Von der Maderkarlspitze zur Erlspitze


Publiziert von kardirk , 13. Juni 2013 um 15:49.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:12 Juni 2013
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 2200 m
Strecke:14km

Diese Ecke wurde ja schon letzten Frühsommer reichlich besucht und beschrieben. Den Gratübergang zur Erlspitze hatte ich schon länger im Auge, gutes Wetter war angesagt, also nichts wie los.
Mit dem Radl vom immer noch kostenlosen Parkplatz Giessenbach hinauf zur wunderschönen Eppzirler Alm - gut 1,30h, zwei steilere Passagen, die ich geschoben haben, wollte meine Kräfte gut einteilen.
Von der Alm beim Kirchl zu einer kleinen Hütte - Radldepot. Dort beginnt ein kleiner Steig durch ausgeschnittene Latschengassen hinauf ins Samstagskar. Ich bin aber nicht direkt zur Scharte angestiegen, sondern nach links, einen schneegefüllten Graben, zuletzt durch eine ausgeschnittene Latschengasse auf den Marchkopf (1920m). Der kaum sichtbare Steig wendet sich nun rechts, den Rücken hinauf, direkt an der Kante, teilweise abgebrochen und bröslig zu einer Scharte, von der aus ich wieder rechts am Hang den Aufschwung in unangenehm brösligem rutschig und erdigem Gelände überwunden habe.  Ich geriet nochmals in dichte Latschen, hier muß man nur kurz nach rechts steigen - es kann so einfach sein - und schon steht man auf einem unschwierigen Wiesenhang, der den Rücken hinaufleitet zur Samstagskarspitze. Über den leichten Grat weiter zur Maderkarlspitze - gut 2,30h von der Alm.
Es gab nur eine kurze Rast - ich hatte ja noch viel vor.
Wieder zurück am Grat zur Samstagskarspitze und weiter zur Scharte. Der laut AV unschwierige Übergang stellte mich jetzt aber vor echte Probleme, wo denn biltte  da hinunter. Vor mir lag eine steile plattige Gratstelle mit einem luftigen Türmchen. Ich versuchte es zunächst links, dort brach aber das Gelände bald schon senkrecht ab. Also doch rechts vom Grat. Dort bin ich zunächst rechts der Platten im griesigen Gelände abwärts, dann Querung nach links über heikle schuttbeladene kleingriffige Platten zu einer Rinne, in der es dann gut abwärts ging. Unterhalb der Felsen dann ebene Querung zur Scharte - ein satter Ier, der mir wie ein IIIer vorkam. Schneereste und feuchter Fels machten das Ganze auch nicht angenehmer.
Jenseits der Scharte überwand ich den Steilaufschwung mittels einer steilen kaminartigen Rinne. Auch hier Kletterei im Ier-Bereich, etwas brüchig. Der restliche Weg zur Fleischbankspitze war dann komplett leicht. - 1h.
Nun begann das Terra inkognita - bis hierher wurde das Ganze ja schon von Adi und Stefan hinlänglich beschrieben.
Der südl. Gipfel der Fleischbankspitze ist deutlich schroffiger, da sich hier jetzt allerlei Schichtplatten  aufstellen. In netter Kraxelei über diverse Türmchen, zuletzt auf einem kleinen Steig in der Flanke hinab zum Oberißsattel. Ausgesetztes Gelände und diverse Alt/Neuschneereste erforderten erhöhte Aufmerksamkeit - 30min, teilweise I / II.
Vor mir lagen jetzt die sogenannten Fleischbanktürme, eine wilde Zackenreihe, laut AV III, die unschwierig östl. umgehbar seien sollten. Das konnte ich so nicht sehen, das Gelände sah sehr exponiert und zerfurcht aus, nach Osten mit gut 100m hohen Wänden abbrechend, wo soll man da bitte langkraxeln.
Ich zerbrach mir aber nicht lange den Kopf und wählte die einfachste Lösung - einen 100hm Abstieg ins Oberißkar und anschließendem Aufstieg zur Schneekluppenscharte.
Steil gings über Graspleisen ins Kar hinab. An den Felsen querte ich die steilen Schutthänge und stieg über Schneefelder und kleinere Grasrippen querend steil hinauf zur mit einem steilen Felszahn gekennzeichneten Schneekluppenscharte - gut 1,20h.
Damit stand ich vor dem vorletzten Tagesordnungspunkt, dem schwach ausgeprägten N-Grat der Erlspitze.
Von der Scharte aus stieg ich gerade hinan zu einer Rinne, die ich am Ende nach rechts queren auf leichteres Gelände, gleich wieder verließ und überwand so den unteren Steilabbruch. Nun gings möglichst immer auf Felsen oder Schutt den Grat hinauf bis zum finalen Schneefeld unter dem Gipfel. Bis hierher viel Gehgelände, Klettereien teilweise II, je nach Routenwahl.
Jetzt ließ sich die Schneeberührung aber nicht mehr vermeiden. Der Schlusshang präsentierte sich als  steiles Schneefeld, dass ich gerade hinauf stieg, knietief, pappig und komplett durchnässt.
Ich hatte gerade ungefähr die Hälfte hinter mir, als ich es hinter mir verdächtig rauschen hörte. Ich blickte  mich um und sah, wie eine kleinerer Schneerutsch, von mir ausgelöst, etwas unterhalb ein  Schneebrett gelöst hatte, das nun eine steile Rinne hinab rauschte.
Mein Adrelaninpegel stieg sprunghaft an und ich hechtete vorsichtig so schnell wie möglich das restliche Schneefeld hinauf. Glücklich kam ich am Gipfel an. Auch wenn vielleicht nicht wirklich die Gefahr bestanden hatte, dass der ganze Hang abgehen würde, nur der Gedanke daran war mir schon gräßlich genug. Es war die gott-sei-Dank einzig wirklich gefährliche Stelle dieser Art, die bei normalen Verhältnissen ein problemloser Wiesenhang ist.
Aber was ist in diesem Juni schon normal.
Ich gönnte mir nur eine kurze Pause, denn nun stand noch ein weiterer heikler Punkt an, der Abstieg über den W-Grat Klettersteig. HIer oben lag jetzt doch noch eine Menge Schnee, auch Südseitig und meine Hoffnung, dass dieser Streig eh schon begangen worden sei, erfüllte sich leider  nicht. Jungfräulich lag die erste Wechte quer über den Steig. Aufgrund meiner gerade gemachten Erfahrung, war ich nun noch zusätzlich in Sachen Schnee sensibilitiert. Zudem erwiesen sich die Markierungen des Steiges als recht spärlich und verblasst, einen Steig gibts so auch nicht, nur Steigspuren.
Im oberen Teil führt der Steig eh durch grasiges Schrofengelände, erst ab der Mitte kommt die erste mit Seil gesicherte Kletterstelle. Die zapfige Westgratturm-Variante (D) ließ ich aus, ich hatte schon genug Varianten-Abenteuer hinter mir. Der Sxchlussabstieg durch die kaminartige Rinne war dann Dank des Stahlseils trotz des Schnees gut zu gehen und wohlbehalten erreichte nach 1h die Erlscharte.
Wie gehofft war die Steilrinne gut schneegefüllt und so gings flott hinab zum Karboden, wo ich mir erstmal eine satte Pause gönnte und die herrliche Aussicht genoss, zumal es jetzt  total aufgeklart hatte.
Zurück zum Radldepot und entspannt und flott ließ ich den Tag gen Parkplatz ausklingen - 30min.

Fazit:
Grandiose Tour, landschaftlich sehr eindrucksvoll.
Gute Ausdauer von Nöten, mein GPS wies 2200 hm aus.
Bis zur Samstagskarspitze T3+.
Übergang zur Fleischbank - Oberisssattel - Schneekluppenscharte T4+, Kletterei bis I+.
Erlspitze N-Grat T5+ - II - aber auch viel Gehgelände.
Abstieg W-Grat Klettersteig T4 - I-II, A/B - Variante D
Erlscharte - Eppzirler Alm T4/3

einzelne Steigspuren, ab Erlspitze markiert und Sicherungen

Wetter:
zunächst recht bedeckt, was aber temperaturtechnisch nicht schlecht war, am Nachmittag riß es dann komplett auf. In der Höhe reichlich kalter Wind.

Noch viel Schnee in den Rinnen und Mulden, teilweise über 1m, auch südseitig.
Der Altschnee beinhart.
Neuschnee tief nass und pappig.

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (3)


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Gelöschter Kommentar

kardirk hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Juni 2013 um 22:09
Na es war doch deutlich weniger Schnee als bei Dir, wenn ich so die Bilder vergleiche, was die "Lawinchen" aber nicht daran hindert abzugehen. Sollte sich aber bei der Sonne in den nächsten Tagen gegeben haben.

Martinausd hat gesagt: Vielen Dank!
Gesendet am 6. Dezember 2013 um 23:09
Das hat doch eine ganz andere Qualität als die AVF-Prosa...


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