Auf dem Sentiero storico durch das Bergell


Publiziert von lainari , 15. August 2012 um 20:36.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Bregaglia
Tour Datum:17 Oktober 2003
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 1160 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Postauto bis Maloja
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto von Promontogno nach Maloja
Kartennummer:1:50.000, Blatt 268T Julierpass

Maloja-Soglio-Promontogno
 
Bei der morgendlichen Passfahrt über den Albula deutete alles auf einen schönen Wandertag hin. Das Wetter war seit Tagen beständig und die Herbstfarben strahlten in voller Pracht. Auf dem Weg nach Maloja änderte sich das Bild, durch die Val Bregaglia (Bergell) kam Nebel heraufgekrochen. Ich stellte mich auf den Parkplatz vom Kulm-Restaurant, welches um diese Jahreszeit geschlossen war (offizielle Parkmöglichkeit an der Zufahrt nach Orden, erste Maloja-Kehre links abbiegen). Ich kleidete mich wetterfest und lief vorbei am Passo del Maloja ein Stück Richtung Ortslage. Nach links bog ich auf den Wanderweg ein, der kurz nach Verlassen des Ortes auf einer alten Römerstrasse mit bis zu 32 % Gefälle eine Steilstufe hinunterführt. Später erreichte ich die Ruine der Kirche San Gaudenzio, die 1514 als Wallfahrtskirche errichtet wurde. Der weitere Abstieg brachte mich nach Casaccia wo ich die Talseite wechselte. Im Ort Straße und Bach querend, lief ich dann relativ eben hinunter nach Löbbia. Unterwegs traf ich immer wieder auf Wanderer, die auf mein freudig vorgetragenes „Buongiorno!“ mit etwas antworteten, das in meinen Ohren „Buonasera!“ entsprach. Meine rudimentären Italienisch-Kenntnisse ließen mich zweifeln, dass das richtig sein konnte, wir hatten es schließlich noch vor dem Mittag. Später stellte sich der Gruß als „Buna saira!“ heraus - entgegen der italienischen Amtssprache wird hier meist Bergeller Mundart gesprochen - eine Mischung aus Ladinisch (Engadinerromanisch) und Toskanisch. Löbbia wird vom Wasserkraftwerk der EWZ dominiert. Jetzt folgte ein leichter Anstieg zum Maiensäss Ca d'Faret. Kurz zuvor querte die Trasse der Werkseilbahn Murtaira den Hang. Die Tragseile der Bahn waren wegen Revision oder Austausch auf Rollböcken am Boden abgelegt, ein Schild warnte vor dem Weiterweg. Da sich aber nichts bewegte und keine Gefahr ersichtlich war, sprang ich darüber und setzte den Weg fort. Es folgte ein Abstieg zur Straße. Nach der Überquerung verlief der Wanderweg am Ufer der Maira (Mera). Der Weg war teilweise mit rundem Flussschotter gepflastert, was das Laufen nicht sonderlich angenehm machte. Bei Röivan mündete der wilde Tobel Valun dal Largh ein, hier wurde die Gestaltungskraft des Wassers deutlich sichtbar.
 
Im weiteren Verlauf passierte ich Pranzaira, wo sich die Talstation der Seilbahn zum Albigna-Stausee befindet. Jetzt lief ich ein Stück links der Straße, dann wechselte der Weg zurück auf die andere Seite und verlief über die Zufahrtsstraße geradewegs nach Vicosoprano. Der Ort ist geprägt von einst allein stehenden Wohntürmen, die später in Gebäude integriert worden. Der Markanteste ist der runde Senwelenturm aus dem 13. Jahrhundert, der im Rathaus von 1583 enthalten ist. Der Weiterweg sollte eigentlich etwas abseits links der Hauptstraße entlangführen, aber ich übersah den Abzweig. So lief ich das kurze Stück entlang der Straße nach Borgonovo. Der Ort ist ein Straßendorf, der aber von einer Umfahrungsstraße entlastet wird. So kann man die enge Straße in Ruhe entlang schlendern. Umfahrungsstraße und Bach querend ging ich leicht steigend nach Coltura hinauf. Auffälligstes Bauwerk ist hier der Palazzo Castelmur, ein Anfang des 19. Jahrhunderts im maurischen Stil umgestaltetes Gebäude. Auf einer kleinen Straße gelangte ich zu den Hütten von Caccior, wo ganz getreu des Namensbestandteiles die Kastanie die Hauptrolle spielte. Unzählige Säcke mit Esskastanien standen jetzt im Herbst vor den Speichern. Nun folgte ein teilweise steiler Fußpfad, der einige alte Stufen und Treppen aufwies. Einzigartiger leicht bitterer Geruch welkenden Laubes erfüllte die Luft. Über den Pfad erreichte ich Soglio. Ein Ortsrundgang hier ist einfach ein Muss - prächtige Palazzi, Häuser mit viel altem Holz und Stein, enge Gässchen - der Ort hat ein besonderes Flair. Jetzt am Nachmittag drückte sogar die Sonne durch den Nebel, der sich langsam verflüchtigte. Nur der Ausblick auf die umliegenden Berge ließ noch zu wünschen übrig. Ich verabschiedete mich vom hübschen Ort und nahm den steilen Hangweg durch herbstlichen Wald hinunter nach Promontogno. Hier begab ich mich in die Poststelle und löste ein Billett nach Maloja.
 
Einige Zeit später kam das Postauto talwärts fahrend vorbei. Nach seiner Rückkehr war als Ziel immer noch Castasegna angeschrieben, aber die anderen Fahrgäste die mit mir einstiegen störten sich nicht daran. Ich fragte mit Fingerzeig nach oben, ob das denn der Kurs nach St. Moritz wäre, was der Chauffeur bejahte. Er stutzte und stellte darauf eilends sein Zielschild um. Dann brachte der Schalterbeamte noch einen Postsack, ich hatte einen Kurs erwischt, der tatsächlich Post transportierte. Nun startete die Fahrt. In der engen Ortsdurchfahrt Borgonovo zogen links und rechts mit wenig Abstand die Dachrinnen und Fallrohre der Häuser am Busfenster vorbei. In Vicosoprano hielten wir zunächst an der Poststelle. Auch hier wanderten ein Postsack und einige Päckchen in den Bauch des Wagens. Dann ging es hinein in den Ort, wo der Chauffeur den Halt salopp mit „Vico-Plazza“ ausrief. Dann ging es in flotter Fahrt weiter bergwärts. In den Kehren der Maloja-Strasse verschafften wir uns mit wohldosiertem „Tü-Ta-To“-Einsatz Vorrang vor Holländischen Wohnmobilen und Italienischen Holztransportern. In Maloja angekommen, verließ ich an der Haltestelle Cad'Maté das Postauto und ging zu meinem Wagen zurück. 

Tourengänger: lainari


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