Zwischen Tödi - Bifertenstock - Cavistrau Grond
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Nein, um Besteigungen von Tödi, Bifertenstock oder dem Cavistrau Grond gehts hier nicht. Das sind nur die geografischen Eckpunkte eines der unbekanntesten und wenigst besuchten Gebiete der Alpen.
Denn: Über Routen und Besteigungen vieler Berge zwischen Val Punteglias und Val Russein gibts keinerlei brauchbare Beschreibungen, viele der Gipfel wurden seit Jahren nicht mehr bestiegen.
Bei regnerischem Wetter hinauf zur unteren Alp da Schlans (Gebühr Fr. 7.-, kann an der Strasse gelöst werden). Dort sehe ich zuerst ein paar Lama-Köpfe aus dem Nebel ragen, und bei den Alphütten rammelt ein Kaninchenbock gerade seine - davon unbeeindruckt Gras knabbernde - Freundin. Willkommen in der wilden Natur ..
Nach den Hütten gehts erst (schlecht signalisiert) hinunter zu einem Wegweiser, ab dann verläuft der schön angelegte Weg mit einigem Auf- und Ab hinüber zur Alp da Punteglias. Von dort auf dem Hüttenweg zur sensationell gelegenen Punteglias-Hütte. Auf einem Buckel vor dem Steilabbruch ins Val Punteglias, im Rücken das Schwemmland eines Gletschervorfeldes und begrenzt von den Cavistrai, dem Piz Urlaun und dem Piz Curtin: Wilder kann eine alpine Gegend gar nicht sein.
Ein kurzer Tratsch mit Hüttenwart Fritz Freuler, dann gehe ich weiter Richtung Fuorcla da Punteglias. Knapp unter der "Passhöhe" kommt - besser gesagt: rutscht - mir eine Gruppe entgegen. Sie kommen vom Tödi zurück. Viel zu früh, denn erst jetzt klart das Wetter langsam auf, von der berühmten Tödi-Aussicht hatten sie wohl nicht viel.
Ab der Fuorcla da Punteglias beginnt der Weg ins Ungewisse.
Was über die Routen am Gliemsstöckli, das in der aktuelle Ausgabe der LK jetzt sogar diesen Namen trägt, bekannt ist, wurde vor über 50 Jahren geschrieben. Der Aufstieg auf den südlichen Gipfel ist Blockkletterei in sehr lose geschichtetem Granit. Auch tonnenschwere Platten lassen sich von Hand bewegen und das Gelände ist recht steil, man muss schon wissen, was man macht, aber eigentlich geht es recht gut (zwischen WS und ZS).
Vom hinteren soll man in "flotter Kletterei" zum mittleren Gipfel kommen.
Kein normaler Mensch mit begrenztem Zeitbudget würde das so machen, jeder andere Zugang ist einfacher. Wer wirklich den mittleren oder den Südgipfel besteigen will, kommt am besten vom Piz Posta Biala über die Mulde in dessen NNW-Flanke.
Das mache ich allerdings nicht, sondern steige zu Fuorcla da Punteglias zurück und folge der Wegspur Richtung Tödi. Denn meine nächsten Ziele sind im Gratausläufer des Tödi-Südgrates, der via Stoc Grond ins Val Gliems abfällt.
Zuerst bis ca. 2850 m auf der Spur durch den Trittschnee, dann die Platten umgehend runter, um schliesslich auf der gut ausgebildeten Rippe nördlich von P. 2914 den Grat zu erreichen. Von dort über dessen Vorgipfel auf den nördlichen Gipfel des Stoc Pign. Das ist etwa ein T5, mit ein paar Klettergriffen am Schlussaufstieg.
Wie sich erst vor Ort zeigt, besteht der Stoc Pign aus drei praktisch gleich hohen Erhebungen, über die jedoch kein Grat führt. Denn wir sind an einer Gesteinsgrenze mit quer verlaufenden, vertikalen Schichten. Am Nordgipfel findet man bröckeligen, unzuverlässigen Fels, vermutlich eine Flysch-Schuppe. Selbst ein paar dünne Platten an völlig ausgewalzem rötlichem Quartenschiefer (?) findet man hier oben.
Die beiden anderen Gipfel bestehen aus vertikalen Platten aus Rötidolomit. Der ockergelbe Stein mag zwar dekorativ sein, für den Kletterer ist er eine Plage. Aber so genau will ichs gar nicht wissen. Was mich jetzt interessiert ist: Wo und wie komme ich in einem der extrem steilen Schuttcouloirs runter, und wie weit runter muss ich, um auf den Piz Gliems zu kommen?
Gemäss Unterlagen wird der von Westen ab Russein Sura bestiegen. Wie ich später sehe, wäre das wirklich eine schöne Tour in maximal T5-Schrofengelände. Aber ab Punt Grondo ist es eine Monstertour - wer macht das schon für einen derart unbekannten Höger?
Wie es sich herausstellt, kann auch die Ostflanke "begangen" werden, wenn man bezüglich Felsqualität zu jeglichem Kompromiss bereit ist. Ich erreiche den Verbindungsgrat am Fuss des Stoc Pign-Südgipfels und folge dem leicht begehbaren Grat über einen Vorgipfel zum Gipfel-Stecken des Piz Gliems. Da zwischen Stoc Pign und Piz Gliems Trittsicherheit wichtiger sind als die Kletterei, würde ich diesem Übergang ein T6 geben.
Leider wird die Sicht immer wieder durch Nebelfetzen getrübt, noch immer keine Rede vom strahlend schönen Wetter gemäss Prognose.
Abstieg und Rückweg zur Fuorcla da Punteglias auf einer etwas tieferen Route. Das kilometerweise Stöckeln durch Trittschneehänge fordert seinen Tribut: vom ständigen Abstützen aufgerissenen Blasen an den Hand-Innenflächen.
Die Rückkehr zur Hütte ist dafür geschenkt, da Hunderte von Höhenmetern durch Abrutschen vernichtet werden können.
Der erste Tag findet mit einen hervorragenden Essen und einem Bierchen (oder so) seinen Abschluss. - Fortsetzung [hier].
Tourengänger:
PStraub

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