Freispitze (2865m) über Rotpitze (2837m) und Rote Platte (2831m)


Publiziert von Tef , 25. August 2011 um 18:38.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:22 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 2600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:A12 bia zur Ausfahrt Flirsch. Entweder bei der Kirche parken oder dort rechts hinauf bis die Straße rechts über die Brücke führt. Dort geringer Parkraum (Bauern fragen)
Kartennummer:Kompass Nr.24

Jede Hüttennacht geht mal zu Ende und irgendwie schafft man es doch immer, einige Stündchen zu schlafen. Um 7 Uhr gabs Frühstück und kurz nach halb gings los: eine echte Herausforderung stand heute auf dem Program und eines der eindrücklichsten Bergfahrten der Lechtaler Alpen: die Besteigung der Freispitze über Rotpitze und Rote Platte.
Gleich vorweg, es wurde eine 5* Tour der Extraklasse mit unbeschreiblichen landschaftlichen Eindrücken, aber auch mit durchwegs sehr hohen Anforderungen an die Konzentration, und das über Stunden hinweg. Und geht man den Kamm auch wieder zurück, kommen die beiden Kletterschlüsselstellen erst auf dem Rückweg, und zwar im Abstieg.
In Summe finden wir die Anforderungen gar etwa höher als auf dem Jubiläumsgrat. Aber wir wollen niemanden abschrecken, im Gegenteil, bei guter Tagesverfassung und bei optimalen äußeren Bedingungen (so wie wir sie heute hatten) wird es für jeden Bergsteiger, der wilde, weglose Berge mag, ein unvergessliches, wenn auch anstregndes Erlebnis.

Betrachten wir zunächst mal den Weg in einzelnen Abschnitten:
1. unproblematsich der Steig von der Ansbacher Hütte Richtung Griesscharte und dann hoch zur Rotspitzscharte.
2. Der Aufstieg zur Rotspitze mit einer leichten Kletterstelle zu Beginn und einer anspruchsvolleren oben, wobei es hier mehrere Möglichkeiten gibt. Hier sollte man sich seinen Weg für den Abstieg einprägen, wir haben uns etwas verstiegen.
3. Der Weg von der Rotspitze zur Roten Platte ist der einfachste Abschnitt, landschaftlich jedoch herrlich.
4. Von der Roten Platte hinab in die Freispitzscharte kommt ein sehr unangenehmer Teil, wo über schottrigen, brüchigen Mergel in etwas unübersichtlichem Gelände der beste Weg gefunden werden will.
5. Der Anstieg zur Freispitze: vor allem die als Schlüsselstelle beschriebene Stelle läßt einem von weitem schlucken, doch von nah wird’s dann besser. Wär der Fels hier nicht so fest, hätten wir ob der Ausgesetztheit bestimmt gekniffen. Nach der Schlüsselstelle geht es sehr mühsam im schottrigen Steilgelände zum Gipfel.

1. Von der Ansbacher Hütte zur Rotspitzscharte
Wir begeben uns erstmal auf den Höhenweg Richtung Memminger/Augsburger Hütte in nördlicher Richtung. Hinter uns wird die Ansbacher Hütte immer kleiner, dahinter steigt der Hohe Riffler empor, links steht die Samspitze. Bereits jetzt ist es unglaublich warm, wird eine heiße Angelegenheit heute. Leider hat der Dunst noch etwas zugenommen. Bald kommen wir zu einer Verzweigung und gehen rechts in einem Bogen weiter und erreichen leicht ansteigend die Kopfscharte (2484m). Schön blickt man von hier zur Rotspitze (schaut unbesteigbar aus) und hinüber zur Fallenbach- und Wetterspitze. Wir steigen eininge Meter in nordöstlicher Richtung ins Kar ab, queren dann ein Stück in gleicher Höhe und erklimmen schließlich das Winterjöchl (2528m). Nun sieht man schön nach Osten zur Grießlspitze. Kurz nach dem Jöchl geht es rechts weg Richtung Augsburger Höhenweg, wir folgen dem Pfad leicht fallend nach Nordost Richtung Memminger Hütte. Das Gelände steigt wieder leicht an und nähert sich der Grießlscharte.
Noch bevor man diese erreicht, wenden wir uns nach links und seigen den mittelsteilen Geröllhang empor. Weg gibt es keinen, man sucht sich einfach die angenehmste Route. Wir kommen der Felswand näher und erreichen schließlich den Rotspitzsattel (2662m).

2. Vom Rotspitzsattel auf die Rotspitze
Wir trinken kurz was und betrachten den Weiterweg. Vor uns baut sich ein zweistufiger Felsriegel auf, der jedoch direkt beim Sattel nicht so steil ist. Wir gehen die erste Stufe gleich rechts an und benutzen eine Rinne (I) zum hochklettern. Dann kommt eine kurze, bröselige Flachstelle, auf der wir nach links queren und dann dort etwas bröselig, aber gut gestuft (I+) die zweite Stufe hochklettern.
Danach kommen wir in steiles Mergelschuttgelände, doch ist es bei entsprechender Vorsicht ganz gut zu begehen. Zudem gibt es hier regelmäßige Steinmandl und auch recht deutliche Begehungsspuren. So nähern wir uns zügig der vom Gipfel nach links herab ziehenden Felswand. Wir steigen möglichst nahe heran und queren ers kurz vorher schräg nach links hinüber zur Wand. Wie man diese nun überwindet ist Geschmackssache. Ich denke, wir sind hier nicht ganz exakt dem üblichen Aufstiegsweg gefolgt (der ist ganz links), sondern haben etwas vorher eine Rinne genutzt, um höher zu kommen, sind dann kurz rechts zur nächsten Rinne gequert um über diese die Gipfelabdachung zu erreichen (II+). Auch beim Abstieg wollten wir so abkraxeln, haben den Einstieg auch gefunden, sind dann jedoch zu lange gequert, was uns ein, zwei unangenehme Meter einbrachte. In diesem Bereich heißt es sich gut den Weg einprägen! Siehe dazu auch das Foto mit den möglichst getreu eingeziechneten Wegen.
Oben geht es dann über das Gipfeldach leicht rechts hinauf zur Rotspitze. Der Ausblick über den weiteren Verlauf ist atemberaubend: noch nie haben wir solch unterschiedliche Felsformationen auf engstem Raum gesehen.

3. Von der Rotspitze zur Roten Platte
Die Freispitze lugt zwar weit hinten schon hervor, doch steht erst mal die Rote Platte im Rampenlicht. Zu dieser wollen wir nun gehen. Es folgt nun der leichteste Abschnitt. Zuerst geht es kurz in eine Senke und dann den roten Vorgipfel der Rotspitze empor. Erst von hier sieht man die Senke zwischen beiden Gipfeln. Und in diese Senke steigen wir nun ohne größere Probleme ab, ein markanter Turm umgehen wir im Schutthang auf der linken Seite (nicht rechts, wie im AV Führer steht – aber ansonsten ist die Beschreibung im AV Führer recht brauchbar).
Dann geht es über vielfarbigen Schutt wieder aufwärts, zuletzt muß man noch in leichter Kletterei (kaum I) den hellen Gipfelstock der Roten Platte erklimmen. Bis auf die Turmumgehung bleibt man am besten immer in Gratnähe.

4. Von der Roten Platte in die Freispitzscharte
Nun sehen wur zum ersten mal in voller Größe den mächtigen, fast furchteinflößenden Gipfelstock der Freispitze. Wie soll man da nur hinauf. Die einzige Möglichkeit ist links der Gipfelwand zu sehen: ein teilweise begrünter Einschnitt, wohl aus einem Wasserlauf geformt, der sich oben zum Gipfel hin als Wasserrinne fortsetzt. Wild und extrem ausgesetzt sieht es von hier aus..mal schaun.
Zuerst müssen wir erstmal ein gutes Stück absteigen (circa 250 Hm). Zuerst sollte man so gut es geht direkt am Grat bleiben, auch wenn der etwas zackig und schmal ausschaut, denn er ist besser gangbar als in der äußerst brüchigen Mergelflanke daneben. Der Felsgrat läuft aber eh bald aus, danach geht es einen zunehmend steiler werdenden Hang bergab. Hier nun im brüchigsten Mergel den richtigen Weg zu finden, ist gar nicht so einfach. Bergab kommen wir relativ gut runter (kaum I), zurück haben wir uns wohl (im Aufstiegssinne) zu weit links in Gratnähe verstiegen und kamen schnell in IIer Gelände.
Man gelangt schließlich in eine Senke und sollte hier nicht direkt zum Einstieg absteigen sondern wieder kurz hoch und direkt bis an die Wand zur Freispitzscharte (2644m). Hier kann man direkt an der Wand eine Rinne nochmal etwa 40 Hm absteigen.

5. Auffi zur Freispitze
Schließlich steht man vor dem Einstieg und ist erstmal überrrascht, hier so viel Grün zu sehen. Direkt unten am Einstieg steht ein Steinmandl und zunächst geht es recht einfach schräg nach links über grasiges Schrofengelände aufwärts, bis man zu einer schrägen Felsplatte kommt. Hier gibt es auch die einzige Versicherung, ein Kabel,welches quer über zwei schräge Felsplatten verläuft. Solange der Fels trocken ist, kommt man auch ohne rüber, bei der zweiten Platte muß man das Kabel quasi benutzen, weil es im Weg rumhängt. Psychisch ist es aber auf alle fälle eine Hilfe, denn nach einigen Metern bricht das Gelände senkrecht ab.
Daran denkt man am besten auf dem Weiterweg nicht: über gut gestuftes Schrofengelände geht es schräg nach links zu einer Felsrippe empor. Über diese klettert man dann (II, aber bombenfester Fels mit sehr guten Griffen und Tritten) hoch zum Beginn des wüstenhaften Hochkares, welches steil nach oben führt. Siehe auch hier das Foto mit dem eingezeichneten Weg.
Danach bleibt man am besten so lange wie möglich in der Wasserrinne, denn hier ist es am wenigsten mühsam. Nach oben hin verläuft sie sich. Hier sind wir dann vorsichtig nach links zu einer brüchigen Felsrippe gequert und in die linke Nachbarrinne gewechselt. Hier steigen wir dann, ebenfalls mühsam, empor zu einem Felssattel, links oben sieht man bereits das Kreuz. Zu diesem gelangt man in kurzer Kletterei und steht dann endlich ganz oben.
Glücksgefühl macht sich breit, als wir uns zur Pause niederlassen und die Aussicht genießen. So ganz will aber die Anspannung nicht weichen, denn es steht ja noch der ganze Rückweg an.

6. Rückweg
Das steile Hochkar erwies sich im Abstieg wie befürchtet als recht mühsam. Man geht fast wie auf rohen Eiern und erst gegen Ende zur "Schlüsselstelle" hin wurde es in der Rinne besser. Das Abklettern ging dank des festen Felses sehr gut, auch die Platten waren schnell überwunden. Mühsam gestaltete sich der lange Aufstieg von der Freispitzscharte hoch zur Roten Platte im brüchigem Mergel. Oben atmeten wir dann auf und genossen die Gesteinsformationen im sich geänderten Tageslicht. Der Weiterweg zur Rotspitze war bestes Genußschaulaufen. Wie oben bereits beschrieben, verkletterten wir uns beim Abstieg durch den Gipfelfels, kamen aber heil unten an.
Der Rest war dann a „gmahde Wiesn“, nur die Hitze machte uns ganz schön zu schaffen...aber bei der Ansbacher Hütte konnten wir unsere mittlerweile leeren Wasserflaschen wieder auffüllen.

7. Der Abstieg
Blieb noch der 1200 Hm Abstieg ins Tal übrig. Wir nahmen wieder den gestrigen Aufstiegsweg über Vergratsch, wo wir an der Hütte auf der schattigen Terasse nochmal Pause machten, ehe es endgültig ins hitzige Tal hinab ging

Tourengänger: Tef


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (10)


Kommentar hinzufügen

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 25. August 2011 um 19:04
Gratulation! Diese Paradetour, die ihr da gemacht habt, steht auch auf meiner "to-do-Liste" - wer hätte das gedacht ;-) .

trainman hat gesagt:
Gesendet am 25. August 2011 um 21:17
Gratulation!Die Premiumtour in den Lechtaler Alpen,sehr schön dokumentiert.
Grüsse trainman

sven86 hat gesagt:
Gesendet am 26. August 2011 um 14:01
Da wird mir ja schon vom Lesen schwindlig ;)

Bene69 hat gesagt:
Gesendet am 26. August 2011 um 21:55
Glückwunsch zum Kronjuwel der Lechtaler Berge
Gruß Bene

mabon hat gesagt: super Bilder
Gesendet am 29. August 2011 um 17:53
Endlich mal ein super bebilderter Bericht! Hätte diese Tour vergangenen Freitag auch fast gemacht. Da mir mein Bergspezl aber abgesagt hat, bin ich dann stattdessen alleine auf die Marchspitze. Wie viel Zeit habt Ihr denn benötigt?

Schöne Grüße vom Ammersee

Tef hat gesagt: RE:super Bilder
Gesendet am 29. August 2011 um 20:23
Servus,
erst mal Danke an alle Gratulanten..und viel Spaß an alle, die es noch machen wollen.
bezüglich Marchspitze haben wir gleich ne Frage: hast du die Überschreitung gemacht? Die würde uns interessieren...
Nun zu deiner Frage (Dank der digitalen Fotos gut nachzurechnen): wir sind so um 07:40 von der Hütte gestartet und waren um 11:20 auf der Freispitze. Wir haben wohl insgesamt etwa 30 Minuten Pause gemacht, bleibt 3:10 reine Gehzeit Ansbacher Hütte - Freispitze. Zurück haben wir in etwa die gleiche Zeit gebraucht
beste Berggrüße
Tef

mabon hat gesagt: RE:super Bilder
Gesendet am 31. August 2011 um 03:13
Hi Tef,

das klingt ja zeitlich nicht so arg, wobei ich immer relativ langsam unterwegs bin.
Die Marchspitze bin ich von Westen aus rauf; allerdings dann auch den gleichen Weg zurück. Keine Überschreitung also. Ich werde die kommenden Tage einen Tourenbericht mit vielen Bildern reinstellen. Kannst ja dann mal reingucken.

Schöne Grüße

mabon

Maxe hat gesagt: Grandios!
Gesendet am 31. August 2011 um 12:34
Herzlichen Glückwunsch zur Tour, da ist euch eine der Toptouren in den kompletten nördlichen Kalkalpen gelungen, wenn nicht die schönste in diesem Gebiet! Die Freispitz ist und bleibt ein Kronjuwel!
Habt ihr mal geschaut, wie oft die ÜS gemacht wird? Ich habe die Tour letztes Jahr gemacht und da warens bis Ende Juli nur 3 Überschreiter!
Interessant finde ich auch euren Vergleich zum Jubigrat, wobei ich glaube, dass letzterer deutlich anspruchsvoller, weil anhaltender und länger ist. Die Stellen am Freispitz sind doch insgesamt eher kurz und überschaubar, in der Schlüsselstelle selber ist das Gestein dann bombenfest.
Viele Grüße, Max

Tef hat gesagt: RE:Grandios!
Gesendet am 31. August 2011 um 20:11
Servus Max,
Danke für den Glückwunsch! Die Tour scheint in Mode zu kommen, denn es gab für 2011 schon einige Einträge!
Tja, wegen des Jubigrat-Vergleichs haben wir auch lange überlegt..man könnte da bestimmt stundenlang drüber diskutieren...Eigentlich sind beide Touren zu unterschiedlich, aber doch beide berechtigterweise T6. Was für uns den Ausschlag gab, war der ständige Wechsel des Geländes bei der Freispitze (mit dem äußerst unangenehmen Mergel) und der Abstieg von der Rotspitze beim Rückweg. Der Jubigrat ist auf Dauer zwar ausgesetzter, aber dafür ist der Weg so oft begangen, daß er quasi ohne Geröllauflage ist, zudem ist er ab der Mitte zunehmend auch versichert. In Summe ist der Genuß auf dem Jubigrat höher, die Freispitze jedoch wilder, beides auf alle Fälle 5*-Touren
beste Grüße
Tef

ADI hat gesagt:
Gesendet am 1. September 2011 um 11:25
Welcome in the Club T6.....

Megalässige Tour, ist schon lange in Planung.

VLG, ADI


Kommentar hinzufügen»