunftmöglichkeiten:Doldenhornhütte SAC
Kartennummer:1248 Mürren, 1247 Adelboden (1:25'000)

Das Doldenhorn übt auf mich eine Faszination aus, die mich immer und immer wieder zum Punkt kommen lässt, dass ich es besteigen will. Lange hab ich gedacht, ich möchte diesen schönen Berg über den Galletgrat besteigen. Aber heute, nachdem wieder viel Wasser die Kander herunter geflossen ist, möchte ich das Doldenhorn wahrscheinlich auf allen möglichen Routen, die ich mir zutraue, besteigen. "Leider" und dies nehme ich vorweg, meinte es der Berg nicht gut mit uns und zeigte uns die kalte Schulter.

Frohen Mutes machten wir uns auf den Weg zur Doldenhornhütte. Wir waren mit dem Zug in Kandersteg erst etwas nach Mittag angekommen. Der Hüttenweg ist angenehm und führt zuerst südliche des Öschibachs strassenhaft Richtung Öschinensee. Wenn man dieser Strasse folgt, zweigt der Weg zur Doldenhornhütte bald einmal Richtung Süden (rechts) ab. Über den Bäretritt tritt man in das UNESCO Weltnaturerbe und gelangt in leichtem zick-zack bald mal zur Abzweigung Doldenhornhütte und Felsenpfad zur Fisialp. Wir gelangen nach rund 2 Stunden bei Sonnenschein bei der schön liegenden Doldenhornhütte an und ja, es gibt ihn, den Moment, wo man draussen an der Sonne sitzen kann, ohne zu frieren. 

[19.09.2014]  Die Nacht war kurz aber bis auf einen surrealen Traum sehr angenehm. Wir waren die einzigen, die eine Hochtour geplant hatten. Um rund 05:15 Uhr starteten wir. Der Weg führt zuerst angenehm Richtung Südosten. Bald einmal wird es wegloser. Man gelangt auf eine steile, teilweise sehr steile Seitenmoräne, die man in leichtem zick-zack "erkrampft". Danach, nach Pkt 2406 dreht der Weg nach Osten, eine eher ausgesetzte Passage in eine Art Abflussrinne führend. Danach stiegen wir wieder ziemlich steil hoch und kamen dem Spitze Stei immer näher. Endloser Kalkschotter und teilweise weglos fanden wir aber immer wieder Spuren, die uns die Gewissheit gaben, auf der richtigen Fährte zu sein. Der Hüttenwart der Doldenhornhütte meinte zum Doldenhorn und zur Saison, dass es diese Jahr fast nie begangen wurde, das Wetter wäre einfach zu wenig stabil gewesen.. Dies wohl ein Grund für den eher schlechteren Zustand des Zustiegs.

Der Spitze Stei ist dann irgendwie gar nicht so spitz und wie sich dann herausstellte umgeht man da einige Steinkonstrukte. Da hat die Natur ganze Arbeit geleistet. Nach der letzten Eiszeit (rund vor 10'000 Jahren) ereignete sich hier, also am Abhang des Üssere Fisistocks (auf der Seite Doldenhornhütte) ein gigantischer Felssturz. Die plattigen Schichten, die heute bereits aus dem Kandertal gut ersichtlich sind, stellen eine Bruchfläche dar, die von diesem Ereignis übrig bleibt. Der Talboden von Kandersteg wurde um 400 Höhenmeter aufgefüllt. Die Steinkonstrukte und der viele, ja wirklich viele unstabile Kalkschotter dürfte noch heute Zeuge dieser Zeit sein, als Überbleibsel und Mahnmal einer mächtigen Natur. 

Da berggiis nicht so fit war, wir aber trotzdem sehr gut und wie immer schnell vorankamen, bemerkte ich früh beim Aufstieg zum Spitze Stei, dass es heute eng werden könnte mit dem Gipfelerlebnis, jedenfalls mit dem Doldenhorn. Das Wetter, dass in der Dunkelheit des heutigen Morgens noch nicht so gut eruierbar war, zeigte sich von seiner die Situation verschlechternden Seite. Wolken zogen aus dem Süden kommend auf, beim Blick zum Wildstrubel und zum Niesen war schon bei der Dämmerung klar, dass es an den betrachteten Orten regnete. Insbesondere die Wolken die vom Wallis dann auch den Gipfel der Begierde sukzessive umhüllten und ihn bedrohlich von oben gegen unten umschleierten, machten uns zunehmend unschlüssig. Unschlüssigkeit wirft Fragen auf: Weiter? Abbrechen und langsam zurück? Wir entschieden beim Spitze Stei mal für weiter.

Nach dem Spitze Stei ist man aber noch nicht beim Einstieg zum Gletscher, nein das dauert auch von hier noch ziemlich. Der Obere Stei wird aber ersichtlich und muss etwas mühsam erklettert werden. Mühsam weil alles was man in die Hand nimmt entweder abbricht oder bereits in hunderte von Teile zerbrochen ist. Etwa um 07:35 Uhr waren wir aber trotzdem oben auf dem Oberen Stein und schauten uns die nicht bessernde Wettersituation an. Der Nebel stand nun bereits auf der Höhe des erster Gletscherabbruchs, also ziemlich nahe an unserem Standort. Tendenz der Nebeluntergrenze: sinkend. Hinzu kam, dass sich ein leichter Nieselregen dazu gesellte und der Wind den warmen Morgen in einen kalten und unangenehmen verwandelte. Wir warteten auf Besserung und harrten auch tatsächlich an diesem unwirtlichen, schutzlosen Platz aus und nach ca. 15 Minuten war für uns beide irgendwie klar, heute wird das nichts mit dem Doldenhorn. Etwas enttäuscht und irgendwie auch etwas stinkig machten wir uns auf den Abstieg. Der Aufstieg bis hier hin war mindestens die halbe Miete, der Weiterweg wäre dann das Tüpfchen auf dem i, die Sahne auf dem Kaffee gewesen, aber manchmal soll's nicht sein...

Zu unserer Rechtfertigung bemerke ich, dass wir die Berge nicht nur besteigen, damit wir sie bestiegen haben. Nein, das wäre meiner Meinung nach falsch! Wenn wir uns in dichtem Nebel, bei keiner Sicht und Niederschlag auf einen Gipfel krampfen, dann hat das für uns nur wenig Sinn. Wir geniessen das Wetter zwar in allen Facetten und haben immer gerne viele Reserven, so dass wir auch mal hin sitzen und geniessen können. Bei bestimmten Gipfeln, wie eben auch beim Doldenhorn kommt aber dazu, dass sich auch die Normalroute relativ lange hinzieht. Die Begehung ist ein Kraftakt wo die nötigen Reserven verlangt werden. Zudem weist der Doldenhorngletscher viele Spalten auf und davon sind einige hinterlistig. Gerade bei dichtem Nebel ist daher eher mal etwas Vorsicht geboten.

Ich bearbeitete berggis aber innigst, doch halt unsere Alternativtour zu begehen!! Nach längerer Bearbeitung waren wir uns mehr oder weniger einig: Überschreitung des Üssere Fisistock! Wir zogen im oberen Bereich, mit sicherer Distanz zum Gletscherabbruch direkt, ca. auf der Höhenlinie 2600 rüber in Richtung Bibergpass. Die Traversierung zum Einstieg in das zu erkletternde Wändli, dass zum Bibergpass führt erwies sich als genau so brüchig, instabil und rutschig, dass die Umgehung auf dem Weg wohl sinnvoller gewesen wäre. Auch der Üssere Fisistock wird einem nicht so einfach geschenkt! :-I

Das Wändli ist mit Drahtseilen ausgerüstet. Der "Klettersteig" hat es aber in sich, so viel Schutt fliegt da auf einem zu, Helm ist absolutes Obligatorium! Zumal dieses Jahr auch da wohl nur eine Hand voll Leute hochgestiegen sind (wenn überhaupt), dürften sich die vielen losen Steine wohl kumuliert haben. Wir sicherten uns mit Bandschlingen und Karabiner und erreichten den Bibergpass zufrieden. Die Wand ist rund 40m und bis auf den oberen Teil klettert man mehrheitlich in Fels. Oben gibt's ein paar Eisenbügel. Auf dem Bibergpass waren wir endlich an der Sonne, die allerdings nur talseitig schien. Aber am Klein- und Doldenhorn waren immer noch die dichten Wolken hangen - eine gute Entscheidung also. 

Vom Bibergpass gelangt man über Felsbänder Richtung Üssere Fisistock und traversiert auf immer mit rot oder gelben Strichen markierten Steinen die Kalkschotterfelder und steigt dem Fisi quasi hinterrücks auf den Stock. Der Fisistock ist ein wunderbarer, luftiger Gipfel!

Abstieg über das Brunnlital, das über das in der Karte eingezeichnete Feslband einige Seilversicherungen als Unterstützung anbietet. Der Abstieg im Brunnlital ist weglos und zieht sich noch relativ lange hin. Wieder in den Wiese abgekommen, befindet man sich auf der Fisialp. Wir drehten bei Puknt 2132 Richtung Alphütte (Norden) der Fisialp (Pkt 1964). Von dort führt ein Weg über den sogenannten Felsenpfad zurück zur Doldenhornhütte SAC. Dort gönnten wir uns einen Kaffee und stiegen trotz allem zufrieden ab. Wir hatten einen schönen Gipfel und eine sehr lange Tour gemacht, auch wenn es nicht das geplante Doldenhorn war! :-)

Zufrieden erreichten wir gerade den 17.13 Zug und waren geschafft, aber glücklich.....

Tourengänger: amphibol, berggiis
Communities: ÖV Touren


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Kommentare (4)


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Domino hat gesagt: Fliegender Schutt
Gesendet am 26. September 2014 um 06:51
Wir haben den Steig gerade am 17. September 14 zu viert durchstiegen und auch uns sind jede Menge Steine um den Kopf geflogen. Das hört dort nie auf. Trotzdem eine schöne Alternativtour, die ihr da gemacht habt!

Gruss Domino

amphibol hat gesagt: RE:Fliegender Schutt
Gesendet am 27. September 2014 um 11:43
Hallo Domino

Vielen Dank für den Kommentar! Ja die Fisistöcke und das Gebiet an den westlichen Abhängen des Doldenhorns ist eines der schöneren Gebiete im BEO, auch wenn der viele lockere Stein manchmal beschwerlich wirkt. ;-)

Dir weiterhin schöne und interessante Touren!
LG amphibol

Aendu hat gesagt: Gratuliere!
Gesendet am 13. Oktober 2014 um 13:57
Hallo Raphael

Fisistock ist ja auch eine schöne Tour! Ich fand damals auch, dass die "Klettersteigpassage" ziemlich brüchig ist...wird vermutlich - nicht nur im Sommer 2014 - sondern grundsätzlich eher wenig begangen.

Trotzdem müsst ihr noch einmal kommen und das Doldenhorn besteigen. Es lohnt sich!

Beste Grüsse

Aendu

amphibol hat gesagt: RE:Gratuliere!
Gesendet am 13. Oktober 2014 um 22:17
Hallo Aendu

Merci!

Das stimmt wohl. Das Gipfelbuch des Fisitsocks reicht bis 1994 zurück und bietet noch manche Seiten zum Befüllen. Dies auch ein weiterer Indiz für die eher magere Begehung, zu unrecht wie mir scheint! :-)

Auf die Tour Doldenhorn kommen wir ganz, ganz sicher zurück! :-)
LG Raphael


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