Vom Schrecksee zum Iseler: Hintersteiner 7-Gipfel-Rundtour


Publiziert von quacamozza , 5. November 2011 um 19:48.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:28 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 8:15
Aufstieg: 2410 m
Strecke:Hinterstein/Kirche-Auf der Höh-Haus der Konstanzer Jäger-E-Werk Auele-Schrecksee-Kirchendachsattel-Knappenkopf-Kugelhorn-Rauhhorn-Gaishorn-Ponten-Bschießer-Iseler-Zipfelsalpe-Hinterstein/Kirche
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Pkw oder Bus von Bad Hindelang nach Hinterstein Ortsmitte - Parkplatz am Feuerwehrhaus (2,50 € / Tag; mit Hindelang-Gästekarte kostenlos)
Kartennummer:Topographische Karte Allgäuer Alpen 1:50 000

Eine wunderschöne, nicht ganz kurze herbstliche Rundtour über 7 Gipfel in einem meiner bevorzugten Wandergebiete-ein Traum. Hier kann man vom Alltag richtig abschalten. 

Oft schon habe ich die einzelnen Gipfel bestiegen, z.B. 4mal das Gaishorn oder 6mal den Iseler, doch noch nie kam ich dazu, den ganzen Kamm mal komplett zu überschreiten. Sogar eine Erweiterung der Tour bis zum Luitpoldhaus und Giebelhaus wäre denkbar, allerdings nicht im Herbst, wenn man nur bei Helligkeit wandern möchte. 
Die Gipfel und Wege sind im Sommer stark frequentiert. Umso wohltuender waren für mich die Ruhe und das gediegene Ambiente der Nachsaison. Wann hat man schon einmal den Iselergipfel für sich ganz allein?


Zur Schwierigkeit: 
Einfache Alpinwanderung mit einzelnen leichten Kletterpassagen im I.Grad am Rauhhorn und Ponten. Die Tour ist für jeden trittsicheren und schwindelfreien Bergsteiger geeignet.

Zur Ausrüstung:  
Stöcke, feste Bergschuhe und im Herbst eventuell Steigeisen.


Kurz nach Sonnenaufgang von der Ortsmitte in Hinterstein der Hauptstraße entlang zum Hinteren Dorf, am "Grünen Hut" vorbei und zum Parkplatz "Auf der Höh" (890m). An der dortigen Wegverzweigung rechts entlang. Auf breitem Schotterfahrweg hinunter zur Fahrstraße Richtung Giebelhaus (Wegweiser), dann zum Haus der Konstanzer Jäger (bis Ende des Jahres geschlossen; schöne Darstellung der Konstanzer Stadtsilhouette) und weiter zum Hindelanger E-Werk/Auele(935m; knapp 45 min).

Ab jetzt folgt ein schweißtreibender, langer Anstieg: Kurz nach dem Gebäude am Wegweiser beginnt der oft steile und steinige Aufstieg zum Schrecksee (1813m), dem wohl malerischsten See des Allgäus mit der zauberhaften Insel. Zwischendurch kann auf dem Flachstück bei der verfallenen Taufersalpe kurz durchgeschnauft werden. Oben geht's dann wieder leicht abwärts, an einer neuen Alphütte vorbei zum Wegweiser etwas oberhalb des Schrecksees. Nach bereits mehr als 1000 Aufstiegshöhenmetern nimmt der Körper das zweite Frühstück besonders gerne auf.

Zeitbedarf von Hinterstein: 2 Std 10 min

Weiter hoch zu einem schon von unten sichtbarem Wegweiser und auf gleicher Höhe rechts queren in den Kirchdachsattel (1918m; Grenze Deutschland-Österreich; der weitere Weg verläuft bis zum Bschießer immer auf oder in der Nähe der Grenze). Auf dem Wanderweg Nr. 421 geradeaus erreicht man nach gut 1,5 Std. die Landsberger Hütte.

Ich verließ den Weg dagegen links aufwärts und gewann weglos über steiles, aber gut begehbares Gras (T 4) die Felsschneide des Knappenkopfes (2071m), die einzige wirklich ausgesetzte Stelle der gesamten Runde, die freilich kein großes Hindernis für Geübte darstellen sollte. Der Gipfel ist dann wieder grasig. Nach kurzem Abstieg und weiteren gut 70 Höhenmetern stehe ich auf dem Kugelhorn (2126m; Gipfelkreuz und Buch) und genieße die wunderbare Rundumsicht auf die Tannheimer Berge, die Zugspitze und die vielen Allgäuer Gipfel, von denen einige ja heute noch bestiegen werden wollten. 

Zeitbedarf: 40 min vom Schrecksee

Auf angedeuteten Wegspuren erfolgt der Abstieg in steilen Schrofen zur tiefen Senke der Hinteren Schafwanne (1965m; Wegweiser - rechts geht der Jubiläumsweg Nr. 424 weiter). Der nun blau-weißen Markierung nach über den Südgrat zum Rauhhorn (2240m).
Dabei müssen einige leichte Kletterpassagen sowie Querungen im Geröll bewältigt werden. Mal auf der einen, mal auf der anderen Seite des aussichtsreichen Grates wird dem übergroßen Gipfelkreuz zugestrebt, vorbildlich und zielsicher von den Markierungen geleitet.

Zeitbedarf: 45 min vom Kugelhorn

Knapp unterhalb des Gipfels ist eine Kletterpassage, die sonst mit II+ zu bewerten wäre, mit einem Fixseil entschärft worden. Es folgen noch ein, zwei weitere leichte Kraxel-Intermezzi, danach geht's wieder im Gras abwärts zur Vorderen Schafwanne (2041m) und nach leichter Abwärtsquerung in der Südflanke steil aufwärts zum Gaishorn (2249m).
Hier steht seit kurzem ein neues Gipfelkreuz, das länderübergreifend von der Bergrettung Tannheim und der Kolpingfamilie Legau gemeinsam entworfen, aufgestellt und eingeweiht wurde.

Zeitbedarf: 45 min vom Rauhhorn

Das Gaishorn ist DER Aussichtsberg im Tannheimer Tal und der Aufstieg von Tannheim mittlerweile eine meiner Standardrouten mit Schneeschuhen oder Skiern im Winter. Man sieht die beiden horizontalen Gipfelgrate (der andere ist der Große Daumen) oft schon bei der Anfahrt von Memmingen aus. Auch im Winter ein immer wieder lohnendes Ziel. Heute reichte die Sicht vom Tödi im Glarnerland und Säntis im Westen bis zur Zugspitze und Wetterstein im Osten. Für die Mittagspause und zum Beine ausstrecken steht reichlich Platz zur Verfügung.

Auf dem Gipfelgrat hinüber zum Geißeck (2212m), der westlichen Schulter des Gipfelgrates, dann auf und neben dem stets schattigen Nordwestgrat (wegen diesem Abschnitt hatte ich vorsichtshalber mal die Steigeisen eingepackt, die ich dann allerdings trotz einiger harter Schneepassagen nicht benötigte), unten über zuweilen abgetretene Felsstufen weit hinunter in den tiefsten Sattel der Tour (1817m) vor dem Zirleseck. Auf diese unscheinbare Erhebung hinauf (1872m; Grenzschilder). 
An dieser Stelle gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder noch zur Rohnenspitze oder gleich weiter dem Kamm entlang, der hier markant nach Westen abknickt.
 
Ich schaute kurz auf die Uhr: Für die Rohnenspitze, die ich ebenfalls schon oft bestiegen hatte, wäre ca. 1 Std. für Hin- und Rückweg draufgegangen. Das hätte nach meinem Zeitplan allerdings bedeutet, dass der Iseler nicht mehr bestiegen werden konnte, ohne einen Abstieg in der Dunkelheit durchzuführen. Das aber hatte ich keineswegs vor: Es sollte eine Tour (nur) von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang werden. Nach einigem Überlegen verzichtete ich auf die Besteigung der Rohnenspitze und wanderte westwärts weiter. Erstaunlicherweise wurde es (erst) jetzt zunehmend sommerlich warm. 

Auf bekanntem Weg die Flanke queren und die letzten 130 Höhenmeter auf steilem Weg zum Wintergipfel des Ponten. Den (niedrigeren, kreuzgeschmückten) Hauptgipfel (2040m) mit Gipfelbuch ließ ich mir dagegen nicht entgehen.

Zeitbedarf vom Gaishorn: 1 Std 10 min

Nach einer weiteren Rast bleibt man vom Vorgipfel stets der Grathöhe treu und quert auf der anderen Seite die Ostflanke des Bschießers, bevor es wiederum steil, aber unspektakulär auf den Beginn des Gipfelgrates und zum Gipfel des Bschießers (1998m) geht. Bei abtauendem Schnee, aber auch größerer Hitze schickt der Osthang gerne mal Steinsalven ins Tal, daher auch der Name.

Zeitbedarf vom Ponten: knapp 40 min

Auf dem latschendurchsetzten und auch im Winter oft schneefreien Nordwestrücken verliere ich 400 Höhenmeter, um anschließend im sumpfigen Gras auf der Ebene der Oberen Stuibenalpe (1613m) auf flaches Gelände zu treffen.

Hier wieder kurze Überlegung: Links würde es direkt nach Hinterstein gehen, und mir stehen noch gut 2 Stunden Helligkeit zur Verfügung. Würde das noch für den Iseler inklusive Abstieg via Zipfelsalpe ausreichen? Hm, es wird knapp, könnte aber reichen.

Ich entschied mich für den Gipfelaufstieg zu meinem 7.Gipfel des Tages, zusammen mit dem Entschluss, umzukehren, sobald mir meine beiden Uhren das 17-Uhr-Signal geben, denn 1,5 Std. für 1100 Abwärtshöhenmeter müssen vorhanden sein.
Dementsprechend dynamisch ging's dann mit Tempo 750 hm/h (nicht km/h, so gut bin ich dann leider doch nicht trainiert, hihi) zur Sache, so dass ich mich bereits 10 vor 5 ins (natürlich wie immer übervolle) Gipfelbuch des Iselers (1876m) eintragen konnte. Letzter Eintrag auf der letzten zur Verfügung stehenden Seite, letzter Gipfel. Und heute bin ich doch tatsächlich ganz allein hier oben. Die Bahn hat den Fahrbetrieb bereits eingestellt.
Kurz unter dem Gipfelgratabzweig sehe ich noch zwei Personen. Diese werde ich heute aber nicht mehr antreffen. Die bereits tiefstehende Sonne ließ diese gewisse romantisch-kitschige Atmosphäre aufkommen, welche die Fotografen lieben, die aber meine eigenen Erlebnisse erst seit diesem Jahr bereichert.

Zeitbedarf vom Bschießer: 50 min

Nach gut 10 Minuten Pause stand der letzte Abschnitt der Tour an. Bis zur Wegverzweigung auf 1647m zurück, dann durch Wald und über ein Bachbett hinüber zur Zipfelsalpe (1534m), die sich bereits im Winterschlaf befindet. Von dort verläuft der Weg zunächst rechts abwärts, dann wieder über den besagten Bach und nachher hoch über dessen Tobel. So zieht es sich hin, die Dämmerung setzte bereits ein, im Wald unten wurde es zunehmend schummrig.

Noch konnte ich genug sehen, doch vielleicht nicht gut genug. Plötzlich erkannte ich wenige Meter unter mir einen Wanderer mit rotem Rucksack (meinte ich zunächst), oder war es doch ein verletzter Hirsch oder noch was ganz Anderes? Wird das Wild nicht manchmal von Jägern mit Menschen verwechselt? Sucht schon jemand nach mir? Warum knipst der nicht endlich die Stirnlampe an oder grüßt mich? Lauter solche Gedanken hatte ich plötzlich. Ich horchte, schaute mich nochmal um...nichts, kein Geräusch, nichts zu sehen...alles ein großes, bis heute ungelöstes Rätsel...

Nun ja, nach 1 Std 20 min vom Iseler hatte ich es dann geschafft. Im Wald nahmen meine Augen die Trasse zum Schluss nur noch in Umrissen wahr, dabei ist gerade der finale Abschnitt steil. Mir war klar, dass ein Stolperer hier eine lange Abstinenz von den Bergen nach sich ziehen könnte, also ließ ich es vorsichtig hinunter zur Kirche und zum Auto auslaufen.


Fazit: Einmal mehr ein Sahnestückchen von Bergtour, auch wenn sich die Schwierigkeiten dieses Mal sehr in Grenzen hielten. Meine Zeitplanung und Fitness werden langsam besser, das lässt doch für nächstes Jahr einiges erwarten...  
  

Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (6)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 5. November 2011 um 20:16
Ist ja schon ein straffes Programm! Verstehe ich das richtig, dass das Rauhorn nach Deiner Einschätzung weniger ausgesetzt ist als der kurze Grat zum Knappenkopf?

Sportliche Grüße
Sven

quacamozza hat gesagt: Die Rauhhorngrate...
Gesendet am 5. November 2011 um 20:49
...finde ich in der Tat nicht ausgesetzter als den Knappenkopf. Man muss halt hin und wieder kraxeln, aber das sollte alles für Dich kein Problem sein. Markierung ist bestens. Mit der Ausgesetztheit an den Rotköpfen oder dem Giebelgrat ist's in keiner Weise vergleichbar...

Gut, ich war jetzt schon oft auf dem Rauhhorn, da findet man das vielleicht auch nicht mehr so steil/exponiert, aber ich denke: Dieser Berg wartet auf Deine Besteigung :-)

Sportliche Grüße von Ulf

Bergpoetin hat gesagt:
Gesendet am 6. November 2011 um 12:50
Herzlichen Dank, dass Du Dein Versprechen eingehalten hast ;)
Feine Tour, aber viel zu lang für mich. Da werde ich wohl den einen oder anderen Gipfel einzeln angehen...

quacamozza hat gesagt: Gipfel 2012
Gesendet am 6. November 2011 um 23:03
Hallo Lorna,

die Gipfel sind natürlich auch einzeln sehr lohnend. Außerdem gibt's im Sommer zahlreiche bewirtschaftete Alphütten. Zurzeit kann man halt leider nirgends mehr einkehren...heute war ich übrigens wieder in der Gegend - 6 weitere Gipfel am Vilsalpsee bei Föhnwetter.
Kennst Du den See schon???

Sportliche Grüße von Ulf

Bergpoetin hat gesagt: RE:Gipfel 2012
Gesendet am 14. November 2011 um 21:08
Huch, Antwort übersehen...
Nein, den Vilsalpsee kenne ich bisher nur von Fotos. Mal sehen was sich nächstes Jahr so ergibt, als Freiberuflerin kann ich nicht immer so exakt planen, wie viel Geld zur Verfügung steht, wobei das für mich nie das Hauptkriterium war.

quacamozza hat gesagt: Gipfel 2012 - es kann losgehen
Gesendet am 4. Januar 2012 um 18:44
...da kann ich Dir nur einen guten Erfolg im Business wünschen...tanta montagna e salute und natürlich noch alles Gute fürs neue Jahr...

Sportliche Grüße von Ulf


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