Wildspitze 3772m Normalweg am letzten Tag im Herbst 2011
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Auf die Wildspitze sollte wirklich jeder Bergsteiger in seinem Leben einmal gekommen sein. Der höchste Berg Tirols, des Ötztals und des Weißkamms ist von Norden gesehen eine schöne Firnpyramide mit großartigen Graten und interessanten Flanken. Der Südgipfel ist nur wenige Meter höher als der nördliche, der durch Abschmelzen niedriger geworden ist.
Für unseren Einsteiger ist dieser Gipfel das größte.
Morgens halb acht brechen wir zu sechst in Richtung Mitterkar auf. Zunächst finden wir einen sehr gut markierten Weg (T3) über Geröll bis zum Mitterkarferner, über den man erst ohne Hilfsmittel aufsteigen kann. Wo dieser nach NO weiter führt, wird es steiler und die ersten von uns legen ihre Steigeisen an. 200m unter dem Einstieg zum Mitterkarjoch machen wir Pause, weil eine Berliner Seilschaft sich dort sehr viel Zeit lässt. Jonas läuft bald zu ihnen, um Hilfestellung zu leisten.
Am Einstieg besteht die Schwierigkeit aus der aperen Eisflanke (45°) die etwa 70m an einem Drahtseil hinauf gehangelt werden muss. Darüber befindet sich eine stark steinschlägige Rinne, deshalb muss man möglichst schnell durch das Eis hinauf unter die Felsen. Nach zwei tüchtigen Kletterzügen (II) steigt man in den klettersteigartig ausgebauten Weg zum Joch ein (WS+). Dummerweise habe ich vergessen, Heikos Steigeisen mit ihm vorher einzustellen, was uns hier einen Menge Zeit und Nerven gekostet hat. Nach größeren Anstrengungen schafft er es bis zum Felseinstieg. Doch hier muss er nun gesichert werden. Deshalb steige ich noch mal ab bis oberhalb des ersten Sicherungshaken. Auch Jonas kommt hinzu geklettert. Gemeinsam (ich halte seinen Rucksack in ungünstiger Position und reiche ihm das Material, Jonas baut Sicherung auf und sichert) bringen wir unseren Freund über den Einstieg, was jedoch ohne die Hilfe eines weiteren erfahrenen Kameraden unten nicht möglich gewesen wäre. Am Klettersteig kommt Heiko nun besser und besser klar. Gut, dass wir das zuvor etwas an der Häntzschelstiege im Elbsandstein geübt haben! Der Steig hat eigentlich nur einen anstrengenden Einstieg (II), sonst geht es leicht ausgesetzt immer am Drahtseil gut aufwärts (I, WS+).
Oben auf 3400m gibt es natürlich eine größere Pause. Dann wird angeseilt und über den Normalweg bis auf den Sattel aufgestiegen, wo es wieder felsig wird. Ausbinden, Steigeisen ab und alles Überflüssige da lassen und auf geht’s zum Gipfelaufschwung auf den Südgipfel. Hier muss man nur schön langsam gehen, die Route ist sehr ausgetreten und unschwierig (T4, I). Die ersten Emotionsausbrüche überkommen mich schon unterhalb des Gipfels. Ich gehe nahe beim Heiko um ihn zu motivieren. Noch 50, 25, 10m…gleich ist es geschafft.
Und endlich um 13:30 Uhr stehen wir am Gipfelkreuz. Ein großartiges Gefühl! Weil es einige Unstimmigkeiten im Aufstieg gab, sind nun auch versöhnliche Gespräche nötig. Schlussendlich gibt es unzählige „Berg Heils“ und Gipfelbilder. Nach einigem Verschnaufen klettert Jonas noch eben gesichert auf das Gipfelkreuz, um wirklich ganz oben zu stehen. Sehr gern wäre ich mit Jonas noch hinüber zum Nordgipfel und über den NW-Grat hinab gestiegen, doch wir wollten nicht die Gruppendynamik auseinander brechen.
Doch nun machen wir uns an den Abstieg, denn die Rinne unten am Joch wird mit jeder Stunde gefährlicher. Über den Gletscher geht’s flott, aber am Joch will einer lieber abseilen. Am zweiten Abseilhaken von unten seilen wir dann fast alle mit meinem 60m Seil bis zur Randkluft ab, um nicht direkt durch die Rinne zu müssen, durch die nun fast schon im Minutentakt Steine herunter poldern. Dies kostet natürlich wieder enorm viel Zeit. Einmal wurde einer von uns beinahe von einem Stein erwischt. Er konnte gerade noch ausweichen.
Endlich um 17 Uhr beim Abstieg auf dem Mitterkarferner ohne Steigeisen rutsche ich einmal aus und komme aber durch die Pickelbremse sehr gut wieder zum stehen. Der restliche Weg zurück zur Breslauer zieht sich noch ganz schön hin. Ich bleibe bei Heiko und zusammen resümieren wir schon die Tour und gehen dabei nur sehr langsam und genüsslich, wohlwissend, dass wir uns heut nun zum letzten mal in diesem Jahr in diesen Höhen aufhalten.
Am wahrscheinlich letzten möglichen Tag in diesem Jahr konnten wir diesen Traumgipfel erreichen. Heute Abend wird es noch zu schneien beginnen. Überglücklich und nicht gerade erschöpft kurz vor 19 Uhr an der Hütte angekommen, lassen wir uns auf die Bänke im Winterraum sinken und feiern den Gipfelerfolg, besonders den von Heiko, der vorher selber nicht wirklich geglaubt hat, dass er es schaffen kann.
Ambitionierte Bergsteiger sollten unbedingt einen anderen Aufstieg auf die Wildspitze wählen. Allermindestens über den Nordwestgrat hinauf zum Nordgipfel, hinüber zum Südgipfel und über den Normalweg hinab sollte man, doch nahmen wir heute einfach auf die Schwächeren Rücksicht. Höchst interessant für uns ist auch der Jubiläumsgrat (Ost- oder auch Nordostgrat, Firn) oder der hier schon beschriebene Aufstieg über den Rofenkarferner, der auch nicht schwieriger ist – nur etwas länger.
Auch die Nord- und Nordwestand sollte man als Alpinist nicht verachten, stellen doch beide gutes Übungsgelände für Eiskletterei dar. Das wichtigste Ziel dieser Tourenwoche für mich war erreicht: Heiko ist auf den Gipfel der Wildspitze gekommen und hat nun auch enorm an Selbstbewusstsein gewonnen. Nun will er einen „einfachen“ 4000er schaffen (nicht das Breithorn!)…
Vielen Dank an meine treuen Kameraden und Freunde.
Ab 23 Uhr beginnt es heftig zu schneien. Morgen werden wir überrascht sein.

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