Sächsmoor – Bützistock: der 13-Gipfel Grat


Publiziert von Delta Pro , 24. Mai 2011 um 07:53.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:22 Mai 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-SG   Spitzmeilengruppe 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 2590 m

Eine weite Grattour über dem Murgtal mit vielen Highlights – im Wettlauf gegen das schlechte Wetter
 
Wenn Hikr-Grössen wie Zaza oder Tobi von ihren Grattouren mit mehr als 2500 Höhenmetern schreiben, kriege ich immer etwas feuchte Äuglein. Jetzt hat’s auch bei mir endlich wieder einmal geklappt mit einer langen Überschreitung.
 
Vor 7 Jahren hatte ich anlässlich meiner Murgsee-Rundtour die unvergleichliche Welt der Grate um den Bützistock kennen gelernt und auf ebendiesem Gipfel ein Jahr später ein Gipfelbuch gesetzt. Erstaunlicherweise wird diese formschöne und dominante Berggestalt kaum je besucht. Seit ich das Gipfelbuch gesetzt hatte, hatte es mich nie mehr dorthin verschlagen. Das Hauptziel des Tages war jedoch das Schliessen einer anderen Lücke im Ostschweizer-Alpinwander-Angebot: Der Sächsmoor! Und damit war die Herausforderung gegeben: Die direkte Überschreitung der gesamten Bergkette zwischen Sächsmoor und Bützistock – 13 Gipfel, etwas mehr als 10 Grat-Kilometer und einiges an Höhendifferenz. Als Start wählte ich das Murgseetal, was besonders für den Sächsmoor ein ungünstig gelegener Ausgangspunkt ist und einen langen Anmarsch zum Beginn des langen Grates bedingt.

 
Start um halb sechs beim Parkplatz in Mornen. Da Gewitter angekündigt waren, wollte ich früh unterwegs sein. Auf dem ideal geneigten Weg zügig hinauf zur Alp Erdis und dann in einer langen Querung auf Wanderwegen unter Erdisgulmen, Gulmen usw. an den Fuss des Sächsmoor.
 
Sächsmoor (T6, II)
Die häufigen Begehungen wirken sich positiv auf die Schwierigkeit des Berges aus – es hat sich ein deutlicher Pfad ausgebildet. Alpin_Rise (siehe diesen Link auch für eine detaillierte Routenbeschreibung) gibt dem Sächsmoor ein T6-. Für mich ist dies ein typisches Beispiel für eine allmähliche Degradation der T-Skala auf Hikr. Klar, haben viele von uns schon deutlich schwierigere und heiklere Touren als den Sächsmoor gemacht. Doch in zwei Stellen am Sächsmoor (Band, Ausstieg auf den Gipfelgrat) sind Fehler absolut fatal, die Ausgesetztheit ist gross und die technischen Schwierigkeiten vor allem im Abstieg nicht zu unterschätzen. Für mich ein klares T6; ich sehe keinen Grund ein Minus auszuhängen. Wahrscheinlich sogar als Beispieltour für T6 geeignet; die anderen Beispieltouren erachte ich sogar eher einfacher als den Sächsmoor.
Der Aufstieg ist aber natürlich der Hammer! Landschaftlich und von der Routenanlage her. Absolut lohnend auf jeden Fall!
Über den anschliessenden Gratabschnitt gibt’s nicht besonders viel zu sagen - auf und ab über Grashügel: Leist, Spitzmantel (kurzes, hübsches Grätchen, T4), Rainisalts, Gulmen, Erdisgulmen. Insgesamt nicht mehr als T1-T2.
 
Erdisgulmen – Tritt (T4)
Südlich an den Gipfel des Erdisgulmen schliesst sich ein grosses Plateau an, das allseitig von steilen Felswänden umgeben ist. Es sieht aus, als existiere kein direkter Weiterweg zum Tritt, der Verbindung zum Magerrain. Aufgrund einer deutlichen Wegspur, blieb ich aber dennoch auf dem Plateau – und wurde durch einen spannenden, mit Drahtseilen versicherten Steig zum Tritt hinunter überrascht. Der Weg beginnt bestens getarnt in einem schmalen, ca. 10m langen Felsspalt (rote Markierung, linke Seite des Plateaus, nahe am südlichen Ende). Ziemlich mühsam runter in den mit weichem Schnee gefüllten Spalt und wieder auf der anderen Seite raus. Dann auf einem guten Weglein durch die Felswände hinab gegen den Tritt (durchgehende Seile).
 
Magerrain (T4+)
Vom Tritt auf Wegspuren unter eindrücklichen Felsgebilden in die West-Flanke des Magerrains. Eigentlich hatte ich im Sinn im Vorbeiweg noch kurz den Nordgrat des Magerrains einzusacken. Schliesslich sahen mir die Plattenfluchten aber doch zu abweisend aus. Es hätte wohl trotzdem geklappt und hätte mir einiges an mühsamer Schneestapferei erspart. So querte ich die ausgedehnten Schneefelder in der Magerrain-Flanke, immer rechts aufsteigend. Am Schluss traversierte ich durch die steile, aber erstaunlich gut gestufte Flanke wieder zum Nordgrat, den ich ca. 5min vor dem Gipfel erreichte.
 
Goggeien direkt (T6)
Der steile Aufschwung von Osten auf den Goggeien (Ruchsitenstöckli) lässt sich normalerweise relativ einfach mit einer Querung nach rechts umgehen (T4+). Diese war heute mit einem weichen Schneefeld versperrt, weshalb ich die Gämsen-Direktvariante wählte. Unter der Steilstufe etwas nach links aufwärts und dann die Krallen ausgefahren und ein paar Züge im Moos mit viel Luft unter dem Hintern.
Der Weiterweg wird dann immer lohnender: Man überschreitet alle Gipfelchen bis auf den Heustock. Als erstes den Huet (eine steilere Stelle im Abstieg, T5). Dann folgt ein schöner, teils etwas exponierter Verrucano-Grat (T4) bis an den Fuss der Tristelhoren.
 
Überschreitung Tristelhoren (T6-)
Bei meinen letzten Besuchen in der Region musste ich bei der Tristelhoren-Überschreitung passen: 2004 liess ich sie ganz aus, 2005 gelangte ich von Süden auf den Hauptgipfel, traute mich dann aber nicht die Schlüsselstelle abzusteigen. Jetzt hat’s geklappt! Mein Highlight der Tour: Die wild zerrissenen Spitzen aus brüchigem Fels und Gras lassen sich im Grünen Bereich überschreiten. Ab und zu warten sehr exponierte Grate und brüchige Kletterstellen, aber eigentlich geht’s besser als man auf den ersten Blick erwarten würde. Der Knackpunkt ist das letzte Wändchen vor dem Hauptgipfel (war jemand hier, seit ich das Steinmännchen am 14.8.2005 errichtet hatte? Ausser PStraub natürlich) und der Abstieg von diesem.
 
Heustock – Bützistock (T5+)
Nach den Tristelhoren gibt es keine grosse Ruhephase: Der Aufstieg zum Heustock ist nochmals sehr steil, aber recht gut gestuft. Den Aufschwung begeht man auf Gämsspuren leicht nach rechts querend. Das Gipfelbuch klemmt leider.
Das Ziel der Tour, der Bützistock, ist schon fast erreicht, da bricht der Regen doch noch herein. Somit ist die direkte Begehung des SE-Grates auf den Bützistock für den Moment aus der Welt geschafft. Eine super Route in Fels und sehr steilem Gras wäre das, ein scharfes T6, extrem ausgesetzt – da muss wohl man ein ossi ran. Ich entschloss mich für die südseitige Umgehung des Bützistocks. Hart entlang der SW-Wand des Bützi runter bis das Gelände abbricht. Dort quert man kurz, aber etwas ausgesetzt nach rechts. Wegen der nassen Verrucano-Platten bereitet mir diese Schlüsselstelle (T5+) nochmals etwas Kopfzerbrechen. Dann unter den Wänden hinauf, bis man in die Scharte unter dem Rottor klettern kann. Über das exponierte Grätchen an den Fuss des Aufschwungs zum Bützistock und mit einem Kletterzug drüber hinaus (T5).
Mein Gipfelbuch ist in bestem Zustand. Der exklusive Gipfel weist nur rund 5 Begehungen im Jahr auf. Im 2011 bin ich der erste. Mit einer kurzen, aber steilen Kraxeleinlage (T5) zum Rottor. Über den langen, gestuften Nordgrat des Rottors runter. Umgehungen der Aufschwünge bieten sich westlich an. Besonders die Traverse des zweiten Aufschwunges von oben ist ausgesetzt, auf Gämsspuren aber gut zu machen (T5). An den wunderschönen Chammseen vorbei auf den alten Weg von der Chamm-Hütte ins Tal. Bis auf eine Höhe von 1600 erleichtern Schneefelder noch den Abstieg.
 
 
Durchgangszeiten:
Parkplatz Mornen: 5.35
Sächsmoor: 7.45
Gulmen: 8.40
Magerrain: 9.45
Bützistock: 11.45
Parkplatz Mornen: 13.30

Tourengänger: Delta
Communities: T6


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Kommentare (4)


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Alpin_Rise hat gesagt: Moutarde de Bützi
Gesendet am 24. Mai 2011 um 11:57
Ciao Delta,

schöne Runde, erinnert mich an die Tour kombiniert mit Teilen jener.

Degradation der T-Skala: Das T6- ist für mich Ausdruck dafür, dass mind. eine Komponente eines "reinrassigen" T6 fehlt: die Orientierung ist offensichtlich und die heiklen Stellen sehr kurz. Ob minus oder nicht, T6 bleibts - bis jemand die ersten Fixseile reinhängt...

Der direkte Bützistock SE-Grat ist dann eine ganz andere Kategorie. Habs studiert, hier fehlt mir defntiv Mut und Können für solches Gelände... ossi?!

Die Tristelhoren überschritten wir wegen Regen dann nicht, sah aber wild aus, ist es aber nicht derart (T6-)?

Bützistock würde ich auch als T5 oder T5+ bewerten.

Definitv ein Highlight in der Ostschweiz!
G, Rise

Tobi hat gesagt: Einspruch zu diesem Bericht
Gesendet am 24. Mai 2011 um 13:40
Obwohl es mich ehrt, von dir in einem Atemzug mit Zaza als Hikr-Grösse genannt zu werden, finde ich es doch sehr übertrieben, mich mit meinen bescheidenen Anzahl von etwas mehr als 60 Berichten zu diesem Kreise zu zählen ;-)

Die Richtigkeit der restlichen Angaben deines Berichts werde ich bei Gelegenheit mal vor Ort überprüfen. Mit deiner Beschreibung hast du definitiv die Neugierde in mir geweckt, ich habe mir dies Pendenz notiert. Vielen Dank für diese Anregung!

Gruss Tobi

Zaza hat gesagt: RE:Einspruch zu diesem Bericht
Gesendet am 24. Mai 2011 um 15:23
machen wir's doch zusammen, als Training für du-weisst-schon-was... ;-)

Schnuerli hat gesagt: T6 - Sächsmoor
Gesendet am 24. Mai 2011 um 14:08
Ciao Delta, danke für deinen Bericht über die interessante Tour. Nur geben deine Bilder die Steil-und Ausgesetzheit am Sächsmoor nicht ganz wieder. Ich war letzthin auch auf dieser Felskanzel oben (zum ersten Mal) . Da ich alleine unterwegs war und die Route nicht kannte, hab ich mich am Einstiegsband mit dem Seil gesichert, um die Nerven zu beruhigen :-). Die letzten 10 m vor dem Grat ging's dann "Rotpunkt" und ohne Seil (blieb am Quergang für den Rückzug hängen ). Auf Grund der Ausgesetztheit, welche man sonst nur in Grat- & Wandklettereien erlebt, ist der Sächsmoor-Aufstieg für mich ein klares T6! Wünsche dir weiterhin schöne Tourenerlebnisse - Gruess Schnuerli


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