Grau in Grau am Hinter Grauspitz (2574 m)


Publiziert von marmotta , 23. Juli 2012 um 00:33.

Region: Welt » Liechtenstein
Tour Datum:22 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   FL 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Steg - Valünatal - P. 1652 - P. 1738 - Notz - Ijesfürggli - Hinter Grauspitz retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Steg, Hotel
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Steg, Hotel
Kartennummer:LK 1156 Schesaplana (1:25.000)

Der Vorder Grauspitz ist mit 2599 m der höchste Gipfel Liechtensteins - und das macht ihn zum Wallfahrtsort für "Seven Summits of the Alps-Tourer" aus aller Welt. Davon "profitiert auch sein Nachbar, der Hinter Grauspitz (2574 m). Ein Schutt- und Geröllhaufen, für den sich ansonsten wohl -ausser den Einheimischen- kaum jemand interessieren würde. Auch auf meiner Wunschliste steht der Vorder Grausspitz schon lange, nicht weil ich ein "Seven-Summit-Sammler" wäre, sondern weil das Falknis-Massiv und die Gipfel drum herum seit langem zu meinen absoluten Lieblingsecken gehören. Meine bisherigen Versuche, den höchsten Liechtensteiner zu besteigen, wurden jedoch allesamt bereits im Keim erstickt und leider sollte sich das auch heute fortsetzen. Irgendwie soll es wohl einfach nicht sein…
 
Das Positive von der heutigen Tour zuerst: Ich konnte jede Menge kostbare Sonnencreme einsparen! Gut, das war´s dann aber auch schon mit dem Positiven. Mit genussvollem Bergsteigen hatte das nämlich kaum etwas zu tun, eher schon mit Beschäftigungstherapie. Doch der Reihe nach:
 
Als ich am Morgen von Steg (1300 m) ins Valünatal hineinwandere, sind die Wolken zwar dicht, aber hin und wieder reisst der Himmel auch auf und lässt ein klein wenig Hoffnung aufkeimen, dass sich die Sonne doch durchsetzen möge und die Prognosen recht behalten, die da von mind. 5 Sonnenstunden über den Tag verteilt sprachen.
 
Nach ca. 1 h auf der eher langweiligen Fahrstrasse erreiche ich P. 1652, wo der Wanderweg zur Pfälzer Hütte via Naaftal abzweigt. Gleichzeitig tauche ich auch in den dichten Nebel ein, der mich fortan während Stunden begleiten soll. Will man über das Ijesfürggli (2348 m) zu den Grauspitzen, folgt man dem Wanderweg ein Stück, bis dieser kurz nach P. 1738 eine scharfe Linkskurve (im Aufstiegssinn) macht. Man steigt nun auf zunächst gut ausgeprägter Wegspur weiter geradeaus, bis die Weg- bzw. Viehspuren entlang eines Rasensporns steil zu einer (mit Geröll und Blockwerk durchsetzten) Weidefläche südwestlich von P. 1990 leiten.
 
Dort angekommen, leiste ich mir im stockdichten Nebel, der keinerlei Orientierung nach oben zulässt, einen bösen Verhauer: Anstatt (im Aufstiegssinn) rechts in die Mulde (Notz) abzubiegen, gerate ich etwas zu weit östlich. In der Hoffnung, doch irgendwann auf die in der Karte eingezeichneteWegspur zum Ijesfürggli zu treffen, mühe ich mich im unwegsamen Geröll, Schutt und Blockwerk in der von mehreren tiefen Runsen durchzogenen Flanke nach oben. Die Sache kommt mir bald komisch vor und als ich auf einer Höhe von 2250 m plötzlich von senkrechten Wänden umgeben bin, wird mir klar, dass über mir niemals das Ijesfürggli sein kann. Vielmehr befand ich mich unter den Nordwestwänden des Naafkopfs! Also Kommando zurück.
 
Da ich in der ganzen Aktion sowieso keinen Sinn mehr sehe, will ich zur Pfälzer Hütte absteigen, um mich dort etwas aufzuwärmen resp. dort etwas Warmes zu mir zu nehmen und dann eben wieder gen Heimat zu ziehen. Im Abstieg interessiert es mich aber dann doch, wo genau eigentlich diese Wegspur den Hang kreuzt. Also quere ich beim Absteigen mühsam den gesamten Hang und treffe auf einer Höhe von 2000 m tatsächlich auf die Spur (im dichten Nebel wirklich ein Zufall). Obwohl gerade 200 mühsam gewonnene Höhenmeter "kaputt gemacht", steige ich nun "zum Spass" auf dem auch im Nebel nicht zu verlierenden Weg Richtung Ijesfürggli. Auf halber Höhe kommen mir 3 Wanderer entgegen, die nur bis zum Ijesfürggli aufgestiegen waren und mir (natürlich) wenig Hoffnung auf eine schöne Aussicht von oben machen. Bei diesen wirklich misslichen Bedingungen verwundert es nicht, dass die einzigen beiden "Bezwinger" von Vorder und Hinter Grauspitz an diesem Tag zwei Briten waren! Diese treffe ich dann kurz vor Erreichen des Ijesfürggli. Ihnen schien weder der dichte Nebel, noch der eiskalte Ostwind mit heftigen Böen etwas auszumachen. Klar, die sind sich solches Wetter aus den schottischen Bergen wohl gewöhnt… ;-)
 
Als ich wenige Minuten später am Grenzstein auf dem Ijesfürggli ankomme, habe ich mir den Vorder Grauspitz längst aus dem Kopf geschlagen. Die Bedingungen werden nun immer garstiger: War es bis anhin zwar kalt, neblig und ungemütlich, aber wenigstens von oben trocken gewesen, setzte nun auch noch heftiger Graupel ein. Die Temperaturen um den Gefrierpunkt fühlten sich durch den Windchill etwa wie -10° C an. Längst hatte ich Gore-Tex Jacke, Mütze und Handschuhe angelegt. Da der Gipfel des Hinter Grauspitz (2574 m) über den Ostgrat vom Ijesfürggli leicht zu erreichen ist und man den Grat ja auch im dichtesten Nebel nicht verfehlen kann, deponiere ich meinen Rucksack in der Scharte und blase zum Gipfelsturm (im wahrsten Sinne des Wortes).
 
Die ersten Meter aus der Scharte verlangen -insbesondere bei solch nassen und windigen Bedingungen wie heute- grosse Vorsicht. Man steigt etwas ausgesetzt auf erdig-schmierigen Tritten auf der Nordseite um den ersten Grataufschwung herum (T3+). Anschliessend folgt man ohne Schwierigkeiten auf einer durchgehenden Wegspur dem nun wieder breiten Grat bis zum Gipfel mit dem grossen Metall-Gipfelkreuz (ca. 20-30 min ab dem Ijesfürggli).
 
Auf dem Gipfel halte ich mich nicht lange auf (Aussicht gibt´s eh keine) und eile zurück zu meinem Rucksack am Ijesfürggli. Die Schnee- und Graupelkristalle peitschen mir ins Gesicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich auf einer Wanderung im Hochsommer jemals so gefroren habe.
 
Weiter unten geht der Schnee wieder in Regen über und ab einer Höhe von ca. 1700 m ist der ganze Spuk vorbei. Der Nebel lichtet sich und über dem Valünatal scheint sogar die Sonne! Wer hätte das gedacht. So kehre ich in der Valüna-Alpe (1400 m) gemütlich ein und nehme von dort auch noch ein grosse Stück des feinen Alpkäse für zuhause mit. Damit die Tour wenigstens für irgendetwas gut war…

Tourengänger: marmotta


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Kommentare (1)


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silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 23. Juli 2012 um 21:27

Ein Erlebnis, dass Du vermutlich nicht so schnell vergessen wirst.


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