Überschreitung Piz Jenatsch


Publiziert von Zoraya , 26. Februar 2021 um 22:47.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberengadin
Tour Datum:25 Februar 2020
Ski Schwierigkeit: ZS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 1500 m

Berichte zu verfassen hat mich in den letzten Monaten einfach nicht mehr gepackt. Untätig in Sachen Touren war ich nicht. Im Gegenteil. Die Untätigkeit findet sich nur im Beschreiben meiner Touren wieder. Nun ist meine Schreibmotivation für diese eine Tour zurückgekehrt. Ich fand, dass der selten beschriebene Gipfel einen Eintrag verdient. 

Meine Partnerin und mich zog es für ein paar Tage ins Engadin. Genauer gesagt auf die Chamanna Jenatsch, ein für mich gänzlich unbekanntes Gebiet mit vielen Tourenmöglichkeiten. Von einfach bis anspruchsvoll ist alles dabei, meist mit eher kürzeren Aufstiegen, die jedoch mit mehreren Gipfel kombiniert werden können. Die Chamanna Jenatsch ist die höchstgelegene Hütte in Graubünden. Es lohnt sich sämtliche Karten im Voraus hinunterzuladen, sollte bevorzugt mit Smartphone navigiert werden. Über weite Strecken erhält man keinen Empfang. Man muss fast bis auf die Gipfel hochsteigen, um ein bisschen "socialising" betreiben zu können. Mir war das nur allzu recht. Ferien sollen in erster Linie zur Erholung dienen. Eine wohltat einmal für ein paar Tage nicht erreichbar zu sein und vor allem keine Nachrichten aus der Welt hören oder lesen zu müssen. Unsere Touren führten uns zum Piz Surgonda, Piz Picuogl, Piz d'Err und Piz Jenatsch. Mein Bericht und Begeisterung gilt letzterem, Piz Jenatsch. 

Die gewählte Route zum Piz Jenatsch führte uns via Südcouloir auf den Westgrat zum Gipfel, mit Abstieg über den Nordostgrat (Normalroute) auf den Pass Fuorcla Laviner. Ich schätze die Route wird nicht sehr oft begangen. Am Vortag hat ein Pärchen den Piz Jenatsch über das Südcouloir bestiegen, jedoch mit selbiger Abfahrt. Von der Hütte steigt man nach NW gegen den Vadret d'Err bis auf ca. 2900 m an. Zur Zeit kommt man ohne Harscheisen nicht wirklich weit. Der Schnee ist Morgens dermassen vereist, dass die Schweizer Bobmannschaft sicher ihren Spass gehabt hätte. Wir jedoch nicht, daher schwups Harscheisen dran. Nach dieser kurzen Steilstufe biegt man Richtung N ab. Das Südcouloir liegt bereits im Sichtfeld. Am Fusse des Couloir, auf ca. 2950 m montieren wir die Steigeisen und binden die Skier auf. Die viel zu warme Februarsonne schien bereits kräftig ins Couloir, was den Aufstieg erschwerte. Nebst eher wenig Schnee trafen wir zum Teil auf "faulen" Schnee, welcher nicht verfestigt war. Kraft- und zeitraubend. Das Couloir steilt bis auf ca. 45° auf. Auf dem Grat angelangt schlug uns wieder mal eisiger Wind ins Gesicht. Unschwierig geht es über den teils etwas ausgesetzten Grat zum Gipfel des Piz Jenatsch mit bombastischer Sicht. Der Wind lud nicht zum verweilen ein und uns stand noch ein abenteuerlicher Abstieg bevor. Die derzeitigen Verhältnisse im Nordostgrad sind alles andere als optimal. Der Abstieg ist sehr ausgesetzt, steil und mit Kletterstellen im vielleicht ersten Grad. Die Hauptschwierigkeit lag an den unangenehmen Schneeverhältnissen. Kein bisschen Trittschnee sondern nur lockerer Griesschnee . In jedem Schritt brösmelte der Schnee unter uns weg in die Tiefe. Wahrlich kein angenehmes Gefühl. Pickel und Steigeisen nützten im losen Schnee nicht wirklich viel. Die Skier auf dem Rücken waren mehr im Weg als nicht. Das einzig Nutzvolle war für mich ruhiges Atmen und höchste Konzentration. Wohlbehalten und, ich gebe zu, erleichtert erreichten wir die Traverse zur Fuorcla Laviner. Wir lösten die Skier von unseren Rucksäcken und nahmen den kurzen Anstieg in Angriff zum Pass. Angelangt beim Pass blickten wir zurück auf den Piz Jenatsch, auf die abenteuerliche Überschreitung und gaben uns ein hohes High Five. Wir fellten ab und blickten kritisch in unsere Abfahrt. In den letzten Tagen trafen wir eisige Pisten oder Burchharsch an. Es vermochte nie recht aufzusulzen. Auch diese Abfahrt bot alles, dennoch konnten wir ein paar schöne Schwünge in den Hängen zur Alp Mulix geniessen. Um ca. 13.30 Uhr erreichten wir Naz. Entlang der Strasse und wieder mit aufgebundenen Skier latschten wir in 15 Minuten nach Preda. 

Abgesehen von den suboptimalen Verhältnissen im Nordostgrat, war diese Tour ein echtes Highlight. Ein alpiner Aufstieg, Einsamkeit, grandiose Aussicht und eine lange Abfahrt nach Preda. Die Tour ist ein hübsches ZS, aufgrund den derzeitigen Verhältnissen, gebe ich ihr ein Upgrade mit einem +. Allen Wiederholungstätern wünsche ich viel Vergnügen mit diesem tollen und einsamen Gipfel. 




Tourengänger: Zoraya


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Kommentare (6)


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Bombo hat gesagt:
Gesendet am 27. Februar 2021 um 18:13
Salü Zoraya

Merci für Deinen Bericht über die tolle Überschreitung - gratuliere!

Weiterhin tolle und unfallfreie Touren
Bombo

Zoraya hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. März 2021 um 10:31
Hallo Bombo

Vielen lieben Dank - die Überschreitung war wirklich ein Highlight.

Auch dir weiterhin wundervolle und unfallfreie Touren :-)

georgb hat gesagt:
Gesendet am 28. Februar 2021 um 22:28
Welcome back Sarina! Schön wieder von dir zu lesen! Und da war doch noch was... ;-)

Zoraya hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. März 2021 um 10:33
Hallo Georg

Ja mal schauen wie lange die Schreibmotivation herhält ;-). Und nein, ich habe "da war doch noch was..." natürlich nicht vergessen. Warte noch auf den geeigneten Moment. Da muss alles passen :D.

georgb hat gesagt:
Gesendet am 1. März 2021 um 11:44
Alles zu seiner Zeit, momentan steht sowieso die ganze Welt Kopf ;-)

Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 1. März 2021 um 16:47
coole Tour; gratuliere!
Genau dieselbe Tour (aber in umgekehrter Richtung) hatte ich ursprünglich am 13./14.2. geplant.

Aber diverse Faktoren liessen die Tour platzen. U.a. war damals SLF "erheblich" - und diese Tour verlangt doch einigermassen sichere Verhältnisse. V.a. die Querung des Hanges östlich der Jenatschhütte kann ziemlich heikel sein ...

Weiterhin gute Touren!
LG, Linard


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