TI: Val Cugnasco – Ein abenteuerlicher Besuch in einem wilden und verlassenen Tal


Publiziert von Seeger , 26. Februar 2011 um 13:29.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:25 Februar 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Cima dell'Uomo 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1260 m
Abstieg: 1260 m
Strecke:10km: Alpe Ronchi 720m – Riale Cugnasco 605m – Monti di Nadello 698m – Monti di Nadello 887m – Croazet - Coste delle Bedole – Costone - Alla Motta 1436m – Ruscada, Corte di Fondo 1464m - Pt. 1348 – Pt. 1382 – Monti della Gana 1286m – Monti Pianelle 1214m – Monti Velloni 1000m – Pt. 831 – Alpe Ronchi 720m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Cugnasco Richtung Monti di Motti - Abzweigung in Curogna auf 700m nach rechts. Parkplätze entlang der Waldstrasse
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:Bellinzona 1313, 1:25‘000, ein Muss!!!

An der orographisch rechten Flanke (N) der Magadinoebene stürzen zwei tiefe Einschnitte auf einer Distanz von 4km 1500m in die Tiefe: Val Cugnasco und Val Sementina. Schier unglaublich, dass diese abweisende und wilde Gegend vor hundert Jahren bewirtschaftet wurde. Jeder nur mögliche Quadratmeter wurde urbar gemacht und als stolze Alpen genutzt. Logischerweise wurden diese „querverbunden“. So horizontal wie es eben ging. Eldorado für Freaks alter Alpwege! Und auch Frank (www.alpi-ticinesi.ch).
„Gib mir doch bitte Deine Landkarte“, so beginnt die Tour auf der Alpe Ronchi 720m. Darf nicht wahr sein: Ich habe sie zuhause vergessen. Das noch 2/3 geladene Handy bietet Ersatz, was abmachungsgemäss eine halbstündliche Rüge nach sich zieht. Eine gewisse Strafe muss ja sein.
Also los bei schönstem Sonnenschein an den gut erhaltenen Häusern von Alpe Ronchi vorbei. Nun etwas unterhalb nach links dem auf der LK bezeichneten Weg in den Laubwald hinein. Ist ja Zuckerschlecken. Vorerst. Wo der Weg auf der LK verschwindet ist die Schlüsselstelle (T5). Überwindung an luftiger Stelle. Die Einen auf dem Hosenboden – andere mit sicherem Stockeinsatz. Phänomenale Ausnützung eines Bandes und es geht weiter in den Graben hinein. Zwei Steinmänner scheiden die Geister und verwirren. Irrläufe mit gutem Ausgang. Wir stehen am Riale Cugnasco 605m. Frank sonnt sich schon eine halbe Stunde auf der Gegenseite. Der Triumpf ist ihm sicher. Die Tatsachen belegen es. Mittagsrast mit Menü 1, feinste gefüllte Kekse von Christine.
Nun, wie weiter? Such, Such...und da finden wir 50m flussaufwärts (nur bei niedrigem Wasserstand möglich) ein einladendes, feuchtes Tälchen mit viel Fallholz. Dennoch ein gut sichtbarer Weg etwa 100m hinauf (östlich), dann nach rechts drehend die Rinne verlassend auf einen Sporn mit Ruinen der ehemaligen Alpgebäude Monti di Nadello 698m.
In frühlingshaften Verhältnissen über einen bewaldeten Rücken auf Monti di Nadello 887m. Sehr schöne und gut erhaltene Steinbauten und gepflegte Waldlichtung, der letzte Rest einer riesigen Weidefläche von schätzungsweise 60ha, heute mit Jungwald überwachsen. In der Tiefe die Magadinoebene im Dunst. Die Bergkette Tamaro – Ceneri mit weisser Schneehaube vis-à-vis.
Doch die liebliche (ehemalige) Alp wird im Croazet von tiefen Gräben durchfurcht. Langsam folgen wir dem teilweise mit Schnee bedeckten Weg leicht steigend den Hang entlang. Dass genau an den kritischen Stellen mit Fels und Tiefsicht Schnee liegen muss? Das ging ja solange gut, wie die LK den Weg noch angegeben hat. Nach einem riesigen Graben erreichen wir die Coste delle Bedole. Und tatsächlich: ein Birkenwald auf einem schönen Rücken. Dieser wäre noch doppelt so schön, wenn wir nicht die Schneegrenze erreichen würden. Die eigentliche Schneestapferei beginnt. Und wie. Der Freiwillige mit dem Pickel übernimmt die Spurarbeit. Im Zick-Zack hinauf bis auf etwa 1380m. Dann eine Traverse durch einen 45° Hang mit herrlicher Tiefsicht mit 40cm gutmütigem Schnee. Langsam kämpfen wir uns in den Graben hinunter, um auf der andern Seite einem vage sichtbaren Wegtrassee folgend die Gegend Costone  mühsam zu passieren.
Dann der happige Aufstieg nach Alla Motta 1436m, am oberen Rand des Val Cugnasca. Oberhalb öffnet sich die 1 km breite und 3 km lange Alp Ruscada, welche durch die Cima dell’Uomo ihren Abschluss findet. Der gleiche Fluss und zwei übereinanderliegende total verschiedene Täler. Oben Wiesen der Alpe Ruscada – unten das furchteinflössendes Grabengewirr des Val Cugnasco.
Der Freiwillige mit dem Eispickel wird nun abgelöst. Er hat seinen Dienst getan und wird mit einem einstündigen Aussetzen des Kartenvorwurfes belohnt. Horizontales Queren unterhalb der Häuser von Ruscada, Corte di Fondo hat auch hier seine Tücken. Doch das Gelände ist nicht mehr so abschüssig. Dafür die Überquerung des Riale Cugnasco auf unzuverlässigen Schneebrücken mit markant auf etwa 80cm angestiegener Schneehöhe . Hinterhergehende verdanken die heikle Vorspurarbeit.
Hier hätten wir über Ruscada den oberen, etwas einfacheren Weg wählen können. Aber das ist ja zu banal. Dafür folgen wir dem unteren Weg, welcher pinkfarbig markiert ist, und erfreuen uns eines ausgesetzten und wegen den Schneeverhältnissen zu Aufschreien verleitendes Abenteuer über dem Abgrund des Val Cugnasco nach Pt. 1348. Auf der Gegenseite betrachten wir die Felswände, über welche wir offensichtlich geturnt sind. Ungefähr so weiter zu Pt. 1382 hinunter, wo der obere (sicherere) Weg einmündet.
Das Tageslicht lässt nach und im recht dunklen doch durch die Schneedecke aufgehellten Wald geht es dank der atemberaubenden Geschwindigkeit des Vorstampfers rasant nach Monti della Gana 1286m hinunter. Alpenglühen der Walliseralpen. Einnachten ist einfach immer wieder ein Naturspektakel.
Im spärlichen, aber effizienten, Licht der Stirnlampe stürzen wir uns über  Monti Pianelle 1214m – Monti Velloni 1000m – Pt. 831 zu Tale. Ohne Karte zu brauchen. Die halbstündlichen Kartenvorwürfe fallen dank Dunkelheit aus. In direktem Galopp zum Parkplatz. Wir sind an unserem Ausgangspunkt Alpe Ronchi 720m.
Was für eine Versessenheit braucht es, um all diese Strapazen auf sich zu nehmen!
Was machen wir als nächstes? 

Tourengänger: Seeger
Communities: Ticino Selvaggio


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Kommentare (2)


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tapio hat gesagt: Wildnis: unwiderstehlicher Charme!
Gesendet am 26. Februar 2011 um 15:27
Nichts ist schöner! Weder Gipfel noch Grate...

Congratulazioni Andreas, un altro giro che attrae anche me come una calamita.

Ciao, Fabio

Seeger hat gesagt: RE:Wildnis: unwiderstehlicher Charme!
Gesendet am 26. Februar 2011 um 20:49
Grazie Fabio per i complimenti e l'aiuto delle conoscenze geografiche :-))
Cari saluti
Andreas


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