Walliser Grenzkamm-Tour (12 x 4000)


Publiziert von xaendi , 21. August 2011 um 22:48.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:16 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   CH-VS 
Zeitbedarf: 4 Tage
Strecke:Klein Matterhorn - Pollux (Überschreitung) - Castor (Überschreitung) - Cap. Quintino Sella - Liskamm (Überschreitung) - Balmenhorn - Vincentpyramide - Punta Giordani - Cap. Gnifetti - Corno Nero - Ludwigshöhe - Parrotspitze - Zumsteinspitze - Signalkuppe - Cap. Regina Margherita - Grenzgletscher - Monte-Rosa-Hütte - Rodenboden
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Zermatt, Seilbahn zum Klein Matterhorn
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Zermatt, Rotenboden
Unterkunftmöglichkeiten:Lodge Klein Matterhorn, Capanna Quintino Sella CAI, Capanna Gnifetti CAI, Capanna Regina Margherita CAI, Monte-Rosa-Hütte SAC

Grossartige Tour entlang der Schweizer Grenze im Monte Rosa-Gebiet

Tag 0: Anreise
Anfahrt mit dem Zug nach Zermatt und weiter mit der Seilbahn bis zum Klein Matterhorn. Dort beziehen wir unser Nachtlager in der Bergsteiger-Lodge.

Tag 1: Pollux und Castor (ZS-, III)
Start um 5 Uhr über das Breithornplateau und den Breithornpass zum Schwarztor. Von dort steigen wir durch das steile Couloir auf der W-Seite des Pollux hoch zu den Fixseilen (gute Tritte vorhanden). Entlang den fixen Seilen klettern wir hoch bis zur Madonna auf dem Vorgipfel. Von dort weiter über den Schneegrat bis zum Gipfel. Der Abstieg erfolgt über die Ostseite; nach dem Gipfel gelangt man zu einem steilen Firnfeld, über welches wir in einem Bogen nach Norden absteigen (wenige Trittspuren). Besser ist es wohl, man hält sich am Grat und holt nicht zu fest aus. In leichter Kletterei gelangen wir runter zum Zwillingsjoch. Von dort steigen wir durch die Westflanke hoch zum Gipfelgrat des Castor - es sind schon einige Seilschaften auf der ausgeprägten Spur unterwegs. Über den schmalen Grat erreichen wir bald den Gipfel und geniessen die prächtige Aussicht. Weiter führt unsere Route über den Grat nach Osten, welcher zum Felikjoch führt. Von dort auf der breiten Spur runter zur Capanna Quintino Sella, die bald im Nebel versinkt. Später reisst der Himmel wieder auf und wir blicken hoch zum Liskamm, welchen wir morgen zu überschreiten gedenken.

Tag 2: Auf Messers Schneide: Liskamm-Überschreitung (ZS)
Start wiederum um ca. 5 Uhr. Zügig steigen wir wieder hoch zum Felikhorn und gehen weiter Richtung Liskamm Westgipfel. Führt die Spur anfänglich noch über einen breiten Firnrücken, wird der Grat nun plötzlich schmal und das Gelände steilt auf. Die letzten Meter hoch zum Gipfelgrat weisen eine beträchtliche Steilheit auf - gute Tritte erleichtern das Aufsteigen jedoch. Aus meiner Sicht verdient die Route zum Westgipfel für diese Passage ein WS+. Bald ist der Liskamm Westgipfel erreicht - die Überschreitung zum Ostgipfel kann beginnen. Die Pulsfrequenz steigt an - nicht nur aufgrund der dünnen Luft. Wir treffen auf dem Verbindungsgrat fast perfekte Verhältnisse an: Der Schnee ist fest und nicht eisig, die Trittspuren gut. Nun ist Konzentration angesagt - es gilt, einen Fuss vor den anderen zu setzen und sich nicht von den gewaltigen Tiefblicken aus der Ruhe bringen zu lassen. Nach einigen Kletterpassagen und spannenden Gratabschnitten wird der Grat zunehmend breiter und gipfelt schlussendlich in den Liskamm Ostgipfel. Den Abstieg vom Ostgipfel zum Lisjoch 'kenne' ich schon von der *traumhaften Tour mit Sputnik und Marc1317 im Juli 2010. Diesmal präsentiert sich der messerscharfe Grat von der besten Seite - die Spur führt meist etwas unter der Gratlinie hindurch, sodass man den Pickel als Stütze einsetzen kann und nur kürzere Passagen 'balancieren' muss. Als wir im Lisjoch ankommen, ist es 09.30 Uhr - was anfangen mit dem restlichen Tag? Da bieten sich das Balmenhorn und die Vincentpyramide an - zwei Gipfel, die man auf dem Weg zur Capanna Gnifetti gut 'mitnehmen' kann. Wobei die Legitimität des Balmenhorns als eigenständiger Gipfel aufgrund der niedrigen Schartenhöhe in Frage gestellt werden kann. Der felsige Gipfel des Balmenhorns (mit riesiger Jesus-Statue und einem leicht nach Urin riechenden Biwak) bietet sich als Rastplatz mit grandioser Rundumsicht an - vor allem, wenn es windstill ist wie heute. Die Vincentpyramide ist vom Balmenhorn schnell erreicht. Da die Zeit noch immer nicht fortgeschritten ist, wollen wir noch weiter bis zum Giordanispitz. Dieses der Vincentpyramide vorgelagerte Gipfelchen scheint einfach zu erreichen zu sein. Schliesslich stellt sich das ganze als mühsame Abkletterei hinaus, welche viel Zeit beansprucht (gem. Führer ein 2a, für uns bei schlechter Routenfindung im Abklettern sehr mühsam). Unterdessen steigt die Bewölkung im Süden stetig, sodass wir plötzlich im Nebel hocken. Eine objektiv sichere Route rüber zur Cap. Gnifetti lässt sich nicht ausmachen (schwache Wegspuren und eine Markierungsstange sind zu sehen, jedoch scheint diese Route akut durch Steinschlag bedroht) - so steigen wir den Spuren entlang Richtung Punta Indren ab und erreichen schliesslich den Hüttenzustieg zur Cap. Mantova. Die 400Hm Gegenanstieg zur Cap. Gnifetti ist nicht gerade das, was wir nach 11h noch brauchen ;-) Trotzdem: Ein unvergesslicher Tag!

Tag 3: Über die fünf Berge zur Cap. Margherita (WS)
Start diesmal um 05.30, da schon beim Morgenessen Stau entsteht. Dieser zieht sich weiter, als wir zusammen mit unzähligen anderen Frühaufstehern von der Cap. Gnifetti in Richtung Lisjoch starten. Schliesslich sind wir aber die einzigen, die zum Corno Nero abzweigen. Dieser neckische Gipfel wird über eine ca. 40° steile Flanke erklommen. Anschliessend geht es weiter zur Ludwigshöhe, die noch einige Meter höher liegt. Von deren Gipfelgrat steigen wir runter vom Piodejoch und von dort auf dem schönen Grat zur Parrotspitze. Diese ist aus meiner Sicht der schönste der zahlreichen Gipfel, die wir heute besuchen. Und immer weiter die beeindruckenden Tiefblicke in die abgrundtiefe Ostwand des Monte Rosa-Massivs. Nun kommt der lange Hatscher hoch zum Colle Gnifetti. Die Höhe macht sich - auch nach mehreren Tagen Akklimatisation - bemerkbar. Vom weitläufigen Colle Gnifetti steigen wir noch hoch zur Zumsteinspitze. Hier wollen wir uns die vorgesehene Route für den kommenden Tag - die Traverse zur Dufourspitze - ansehen. Es ist nun bald Mittag, und noch immer kämpft sich eine Seilschaft den Grat zum Grenzgipfel hoch...
Nach ausgiebiger Rast gehts zurück zum Colle Gnifetti und hoch zur Signalkuppe, unserem heutigen Tagesziel. Dort oben steht ja bekanntlich die Capanna Regina Margherita, auch Kopfweh-Schachtel genannt. Die Terrasse auf der Ostseite der Unterkunft bietet den wohl spektakulärsten Balkonblick, den man sich vorstellen kann - hier fühlt man sich wirklich 'on the top'. Die Infrastruktur der Hütte, die Bewirtung und das Essen sind aus meiner Sicht einmalig - oder wer erwartet auf über 4500 Metern ein Wi-Fi-Netz und saftige Pouletschenkel? Gegen Abend steigt die Bewölkung - Gewitter sind angesagt. Kurz nach dem eindunkeln gehen diese auch los, und es kracht 'gfürchig' um die Hütte rum. Fällt unsere Tour zur Dufourspitze ins Wasser resp. in den Schnee?

Tag 4: Abstieg über den Grenzgletscher (WS)
Am nächsten Morgen dichter Nebel - nichts mit Dufourspitze also. Nach ausgiebigem Frühstück machen sich die Seilschaften nach und nach auf den Weg nach unten. Als wir ebenfalls absteigen, beginnt sich der Himmel langsam zu öffnen - nur Signalkuppe und Dufourspitze hüllen sich in Wolken. Es weht ein zügiger Wind, doch dies schreckt einige Verwegene nicht davor ab, den Liskamm zu besteigen.
Der Abstieg über den Grenzgletscher ist lang und der Schnee weich. Schliesslich erreichen wir die Neue Monte Rosa-Hütte, wo wir uns ausgiebig verpflegen. Nach einigen hin und her beschliessen meine beiden Tourenpartner, noch eine Nacht in der Hütte zu bleiben (Schlussendlich sind sie am folgenden Tag nochmals 1800Hm zur Dufourspitze hochgestiegen und haben auch das Nordend noch besucht - gratuliere!). Ich steige indes runter zum Gletscher, wandere zum Rotenboden (T4, L) und werde prompt noch verregnet. Nun gehts nach Hause, denn bereits am nächsten Tag solls weitergehen zur Tierberglihütte (*Bericht).

Fazit: Eine unvergessliche Woche in einer einmalig imposanten Umgebung. Einfach toll, dass es mit der Liskamm-Überschreitung geklappt hat. Über die verpasste Dufourspitze tröstet hinweg, dass ich sie in diesem Frühjahr schon mit den Skis besteigen durfte (*Bericht). Das Nordend kann noch warten ;-)

Ausrüstung: Nicht zu viel, nicht zu wenig; zwei Langarm-Shirts, ein Thermoshirt, eine Wärmejacke, eine Windjacke, zwei Paar Handschuhe und die übliche Hochtourenausrüstung.

Verhältnisse: Im Moment herrschen aus meiner Sicht ausgezeichnete Hochtouren-Bedingungen im Monte Rosa-Gebiet. Wir sind nirgends auf Blankeis-Stellen getroffen. Der kühle Juli hat der Region Schnee gebracht, sodass wohl mehr Schnee liegt als im letzten Jahr um diese Zeit. Die Traverse über den 'Naso' (Cap. Sella - Cap. Gnifetti) sah aus der Distanz eher heikel aus.

Dank: Ein Dank geht an meine beiden tollen Tourenpartner, welche ich via Gipfelbuch.ch kennen gelernt habe.

Tourengänger: xaendi


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden


Geodaten
 7201.gpx Ungefähre Route Tag 1
 7202.gpx Ungefähre Route Tag 2
 7203.gpx Ungefähre Route Tag 3
 7204.gpx Ungefähre Route Tag 4

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4- ZS+ III
21 Aug 10
Monte Rosa Tour 15x4000 · Wojtek
ZS II
3 Jul 17
Spaghettitour · Matthias Pilz
ZS III
29 Aug 08
Monte Rosa 13 x 4000 · Schlumpf
ZS II
WS+ II
15 Aug 16
Monte Rosa Runde ... Fortsetzung · alexelzach
T3 WS
12 Jul 18
Spaghetti-Tour ohne Spaghetti · El Chasqui

Kommentare (9)


Kommentar hinzufügen

MunggaLoch hat gesagt: Gratulation
Gesendet am 22. August 2011 um 07:25
...zu der super lässigen Tour!

El Chasqui hat gesagt: Gratuliere
Gesendet am 22. August 2011 um 07:39
Hallo Alex
ich gratuliere Dir zu dieser Super-Tour. Da sind wieder einige 4000er zusammengekommen.
Wünsche Dir weiterhin schöne Touren (bei hoffentlich etwas kühlerem Wetter als zur Zeit)
Gruess Urs

Bergamotte hat gesagt: Gratuliere...
Gesendet am 22. August 2011 um 09:51
eine ganz feine Tour und tolle Bilder dazu.

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 25. August 2011 um 11:33
Hi Alex,

Gradose Tour, gratuliere! Nun werde ich demnächst auch auf den Liskamm West gehen :-)

LG, Andi

xaendi hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. August 2011 um 11:36
Hoi Andi

Danke. Gratulation dir auch zum höchsten Österreicher!
Hoffe, dass du beim Liskamm diesmal die Überschreitung machen kannst - ist ein grossartiges Erlebnis.

Grüsse
Alex

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 26. August 2011 um 08:44
Salü Alex,

Ich denke ich werde den Liskamm West alleine machen, für die Überschreitung brauchts halt mehr als 2 Tage. Dafür wartet im Ausland noch ein Grat wie der Liskamm auf mich der drei Mal länger ist und noch viel ausgesetzter. Welcher Landeshöhepunkt könnte das sein? :-)

LG, Andi

xaendi hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. August 2011 um 08:50
Hallo Andi,

dann machst du den Liskamm wieder von der italienischen Seite, d.h. Val Gressoney und Cap. Quintino Sella?
Keine Ahnung, was das sein könnte...

Alex

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 26. August 2011 um 09:17
Nein, ich gehe vom Klein Matterhaorn aus und übernachte im Bivacco Marco e Rosa. Habe gerade in den Communties einen Aufgruf geschrieben ob jemand mitkommen möchte.

Für den grossen Grat siehe: [wiki.risk.ru/index.php/%D0%A8%D1%85%D0%B0%D1%80%D0%B0_%28%D0...]

und bei HIKR: www.hikr.org/post18858.html

landlake88 hat gesagt:
Gesendet am 31. August 2011 um 23:43
Sehr schön, sehr schön!
Tolle Tour und super Bilder!

Glückwunsch zur erfolgreichen Tour!

Gruß André


Kommentar hinzufügen»