Klammspitze 1924 m Nachts unterwegs mit Jupiter und Venus zum Sonnenaufgang


Publiziert von Winterbaer , 13. August 2012 um 21:49.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:12 August 2012
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1228 m
Abstieg: 1228 m
Strecke:14,1 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bergsteigerparkplatz beim Schloss Linderhof, an Kiosk und öff. Toiletten links vorbei und über eine kleine Holzbrücke, dann rechte Schotterstraße bergan, bis es nicht mehr weiter geht. Parkgebühr nachts am Automaten 2€, tagsüber beim Parkwächter 2.50€...Grund unklar:-)
Unterkunftmöglichkeiten:Brunnenkopfhütte
Kartennummer:BY 6 Ammergebirge West Hochplatte, Kreuzspitze 1:25000 Landesamt f. Vermessung und Geoinformation Bayern /DAV

Ein Sonnenaufgang in den Bergen...das Höchste überhaupt für uns.
Deshalb machen wir uns wieder einmal nachts auf den Weg. Um Mitternacht gehen wir am Bergsteigerparkplatz in Linderhof los.
Sternenklarer Himmel über uns und eine der Nächte im August mit den meisten Sternschnuppen der Perseiden im ganzen Jahr. An die 50 Stück pro Minute wurden hervorgesagt. Wenn wir mal stehen bleiben, die Stirnlampen ausmachen und gen Himmel blicken, erhaschen wir schon bald eine oder mehrere mehr oder weniger große Sternschnuppe. Man könnte die ganze Nacht nur schauen, aber so kommt man nie auf den Gipfel:-)

Wir gehen die endlosen Kehren des "langweiligen Reitwegs" hoch zu den Brunnenkopfhäusern. Ohne außerhalb des Lichtkegels der Stirnlampe was zu sehen, hat man das Gefühl, der Weg dauert noch länger.
Als wir auf dem Sattel unter den Brunnenkopfhäusern aus dem Wald herauskommen, haben wir das ganze beeindruckende, freie Himmelszelt ohne große Lichtstörungen der Städte über uns. Es wird sehr kühl und der Wind ist richtig frisch. An den Brunnenkopfhäusern angelangt, ist alles taunass, der Rucksack, die Bären darin, die Bänke rundherum, Gräser und Blumen.

Der Mond ist nur noch eine schmale Sichel und heute sehr schwer scharf zu bekommen, weil er andererseits heute auch sehr hell von der Sonne angestrahlt wird.  In dieser Nacht, so sagt die Astronomie-Info, sähe man deshalb auch die sonnenabgewandte Seite des Mondes. Für `s Fotografieren bedeutet das aber, man braucht wieder ganz viel Zeit und Versuche um einigermaßen schöne Mond- und Sternenfotos zu bekommen.

Auf der Terrasse bei den Brunnenkopfhäusern fragt uns ein mürrischer, "verstörter Herr", der um 2°° draußen saß und seine Zigaretten unter dem Sternenhimmel rauchte, was wir denn hier machten. Ja wir sind doch die gefährlichen Verrückten mit den Stofftieren, die nachts auf die Berge steigen...noch nie davon gehört?
Nach unseren ausgedehnten Fotografierversuchen von Mond und Sternenhimmel gehen wir aber doch weiter Richtung Klammspitze und tun ihm heute mal nichts, den letzten Raucher im Dunkeln am Berg haben wir ja auch erst aufgefressen:-)

Nach den Brunnenkopfhäusern zieht der Weg wieder einige Höhenmeter abwärts, um im Wintertal wieder anzusteigen. Der Weg hat in diesem schnee- und lawinenreichen Winter sehr gelitten und ist talwärts sehr abgerutscht, außerdem nicht ganz trocken. Im Dunkeln, wo man die Tiefe nicht sieht, recht unangenehm zu gehen. Ab und zu leuchten im Schein der Stirnlampe ein paar Gespensteraugen zu uns her, auch ein Pfiff ist zu hören. Schlafen denn die Gemsen nicht?

In den Kehren des Wintertals unter den Wänden der Klammspitze sieht der oben eh schon schrofige Weg nicht anders aus: noch mehr abgerutscht, schräg und steil an manchen Stellen. Hier muss man schon aufpassen, dass man nicht abrutscht, denn unten geht`s bis an den Talboden steil runter.

An der Klammspitz-Schulter angelangt, bestaunen wir immer wieder die gespenstische, aber einmalige Atmosphäre unter diesem sternschnuppenreichen Himmel.
Nach der Schulter mit der Steinformation, die wir in Anlehnung an einen Zeichentrickfilm "Shrek" genannt haben, beginnt der ausgesetztere Teil des Aufstiegs mit I er Stellen. Hier braucht man schon öfters die Hände und es heißt aufpassen. Noch dazu müssen wir im Dunkeln ab und zu die Markierungen suchen, obwohl wir ja nicht zum ersten Mal hier sind. In der Nacht ist alles anders:-)
Ausrutschen ist hier auf  keinen Fall erlaubt . Außerdem sollte man schwindelfrei (wenn man dann was sieht:-)) und trittsicher sein.

Um 4. 45 Uhr stehen wir am Gipfelkreuz der Klammspitze. Im Osten wird es gerade ein bisschen hell. Was für eine Stimmung! Habe ich mich im Aufstieg, besonders auf dem öden Reitweg heute schon öfters gefragt, was ich hier eigentlich mache, so ist die "Belohnung" jetzt perfekt. Ein flacher Bogen eines hellen Scheins aus allen Farben von Rot bis Lila erhebt sich im Osten am rundherum noch dunklen Horizont. Dieses Lichtspiel verändert sich ständig.
Der Gipfel der Klammspitze steht ziemlich isoliert und die Rundumsicht ist großartig. Nur wir zwei unter diesem Sternenhimmel, wo heute dicht neben dem Mond der Jupiter und die Venus stehen, sehr deutlich, ab und zu auch am heller werdenden Himmel noch eine Sternschnuppe vorbeihuscht.....einmalig dieser Eindruck und das Gefühl gerade ganz allein auf diesem Gipfel stehen zu dürfen. Was für ein Erlebnis!

Es ist saukalt, 6° und der Wind wie fast immer hier oben, ziemlich stark. Anorak und Kapuze, Regenhose, Merinohemd, wir holen wieder alles aus dem Rucksack, was wir dabei haben und es ist immer noch kalt. Aber nur so kann man es aushalten, denn bis die Sonne wirklich kommt und langsam wärmt, dauert es noch ganz schön lange. Man sagt doch auch, dass es eine Stunde nach Sonnenaufgang immer am kältesten ist.
Erst um 6.01 Uhr erscheint ein ganz kleiner, roter Punkt im Dunst am Horizont. Die Sonne geht auf, tief rot für das menschliche Auge, aber komischerweise erscheint sie auf der Kamera ganz anders.
Auf der etwas windabgewandten Seite des Gipfels, wo aber noch keine Sonne ist, kochen wir uns nach diesem wunderschönen Spektakel unseren Espresso.
Der erste "Bergkamerad" kommt laufend in kurzer Hose vom Klammspitzgrat hoch. Ein ganz netter Bergläufer, auch gar nicht mehr so ganz jung, der vom Sägertalparklatz über den Bäckenalmsattel, Feigenkopf und den ausgesetzen Klammspitzgrat hoch gelaufen ist...in 1 Std. 40!!!!  Muss das ein gutes Gefühl sein,  wenn man so fit ist! Respekt! Knapp 2 Stunden brauche ich immer schon für den Übergang zum Feigenkopf:-(
Wir genießen die höher steigende Sonne und die Blumen im Gegenlicht am Gipfel, die wir in der stockfinsteren Nacht ja nicht gesehen haben. Der Sonnenaufgang war wunderschön, mit dem Eindruck der kompletten Finsternis rundherum, des ersten Lichts bis zum Erscheinen des roten Balls heute das Beeindruckendste, was wir je am Berg erlebt haben. Dafür muss man sich "quälen" und auf das warme, kuschelige Bett verzichten!
Als wir schließlich schon fast wieder gehen wollen, entdecken wir noch eine Überraschung, die wir nicht erwartet hatten: unter dem Gipfelkreuz im Gras.....eine kleine Gruppe Edelweiss. Die ersten und einzigsten, das wir in freier Natur je gesehen haben, außer in einem Alpengarten. Bei uns in den Ammergauern gibt es diese Blume nicht im Gegensatz zu den Edelweisswiesen in der Schweiz. Schön, einfach nur schön, dass wir auch mal eins in Natura sehen durften!

In der endlich wärmenden Sonne klettern wir das obere, felsige Stück wieder runter bis zur Schulter. Jetzt fängt auch die Umgebung "zu leben an": die Blumen sind "wieder da", unzählige Schmetterlinge, mit den Sonnenstrahlen ist auch der schöne Geruch der Bergwiesen wieder erwacht. Was für ein Unterschied zum Aufstieg bei Dunkelheit!
Ein strahlend blauer Himmel mit guter Sicht ist aus der schwarzen Nacht "entstanden".
In zunehmender Wärme, irgendwann dann fast unerträglicher Hitze (das sind Temperaturunterschiede!) steigen wir ab zu den Brunnenkopfhäusern. Mehr und mehr Wanderer kommen uns entgegen. Der Brunnenkopf ist wie der Pürschling am Wochenende bei schönem Wetter immer recht "stark besucht" und eigentlich dann gar nicht mehr unser Lieblingsziel. Ebenso tagsüber bei gutem Wetter die Klammspitze. Deshalb müssen wir auf solche Berge zum Sonnenauf- oder -untergang gehen.

Bevor die Massen am Brunnenkopf eintreffen, genehmigen wir uns noch ein Weißbier und schlagen uns dann vor der Jagdhütte im Sattel unter dem Brunnenkopf am Reitweg rechts rein in`s "Gemüse". Auf schönem, anfangs manchmal noch etwas felsdurchsetztem Steig geht es an der Martinswand vorbei Richtung Tal. Auf dem Reitweg müssten wir uns jetzt ein Schild umhängen "Grüß Gott, Servus, Hallo...".

Auf unserem Weg treffen wir bis zum Auto am Parkplatz niemanden mehr, außer ganz vielen Schmetterlingen. Der Steig mündet nach angenehmem, teils schattigem Weg durch Wald, Wiesen und Heidelbeersträucher auf eine sehr breite Forststraße, die am Bergsteigerparkplatz wieder auf den königlichen Brunnenkopf-Reitweg trifft.

Schön war`s, großartig die Nacht und der Sonnenaufgang am Gipfel. Eines der Erlebnisse, die man nie wieder vergisst! Danke Klammspitze!

Tourengänger: Winterbaer


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Kommentare (2)


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heluka hat gesagt: Schöner Bericht
Gesendet am 18. August 2012 um 21:22
mit schönen Fotos
Heini

Winterbaer hat gesagt: RE:Schöner Bericht
Gesendet am 20. August 2012 um 07:38
Danke Heini!
Wir sind gestern erst von der nächsten "Aktion" unserem Gipfelbiwak zurückgekommen. Es war wunderschön, aber tagsüber so heiß, nachts dagegen braucht man schon einen Schlafsack, Anorak, ein kleines Zelt, Matte und vor allem viel zu trinken. Der Rucksack war so schwer! Der Sonnenuntergang und am nächsten Morgen der Sonnenaufgang dafür unendlich schön. Nur die Nächte sind schon wieder recht lang und geschlafen haben wir in dem engen Zelt nur mit Isomatte nicht sehr viel. Aber man muss sich die besonderen Momente am Berg eben "hart" verdienen, gell! Und so ein Bett daheim ist dann extra schön:-)

Viele Grüße und viele besondere Momente am Berg!
Uschi


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