Mädelegabel (2645m) bis Bockkarscharte


Publiziert von Kris , 17. Oktober 2010 um 15:08.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 9 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1650 m
Abstieg: 1650 m
Strecke:Birgsau - Einödsbach - Waltenberger Haus - Bockkarscharte - Retour bis Birgsau und danach noch bis Faistenoy (ca. 20km)

Vor 2 Tagen hatte ich starke Probleme beim Abstieg vom Hohen Ifen mit meinem rechten Knie - sollte ich da wirklich die lange Tour auf die Mädelegabel wagen? .. Ich nahm mir den Verschnauftag, verarztete mich eher notdürftig mit Verband und Salbe. Und dann ging es am frühen Morgen mit dem Bus bis zur Endstation in Birgsau (953m).

Mit deutlicher Aufregung im Bauch machte ich mich guten Mutes auf den kurzen Weg nach Einödsbach - bisher keine Spur einer schmerzhaften Meldung seitens meines Knies. In recht schnellem Schritt war ich dann auch in etwa 20 Minuten in Einödsbach (1115m). Von dort aus hat man die Möglichkeit ins Stillachtal oder ins Bacherlochbachtal zu steigen. Das Stillachtal führt beispielsweise zur Rappenseehütte, zum Mindelheimer Klettersteig und dem Biberkopf. Ich folge dem Weg allerdings ins wirklich sehr schöne Bacherlochbachtal, dem Aufstiegsweg zum Waltenberger Haus, eine der Zwischenstationen auf dem Heilbronner Weg.

Anfangs über breiten Fahrweg, wird der Pfad schnell schmaler und führt durch dichten Bewuchs. Dieses Bacherlochbachtal ist wirklich gänzlich unberührt und einsam. Eine Perle der deutschen Täler. Zumindest das beste, das ich bis jetzt besuchen durfte. Immer dem Talverlauf entlang über dem Bacherloch wird der Bewuchs immer dichter und man gerät in eine Art Alpendschungel Sträuchern, Blumen, Gräsern und kleinen Bäumen. Dort hindurch schlängelt sich der Pfad unschwieirig in die Höhe. Es warten immer wieder kleinere und größere Bachquerungen auf Begehung. Nach dem Alpendschungel folgt der Weg grasigen Flächen, dem Bacherloch mal näher kommend, mal weiter weg stehend. An einem großen, sehenswerten Wasserfall vorbei geht in Serpentinen immer auf das Talende zu, welches durch größere Schneefelder (genannt "Schneeloch") und schroffen Felswänden charakterisiert ist. Der Weg folgt nun bis an den Beginn der Schuttfelder unterm Wilden Mann (2577m) um dann das Schuttfeld kurz linksseitig zu ersteigen und wieder in Richtung Talausgang umzudrehen. Nun folgen die Schlüsselstellen des Hüttenaufstiegs zum Waltenberger Hauses. Erst drahtseilversichert eine etwa 20 Meter hohe schrofige Felsstufe hinauf (I), danach mit dem Seil eine schmale, teils abschüssige Querung (teils an den abschüssigen Stellen nass!) und zu guter Letzt über zwei kleine, nicht gerade vertrauenserweckende Metallbrücken über abschüssiges Felsgelände. Schwindelfrei sollte man hier auf jeden Fall sein - sonst wird die Sache zur Qual. Danach wird es wieder bedeutend einfacher. Durch dichten Buschbewuchs geht es immer dem nun bereits sichtbaren Waltenberger Haus entgegen. Ich unterschätzte die Entfernung allerdings vollends. Von hier waren es noch gut 40 Minuten und etwa 300 Höhenmeter zum Waltenberger Haus. Mäßig Steil geht es dann in Serpentinen über grasiges, wenig schuttiges Gelände zum Waltenberger Haus (2067m). Es darf nicht vergessen werden, dass nun bereits 1100 Höhenmeter in den Oberschenkeln steckten. Wie fühlte ich mich? Gut, das Bein war erstaunlicherweise nicht angeschlagen und so fühlte ich mich fit für die letzten gut 600 Höhenmeter auf die Mädelegabel. Bis jetzt hatte ich 4 Stunden auf die Hütte gebraucht, wie auf dem Wegweiser ausgeschrieben. Zur Mädelegabel sollten es weitere 2 3/4 Stunden sein - mehr als ich erwartet hatte.

Ab dem Haus ändert sich das Gelände zunehmend. An der Tagesordnung steht nun sehr unangenehmer Schutt, sehr kleinbröselig. Ein Schritt nach oben machen, einen halben wieder herunterrutschen. Schnell vorwärts kommen sieht anders aus. Und so streckte sich der Aufstieg zum Einstieg an der Bockkarscharte ziemlich in die Länge, da jetzt bereits die ersten Müdigkeitserscheinungen sichtbar wurden. Ich brauchte etwas mehr als eine Stunde bis an den Einstieg, der deutlich schwerer aussah als ich es erwartet hatte. Hätte ich doch nur ein Klettersteigset mitgenommen - überall lagen tückische Neuschneefelder, die das Ersteigen nicht gerade vereinfachten. Ich hätte mit einem besseren Gefühl in den Kletterpart einsteigen können, aber so einfach gab ich mich nicht geschlagen. Der Anfang hatte es bereits in sich - 2 Meter im Fels (I) zur ersten Tritthilfe und dann im Spreizschritt hinüber zum drahtseilgesicherten Part. Ich halte diese Stelle für eine UIAA II(-?), auch wenn ich bisher nirgendwo etwas über diese Schwierigkeit im Zusammenhang mit der Bockkarscharte gelesen hab. Schwieirigkeiten können eben auch subjektiv sein.

Mal mit mal ohne Seil geht es Steil durch felsig-schuttiges Gelände - immer etwa im ersten Grad. Die Neuschneefelder behinderten teils sehr und so gelangte ich nach etwa in 25 Minuten zu einer brüchigen Schneebrücke, bei der ich auch nicht wirklich eine Alternative sah sie zu umgehen. Das war dann die Zeit für mich umzudrehen. Etwa 5 - 15 Meter vor der eigentlichen Bockkarscharte (2505m) und dem Ende der Schwierigkeiten. So ist das Leben manchmal - aber ich komm lieber später wieder als mit der Schneebrücke in die Tiefe zu stürzen. Und so machte ich mich wieder langsam an den Abstieg - langsam im wahrsten Sinne des Wortes - mein Knie meldete sich jetzt im unpassendsten Moment erneut zu Worte. So brauchte ich für das Abklettern leider knapp 40 Minuten. Immer wieder musste ich kurz Anhalten und mein Knie schonen. Nach 1650 Meter Aufstieg wollte es einfach nicht mehr. Unangenehm war auch die Spreizschrittpassage, aber da musste ich durch. Besser wurde es dann auch nicht, als das kleinteilige Geröll auf mich wartete. Halb Absteigend Halb Abrutschend mühte ich mich Richtung Waltenberger Haus. Unterwegs traf ich dann noch einen Steinbock, der es sich auf einem Felsen gemütlich machte und sich genüsslich am Rücken kratzte. Der ließ sich von seinen Zuschauern nicht entmutigen und beachtete uns nicht einmal, obwohl wir nur 10 Meter von ihm entfernt standen. Ein cooles Tier.

Am Waltenberger Haus angekommen gönnte ich meinem Knie eine Pause und nahm ein Skiwasser nebst Backerbsensuppe zu mir und machte mich dann an den noch langen Abstieg. Freudigerweise war mein Knie nun nicht mehr zu spüren. Der Abstieg durch das Bacherlochbachtal zog sich ziemlich in die Länge, da der Weg oft nicht sehr steil ist, aber es ist sehr weit ins Tal hinaus.

Um etwa 17 Uhr traf ich noch eine Familie mit zwei kleinen Kindern - etwa 4 und 5-6 Jahre alt, die mich fragte wie weit es noch bis zum Waltenberger Haus sei. Sie hatten erst einen kleinen Teil geschafft, wollten anscheinend nicht oben übernachten und waren mittelmäßig ausgerüstet - aber jedem das Seine. Ich würde meinen Kindern das nicht zumuten. So kam ich dann etwa 17.30 in Einödsbach an. Auf dem Abstieg kamen mir viele Bergsteigerkollegen entgegen, die auf der Hütte übernachten wollten. So viele das es dort oben in dieser Nacht sicher eng geworden ist. Dann folgte der schlimme Teil der Tour. Die Asphalthatsch bis nach Faistenoy, da der Bus gerade weg war. Diese ermüdete mich dann komplett und so war ich heilfroh das die Tour beendet war.

Das Bacherlochbachtal ist wirklich landschaftlich sehr reizvoll, der Aufstieg zur Bockkarscharte ist unangenehm und die Felsstufe zu dieser sollte nicht unterschätzt werden. Die Ausblicke auf Allgäuer Hauptkamm und co. entschädigen allerdings für die Mühen.



  • KONDITION 4.5/5
  • ORIENTIERUNG 2/5
  • TECHNIK 3/5
  • EXPONIERTHEIT 2,5/5

[Tour im Alleingang]

Tourengänger: Kris


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