Hinterfallenchopf (1532 m) mit einem Abstieg, der Fragen aufwirft


Publiziert von marmotta , 27. Dezember 2011 um 22:54.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:26 Dezember 2011
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT2 - Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SG 
Aufstieg: 875 m
Abstieg: 695 m
Strecke:Nesslau - Hinterlutenwil - Gillsäge - Ennetbühl - Rittli - Stigelen - P. 1103 - Under Chlosteralp - Vorder Chlosteralp - Hinder Chlosteralp - Stofel - Hinterfallenchopf - Hinderfallen - Ellbogen - Rappenloch - Seebensäge
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Nesslau-Neu St.Johann
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Seebensäge

Der Unterschied zwischen der Wärme im sonnigen Bergland und der Kälte im neblig-feuchten Flachland könnte frappierender kaum sein. Also nichts wie raus in die Höhe und den herrlichen Schnee! Da ich aber nach dieser Tour etwas handicapiert bin, galt es, eine Tour und eine Fortbewegungsart zu finden, die sich auch mit meiner lädierten Hand halbwegs schmerzfrei bewerkstelligen liess. Und siehe da: auch die sanften Voralpenhügel und das Schneeschuhlaufen haben ihren Reiz, man lernt es in solchen Momenten wieder zu schätzen…
 
Zusammen mit etlichen anderen sonnenhungrigen Wintersportlern stiegen wir am späteren Vormittag in Nesslau-Neu St. Johann aus dem Zug. Nach einer (eher sinnfreien) Aufwärmrunde über Hinterlutenwil erreichten wir den beschaulichen Weiler Ennetbühl (885 m). Eine knappe Stunde später, als wir dies mit dem Postauto, auf dessen Abfahrt ich keine 10 min hatte warten wollen, getan hätten… :-)
 
Von Ennetbühl gibt es verschiedene Möglichkeiten, zu den Alpen zwischen Gössigenhöchi und Hinterfallenchopf zu gelangen. Wir folgten zunächst der Fahrstrasse bis zum Hofgut Stigelen. Von dort weglos und recht steil in mehr oder weniger direkter Linie den Hang hinauf, bis wir auf die Fahrstrasse stiessen, die uns zur Under Chlosteralp (1244 m) führte. Bis hierhin wäre es auch gut ohne Schneeschuhe gegangen. Nun durch den herrlichen Pulverschnee, der auf einer grösstenteils gut tragenden Unterlage liegt, via Vorder und Hinder Chlosteralp zur Alp Stofel. So macht Schneeschuhlaufen Spass: Wenige Steigungen, nicht zu tiefer, in der Sonne glitzernder Pulverschnee und herrliche Ausblicke zu den tief verschneiten Gipfeln des westlichen Teils der nördlichen Alpsteinkette, die so bizarr aussahen, als wäre man irgendwo in Patagonien oder Alaska.
 
Der Gipfel des Hinterfallenchopf (1532 m) war bald erreicht. Nachdem viele Tourengänger bereits wieder am Absteigen waren, teilten wir den Gipfel nur mit einem netten Einheimischen und dessen 2-jährigen verspielten Hund. Die Luft war sehr klar, so dass im Norden auch die Hegauvulkane deutlich zu sehen waren - immerhin doch über 70 km Luftlinie entfernt.
 
Da ich eine alternative Abstiegsroute zum Westkamm suchte, fragte ich den Einheimischen, ob vom Gipfel ein direkter Abstieg zur Seeben Säge möglich sei. Er meinte, dies sei kein Problem, wir müssten einfach beim Ellbogen (1270 m) rechts abbiegen. Spuren seien dort allerdings noch keine vorhanden.
 
Gesagt, getan: In freier und direkter Linienwahl hinunter zu den Hütten der Alp Hinderfallen (1332 m) und nach einem unrühmlichen Versuch, bereits hier rechts abzubiegen (woher soll ich auch ohne gescheite Karte wissen, wo nun genau der "Ellbogen" ist…) weiter zur Hütte und dem Wegweiser am Ellbogen. Und genau hier begann mich nun mein Gewissen zu plagen: Einerseits hatte ich diese Information im Hinterkopf, andererseits hatte ich auf dem gesamten Abstieg keinerlei Hinweise auf eine Wildschutzzone und ein entsprechendes Betretungsverbot oder wenigstens Weggebot gesehen. Dieser Umstand und die bereits fortgeschrittene Uhrzeit, die den weiten Umweg über die "offiziellen" Schneeschuhtrails via Pfingstboden-Chräzerenpass bis zur Schwägalp kaum mehr zuliess, bewogen uns schlussendlich -wenn auch mit etwas schlechtem Gewissen- den Abstieg über den breiten Forstweg durch das Rappenloch anzugehen. Der Weg führt eindrücklich durch die von Nagelfluh- und Molassewänden gesäumten Tobel hinunter in die Talebene der Luterern, wo wir noch bis zur Abfahrt des nächsten Postautos nach Nesslau im Gasthaus Seeben-Säge einkehrten.
 
Das Rätsel um die angebliche Wildschutzzone liess sich auch zuhause nicht aufklären: Das Gebiet rund um das Rappenloch-Tobel ist weder hier noch in der aktuellen Skitourenkarte als Schutzgebiet ausgewiesen. Nach meinen Recherchen und ausweislich der Hinweistafel an der Seeben-Säge ist das Gebiet lediglich als Schutzwald mit bestimmten Funktionen ausgeschieden. Natürlich sollte es auch hier selbstverständlich sein, unnötigen Lärm zu vermeiden und nicht gerade in grösseren Gruppen einzufallen sowie typische Wildeinstandsgebiete (Waldränder, apere Flächen etc.) zu meiden. Im Übrigen scheint mir die Ausscheidung immer neuer Wildschutz- und ruhezonen ziemlich willkürlich zu sein - wollte man dem erhöhten Schutzbedürfnis der Wildtiere im Winter wirklich ausreichend Rechnung tragen, müsste konsequenterweise jegliche Tourenaktivität abseits von Siedlungsgebieten und Strassen unterbleiben. Regelmässig schrecke ich (und viele andere auch, wie die zahlreichen schönen Tierfotos auf Hikr.org beweisen) auch im Winter ausserhalb der sog. Wildruhezonen Stein- und Damwild auf - die Tiere kennen schliesslich die Verordnungen und Gebietsausscheidungen nicht und wissen offenbar nicht, wo genau sie (gesetzlich) geschützt sind…
 
Das Ganze wirft -zumindest bei mir- eben schon gewisse Fragen auf. 

Tourengänger: marmotta, nevada


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