Vorder Gärstenhorn (Überschreitung)


Publiziert von Scout , 2. Juli 2012 um 21:40.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:17 Juni 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   CH-BE 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW oder Velo auf die Grimsel-Passöhe, Postauto fährt zwar auch, aber nicht zur gewünschten Zeit....
Unterkunftmöglichkeiten:Diverse Unterkünfte der KWO in der Handegg, dem Hospitz etc. oder eben der Bären in Guttannen.
Kartennummer:1230 Guttannnen, 1250 Ulrichen

Als erste Hochtour diese Saison (und erste Hochtour mit Stef überhaupt) sollte es etwas
eher leichtes, aber doch nicht langweiliges sein.
Nachdem klar war, dass die Reise ins Grrimselgebiet gehen wird, haben Karten-, Führer- und Hikr-
Studium schnell einmal das Vorder Gärstenhorn als Ziel interessant gemacht.

Die Nacht verbrachten wir in einem „Säumerzimmer“ des Hotel Bären in Guttannen.
Das Zimmer (WC/Dusche auf der Etage) war einfach, aber absolut gemütlich.
Und die Küche (Halbpension) war eine grosse, sehr angenehme Überraschung!
Frühstück um kurz vor 5.00h ist auch kein Problem: Wer am Vorabend freundlich fragt,
findet zur abgemachten Zeit ein reichhaltig bestücktes Tablett vor dem Zimmer.
Der Bären ist auf jeden Fall eine (TuT?!) Empfehlung wert.

In der Hoffnung auf gut durch gefrorenen Schnee sind wir dann bereits um ca. 5.30h
auf der Grimsel-Passhöhe gestartet. Da noch sehr viel Schnee liegt hoffte ich,
dass uns so das unangenehme Geröll-/Blockgelände erspart werden würde.
Im ersten Teil des Nägelisgrätli-Wanderwegs wechselten sich apere Stellen mit zwar nicht gefroren,
aber gut tragenden, grösseren Schneefeldern.
In der Mitte, ab knapp 2500müm trafen wir dann auf praktisch flächendeckenden Bruchharst
mit z.T. knietiefem Einbrechen.
Und schon vor 8.00h, kurz vor der Scharte gab's tiefen Sumpf....

Der Nägelisgrätli-Wanderweg ist trotz dem Schnee recht gut zu verfolgen (viele Steinmännchen).
Wir verliessen ihn etwas vor dem Grütlisee, auf ca. 2600m.ü.m. und sind auf den Rücken aufgestiegen. Dort weisen ein paar Steinmännchen den Weg.

Das letzte Stück zur Scharte ist recht steil und im Sumpf sehr anstrengend.
Von der Scharte sind wir unmittelbar links unterhalb der Gratkante zur auffälligen Schlüsselstelle gekraxelt. Zum Glück war ich dank „gero“s Bericht darauf gefasst, dass hier auch „richtige“ Kletterei und nicht „nur“ Blockgrat-Kraxeln geboten wird. Ein paar der besten Griffe und Tritte wackeln so sehr, dass man sie besser nicht benutzt. Ausserdem ist das Fixseil z.Z. nicht vor Ort, die Stelle also „zwingend“ und in meinen Augen eher III als II. Wer über den SW-Grat absteigen will sollte für das Abseilen eine alte Reppschnur mitnehmen: die Verankerung des Fixseils besteht aus zwei Bohrhaken.

Im weiteren Gratverlauf sind wir mehrmals in die NW-Flanke ausgewichen. Dort war der Schnee noch hart gefroren, so dass wir bald die Steigeisen montierten. Die aperen Stellen in der Flanke bestanden aus grobem, instabilem Blockgelände. Im Sommer / Herbst ist es vermutlich vorteilhaft, sich möglichst am Grat zu halten: Dort scheint der Fels fester, die Kletterei aber wohl auch anspruchsvoller zu sein.
Uns boten die bis gut 45° steilen Firnflanken auf jeden Fall das gewünschte Hochtouren-Gefühl.
Den Gipfelaufbau umgingen auch wir wie beschrieben rechts (Steinmännchen): geradeaus scheinen
die beinahe senkrecht aufeinander gestapelten Blöcke geradezu lebensgefährlich lose zu sein.

Für den Aufstieg bis zum Gipfel benötigten wir inkl. den Pausen genau 4h.
Im Wissen, dass der Schnee heute nicht mehr besser werden wird, beschränkten wir trotz der super Aussicht die Gipfelrast auf knapp 1/2h.

Für den Abstieg wählten wir den NNW-Grat. Dieser besteht zum grössten Teil aus grossen bis riesigen Blöcken. Das finden des leichtesten Weges ist nicht immer ganz einfach, da das Gelände z.T. etwas unübersichtlich ist. Mit etwas Suchen liess sich der Grat aber ohne Probleme seilfrei absteigen.
So anspruchsvoll wie die Schlüsselstelle im Aufstieg war's auf jeden Fall nirgends mehr.
Ungefähr im tiefsten Punkt zwischen Vorder- und Mittler Gärstenhorn verliessen wir den Grat Richtung Nägelisgrätli. Hier kam das Seil dann doch noch zum Einsatz: Der Abstieg führt über den (östlichen) Gärstengletscher. Dieser ist zwar spaltenarm, aber auf einem eingeschneiten Gletscher würde ich mich ohne Seil nicht wohl fühlen. Ausserdem waren vom Grat aus mehrere Risse im steileren Teil bzw. im Übergang zum Flachen zu sehen. Zum Teil handelt es sich dabei um „Fischmäuler“ (Gleitschneerisse), z.T. wohl um sichtbare Abschnitte des Bergschrundes.

Der Rückweg über’s Nägelisgrätli zog sich dann noch etwas in die Länge:
Der Schnee war schwer und die Beine auch.
Kurz nach 13.00h, also rund 7 1/2h nach unserem Aufbruch, standen wir wieder auf der Passhöhe.
Hier war erwartungsgemäss Hochbetrieb…

Fazit:
Schöne, einsame Tour, die man wohl tatsächlich am besten macht solange noch Schnee liegt.
Wenn dieser dann über Nacht auch noch gut durch friert, ist's auch nicht so anstrengend.....
Der Anteil an losem Geröll und Blöcken hält sich so in akzeptablen Grenzen.
Die Schwierigkeiten stufe ich deutlich höher ein als z.B. die Normalroute auf’s Lagginhorn o.ä. Touren:
Das Blockkraxeln ist anspruchsvoller und die die Schlüsselstelle deutlich schwieriger.
Ein WS+ / III- scheint mir daher für die Überschreitung angemessen.
Alle Photos der Tour im Originalformat gibt's hier.


Tourengänger: Scout


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