Chämmler: Himmelsleiter mit "höllischen" Passagen


Publiziert von PStraub , 24. Oktober 2012 um 17:34.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:24 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Hausstockgruppe 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Waffenplatz Wichlen
Kartennummer:1194

Zwischen Wichlen/Rütersegg und Jetz/Panixerpass gibt es einen Grat, der durch seine schiere Unerreichbarkeit richtig ins Auge springt. Ob er überhaupt begehbar ist, wollte ich heute herausfinden.
 
Über dem Tal klebt der Hochnebel - für Glarner ungewohnt - zäh wie Pech. Dass dieser gar bis Wichlen, also in die hinterste Ecke des Kleintals, reicht, habe ich in all den Jahren noch nie erlebt.
Dort werde ich von einem Soldaten davon abgehalten, mein Auto auf dem (extra dafür erstellten) Parkplatz abzustellen. Somit hatte die Schweizer Armee für heute schon einen schönen Sieg verbucht ;-)
 
Also zu Fuss über den Waffenplatz, wo schon eifrig für einen Krieg des letzten Jahrhundert geübt wurde. Der Krach der Schüsse und Granaten würde mich noch den ganzen Tag verfolgen ..
 
Auf den Strässchen hinauf bis knapp unter die Fassung des Jetzbaches und dort rechts den "Schlitz" hinauf, um auf den Grat zu gelangen. Im Abstieg habe ich dann gesehen, dass es weiter unten eine einfachere Variante gegeben hätte (-> Fotos). Der Aufstieg ist ein deutliches T6: Fast vertikaler Schiefer mit knappsten, rutschigen Tritten auf wenig vertrauenswürdigen Grasflecken.
Der ganze Grat besteht aus diesem Schiefer; teilweise überwachsen, teilweise abgerutscht (-> Fotos).
 
Endlich auf dem Grat, geht es durch sehr steiles Erlentros hinauf. Das wäre normalerweise äusserst mühsam, aber hier haben die Steilheit des Geländes und die Gemsen dafür gesorgt, dass überall freie Passagen vorhanden sind.
 
Endlich auf dem grasbewachsenen, sanften Grat - ich war schon versucht, zu glauben, das seis dann gewesen. Doch dann plötzlich wieder eine Stufe, die rechts in steilem Gelände umgangen werden muss. Und damit meine ich echt steil: Auch die gut 400 Meter hohe Flanke nach Wichlen runter ist im Schnitt rund 50°, stellenweise noch deutlich darüber.
Dann wieder sanfte Grasbuckel, und plötzlich Passagen, wo der Fels beidseitig ansteht. "Fels" meint hier Gestein aus feinstem Schiefer, manchmal breit genug zum Begehen, manchmal aber auch nur noch wenige cm breit. Beckenboden-Training vom Feinsten!
 
Auf gut 1900 m kommt man dann auf die äussersten Ausläufer von Alp Jetz, ab hier bis Unter Chämmler ist es geschenkt. Unter Chämmler hat zwar eine Bezeichnung, aber keine Kote auf der LK. Es ist ein wenig auffälliger Grashügel auf ca. 2270 m Höhe.
Die Fortsetzung bis Ober Chämmler ist kaum spektakulärer, nur die Aussicht wird langsam weiter. Erst nach diesem steilt der Grat bis P. 2722 wieder auf. Ich bin dort noch rund 100 m aufgestiegen, hatte aber langsam genug vom Kraxeln in Schutt und Schiefer und bin darum zurück zum Hangfuss und dort entlang.
Ich meine, der Grat wäre gar nicht so schwierig, so ein knappes T6 / II. Gegen oben, dort wo der Flysch in Kalk übergeht, wird er sogar etwas flacher.
 
Auf der LK sind in der Flanke noch zwei kleine Gletscher eingezeichnet. Den westlichen gibts noch als Toteis, auf dessen alter Moräne bin ich abgestiegen. Vom östlichen ist nichts mehr zu sehen. Dort stieg ich noch einmal zum Wandfuss auf, um eine Passage zu finden. Auch hier: Machbar, aber schwieriger als ich es mir vorgestellt hatte.
 
Abgestiegen bin ich über den Rücken von Chamm, auch das vermutlich eine alte Moräne. 
Es ist eine Schande, wie diese Hänge verganden. Auch an den schönsten, gutgräsigen Planggen wachsen die Erlen - und keinen scheints zu stören. 
Wenn wir schon Milliarden in die Landwirtschaft buttern, wäre es doch nicht zuviel verlangt, dass die Subventionsempfänger dafür wenigstens das machen, wofür sie die Beiträge beziehen. Im Berggebiet hiesse das, die Landschaft freihalten. Wald haben wir genug - selbst die Förster sagen mittlerweile: nur zuviel.
 
Ich nehme nicht an, dass der Rütersegg-Grat ab sofort von Begehern überrannt wird. Wer aber eine ausgefallene Panixer-Variante sucht, ist hier sicher exklusiv bedient.

Tourengänger: PStraub
Communities: T6


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