Ehrwalder Sonnenspitze


Publiziert von Schmiger , 29. Mai 2012 um 13:17.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:26 Mai 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 500 m

So, nach einigen Jahren des stillen Mitlesens in diesem fantastischen Sammelbeckens alpiner Anregungen und Ideen, versuche ich mich mal an meinem ersten Bericht einer eigenen Tour... falls es also etwas langatmiger, ausufernder oder sperrig geschrieben ist, nicht gleich in der Luft zerreißen... in weiser Voraussicht auch erstmal nur der Bericht über die 1. Hälfte der Tour...

Nachdem das Wetter für das Pfingstwochenende nun also doch so sehr lockte, dass die Erinnerungen ans Wochenende davor in den Tannheimern schon wieder so "weit in der Vergangenheit" lagen, und das kommende Wochenende mit Klettern im Blaueis noch so "fern in der Zukunft" erschien, konnte nicht widerstanden werden, und ein weiteres Mal machte ich mich um 5 Uhr Samstags in der früh in Frankfurt auf den weiten Weg in die Alpen...


Am Vortag in der Mittagspause beim arbeiten wurde kurz in Gedanken durchgespielt, was für schöne Felsberge den früh im Jahr machbar sein könnten, evt. mit einem knackigen Klettersteig in der Nähe um auch gegebenenfalls die noch recht neuen Alpinkletterschuhe mal an Felsen zu gewöhnen... nach kurzer Überlegung kam einem der Kessel der Coburger Hütte in den Sinn, und wie der Zufall es wollte hat die Hütte genau an jenem Freitag die Pforten geöffnet, das hieß das man dieses Mal zumindest keinen übermäßig schweren Rucksack für eine Winterraumübernachtung packen musste... ausserdem versicherte mir der Hüttenwirt, das der Südgrat der Ehrwalder Sonnenspitze machbar sei...

Nach einer recht beschaulichen freien Fahrt konnte ich mich schliesslich gegen 10 Uhr an der Talstation der Ehrwalder Almbahn auf den Weg Richtung Coburger Hütte machen... dank eines knappen Tourenberichts auf alpine-auskunft.de wusste ich das die Hohen Gänge schneefrei genug waren, um sie als gemütliche Aufstiegsvariante zu wählen... zuerst sehr moderat ansteigend durch schöne Wälder auf Betriebstemperatur kommend, leitet der Steig dann kurz über ein inhomogenes Geröllfeld hin zum Einstieg in den Hohen Gang, einer Felsstufe die hinauf zum Seebensee leitet... der Hohe Gang selbst ist ein schöner kleiner Steig der sich über die Felsstufen elegant hinaufwindet, im Rückblick einige schöne Tiefblicke bietet, und an einigen Stellen auch mit Drahtseilen versichert ist... nach knapp 90 Minuten vom Parkplatz war dieser Zauber auch schon wieder vorbei und man hat den weiten Talboden des Seebensee erreicht...

Von hier aus leicht absteigend kurz flach in Richtung See, diesen halb umrundend und oben über dem Latschengürtel thronend schon die Coburger Hütte in Sicht... allerdings auch die Tatsache das noch die kompletten letzten 250 Hm von Seeniveau zur Hütte mit einer durchgehenden Schneedecke vergraben sind... und sich doch ganz schöne Menschenmengen hinaufquälten... die ersten 50 Hm noch etwas querfeldein, zog sich dann bald doch eine saubere Anstiegsspur hoch, so das man bequem nach 2 1/2 Stunden mit kleinen Fotopausen vom Parkplatz aus die Coburger Hütte erreicht hatte...

Hier gab es kurz zur Stärkung des knurrenden Magen einen Schmarrn mit Apfelmus und natürlich etwas Nachschub an Elektrolyten, das ganze schonmal garniert mit dem Ausblick auf die Sonnenspitze, die aus dieser Richtung Einblick in die komplette Aufstiegsroute gewährt... pünktlich um 13 Uhr machte ich mich schliesslich auf den Weg durch die mittlerweile doch etwas aufgeweichten Schneefelder in Richtung Biberwierer Scharte, immer wachsamen Auges ob nicht doch irgendwo Aufstiegsspuren im Schnee zur Sonnenspitze zu entdecken gibt... nach einigem auf und ab bei dem Versuch möglichst wenig Höhe zu verlieren oder zu gewinnen, komme ich bei dem Abzweig zur Sonnenspitze an, der Wegweiser ragt keck aus dem Schnee und zeigt irgendwo in Richtung der Spitze hinauf... von Aufstiegsspuren irgendwelcher anderer Bergsteiger keine Spur... das heißt zwar einerseits freudig Einsamkeit und Stille am Berg, andererseits natürlich etwas Aufmerksamkeit in den Wänden über dem Schnee die richtige Rinne für den Aufstieg zu erwischen... mit etwas AV-Kartenstudium hatte ich aber doch auf Anhieb die richtige Seite des großen Schneefelds ganz links aussen erwischt... bei einer kurzen Felsquerung zum äußersten Schneezipfel konnte ich einige Meter über mir auch den ersten roten Farbklecks der angeblich spärlichen Markierung erhaschen...

An einigen Stellen im Internet liest man übrigens immer wieder davon, wie spärlich der Anstieg durch die Südflanke auf die Ehrwalder Sonnenspitze markiert sei... nun sind einige dieser Kommentare ein paar Jährchen alt, zum anderen haben wohl einige Alpinschulen der Region Standplätze gebohrt um Touristen raufsichern zu können, so dass die Orientierung vielleicht nicht mehr ganz so schwierig ist wie früher einmal, meiner Meinung nach ist die Route jedoch mit etwas alpiner Erfahrung und Orientierung unschwierig zu finden...

Die ersten Farbkleckse leiten dann auch recht zügig hin zur ersten Rinne in der es gilt die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen, und was einen erwartet lässt einem das Herz in der Brust aufgehen... herrliche Kletterei im meist I. Schwierigkeitsgrat, manchmal am unteren II. kratzend, die Rinnen hinauf... eine schier ausufernde Anzahl an Tritten und Griffen macht das hinaufsteigen fast schon zu einem hinauftänzeln... einzig das viele lose Geröll und Gestein auf dem sonst festen Fels mahnt etwas zur Vorsicht, um nachsteigende Bergsteiger nicht unnötig zu gefährden... generell sollte man für diese Tour selbstverständlich einen Kletterhelm dabei haben, sobald sich mehrere Gruppen in der Route tummeln kann es wohl ganz schön ungemütlich in den Rinnen werden, doch dazu später mehr...

Nach 2 solcher Rinnen und ein paar schrofigen Querungen kam ich dann an das momentan objektiv gefährlichste Teilstück des Südanstiegs... der großen Schneerinne in der Südflanke die man von der Hütte schon deutlich ausmachen konnte... ein Blick in die Rinne bestätigte die erste Befürchtung... ordentlich abschüssig und keinerlei Trittspur vorhanden... allerdings befindet sich 5-6 Meter unterhalb der Querungslinie noch ein grob von unten dreieckig aussehender Geröllfleck, der etwas vorspringt... ein schwacher Trost für die Nerven falls man ausrutschen sollte, dort evt. bremsen zu können... in der Querung selbst war es mit der nötigen Vorsicht und Bedacht möglich hinüber zu spuren, selbstverständlich jeden Tritt mit viel Sorgfalt in den Schnee hineinarbeitend... ein ausbrechender Tritt hier kann fatale Folgen haben... der Schnee hatte aber noch eine angenehme Festigkeit und die Neigung auch noch im Rahmen dessen was ich mit meinem Gewissen vereinbaren konnte... nichts destotrotz sei eben darauf hingewiesen, das es unter den momentanen Bedingungen die heikelste Stelle des Aufstiegs ist...

Knapp nach dieser Rinne erwartet einen bei einer großen roten Markierung die nächste große Rinne, die man wieder voller Kraxelgenuss hinaufsteigt, wieder kratzt der Schwierigkeitsgrat an der II., allerdings weiterhin herrlich üppige Auswahl an Tritten und Griffen... hiernach kommt eine etwas luftige Querung die auch mit Drahtseil versehen ist, für Bergsteiger die sich ab und zu mal in T5 Gelände bewegen aber nichts wirklich heikles... einzig wieder der eigentlich selbstverständliche Hinweis auf Steinschlag zu achten, da man hier teils den Aufstiegsweg unter sich hat, und Steine wieder fatal für Nachsteigende sein können... danach leitet der Weg noch ca. 100 Hm über einfache Schrofen und Felsen hinauf zum Vorgipfel, der gefühlt eigentlich der höhere der beiden Gipfel zu sein scheint, allerdings entschied man sich wohl für Gipfelbuch und Kreuz auf dem nördlicheren Gipfel, von dem man aus den atemberaubenden Tiefblick auf Ehrwald genießen kann... zum nördlichen Gipfel leitet dann ein schmaler luftiger Grat hinüber, schon etwas ausgesetzt, linkerhand die sehr(!) steile Westwand der Sonnenspitze, rechts die nicht wesentlich flachere Ostflanke... der Grat ist allerdings doch noch recht blockig und breit, schwindelfrei und trittsicher sollte man natürlich selbstverständlich sein, aber wer es bis hierhin geschafft hat, sollte den Grat auch noch packen... nach einer ausgiebigen Gipfelrast ging es den gleichen Weg zurück zur Hütte... das abklettern der Rinnen gestaltete sich hierbei fast ebenso fantastisch wie das hinaufsteigen, das Angebot an Griffen und Tritten lässt einen Geübten praktisch die Rinne geschmeidig hinuntergleiten...

Apropros Geübten... mir folgend in der Spur hatte sich noch eine kleine Familie bestehend aus Vater und zwei jugendlichen Kindern in Richtung Sonnenspitze aufgemacht... nach dem Einstieg in die 1. Rinne hörte und sah ich allerdings nichts mehr von ihnen, was mich vermuten ließ, das sie wohl umgedreht sind... allerdings war es wohl eher so, dass sie sich scheinbar eine Stunde ergebnislos an der 1. Rinne abgemüht haben, ein Stock dabei bis aufs große Schneefeld runter gerutscht ist... und zu allem Überfluss die komplette Gruppe dann noch gemütlich Brotzeit direkt im Einstieg der 1. Rinne veranstaltet hat... "selbstverständlich" hatte niemand der 3 Personen einen Helm dabei... auch der vorsichtig freundliche Hinweis auf die Steinschlaggefahr der Rinnen wurde eher mit seltsamem Blick quittiert... aber nunja, jedem das Seine...

Der restliche Abstieg zurück zur Coburger Hütte gestaltete sich dann sehr spaßig, im mittlerweile sehr weichen und sulzigen Schnee konnte man in hohem Tempo genüsslich die ersten 100 Hm zurück abfahren, und auch der weitere Weg zur Coburger Hütte in Vorfreude auf ein kühles Bier ging schnell von der Hand, so dass ich knapp 1 1/2 Stunden nach dem Gipfel der Sonnenspitze wieder auf der Terrasse der Coburger Hütte saß, mit dem Blick auf einen tollen Gipfel den ich bestimmt nicht das letzte Mal besucht habe...

Fazit: Sehr schöne Tour auf einen markanten Felszacken in den Miemingern, angenehmes warmlaufen mit Waldstück und Hohem Gang... Weiterweg zur Coburger Hütte und zur Biberwierscharte unproblematisch... danach derzeit etwas Orientierung am Schneefeld zum Einstieg und definitiv Vorsicht geboten bei der Querung der Schneerinne auf halber Wandhöhe(!)... das Klettern kratzt ab und an am II. Schwierigkeitsgrat, aber sämtliche dieser Stellen befinden sich in schön kompakten Rinnen und sind mMn traumhaft zu kraxeln... Vorsicht ist eben geboten wegen der durchaus vorhandenen Menge an Schutt und Geröll auf den Felsen der Südflanke...

Tourengänger: Schmiger


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Kommentare (1)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 29. Mai 2012 um 13:28
Herzlich Wilkommen! Ich freue mich auf weitere Berichte von dir.

Viele Grüße aus und nach Frankfurt
Sven


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