May-(be) Powder?! Auf, am und um den Piz Laviner

Meteorologische Ausnahmeereignisse bleiben wohl selten in so positiver Erinnerung wie am 17. Mai 2012. May-(be) Powder? MAY-POWDER!!! Das ist die einzige richtige Antwort.

Angesichts der doch beträchtlichen Schneemassen mussten wir unsere "steileren" Pläne etwas den Verhältnissen anpassen. Das fiel uns nach dem Studium der  SLF-Schneedaten nicht sehr schwer. Genuss-Powdern schrieben wir uns auf die Fahnen, ohne technischen Herausforderungen. Als meine Tourenpartnerin mir das NW-Couloir am Piz Blaisch Marscha schmackhaft machte, war es um mich sofort geschehen. Also auf nach Naz!

Die frühmorgendliche Fahrt liess unsere Herzen ohne körperliche Anstrengung bereits höher schlagen. Statt im Frühling wähnten wir uns eher im Spätherbst nach dem ersten grossen Schnee. Vom Auto weg zogen wir mit den Skis um 6:00 in den hochwinterlichen Morgen. Zu unserem Erstaunen lag schon eine frische Skispur, von den Machern war jedoch weit und breit nichts zu sehen. Sie mussten wohl sehr früh los, was wir an diesem Tag für nicht unbedingt notwendig erachteten. Bis ca. 2600m war sozusagen gepflügt, bevor wir endlich unseren eigenen Weg durch die traumhafte Winterlandschaft bahnen durften. Es sollte für den Rest des Tages so bleiben. Durchwegs 30-40cm Neuschnee liessen unsere Pulse in die Höhe schnellen. Weniger erfreulich waren die riesigen Schneefahnen am Piz Blais Marscha. Bei extra-frischem Triebschnee das steile Südcouloir hoch erschien uns zu riskant. Stattdessen bogen wir zur Fuorcla Mulix ab und wir wurden nicht entäuscht! Hinter einer kleinen Wächte lag ein weicher weisser Teppich zu unseren Füssen. Nach kurzer Prüfung der Schneedecke war klar, hier konnten wir höchstens im federleichten Pulver ersticken. Ladies first liessen wir ausnahmsweise nicht gelten und so durfte ich eröffnen. Die Überraschung war perfekt! 40cm AAA-Powder wirbelten mir sofort um den Kopf und raubten die Sinne. Was für ein Gefühl! Ungläubig blickte ich mich um und beobachtete meine Partnerin, wie sie soeben auch den Hang in Angriff nahm und in ihm herunter staubte. Ein Blick zurück einer nach vorn, wir wollten mehr! Die Hänge zur Fuorcla Laviner boten das, was wir uns ersehnten. Also nichts wie hoch dort.

Sorgfältig legten wir unsere Spur in die schönen Hänge, schliesslich sollte nichts die Harmonie dieser herrlichen, unberührten Winterlandschaft stören. Viele Spitzkehren brachten uns dem Ziel näher und je höher wir stiegen, desto windbeeinflusster war der Schnee. Vorsicht war nicht fehl am Platz, Gefahrenzeichen begegneten wir jedoch nicht. Nun noch einige Meter etwas Winteralpinismus und wir standen auf dem Gipfel des Piz Laviner. Rundherum tiefer Winter, nur im Norden etwas saftiges Grün, doch dazwischen lagen noch viele Powderturns. Und die genossen wir! Die angenehm geneigten Hänge ins Val d'Err hielten was sie versprachen. Trotz mittlerweile frühem Nachmittag immer noch seidenfeiner Powder auf harter, aber nicht störender Unterlage.

Ab ca. 2400m zunehmend feuchter und bremsender. Unter den Piffen unzähliger Murmeltiere rutschen wir durchs Val d'Err. Es schien, als wären bis auf das letzte Murmeltier alle aus ihren Löchern gekrochen... Hätte es an den vorangehenden Tagen nicht geschneit, wären wir wohl bald einmal auf grüner Flur gestanden. So aber erlaubte uns der Neuschnee eine zum Teil etwas forcierte Fahrt mit kurzen Tragepassagen bis auf ca. 1650m. Weitere 400HM beeilten wir uns bis die Füsse rauchten hinunter nach Tinizong, wo wir uns angesichts der blühenden Wiesen etwas exotisch vorkamen... Das Postauto, die RHB sowie unsere nackten Füsse brachten uns zurück zum nun wieder frühlingshaften Ausgangspunkt.

May-(be) Powder? Eine obsolete Frage...