Klettern bei Regen und Wind? (Edelgrat)


Publiziert von Fico , 19. April 2014 um 16:15.

Region: Welt » Schweiz » Solothurn
Tour Datum:18 April 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SO 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Auto von Selzach Richtung Brüggli, Parkplatz in einer scharfen Linkskurve beim P. 985.

Vielversprechend waren die Wetterprognosen für diesen Karfreitag nicht. Wenigstens bis am Mittag sollte es trocken bleiben, dann war Regen angesagt. Und die Schneefallgrenze werde mit dem Zufluss polarer Luft rasch sinken, "während intensiver Niederschlagsphasen lokal bis 500 m". Diese trüben Aussichten hielten uns nicht von der geplanten Tour ab. Zeitig machten wir uns am Freitagmorgen auf den Weg in den Jura.
 
Wir – das ist das bewährte Kletterteam vom letzten Jahr: Matthias als Bergführer, Fabienne, Gerry und ich. Erstmals zusammen unterwegs waren wir Ende August auf der Gerstelfluh. Und in der zweiten Oktoberhälfte gelang uns ein wunderschöner Saisonabschluss am Pilatus. So lag es auf der Hand, dass wir bald zu neuen Abenteuern aufbrechen würden. Gerry war an diesem Karfreitag leider verhindert, dafür kamen Beni, Karin, Kerstin und Margaretha, ausserdem Aurel und Mario mit, zwei sehr klettertüchtige Jungs. Kurzum, es war ein bunt zusammengewürfelter Haufen, den Matthias diesmal zu betreuen hatte.
 
Der Zustieg zu den Brüggligräten ist denkbar bequem. Mit dem Auto kommt man fast bis zu den Felsen. In einer scharfen Linkskurve auf dem Weg zum Bergrestaurant Brüggli hat es einen kleinen Parkplatz. Dort lassen wir den Minibus stehen und gehen eine Vierteilstunde auf dem Wanderweg bis zum Brüggli hinab. In unmittelbarer Nähe befindet sich einer der beiden möglichen Einstiege, der schwierig ist (5a). Rechts davon kann man über grosse Steine und Wurzeln zum andern, etwas einfacheren Einstieg (4a) hinaufkraxeln (T4). Wir sind noch nicht angeseilt, als Nieselregen einsetzt und die Felsen benetzt. Mit Regen hatten wir erst für den Nachmittag gerechnet. Und jetzt? Aufgeben oder trotzdem losklettern?
 
Nasse Felsen sind rutschig, also kann man nicht klettern. Das war bisher meine feste Überzeugung. Und ehrlich gesagt, wäre ich heute – wie meistens bisher – alleine und damit ungesichert unterwegs, würde ich es nicht wagen und besser den Rückzug antreten. Doch mit einem Bergführer ist alles ganz anders. Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Die kann ich getrost ihm überlassen. Seine Unterstützung öffnet mir Welten, die mir sonst verschlossen blieben, und ermöglicht mir, meine eigenen Grenzen viel weiter und vor allem auch schneller auszudehnen.
 
Matthias klettert voraus und legt so viele Zwischensicherungen, dass ein allfälliger Sturz schnell aufgefangen würde. Zudem stelle ich beruhigt fest, dass auch nasse Felsen genügend Halt bieten, wenn man mit den Bergschuhen sorgfältig hinsteht. Etwas unangenehmer ist es, mit den Kletterfinken auf Reibung zu klettern, wie mir die andern berichten.
 
Die unsichere Witterung hat für uns den Vorteil, dass heute manche von einer Tour Abstand genommen haben: Abgesehen von einer Zweierseilschaft, die vor uns losklettert, haben wir den Edelgrat ganz für uns alleine. Ausserdem währt der Regen nicht lange. Wir haben kaum die erste Seillänge hinter uns, da hat er bereits aufgehört. Es sieht fast so aus, als hätte die Natur nur kurz die Felsen anfeuchten wollen, um uns zu beweisen, dass man trotzdem klettern kann. Dafür setzen, als wir ein gutes Stück weiter oben auf dem luftigen Grat stehen, kräftige Windböen ein. Bleibt uns heute wirklich nichts erspart?
 
Doch einmal mehr zeigt sich: Es gibt nichts, das so schlecht wäre, dass es nicht auch sein Gutes hätte. Der Wind trocknet nämlich fast im Handumdrehen die Felsen. Wer schon einmal auf einer öffentlichen Toilette die Hände in eines dieser modernen Gebläse gehalten hat, weiss, was ich meine. Einverstanden, bei den Felsen geht es nicht so schnell mit dem Trocknen. Dafür ist auch der Luftstrom auf dem Grat (zum Glück!) etwas weniger stark... Der Wind lässt bald nach und man könnte meinen, er hätte wirklich nur dazu gedient, die Felsen zu trocknen. Warum sollte die Natur uns weitere Hindernisse in den Weg legen? Wir haben ja gezeigt, dass wir uns dadurch nicht aufhalten lassen.
 
Wir klettern weiter. Inzwischen sind wir beim spitzen Turm und die ersten Seilschaften sind die etwa zehn Meter dahinter bereits abgestiegen. Das Hinunterklettern vom sog. 'Spitz' ist eine gewisse Herausforderung, aber auch eine gute Übung. Gleich anschliessend geht es ebenso luftig wieder hinauf. Mit den inzwischen trockenen Felsen und den von Matthias vorzüglich gelegten Zwischensicherungen ist es die reinste Genusskletterei!
 
Im oberen Abschnitt lassen die Schwierigkeiten immer mehr nach, so dass wir schliesslich alle gleichzeitig am verkürzten Seil gehen, das wir nur noch ab und zu, als eine Art „fliegende Sicherung“, um die Felszacken legen. Am Ende der Felsen angekommen, machen wir Mittagsrast. Danach steigen wir auf dem Weglein hinauf, bis wir bequem den Wanderweg erreichen, der zum Parkplatz hinunterführt. Auf den andern Grat (Zuckerstock) verzichten wir und beenden die Tour lieber, solange das Wetter noch einigermassen hält.
 
Als wir wieder im Auto sitzen, zeigt das Thermometer fünf Grad und wenig später nur noch drei Grad. Viel fehlt also nicht mehr für ein paar Schneeflocken. Was soll’s! Das zweifelhafte Wetter hat die gute Stimmung in unserer Gruppe überhaupt nicht trüben können. Wir sind uns einig: Bald einmal werden wir wieder gemeinsam klettern gehen. Nur das Datum steht noch nicht fest.

Tourengänger: Fico


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Kommentare (1)


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Razerback hat gesagt: Cool
Gesendet am 19. April 2014 um 16:29
Dem Wetter getrotzt ☺


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