Uri-Rotstock (Überschreitung N/S)
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Alpine Uri-Rotstock-Überschreitung
Zugegeben, dass die Überschreitung bei den winterlichen Bedingungen via Chlitalerfirn nicht ein Zuckerschlecken werden wird, das war mir schon tags zuvor bei der Planung klar. Dass es dann aber doch heikler, ausgesetzter und vorallem kräftezerrender wurde, das wurde erst während der Tour klar. Dennoch, heute wollte ich mein Projekt beenden - Projekt bedeutet, den Uri-Rotstock ohne Wolken bei bester Fern- & Tiefsicht zu überschreiten und zu geniessen. Frühere Versuche im Juni 2007 und August 2010 scheiterten zwar nicht wirklich, konnten aber meine Erwartungen an die Aussicht bzw. den Tiefblick nicht erfüllen. Heute war der "Tag der Abrechnung" gekommen.
Der Sonne wollte ich Zeit geben, weshalb ich den Start um 09.30 Uhr bei Neihüttli 1192m bzw. bei der Talstation der Musenalp-Seilbahn setzte. Die Hoffnung, die ersten 300 Höhenmeter im Bähnli abkürzen zu können, wurden mit der Info-Tafel "Musenalp geschlossen" zerschlagen - dann mussten halt früher als geplant die Beinmuskeln aktiviert werden, welche mich dann dafür in zügigen 20 Minuten hoch zur Musenalp 1486m trugen. Hier fliesst zum Glück noch immer das Quellwasser aus dem Brunnen - der erste "Brand" konnte ohne Verluste gelöscht werden.
Der Weiterweg ist nun blau-weiss markiert - wäre da nicht der gefallene Schnee, welcher jedoch bis zu den Querungen beim Firnbach bzw. den Bachläufen schon zuvor kein Problem darstellte. Doch gerade diese Bachläufe, welche auch sonst mit der nötigen Vorsicht gequert werden wollen (während der Wandersaison mit Seilen oder Ketten abgesichert, jetzt in der Off-Season wurde alles abmontiert), waren gefüllt mit Lawinenschnee und sonstigem Restschnee, welcher vom letzten Wochenende übrig blieb. Der Schnee war infolge der Schattenlage alles andere als trittweich, im Gegenteil, es lagen harte, gefrorene Verhältnisse vor, welche einen Ausrutscher keineswegs verzeihen würden. Die Steigeisen kamen somit viel früher als geplant zum Einsatz, dummerweise hatte ich mir ziemlich den dümmsten Platz zum Steigeisen-Anziehen ausgesucht, sodass alleine schon dieser Prozess mehr als genug Adrenalin durch meinen Körper pumpte. Ohne Pickel, dafür aber mit hartem Stockeinsatz konnte ich dann diese Hürden überwinden und liess die Eisen auch gleich an, denn die Fortsetzung wurde zwar wieder weniger ausgesetzt, blieb jedoch aufgrund der Exposition hart und nicht selten wassereisig. Gerade dieses Wassereis war es auch, welches heute die Tour immer wieder auf's neue auf den Prüfstand stellte - ein unkonzentrierter Schritt und der Tag hätte viel zu früh ein Ende genommen.
Beim Wegweiser "Gitschen links, Uri-Rotstock hinauf" bei P. 1989 wurde mir dann auch schnell klar, dass es gut war, meine ursprüngliche geplante Gitschen-Überschreitung zu Gunsten des Uri-Rotstock-Projektes aufzugeben, denn dieser Weg dort sah alles andere als einladend aus. Mein längst von einer griffigen Schneedecke überdeckter Weiterweg zog nun also in einer direkten Linie hoch - wo man im Sommer noch mühsam über Schotter einen Schritt vor und zwei zurück macht, konnte ich nun mit Frontzacken-Einsatz effektiv eine gerade Linie einschlagen, sodass ich hier zwar einiges an Energie liegen liess, dafür aber auch entsprechend Zeit gut machen konnte - denn davon hatte ich während meinen Traversen-Übungen reichlich verloren.
Ich befand mich nun an der Stelle, wo man wiederum die Wahl zwischen dem weiteren Direktaufstieg entlang von Ketten oder aber einer "einfacheren" Version links herum hat, wo alte (teilweise wackelnde) Drahtbügel auf den glatten, talwärts geschichteten Platten einen Halt geben. Letztes Mal ging ich entlang den Ketten hoch und verfluchte anschliessend diese Stelle, so sollte es heute also die Umgehungs-Variante sein. Dies bestätigte auch der Blick direkt hoch, denn der gesamte Aufstieg war vollumfänglich mit Wassereis überzogen - dumm nur, dass auch die Umgehungsvariante mit der durchsichtigen Rutschschicht versehen war. Schon wieder war also ein Eiertanz angesagt - man möchte mich richtig verstehen, nicht etwa im Reiterstil, sondern auf wirklich sehr wackligen Füssen bzw. Eisen. Das ganze wäre auch hier nur halb so wild gewesen, wenn der zweitletzte Metallbügel noch vorhanden gewesen wäre - wohin dieser aber gekommen ist, das wissen die Götter. Ich meine mich aber zu erinnern, dass im Sommer dort ebenfalls ein Sicherungsseil durchläuft (die Bohrhaken zumindest waren ersichtlich), sodass man bei trockenen Bedingungen problemlos dort durchlaufen kann. Auch diese Stelle habe ich mit einem weiteren Zeitverlust gemeistert - dafür aber auch hier einige Schweisstropfen geopfert.
Und endlich in der Nähe von P. 2286 angekommen, jetzt war ich nicht nur mit meinem Haaransatz oder selten auch mal mit dem Kopf in der Sonne, nein, ab jetzt konnten die warmen Strahlen den gesamten Körper erreichen - und damit natürlich auch die gesamte Gegend mit und um den Chlitalerfirn - was zwar zu einem T-Shirt-warmen Aufstieg führte, gleichzeitig aber auch das Einsinken in den nun reichlichen Schneemassen förderte. Wo ich bei meiner letzten Tour im August 2010 hier einfach noch "durchwanderte" hiess es heute Schritt für Schritt die geeignete Schneefläche zu finden, wo dann hoffentlich jeder zweite Schritt wieder besseren Halt bot.
Die Markierungen konnte man häufig noch sehen, zusätzlich helfen aber auch Steinmänner weiter. Der Chlitalerfirn macht dann eine markante Rechtskurve gegen Nordwesten, was dann auch mit mehreren Kraxeleinlagen (I) verbunden ist - problemloses Blockgestein, aktuell jedoch infolge der heimtückischen Zwischenlöcher ebenfalls eine Freude für den Orthopäden... Vorsicht auch auf die endlos tiefen Karstlöcher - einige sieht man sehr gut, andere schlummern vermutlich hungrig auf erste Opfer...
Endlich erreiche ich die Moräne, welche in einer gerade Linie Richtung Übergang bei P. 2798 führt, doch auch auf dieser liegt knietiefer Schnee, welcher logischerweise durch die Sonneneinstrahlung alles andere als gehfreundlich ausfiel. Die letzte steile Flanke vor dem genannten P. 2798 wurde dann ebenfalls nochmals zur Herausforderung, wurde in den letzten Tagen hier doch derart viel Schnee hinüber verfrachtet, dass einerseits ein Auge auf mögliche Schneebretter gerichtet werden musste und andererseits konnte es nicht sein, dass wirklich jeder Schritt hüfttief bestraft wurde. So suchte ich mir eine steile, schattige Direktvariante, wo ich noch am ehesten harte Bedingungen vermutete, zog meine Steigeisen an und gib ihm... Da keine Absturzgefahr (höchstens Rutschgefahr, aber diese würde dort mit grosser Wahrscheinlich folgenfrei bleiben) bestand, machte der Frontzacken-Einsatz richtig gehend Spass, dennoch war ich froh, als ich endlich neben dem Wegweiser bei P. 2798 stand.
Wer auch schon den Uri-Rotstock besucht hat, weiss, dass gerade die letzten Meter entlang dem Südgrat bis hoch zum Gipfelkreuz nochmals die letzten Energiereserven fordern - nicht etwa, weil gefährlich oder unschön, sondern ganz einfach nur, weil doch schon einige Höhenmeter in den Muskeln brennen - heuer war's natürlich nicht anders, aber das Gefühl zu wissen, dass in wenigen Minuten dieses "Leiden" ein Ende hat und einem mit dem belohnt, was man sich gewünscht hat, treibt nochmals richtiggehend an und tatsächlich, Wunder geschehen, nach 3 3/4h seit dem Start bei Neihüttli 1192m stand ich endlich beim Gipfelkreuz des Uri-Rotstock 2928m. Die Aussicht - phänomenal! Das Nebelmeer im Norden, der freie Blick auf mein Windsurf-Revier Urnersee, der fantastische Weitblick in die umliegenden Alpen und auch der uneingetrübte Einblick in die dunkle Wand des Finsteraarhorn liessen in Sekundenschnelle vergessen, was zuvor noch mühsam erkämpft werden musste.
Es war kurz nach 13.00 Uhr, mein Zeitziel hatte ich um knappe 10 Minuten verfehlt - die geschlossene Musenalp-Seilbahn sowie die diversen Alpin-Übungen mussten ja irgendwo Spuren hinterlassen. Immerhin konnte ich meine geplante Pause bis 13.30 Uhr vollumfänglich und alleine bei schönstem Wetter, jedoch aber nicht ohne zügigen Gipfelwind, geniessen. Ein neues, von mir mitgebrachtes Gipfelbuch (bei meiner letzten Tour war dieses mehr als voll, weshalb ich auch einmal agieren wollte) konnte ich gleich wieder im Rucksack verstauen - die Gipfelbuchbüchse war in den gefrorenen Schneemassen leider nicht ausfindig zu machen.
Den Abstieg wählte ich über die Direktvariante Richtung Moräne, was aber aufgrund doch einigen schmelzenden Schneeflecken nicht immer bedenkenlos war. Der Ausrutschgefahr muss aktuell bei dieser Variante grosse Beachtung geschenkt werden, einfacher ginge es bei der längeren, jedoch bedeutend angenehmeren Variante via Südost-Ausläufer, welche dann später ebenfalls auf die Moräne führt. Vorbei an der Gitschenhörelihütte 2325m folgte ich in zügigem Tempo den Wanderweg-Markierungen Richtung Biwaldalp, nahm dann aber bei P. 1825 die schlecht ersichtliche und unmarkierte "Abzweigung" hoch Richtung Sassigrat. Bei der Abzweigung baute ich für Nachahmer noch einen grösseren Steinmann, doch achtung, die Route eignet sich nicht für "Gelegenheits-Wanderer" - einerseits ist die Routenfindung nicht immer einfach und andererseits gibt es ein paar wenige Stellen, welche ausgesetzt und alles andere als trivial sind. Hat man diese aber hinter sich und erreicht so den Sassigrat, wird man mit einem prächtigen Blick auf den Fulen 2057m belohnt - dieser Berg ist mir in der Vergangenheit noch gar nie aufgefallen, hat aber gerade Niederschlag in der Projektliste gefunden.
Vom Sassigrat 1868m - hier hätte man auf einem Aussichts-Bänkli nochmals die Möglichkeit, über Vergangenes und Zukünftiges nachzudenken - geht's zügige 400 Höhenmeter hinunter zur Musenalp 1486m, hin und wieder abgekürzt dank schneereichen Rutschpartien. Dort angekommen nochmals das Quellwasser genossen und die Gemsen-Kolonie beobachtet, welcher ich schon am Morgen begegnet bin und so standen nur noch die 300 Höhenmeter bis zur Talstation bei Neihüttli 1192m auf der Marschtabelle, welche jedoch ebenfalls im Nu vernichtet wurden. Dieses Mal ging das Ziel auf, es war knapp 16.00 Uhr, 2 1/2 später nach meinem Start beim Gipfel. Die Uhr zeigte exakt 6 Laufstunden an - mit den heutigen, erschwerten Bedingungen war ich somit mehr als zufrieden.
Fazit:
Wer's einsam und sehr alpin mag, ist aktuell auf der von mir genannten Variante am richtigen Ort. Man bedenke aber, dass man bei einem Start um 09.30 Uhr die ersten beiden Stunden mehrheitlich im Schatten aufsteigt und die Sonne vermutlich erst bei Erreichen in der Umgebung von P. 2286 richtig gehend zu Gesicht bekommt. Grundsätzlich ist aktuell dem oben beschriebenen Aufstieg abzuraten - die Querungen in der Gegend des Firnbachs sind heikel und hartgefroren. Steigeisen gehören dazu, ein Pickel würde höchstens dort seine Dienste leisten, weshalb man mit zwei stabilen Laufstöcken ebenfalls genug Unterstützung bekommt. Aber nochmals, wer das Wandern einer herbstlichen Hochtour vorzieht, der sollte unbedingt via Biwaldalp und Gitschenhörelihütte auf- und absteigen. Und wie bereits erwähnt, die Musenalp ist geschlossenen, weshalb auch das Bähnli nicht fährt.
Schwierigkeitskala:
Üblicherweise wird der Uri-Rotstock mit T4 bewertet, was bei normalen Sommerbedingungen auch absolut zutrifft. Mit den aktuellen zahlreichen Schnee- und Lawinenresten erhöht sich jedoch die Schwierigkeit auf mind. T5, ich meine sogar, man darf den Verhältnissen wegen durchaus auch eine Hochtouren-Bewertung von WS schenken. Die Hauptschwierigkeiten liegen bei den Bachquerungen sowie im Aufstieg zu P. 2286 - anschliessend minimiert sich die Schwierigkeit auf ein "L" - was aber nicht heisst, dass man nicht knietief im Schnee ersäuft :-)
Tourenzeiten:
Start 09.25 Uhr
Gipfelankunft 13.10 Uhr
Gipfelabmarsch 13.30 Uhr
Ziel 15.55 Uhr
Totale Marschzeit: 6h (inkl. Verschnauf- jedoch ohne Ruhepausen)
Totale Tourenzeit: 6 1/2h
Tour im Alleingang.
Zugegeben, dass die Überschreitung bei den winterlichen Bedingungen via Chlitalerfirn nicht ein Zuckerschlecken werden wird, das war mir schon tags zuvor bei der Planung klar. Dass es dann aber doch heikler, ausgesetzter und vorallem kräftezerrender wurde, das wurde erst während der Tour klar. Dennoch, heute wollte ich mein Projekt beenden - Projekt bedeutet, den Uri-Rotstock ohne Wolken bei bester Fern- & Tiefsicht zu überschreiten und zu geniessen. Frühere Versuche im Juni 2007 und August 2010 scheiterten zwar nicht wirklich, konnten aber meine Erwartungen an die Aussicht bzw. den Tiefblick nicht erfüllen. Heute war der "Tag der Abrechnung" gekommen.
Der Sonne wollte ich Zeit geben, weshalb ich den Start um 09.30 Uhr bei Neihüttli 1192m bzw. bei der Talstation der Musenalp-Seilbahn setzte. Die Hoffnung, die ersten 300 Höhenmeter im Bähnli abkürzen zu können, wurden mit der Info-Tafel "Musenalp geschlossen" zerschlagen - dann mussten halt früher als geplant die Beinmuskeln aktiviert werden, welche mich dann dafür in zügigen 20 Minuten hoch zur Musenalp 1486m trugen. Hier fliesst zum Glück noch immer das Quellwasser aus dem Brunnen - der erste "Brand" konnte ohne Verluste gelöscht werden.
Der Weiterweg ist nun blau-weiss markiert - wäre da nicht der gefallene Schnee, welcher jedoch bis zu den Querungen beim Firnbach bzw. den Bachläufen schon zuvor kein Problem darstellte. Doch gerade diese Bachläufe, welche auch sonst mit der nötigen Vorsicht gequert werden wollen (während der Wandersaison mit Seilen oder Ketten abgesichert, jetzt in der Off-Season wurde alles abmontiert), waren gefüllt mit Lawinenschnee und sonstigem Restschnee, welcher vom letzten Wochenende übrig blieb. Der Schnee war infolge der Schattenlage alles andere als trittweich, im Gegenteil, es lagen harte, gefrorene Verhältnisse vor, welche einen Ausrutscher keineswegs verzeihen würden. Die Steigeisen kamen somit viel früher als geplant zum Einsatz, dummerweise hatte ich mir ziemlich den dümmsten Platz zum Steigeisen-Anziehen ausgesucht, sodass alleine schon dieser Prozess mehr als genug Adrenalin durch meinen Körper pumpte. Ohne Pickel, dafür aber mit hartem Stockeinsatz konnte ich dann diese Hürden überwinden und liess die Eisen auch gleich an, denn die Fortsetzung wurde zwar wieder weniger ausgesetzt, blieb jedoch aufgrund der Exposition hart und nicht selten wassereisig. Gerade dieses Wassereis war es auch, welches heute die Tour immer wieder auf's neue auf den Prüfstand stellte - ein unkonzentrierter Schritt und der Tag hätte viel zu früh ein Ende genommen.
Beim Wegweiser "Gitschen links, Uri-Rotstock hinauf" bei P. 1989 wurde mir dann auch schnell klar, dass es gut war, meine ursprüngliche geplante Gitschen-Überschreitung zu Gunsten des Uri-Rotstock-Projektes aufzugeben, denn dieser Weg dort sah alles andere als einladend aus. Mein längst von einer griffigen Schneedecke überdeckter Weiterweg zog nun also in einer direkten Linie hoch - wo man im Sommer noch mühsam über Schotter einen Schritt vor und zwei zurück macht, konnte ich nun mit Frontzacken-Einsatz effektiv eine gerade Linie einschlagen, sodass ich hier zwar einiges an Energie liegen liess, dafür aber auch entsprechend Zeit gut machen konnte - denn davon hatte ich während meinen Traversen-Übungen reichlich verloren.
Ich befand mich nun an der Stelle, wo man wiederum die Wahl zwischen dem weiteren Direktaufstieg entlang von Ketten oder aber einer "einfacheren" Version links herum hat, wo alte (teilweise wackelnde) Drahtbügel auf den glatten, talwärts geschichteten Platten einen Halt geben. Letztes Mal ging ich entlang den Ketten hoch und verfluchte anschliessend diese Stelle, so sollte es heute also die Umgehungs-Variante sein. Dies bestätigte auch der Blick direkt hoch, denn der gesamte Aufstieg war vollumfänglich mit Wassereis überzogen - dumm nur, dass auch die Umgehungsvariante mit der durchsichtigen Rutschschicht versehen war. Schon wieder war also ein Eiertanz angesagt - man möchte mich richtig verstehen, nicht etwa im Reiterstil, sondern auf wirklich sehr wackligen Füssen bzw. Eisen. Das ganze wäre auch hier nur halb so wild gewesen, wenn der zweitletzte Metallbügel noch vorhanden gewesen wäre - wohin dieser aber gekommen ist, das wissen die Götter. Ich meine mich aber zu erinnern, dass im Sommer dort ebenfalls ein Sicherungsseil durchläuft (die Bohrhaken zumindest waren ersichtlich), sodass man bei trockenen Bedingungen problemlos dort durchlaufen kann. Auch diese Stelle habe ich mit einem weiteren Zeitverlust gemeistert - dafür aber auch hier einige Schweisstropfen geopfert.
Und endlich in der Nähe von P. 2286 angekommen, jetzt war ich nicht nur mit meinem Haaransatz oder selten auch mal mit dem Kopf in der Sonne, nein, ab jetzt konnten die warmen Strahlen den gesamten Körper erreichen - und damit natürlich auch die gesamte Gegend mit und um den Chlitalerfirn - was zwar zu einem T-Shirt-warmen Aufstieg führte, gleichzeitig aber auch das Einsinken in den nun reichlichen Schneemassen förderte. Wo ich bei meiner letzten Tour im August 2010 hier einfach noch "durchwanderte" hiess es heute Schritt für Schritt die geeignete Schneefläche zu finden, wo dann hoffentlich jeder zweite Schritt wieder besseren Halt bot.
Die Markierungen konnte man häufig noch sehen, zusätzlich helfen aber auch Steinmänner weiter. Der Chlitalerfirn macht dann eine markante Rechtskurve gegen Nordwesten, was dann auch mit mehreren Kraxeleinlagen (I) verbunden ist - problemloses Blockgestein, aktuell jedoch infolge der heimtückischen Zwischenlöcher ebenfalls eine Freude für den Orthopäden... Vorsicht auch auf die endlos tiefen Karstlöcher - einige sieht man sehr gut, andere schlummern vermutlich hungrig auf erste Opfer...
Endlich erreiche ich die Moräne, welche in einer gerade Linie Richtung Übergang bei P. 2798 führt, doch auch auf dieser liegt knietiefer Schnee, welcher logischerweise durch die Sonneneinstrahlung alles andere als gehfreundlich ausfiel. Die letzte steile Flanke vor dem genannten P. 2798 wurde dann ebenfalls nochmals zur Herausforderung, wurde in den letzten Tagen hier doch derart viel Schnee hinüber verfrachtet, dass einerseits ein Auge auf mögliche Schneebretter gerichtet werden musste und andererseits konnte es nicht sein, dass wirklich jeder Schritt hüfttief bestraft wurde. So suchte ich mir eine steile, schattige Direktvariante, wo ich noch am ehesten harte Bedingungen vermutete, zog meine Steigeisen an und gib ihm... Da keine Absturzgefahr (höchstens Rutschgefahr, aber diese würde dort mit grosser Wahrscheinlich folgenfrei bleiben) bestand, machte der Frontzacken-Einsatz richtig gehend Spass, dennoch war ich froh, als ich endlich neben dem Wegweiser bei P. 2798 stand.
Wer auch schon den Uri-Rotstock besucht hat, weiss, dass gerade die letzten Meter entlang dem Südgrat bis hoch zum Gipfelkreuz nochmals die letzten Energiereserven fordern - nicht etwa, weil gefährlich oder unschön, sondern ganz einfach nur, weil doch schon einige Höhenmeter in den Muskeln brennen - heuer war's natürlich nicht anders, aber das Gefühl zu wissen, dass in wenigen Minuten dieses "Leiden" ein Ende hat und einem mit dem belohnt, was man sich gewünscht hat, treibt nochmals richtiggehend an und tatsächlich, Wunder geschehen, nach 3 3/4h seit dem Start bei Neihüttli 1192m stand ich endlich beim Gipfelkreuz des Uri-Rotstock 2928m. Die Aussicht - phänomenal! Das Nebelmeer im Norden, der freie Blick auf mein Windsurf-Revier Urnersee, der fantastische Weitblick in die umliegenden Alpen und auch der uneingetrübte Einblick in die dunkle Wand des Finsteraarhorn liessen in Sekundenschnelle vergessen, was zuvor noch mühsam erkämpft werden musste.
Es war kurz nach 13.00 Uhr, mein Zeitziel hatte ich um knappe 10 Minuten verfehlt - die geschlossene Musenalp-Seilbahn sowie die diversen Alpin-Übungen mussten ja irgendwo Spuren hinterlassen. Immerhin konnte ich meine geplante Pause bis 13.30 Uhr vollumfänglich und alleine bei schönstem Wetter, jedoch aber nicht ohne zügigen Gipfelwind, geniessen. Ein neues, von mir mitgebrachtes Gipfelbuch (bei meiner letzten Tour war dieses mehr als voll, weshalb ich auch einmal agieren wollte) konnte ich gleich wieder im Rucksack verstauen - die Gipfelbuchbüchse war in den gefrorenen Schneemassen leider nicht ausfindig zu machen.
Den Abstieg wählte ich über die Direktvariante Richtung Moräne, was aber aufgrund doch einigen schmelzenden Schneeflecken nicht immer bedenkenlos war. Der Ausrutschgefahr muss aktuell bei dieser Variante grosse Beachtung geschenkt werden, einfacher ginge es bei der längeren, jedoch bedeutend angenehmeren Variante via Südost-Ausläufer, welche dann später ebenfalls auf die Moräne führt. Vorbei an der Gitschenhörelihütte 2325m folgte ich in zügigem Tempo den Wanderweg-Markierungen Richtung Biwaldalp, nahm dann aber bei P. 1825 die schlecht ersichtliche und unmarkierte "Abzweigung" hoch Richtung Sassigrat. Bei der Abzweigung baute ich für Nachahmer noch einen grösseren Steinmann, doch achtung, die Route eignet sich nicht für "Gelegenheits-Wanderer" - einerseits ist die Routenfindung nicht immer einfach und andererseits gibt es ein paar wenige Stellen, welche ausgesetzt und alles andere als trivial sind. Hat man diese aber hinter sich und erreicht so den Sassigrat, wird man mit einem prächtigen Blick auf den Fulen 2057m belohnt - dieser Berg ist mir in der Vergangenheit noch gar nie aufgefallen, hat aber gerade Niederschlag in der Projektliste gefunden.
Vom Sassigrat 1868m - hier hätte man auf einem Aussichts-Bänkli nochmals die Möglichkeit, über Vergangenes und Zukünftiges nachzudenken - geht's zügige 400 Höhenmeter hinunter zur Musenalp 1486m, hin und wieder abgekürzt dank schneereichen Rutschpartien. Dort angekommen nochmals das Quellwasser genossen und die Gemsen-Kolonie beobachtet, welcher ich schon am Morgen begegnet bin und so standen nur noch die 300 Höhenmeter bis zur Talstation bei Neihüttli 1192m auf der Marschtabelle, welche jedoch ebenfalls im Nu vernichtet wurden. Dieses Mal ging das Ziel auf, es war knapp 16.00 Uhr, 2 1/2 später nach meinem Start beim Gipfel. Die Uhr zeigte exakt 6 Laufstunden an - mit den heutigen, erschwerten Bedingungen war ich somit mehr als zufrieden.
Fazit:
Wer's einsam und sehr alpin mag, ist aktuell auf der von mir genannten Variante am richtigen Ort. Man bedenke aber, dass man bei einem Start um 09.30 Uhr die ersten beiden Stunden mehrheitlich im Schatten aufsteigt und die Sonne vermutlich erst bei Erreichen in der Umgebung von P. 2286 richtig gehend zu Gesicht bekommt. Grundsätzlich ist aktuell dem oben beschriebenen Aufstieg abzuraten - die Querungen in der Gegend des Firnbachs sind heikel und hartgefroren. Steigeisen gehören dazu, ein Pickel würde höchstens dort seine Dienste leisten, weshalb man mit zwei stabilen Laufstöcken ebenfalls genug Unterstützung bekommt. Aber nochmals, wer das Wandern einer herbstlichen Hochtour vorzieht, der sollte unbedingt via Biwaldalp und Gitschenhörelihütte auf- und absteigen. Und wie bereits erwähnt, die Musenalp ist geschlossenen, weshalb auch das Bähnli nicht fährt.
Schwierigkeitskala:
Üblicherweise wird der Uri-Rotstock mit T4 bewertet, was bei normalen Sommerbedingungen auch absolut zutrifft. Mit den aktuellen zahlreichen Schnee- und Lawinenresten erhöht sich jedoch die Schwierigkeit auf mind. T5, ich meine sogar, man darf den Verhältnissen wegen durchaus auch eine Hochtouren-Bewertung von WS schenken. Die Hauptschwierigkeiten liegen bei den Bachquerungen sowie im Aufstieg zu P. 2286 - anschliessend minimiert sich die Schwierigkeit auf ein "L" - was aber nicht heisst, dass man nicht knietief im Schnee ersäuft :-)
Tourenzeiten:
Start 09.25 Uhr
Gipfelankunft 13.10 Uhr
Gipfelabmarsch 13.30 Uhr
Ziel 15.55 Uhr
Totale Marschzeit: 6h (inkl. Verschnauf- jedoch ohne Ruhepausen)
Totale Tourenzeit: 6 1/2h
Tour im Alleingang.
Tourengänger:
Bombo

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