Großer Hundstod (2594 m) - die Schneeschuh-Expedition


Publiziert von 83_Stefan , 29. Dezember 2013 um 16:08.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:24 Dezember 2013
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der B311 nach Weißbach bei Lofer. Dort in Richtung Hirschbichl abzweigen und auf steiler Bergstraße aufwärts zu einer Verzweigung; hier scharf rechts weiter und auf schmaler Asphaltstraße steil hinauf zum Parkplatz Pürzlbach (im Sommer kostenpflichtig). Achtung: Schneekettenpflicht bei schneebedeckter Fahrbahn! Parkplatz im Winter nicht geräumt!
Unterkunftmöglichkeiten:Ingolstädter Haus (DAV-Sektion Ingolstadt, 2119 m); Winterraum (offen) mit allem Nötigen ausgestattet, kein elektrisches Licht, "Freiluft-WC".
Kartennummer:Freytag & Berndt, WK 101, Lofer, Leogang, Steinberge.

Es gibt sie auch heute noch, die ursprünglichen Abenteuer, die der Bergsteiger im Gebirge erleben kann. Jedes Jahr im Herbst verlässt die Zivilisation das Steinerne Meer in den Berchtesgadener Alpen und lässt ein ursprüngliches, entlegenes Gebirge zurück. Es verbleiben nur ihre Zeugen, die im Winter von einer ganz anderen Welt künden. Nicht jedem öffnet diese Welt die Türe - die Wege sind weit und häufig von Lawinen bedroht - und so kommt es, dass sich teilweise wochenlang keine Menschenseele dort aufhält. Und das mitten im dicht besiedelten Mitteleuropa... wer hätte das gedacht?!?
Das Ingolstädter Haus am Rande des Steinernen Meers hat einen urigen Winterraum. Während sich in der Sommersaison die Wanderer um die Hütte tummeln, kann man dort im Hochwinter sein Dasein völlig alleine genießen - sofern es die Verhältnisse erlauben. Bei allerbesten Bedingungen - und nur dann! - lockt der nahe Große Hundstod. Er ist einer der ganz großen und entlegenen Berchtesgadener Berge und überzeugt mit einer Aussicht vom Feinsten. Die felsdurchsetzte Steilflanke darf allerdings keinesfalls unterschätzt werden und ist in hohem Maße lawinengefährdet - der Große Hundstod ist kein Winterberg, aber manchmal passt eben alles. Genau dann kann man hier unvergessliche Stunden erleben, am Ende der Welt...


Los geht die Tour am im Sommer gebührenpflichtigen Parkplatz in Pürzlbach. Im Winter ist der Automat außer Betrieb, der Parkplatz eigentlich auch, aber mit etwas Schwung geht schon was... nach der Auffahrt über die steile Bergstraße hat man sich an einen Hauch von Abenteuer sowieso schon gewöhnt. Man folgt der Straße weiter bis zu einer Verzweigung, wo man auf dem Hauptweg nach rechts bleibt; der geradeaus führende Forstweg endet hingegen bald.

Die breite Schotterstraße leitet durch Wald zur freien Almfläche der riesigen Kallbrunnalm, wo einige Almhütten, eine Jausenstation sowie eine Käserei stehen. Das Sträßchen mündet in eine weitere Schotterstraße, der man nach rechts bergab ins Dießbachtal folgt, wo man die Staumauer des Dießbachstausees erreicht.

Über die Staumauer auf die andere Talseite, wo der breite Weg ein ganzes Stück ansteigt, um den Höhengewinn gleich darauf wieder zu verlieren. Man lässt den See hinter sich und schwach ansteigend wird schließlich die Talstation des Materiallifts des Ingolstädter Hauses erreicht.

Unter der markanten Mitterkaserwand quert man so lange nach Norden, bis eine schiefe Rampe erreicht ist, über die die Wand überlistet werden kann. Vorsicht: der recht steile Hang ist potentiell lawinen- und absturzgefährlich! Die Rampe leitet direkt hoch ins Steinerne Meer und der Blick auf die wellige Kalkhochfläche öffnet sich. Das Ingolstädter Haus ist zwar noch immer nicht zu sehen, aber die Masten der Materialseilbahn weisen unmissverständlich den Weg.

Entweder dem Sommerweg unter den Wänden von Dießbacheck und Kleinem Hundstod folgend, oder weiter rechts über welliges Karstgelände (Achtung Dolinen!) geht es weiter bergan, bis das Ingolstädter Haus in Sicht kommt und bald darauf erreicht ist. Der Winterraum im Nebengebäude ist durch ein weißes Schild sofort als solcher zu erkennen. Er bietet acht Lager (laut DAV-Homepage zwölf), ein Ofen inklusive Brennholz ist vorhanden, elektrisches Licht nicht.

Am nächsten Tag geht's zum Großen Hundstod, der aber nur bei besten Bedingungen besucht werden sollte. Dazu auf dem Verbindungsrücken hinüber zur Hundstodscharte zwischen Kleinem und Großem Hundstod. Dort dem Rücken nach, der an die steile und häufig abgeblasene Südflanke des Großen Hundstods heran führt. Weiter grob dem Verlauf des Sommerwegs folgen.

Der besonders steile, felsige Mittelteil der Flanke wird ziemlich direkt durchstiegen, ausrutschen darf man nicht. Weiter oben wird's wieder etwas flacher und der Weg leitet schräg rechts aufwärts. Knapp unterhalb des Gipfels wird noch eine seichte Rinne (Triebschnee!) durchstiegen und dann geht's über die Schrofenflanke zum weithin sichtbaren Gipfelkreuz. Die Aussicht ist enorm! Gewagt präsentieren sich Watzmann und Hochkalter im Norden, im Süden liegt der Alpenhauptkamm vor Augen, im Osten der Dachstein und im Westen die Steinberge. Eindrucksvoll zeigt sich auch das gigantische Hochplateau des Steinernen Meers.

Der Abstieg verläuft auf dem Anstiegsweg. Am Ingolstädter Haus sammelt man die deponierte Ausrüstung wieder auf und es geht zurück in die Zivilisation.

Schwierigkeiten:
Schneeschuhwanderung über Kallbrunnalm zum Dießbachstausee: WT1 (ohne Schwierigkeiten, möglicherweise durch Schneemobil gespurt).
Weiter zum Ingolstädter Haus: WT3 (an der Mitterkaserwand, sonst WT2).
Gipfelanstieg zum Großen Hundstod: WT5 (sehr steil und nur bei besten Verhältnissen; in der Regel zu Fuß zu begehen; im Sommer T3+ auf komfortablem Steig).

Fazit:
Eine 5*-Top-Unternehmung! Die Abgeschiedenheit und Einsamkeit im Hochwinter sucht in den Nördlichen Kalkalpen ihresgleichen und macht die Tour zum unvergesslichen Erlebnis; eine Übernachtung im Winterraum des Ingolstädter Hauses ist wie eine Zeitreise 100 Jahre zurück. Der Große Hundstod ist eine phänomenale Aussichtswarte, aber nur bei besten Bedingungen zu erreichen. Da der Anstieg für Schneeschuhe zu steil ist, sind Pickel und Steigeisen anzuraten. Auch der Aufstieg zur Hütte ist ab dem Dießbachstausee bereits recht lawinengefährdet.

Mit auf Tour: Uwe.

Anmerkungen:
Bereits die Auffahrt zum Parkplatz Pürzlbach kann im Winter recht abenteuerlich sein, zudem ist der Parkplatz nicht geräumt.

Kategorien: Berchtesgadener Alpen, Mehrtagestour, Biwak, Schneeschuhtour, 5*-Tour, 2500er, WT5.

Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (19)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 16:37
Eine tolle Tour habt Ihr da durchgezogen.

Respekt und Gratulation!

Gruß
Hanspeter

Winterbaer hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 16:44
...und erst noch an Hl. Abend ganz allein und spartanisch auf einer Hütte ohne Strom....irgendwie auch ein Traum...Winterraum mit knisterndem Ofen contra Weihnachtsstress. Ich find es ganz super!

Gutes Neues Jahr mit vielen, schönen Touren!
Uschi

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 16:45
Vielen Dank euch beiden! Diese Tour ist eine von denen, die sicher ewig im Gedächtnis bleiben werden. Und an Weihnachten ist es in den Bergen sowieso doppelt so schön wie sonst eh schon.

Viele Grüße
Stefan

Winterbaer hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 16:51
> Und an Weihnachten ist es in den Bergen sowieso doppelt so schön wie sonst eh schon.
Ich behaupte sogar: nirgends kann es an Weihnachten so schön sein, wie auf einem Berg mit ganz wenigen, netten Menschen! Halt, ein Bär muss noch mit!
Gut gemacht!

Hade hat gesagt:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 20:10
An diesen Bildern kann ich mich einfach nicht satt sehen! Das Steinerne Meer ist ja auch im Sommer super schön, aber das ist echt gewaltig...
Gratulation zu der Tour und an guadn Rutsch
Daniel

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 20:20
Hallo Daniel, vielen Dank, das freut mich sehr! Die Stimmung dort war einfach fantastisch, wirklich großartig.
Ich wünsche dir weiterhin eindrucksvolle Touren und stets eine gute Rückkehr. Alles Gute für 2014!

Bergfex78 hat gesagt:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 21:06
Eine tolle Tour, Stefan! Super Bilder mit einer herrlichen Stimmung!

VG,
Andreas

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 21:38
Hallo Andreas, vielen Dank! Ich wage mal zu behaupten, dass dir die Tour - obwohl ohne Ski - auch gut gefallen hätte. Viele Grüße von mir!

Bergfex78 hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 22:41
Ja, die Tour ist sehr schön, auch wenn ich's nur vom Sommer her kenne. Aber nach 4 Tagen im Steinernen Meer hatte es dann auch gereicht, muss ich gestehen :-).

Fabse_94 hat gesagt:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 21:54
Ich kann mich da den anderen nur anschließen - eine top Tour habt ihr da gemacht!
Wünsche Dir alles Gute fürs neue Jahr und viele schöne und unfallfreie Bergtouren!

Gruß,
Fabian

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2013 um 22:34
Vielen Dank! Dir auch alles Gute für 2014 und immer schöne Erlebnisse am Berg! Viele Grüße vom Kochelsee!

kardirk hat gesagt:
Gesendet am 30. Dezember 2013 um 13:39
Auch von mir noch Gratulation zu dieser einmaligen Tour. Dafür herrschen derzeit ja auch fast ideale Bedingungen. Weihnachten auf einer einsamen Hütte - ein Traum - da kann man Euch nur beneiden. Vermutlich wird jetzt der Winteraum des Ingostädter Haues komplett überlaufen werden.
Super Gipfelbilder, besonders wenn einem der Fönsturm nicht um die Nase braust. Dafür warst Du aber recht locker bekleidet.
Viele Grüße
Dirk

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 30. Dezember 2013 um 18:24
Hallo Dirk, Dankeschön!
Ich denke nicht, dass der Winterraum überrannt werden wird, denn der Zustieg ist recht lawinengefährdet.
Im Frühjahr wird das Ingolstädter Haus auf der Großen Reibn erreicht - das dürfte ihm die meisten Winterraum-Kunden bescheren. Wobei die meisten Tourengeher auf dem Kärlingerhaus übernachten.
Auf den Bilder schaut das gar nicht so aus, aber man musste oben wirklich schauen, dass einen der Orkan nicht die Flanke hinunter bläst. Waren ziemlich extreme Bedingungen dort oben. Aber das macht ja den besonderen Reiz aus...
Ich wünsche dir einen guten Start ins neue Jahr!

Gelöschter Kommentar

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Januar 2014 um 09:56
Hallo Markus, vielen Dank! Der erste "Anlauf" war mehr eine Erkundungstour, wo's denn genau hingeht. Wir sind ja dann nach dem kurzen Abstecher noch zum Rotwandhaus aufgestiegen... Viele Grüße vom Kochelsee!

ADI hat gesagt:
Gesendet am 8. Januar 2014 um 11:18
Hallo, Stefan!

Gewaltige ***** Foto-Doku!!!!!!!
So scheene Buidl'n hab i scho lang nimmer gesehen.
Komplimento!

VLG, ADI

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Januar 2014 um 18:59
Seawas ADI, vielen Dank! Die Tour hätte dir garantiert auch gefallen, aber jetzt kommt ja dann bald der Frühling, da geht dann wieder was ;-) ! Viele Grüße vom Kochelsee!!!

antenberg hat gesagt: Fantastische Bilder …
Gesendet am 13. Januar 2014 um 21:04
… sind das, Stefan & Uwe – toll!!
Es ist eine wunderbare Tour, wir waren 2012 für unser Berchtesgaden-Buch wieder einmal da oben, trotz voller Hütte im Morgenlicht völlig alleine über einem gigantischen Nebelmeer. Erst als wir fast wieder bei der Hütte waren, kamen die ersten Leuet entgegen! Früher waren wir auch mit unserem Hund gerne oben.
Aber am Heiligabend, das ist schon eine tolle Sache, großartig! Aber da hatten wir full-house: alle Kinder samt Partner da und die Oma ;-)
Aber es lohnt sich, man sollte gerade auch die schneearme Zeit im Winter, so wie es jetzt ist, nutzen: die Stimmungen sind oft grandios – wie Eure Bilder eindrucksvoll demonstrieren – meisterhaft.
Grüße aus Reichenhall
Michael und Brigitte

83_Stefan hat gesagt: RE:Fantastische Bilder …
Gesendet am 14. Januar 2014 um 12:30
Hallo Michael und Brigitte,

vielen Dank für eure lobenden Worte!
Solche Erlebnisse an Weihnachten sind natürlich besonders tiefgreifend, aber es ist klar, dass die meisten Menschen da familiäre Verpflichtungen haben. An Silvester verhält es sich ähnlich.
Ich wünsche euch weiterhin viele wunderbare Erlebnisse sowohl am Berg als auch im Tal!

Viele Grüße
Stefan


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