Großer Möseler (3480m) >Neuer Normalweg<


Publiziert von Kris , 10. August 2011 um 19:35.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Zillertaler Alpen
Tour Datum: 1 August 2011
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   I 
Zeitbedarf: 12:15
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Furtschaglhaus - Felsköpfl - Großer Möseler - Felsköpfl - Furtschaglhaus - Schlegeisstausee - Dominikushütte (ca. 15,6km)
Kartennummer:DAV Zillertal West

Ja, Richtig gelesen - via NEUEN Normalweg auf den Großen Möseler. Der alte Normalweg über die brüchige, steinschlägige Rinne (UIAA II) ist zumindest laut den ortsansässigen Bergführern passé.
Der Grund dafür ist anscheinend die meist zu fortgeschrittene Ausaperung - und die damit verbundende immer größere Steinschlaggefahr.


Die neue Route ist auch laut den Führern etwas schwieriger als die alte, dazu kommen vor allem Orientierungsprobleme. Allerdings ist der Einstieg in den etwa 350 Meter hohen Felsriegeln fast der gleiche, die Begehung des Furtschaglkees ist also die alte geblieben.

Furtschaglhaus - Einstieg Furtschaglkees (T3, 45min - 1 1/2h)

Gestartet sind wir ungefähr 6.30 Uhr am Furtschaglhaus, wo auch gleich neben der Terasse ein Schild in Richtung Möseler und Nefessattel leitet. Von dort aus steigt man erst einmal ungefähr 30 bis 40 Höhenmeter in eine kleine Talsenke ab - über eine kleine Brücke überquert man den je nach Verhältnissen recht reißenden Bach und steigt von nun an immer weiter, gleichmäßig ansteigend eine Gletschermoräne auf gut ausgetrampeltem und markiertem Pfad fast bis zum Anseilpunkt am Gletscher.

Irgendwie hatte ich allerdings keinen guten Tag erwischt, die Höhenmeter fielen mir schwer und die Erschöpfung war groß - in den ersten 3-400 Höhenmetern hatte ich fast die Hälfte meiner flüssigen Verpflegung ausgetrunken, obwohl wir noch im Schatten unterwegs waren. Ich schob es auf den (vielleicht zu) schweren Rucksack, und das fatalerweise ausgelassene Frühstück. Kämpfend ging es voran, und so erreichte meine Gruppe relativ langsam erst nach etwa 90-100 Minuten den Gletscherrand des Furtschaglkees (etwa 500-550 Höhenmeter ab der Hütte) T3.

Furtschaglkees - Felsriegel (WS, 30-45min)

Die erste größere Pause stand an, erst einmal das Frühstück nachholen, dann den Gurt an, anseilen, Steigeisen an und weiter geht es. Das Gelände am Furtschaglkees steilt sich immer weiter auf, nach ein paar hundert Metern trafen wir auf Blankeis, welches erhöhter Vorsicht bedurfte. Die Spalten waren durch den Neuschnee recht gut eingeschneit - nunja, besser gesagt waren sie etwas verdeckt worden, aber Einbruchgefahr bestünde dennoch. Nachdem man erst immer weiter auf den Felsriegel hinzuläuft, quert die spur dann rechts herauf, zwischen zwei sehr großen Spalten hindurch (Achtung) und schlägt dann eine scharfe Linkskurve, direkt auf den alten Aufstiegsweg - die alte Rinne zu. Bevor wir diese und deren steiles Firngelände erreichen, drehen wir nach links Richtung vorgelagerten Felsköpfl ab und deponieren die Stöcke.

Felsriegel (WS+, II+  1 1/2h)

Von nun an folgt viel Kletterei (etwa 350 Höhenmeter) um den Felsriegel zu erklimmen - steiles Blockgelände wechselt sich ab mit kurzen schwierigeren Felsstellen (II).  So gewinnt man bis zur Mitte des Felsriegels immer mehr an Höhe, teilweise etwas exponiert. Meiner Meinung nach ist die Schlüsselstelle die lange Querung überhalb der Rinne, die aufgrund des vielen Neuschnees und wenigen Tritten in der steilen Flanke unangenehm war. (II+)
Hier ist das Gelände auch deutlich exponierter und verzeiht keine Fehler.

Nicht selten scheint die Flanke laut dem Führer sogar total vereist zu sein, das macht eine komplette Absicherung notwendig (wir waren durchgängig am kurzen Seil unterwegs) - Schlingen konnten immer gelegt werden für Notfälle, Bohrhaken sind allerdings nicht vorhanden - nicht ein einziger - das sollte man beachten!

Generell fällt auf dem neuen Normalweg die Orientierung recht schwer - war es vorher fast nur ein Aufsteigen in der Falllinie, ist die Wegfindung anspruchsvoller geworden, um nicht in noch schwereres Klettergelände (III, wenn nicht teilweise sogar IV) zu gelangen - teilweise musste selbst der Führer ziemlich suchen. Steinmänner gibt es ein paar wenige, aber nicht wirklich viele. Durch den ganzen Felsriegel habe ich auf der neuen Route etwa 5 Stück gesehen, meistens an Punkten, wo die Kletterei eine andere Richtung eingeschlagen hat. Teilweise nahmen wir wohl bergauf auch nicht die optimale Route, da wir uns wohl stellenweise schon im unteren dritten, kleingriffigen und reibungslastigen Grad bewegten (III-). Viel mehr hätte ich wohl als untrainierter Kletterer mit Bergschuhen nicht leisten können in dem teilweise reicht exponierten Gelände.

Im Abstieg war die Routenwahl besser, sonst hätte ich eventuell Probleme bekommen, das Ganze wieder abzuklettern, ich denke man kommt ganz gut im II. Grad durch die Flanke wenn man das Gelände richtig lesen kann. Von unten versuchten immer wieder einige, den alten (immer noch in aller Literatur angegebenen?) Weg zu gehen - die Rinne. Davon schaffte es allerdings niemand nach ganz oben - es drehten einige, darunter eine große Gruppe Engländer ab und gaben sich geschlagen. Eine scheinbar funktionierende Alternativmöglichkeit ist es, vor der Querung einfach weiter in der Falllinie hochzusteigen, so habe ich es zumindest an diesem Tag auch gesehen.

Kurios und etwas lebensmüde war hingegen ein Bergsteiger, der nach dem gescheiterten Versuch, die Rinne hinaufzusteigen in dieser hockend unsere Querung von unten fotografierte. Er hätte wissen sollen, wie steinschlägig diese ist, besonders wenn oben jemand entlang quert und hätte dies besser bleiben lassen sollen.

Wenn man nach der Querung etwa 50 Höhenmeter in der Flanke wieder geschafft hat, wird das Gelände (insbesonders durch unseren Neuschnee) leichter und es tritt immer öfter Gehgelände auf. Da das Klettern recht anhaltend kräftezehrend war, hatte ich dagegen allerdings nichts einzuwenden. Die Blockkletterei bewegt sich jetz meist eher im I. Grad, selten im oberen Bereich (I/I+)
. Dementsprechend geht es auch zügiger voran - bald ist man am Ausstieg des Felsriegels angelangt und nun folgt der Schlussaufstieg zum Gipfel. Also nochmal eine kurze Pause und dann ging es wieder ans Eingemachte.

Oberer Gletscherteil - Großer Möseler (WS, 30-45min)

Wir ließen dabei die Steigeisen auf Geheißen des Führers aus, da eine Gruppe vor uns mit Steigeisen bereits mehr als knietief eingebrochen war. Vereist war es im Gipfelbereich nicht - allerdings wird es gegen Schluss nochmal ziemlich steil - besser gesagt ist dies die Firn-Schlüsselstelle der Tour. Mit knappen 45° sollte man schon rechnen. Ist man in der kleinen Einbuchtung zwischen dem Hauptgipfel und dem italienischen(?) Gipfel angelangt, wartet noch ein kurzer, sehr schmaler Schneegrat zum Gipfel (laut Literatur oft unterschätzt!) Erst 2 Wochen vor unserer Begehung ist ein Engländer (oder war es ein Italiener, ich kann mich leider nicht mehr genau erinnern) vom Schneegrat über die steile Flanke in den unterliegenden Gletscher gestürzt und gestorben - also die Konzentration noch einmal bündeln!


Großer Möseler - Felsriegel - Furtschaglkees - Furtschaglhaus - Schlegeisstausee - Dominikushütte (WS+, II+, 6h)

Am Gipfel angelangt, wartet aufgrund der exponierten Lage und der Höhe ein umfassendes Panorama durchs ganze Zillertal, die Tuxer Voralpen, nach Südtirol (bei uns leider stark bewölkt) und bei hervorragender Sicht bis in die Hohen Tauern. Wir waren etwa 12:15 Uhr am Gipfel und blieben etwa eine halbe Stunde oben - dann ging es schon wieder nach unten. Vom Gipfel bis zum Felsriegel geht es nach den ersten ziemlich steilen Stellen recht flott. Für das Abklettern im Riegel braucht man hingegen nochmal ziemlich viel Zeit. Wir stiegen dabei früher aus und rutschten im griffigen Schnee zum Einstieg unter dem Felsköpfl ab. Von hier aus geht es schnellen Schrittes und gleitend zum Anseilplatz (wieder ohne Steigeisen) - die mittlerweile verwässerten Blankeisstellen erforderten nochmal Aufmerksamkeit.
Mein Talent im Rennen/Abrutschen am Furtschaglkees hielten sich aufgrund fehlender Skikenntnisse allerdings in Grenzen, so dass wir immer wieder wegen mir Anhalten mussten.

So war ich dann froh am Anseilpunkt zu sein und wieder rasten zu können - von dort aus ist es ein gemütlicher Abstieg zum Furtschaglhaus, wo wir zusammen etwas tranken. Ich machte mich gegen 17 Uhr auf den Weg hinab zum Schlegeisstausee in Richtung Dominikushütte - die Talhatsch darf man nicht unterschätzen - und so kam ich erst gegen kurz vor 19 Uhr wohlbehalten, aber geschafft bei den Parkplätzen am Stausee an.


Hier nochmal ein Dankeschön an meine symphatische und (aufgrund der teilweisen Konditionsaussetzer) verständnisvollen Gruppe und an den Führer!

Für mich war es die bisher schwerste Hochtour und  so werden mir für lange Zeit tolle Eindrücke im Gedächtnis bleiben - der Aufstieg ist fordernd, teilweise luftig und abwechslungsreich - Toll! Einzig die Aussicht am Gipfel (besonders in Richtung Italien) war etwas getrübt.


  • KONDITION 4/5
  • ORIENTIERUNG 4.5/5
  • TECHNIK 4/5
  • EXPONIERTHEIT 3.5/5

Empfohlene Ausrüstung: Bergschuhe, Eispickel, Trekking-Stöcke, Seil - aber keine Abseilstellen eingerichtet, Klettergurt, Steigeisen. Am Gletscher unbedingt anseilen (viele Spalten)! Sicherungsmöglichkeiten sind in der Route keine gesetzt, bei Bedarf müssten diese selbst organisiert werden.

Tourengänger: Kris


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