Spinevitrol (2483 m): Packender Aussichtspunkt über dem Kalser Dorfertal


Publiziert von morphine , 27. Oktober 2013 um 18:06.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Granatspitzgruppe
Tour Datum:17 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Huben im Iseltal durch das Kalser Tal bis nach Kals und weiter über den Ortsteil Burg bis zum Parkplatz ca. 300 m vor dem Ortsteil Spöttling/Taurer im Talschluss.
Unterkunftmöglichkeiten:Hotels und Gasthöfe im Ortsteil Taurer.
Kartennummer:Kompass Wanderkarte Nr. 48 Kals am Großglockner 1:50000

Wohin nach dem Neuschnee?

Aufgrund der geringen Höhe und der interessanten Lage hab´ ich mir als Ziel den Spinevitrol als Auftakt meines Kurzurlaubs in Osttirol spontan aus dem Kartenmaterial herausgesucht. Den geplanten Aussichtspunkt, der der Granatspitzgruppe zuzurechnen ist, als Gipfel zu bezeichnen, ist ein wenig kühn. Aber er hat nun mal einen Vermessungspunkt und einen Namen in den Karten. Eigentlich ist er nur eine begraste Rückfallkuppe am Ende des Südostgrates der fast 3000 m hohen Aderspitze. Immerhin bricht diese Kuppe aber mit jähen Steilwänden hinab ins Dorfertal. Die Aussicht auf die wilde Westseite der direkt gegenüber aufragenden Glocknergruppe lockte außerdem.


Die Kalftron zieht ab

Von Norden drücken morgens noch letzte harmlose Schneeschauer gegen den Alpenhauptkamm. Meine geplante Wanderung auf (den?) Spinevitrol über dem Kalser Dorfertal führt genau nach Norden in die Nähe  dieser Wetterscheide. Hier, weiter südlich im Kalsertal, hat sich die Bewölkung schon weitgehend verzogen und ein strahlend blauer Himmel breitet sich über der herbstlich frisch verschneiten Landschaft aus. Ich kann es kaum erwarten endlich loszulaufen.


Die Talwanderung zum Kalser Tauernhaus

Im Ortsteil Spöttling/Taurer weisen Wegweiser ins Kalser Dorfertal (nicht zu verwechseln mit dem Dorfertal bei Hinterbichl in der Vendigergruppe). Diese Tal zieht  vom nördlich gelegenen Kalser Tauern, einem Übergang über den Alpenhauptkamm, nach Süden hinunter und mündet mit einer Schlucht (Daberklamm) ins Kalsertal. Es trennt dabei die Glocknergruppe im Osten von den Bergen der Granatspitzgruppe im Westen.

Zunächst geht es auf breitem Weg in die Klamm. Weiter oben verschwindet der breite Weg für Fahrzeuge in einem Tunnel. Der Fußweg zieht sich -ebenfalls nach Benutzung eines kleinen Tunnels- schmal durch die Felswand der Schlucht. Die Absturzsicherungen waren schon alle abgebaut und nach Passieren des künstlich installierten Aussichtspunktes muss ich noch ein abgesperrtes Gatter überklettern um den Weg in Richtung Talboden fortsetzen zu können. Von einer offiziellen Wegsperrung hatte ich unten im Tal aber nichts gelesen.

Nach der Klamm öffnet sich der schöne Talboden, der mit lockeren Lärchenwäldern und ausgedehnten Almwiesen aufwartet. Mittendrin fließt der schöne Dorferbach -hier gemächlich- talauswärts.

Dieses Bild erinnert mich an den in der Vergangenheit über lange Jahre ausgetragenen Streit zwischen Stromwirtschaft und Naturschützern über die Errichtung eines Großkraftwerkes Osttirol Dorfertal-Matrei. Hierzu sollte ein Speichersee im Kalser Dorfteral mit einer 220 m hohen Staumauer bei der Daberklamm und einem Fassungsvermögen von 235 Mio. Kubikmeter errichtet werden. Der Talboden wäre dann bis zum Kalser Tauernhaus verloren gegangen. Für diesen Stausee hätten außerdem sämtliche nach Süden abfließenden  Gebirgsbäche Osttirols beginnend vom Umbaltal im Südwesten der Venedigergruppe gefasst werden sollen. Letztlich konnte sich jedoch der Schutzgedanke und der Erhalt dieser noch ursprünglichen Hochgebirgstäler durchsetzen. Diese Entwicklung war so nicht absehbar und heute bin ich froh, dass ich die Wälder und Almen tief unter den Glocknergletschern bewundern und durchwandern darf.

Der breite Talweg erreicht nach ca. 45 Minuten die Bergeralm, die auch jetzt noch geöffnet hat. Ich lasse die Gebäude jedoch links liegen und wandere weiter das Tal hinauf. Nach weiteren 40 Minuten ist das (jetzt geschlossene) Kalser Tauernhaus erreicht. Es liegt inmitten freier Almflächen und golden leuchtenden Lärchenwäldern überragt vom mächtigen Schneewinkelkopf mit dem Laperwitzkees. Geradeaus könnte man jetzt noch zum Dorfersee weiterwandern. Allerdings führt dieses schön gelegene Gewässer zu dieser Jahreszeit eher ein Schattendasein. Deshalb sind die sonnenbeschienenen Berghänge auf der linken Talseite wesentlich verlockender. Hier führt der Wanderweg hinauf auf den Spinevitrol.


Herbst/Winter-Anstieg auf den Spinevitrol

Der Wanderwege schlängelt sich durch den leuchtenden Herbstwald nördlich des Stotzbachs den Berghang hinauf. Bald schon ergeben sich schöne Tiefblicke auf den Talboden beim Kalser Tauernhaus. Auch die hochliegenden Gletscher mit Großglockner und Glocknerwand kommen nun in´s Blickfeld.

Faszinierend, die schon kahlen Ebereschen, welche aber schwer beladen mit reifen Vogelbeeren einen starken Kontrast zum Gletschereis und dem tiefblauen Himmel bilden.

Weiter oben erreiche ich einen eingerichteten Aussichstpunkt, an dem der Stotzbach als schöner Wasserfall in die Tiefe rauscht.

Mit dem Erreichen der Baumgrenze endet die Steilstufe und Schnee bedeckt von nun an den Wanderweg. Mal flach mal durch steile Grashalden führt der Weg zuletzt auf einem breiten Grat zum höchsten Punkt des Spinevitrols.


Eindrücke am Gipfel

Hier oben weht ein kalter böiger Wind. Immer wieder werden letzte Wolkenfetzen von Norden über den Kalser Tauern Richtung Großglockner gejagt. Diese Reste der Kaltfront können dem Sonnenschein hier aber nicht´s anhaben.

Über den etwas höher verlaufenden Silesia Höhenweg ließe sich unter der eindrucksvollen Nordostwand des Hohen Muntanitz eine schöne Rundtour wieder zurück zum Kalser Tauernhaus absolvieren. Aber dieser Rückweg konnte mich dennoch nicht locken, da er schon überwiegend im Schatten lag und zudem komplett schneebedeckt war.

Sehr informativ auch der Überblick über das Kalser Dorfertal vom Kalser Tauern im Norden bis hinunter zur Schlucht der Daberklamm im Süden. Überrragt wird das Ganze von der Glocknergruppe mit ihrer doch recht wilden Fels- und Gletscherszenerie. Der Glockner würde sich auch in den Westalpen gut machen.


Abstieg zurück nach Spöttling/Taurer

Nach über einer Stunde Gipfelrast mache ich mich wieder an den Rückweg. Bis kurz vor Erreichen des Kalser Tauernhauses wurden die Farben des Sonnenuntergangs am Glockner immer intensiver. Im Tal angekommen lag dann aber schon alles im abendlichen Schatten. Bis zur Klamm wurde es dann stockdunkel. Aber ganz zum Schluss leuchtete der Mond dafür mit seinem silbrigen Licht die Schlucht aus und ich konnte die Stirnlampe getrost ausschalten.


Fazit

Leichte Wanderung auf einen lohnenden Aussichtspunkt. Die Felsen und zerspaltenen Gletscher der sehr nahen Westseite der Glocknerberge sind DER Blickfang der Tour. Aber auch die eindrucksvolle Daberklamm und der sehr schöne Talboden konnten an diesem farbenprächtigen Herbsttag vollends überzeugen und machten die Tour zu einem landschaftlich sehr abwechselungsreichen Unternehmen. Gute Idee sich hier einzulaufen für höhere Ziele.

Hinweis:

Zum Nationalparkgebiet Hohe Tauern gibt es eine ungemein interessante und informative Buch-Trilogie.

-Salzburger Anteil
-Kärntner Anteil
-Tiroler Anteil

Die vorstehenden Infos zum damaligen Stauseeprojekt im Kalser Dorfertal hab´ ich dem Band über den Tiroler Anteil entnommen (1. Auflage 1986!!, Fachbeitrag: "Ein Kraftwerk für das Paradies?")

Die Bücher können überdies als famose Bildbände glänzen. Die einzelnen Regionen werden lückenlos -Tal für Tal- behandelt.

Tourengänger: morphine


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Kommentare (2)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 28. Oktober 2013 um 09:22
Wunderschöner Bericht und ebensolche Fotos!!!

Grüße
Hanspeter

morphine hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Oktober 2013 um 17:59
Danke alpstein!

Hab´ zwischen den Schlechtwetterfronten in Osttirol eine längere Schönwetterphase von 3 TAGEN ausnutzen können. Vielleicht fahr´ ich ja demnächst doch nochmal für einen Kurztrip in die Alpen!

Gruß
morphine


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