40mm Niederschlag und ein Rubihorn


Publiziert von Kris , 14. Juli 2014 um 18:33.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:29 Juni 2014
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 750 m
Strecke:Vordere Seealpe - Niedereck - Rubihorn - Versuch Geißalphorn - retour
Kartennummer:DAV Allgäu West

Das Allgäu meint es scheinbar nicht gut mit mir. Nachdem ich bereits bei meinem letzten Aufenthalt überschwemmungsartige Niederschläge zu erdulden hatte, fängt der neuerliche Besuch genauso an. Der geplante Schattenberggrat als Einstiegstour fällt aufgrund der ausgesetzten, grasigen Passagen im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Aufgrund des relativ kurzen Zustiegs entscheide ich mich dagegen für das Rubihorn.

Um das Aushalten im Sauwetter weiter zu verkürzen, nehme ich die - im Übernachtungspreis inbegriffene - Bahnfahrt auf die Station Seealpe in Anspruch. Von hier aus geht es ausgeschildert mäßig steil über Almwiesen und einen kleinen Bachlauf in den Nadelwald. Hier wartet der Verhauer des Tages: Ich folge Wegspuren, anfangs deutlich später immer undeutlicher werdend unterhalb eines Stacheldrahtzauns hindurch (hätte mich natürlich gleich wundern sollen) - allerdings hat mir die Kapuze meiner Regenjacke das Blickfeld eingeengt.. dann hätte ich die (wenig markante) Markierung bemerkt, die nach rechts hangaufwärts führt. So gelange ich in immer wilderes, steileres Gelände in der Westflanke unter dem Rubihorn. Über umgestürzte Baumstämme geht es voran, extrem glitschige Baumwurzeln gilt es zu queren, teilweise kommen sogar die Hände an Ästen zum Einsatz. Bis ich schließlich vor 3 hintereinander liegenden Baumstämmen stehe - die Wegspuren verlieren sich hier - ein unmögliches, da abschüssiges und rutschiges Hindernis bei diesem Wetter.
Der Entschluss zur Umkehr ist gefasst - vorsichtig taste ich mich durch das steile Gelände (T4), bis ich schließlich wieder vor dem Stacheldrahtzaun stehe. Jetzt ist es unverkennbar und ich sehe die Markierung. Sie ist vom Weg seitens der Almwiese nicht sichtbar, daher Obacht! So geht es nun wieder im T2-Marsch das Gelände nach oben - bei unablässigem Regen. Die Serpentinen steilen zunehmend auf - immer im Zickzack gewinnt man einfach an Höhe, dieser Weg ist im Vergleich zu vorher null problemo. Je höher man gelangt, desto schrofiger wird es. Die Latschenkiefern nehmen im gleichen Atemzug zu, bis man zur ersten drahtseilversicherten Passage gelangt. Dieses braucht man selbst bei diesen Witterungsverhältnissen nicht (einfache Querung, unteres T3). Kurz vor Erreichen des Grates zwischen Geißalphorn und Rubihorn kommt noch eine längere, versicherte Passage. Hier hilft das Drahtseil bei Nässe durch das gut durchgestufte und nicht ausgesetzte Gelände - auch hier: einfach und auch für den nicht schwindelfreien Bergwanderer geeignet. 

 Direkt oben am Grat erreicht man einen kleinen, weißen Wegweiser. Die Wolken zeigen nicht viel Sicht - ich ahne nicht, dass hier die Abzweigung zum Geißalphorn lauert - der Wegweiser zeigt nicht in Richtung Geißalphorn. Denn wenn man ein paar Meter weiter nach rechts läuft, sieht man das "berühmte" Lebensgefahr-Schild. Ich halte mich also links und muss ein bisschen am Grat auf und ab gehen. Die Wolken und der leichte Nebel sorgen für eine mystische Stimmung. Deutlich bergab geht es dann (abermals mit Drahtseil) noch einmal bis zum Niedereck. Von hier aus sind es dann noch etwa 100HM zum Gipfel. Eine etwas ausgesetzte Querung wartet noch mit herausgerissener Drahtseilsicherung, hier ist Vorsicht angesagt bei den vorgefundenen Verhältnissen. Aber bald steht man (immer wieder mit kurzen Versicherungen) am hölzernen GK. Sicht ist leider gleich 0, wenn man davon noch sprechen kann - sie liegt eher im negativen Bereich. Und es ist arschkalt hier oben. Während es immer noch in Strömen regnet, packe ich also lieber mal die Handschuhe aus. Kurzzeitig reißt der vernebelte Blick nach Oberstdorf auf - Makulatur.

Im Irrglauben dem Weg zum Geißalp zu folgen, nehme ich vom GK einen anderen, ausgetretenen Pfad, der über die steile Felsflanke Süd-West am Gipfel führt. Hier steige ich mit größter Vorsicht ab (I+), nur um kurz darauf auf dem gleichen Wanderweg zu stehen, wie zuvor. Also geht es zurück bis zum Niedereck und an den weißen Wegweiser. Zwischenzeitlich ist die Sicht immer wieder kurz besser - das Geißalphorn sichtbar. Jetzt weiß ich also, dass der Einstieg hier anfängt. Ich weiß auch, dass das Horn einen Zacken schärfer sein soll - ob das bei den Verhältnissen verhältnismäßig ist, weiß ich nicht. Einfach mal anschauen gehen. Unmarkiert geht es - leicht mit den Latschen kämpfend am Gratverlauf entlang. Teilweise ist es ausgesetzt und bald sehe ich aus den Wolken heraus die gfürchtig aussehende Stufe unterm Gipfel. Allerdings ist mir bewusst, dass diese mit Drahtseil / Leiter versichert ist. Was mich dann doch zu vernünftigen Entscheidung leitet, dass (ohnehin nicht gerade prestigeträchtige) Geißalphorn sein zu lassen, wo es ist, ist vielmehr die ungesicherte, ausgesetzte und schmale Gratpassage (T4+) vor dem Steilaufschwung. Das muss ich nicht haben in einer Eingehungstour, durchnässt bis auf die Unterwäsche und noch nicht 100% sicheren Schrittes. Also zurück, ohne großen Wehmut - es grenzt schon ein Wunder, dass ich an diesem Tag überhaupt einen Gipfelchen mitgenommen habe.

Bis zu meinem - arg schlammigen Abstieg durch die Wiesen an der Seealpstation (immer wieder stoßen Flucher aus mir heraus) bin ich an diesem Tag keinem anderen begegnet. Ich bin schließlich ab diesem Tage "mit allen Wassern gewaschen" - Bilanz: durch die Regenhülle des Rucksacks, durch den Rucksack, durch die Innentasche, durch das Portmonee ist auch das letzte Stückchen nass. Ebenso die Kamera, die DAV-Karte. Da bleibt kein Auge trocken! .. Aber genug der Kalauer - alles in allem war es eine angenehme Eingehtour. Ärgerlich war der Verhauer am Anfang, der mehr Adrenalin ausstoßen ließ, als zu erwarten war.
 Ohne Verhauer und bei besseren Verhältnissen T3. 

!First-Person-VIDEO FOLGT!

KONDITION: 2/5
ORIENTIERUNG: 1,5/5
TECHNIK: 2/5
EXPONIERTHEIT: 2/5

Tourengänger: Kris


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»