Mädelegabel 2645m - Jugendsünden


Publiziert von georgb , 8. November 2016 um 16:53.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 1 August 1980
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3- (ZS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 15:00
Aufstieg: 3400 m
Abstieg: 3400 m
Strecke:35km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Oberstdorf-Birgsau

Nur so aus Spaß hab ich mal bei outdooractive meine allererste alpine Bergtour nachvollzogen und eingegeben, soweit ich mich nach all den Jahren (Jahrzehnten) erinnern kann. Das Ergebnis war so schockierend, dass ich es festhalten muss: die Eingabe der Tour ergab 3400 Höhenmeter und 35 Kilometer Strecke, auch mein nachträgliches Kartenstudium kommt auf ähnliche Zahlen!?
Am besten erinnern kann ich mich an die Reaktion meines Onkels, zuhause angekommen: "Das war ein bodenloser Leichtsinn, unverantwortlich und lebensgefährlich!" Damals habe ich ihn gehasst für diese Aussage, heute würde ich mir selbst genau dasselbe sagen!
Die Ferien in Birgsau mit der Familie haben meine Liebe zu den Bergen entfacht und bald waren mir die einfachen Wanderungen zu langweilig. Schon nach wenigen Tagen beschließe ich, alleine auf Abenteuer zu gehen und meine Eltern willigen notgedrungen ein, sie wissen, wie störrisch und unnachgiebig der Knabe sein kann.
Nachdem ich ihnen meinen ungefähren Plan mitgeteilt hatte, schnüre ich bei Tagesanbruch die Wanderschuhe meines Vaters, packe ein paar Brote, eine leichte Überjacke und die Wanderkarte ein, mehr braucht der vor Kraft strotzende Jüngling nicht!?
Mein erstes Ziel ist die Mädelegabel über dem Waltenberger Haus. Ich bin der Erste an diesem Tag und der inzwischen verstorbene Hüttenwirt wundert sich über den Frühaufsteher. Im Affenzahn erreiche ich die leichten Kletterstellen und unversehens stehe ich auf meinem ersten Gipfel. Alles kam mir damals so leicht vor, Jahre später hat mich der Aufstieg schon Mühe gekostet und die 1er Stellen hatte ich auch viel einfacher in Erinnerung!?
Doch mit 15 und topaustrainiert war das natürlich viel zu wenig, also renne ich weiter über den Heilbronner Weg Richtung Rappenseehütte. Vor lauter Energie hab ich damals die Ausgesetztheit und die Klettereinlagen gar nicht wahrgenommen und bin an der Hütte lange nicht zufrieden.
Der Tag ist noch jung und auf der anderen Talseite steht mit der Mindelheimer Hütte ein weiteres Ziel. Im Laufschritt springe ich hinüber. Jetzt erst wird mir klar, wieviel Extrahöhenmeter das gekostet hat, heute tut mir jeder Meter Gegenanstieg weh.
An der Hütte spüre ich zum erstenmal leichte Wirkung und ich kann mich erinnern, wie gut mir die Radlermass damals geschmeckt hat. Als ich kurz darauf, inzwischen später Nachmittag, Richtung Mindelheimer Klettersteig aufbreche, haben mir wohl Einige kopfschüttelnd hinterhergeblickt!? Auch ich blicke heute kopfschüttelnd auf den Georg von damals zurück. Ohne jegliche Klettersteigerfahrung kraxel ich wie ein Geräteturner ungesichert durch den gar nicht so harmlosen Steig (C), ich weiß noch, dass mir dort endlich auch mal mulmig zumute wurde.
Voller Stolz stehe ich wenig später am Ende der Ferrata und renne hinunter nach Birgsau. Kurz vor Einbruch der Nacht empfängt mich die Familie, heilfroh. Sie hatten sich inzwischen beim Wirt erkundigt und dieser hatte meine Runde für nicht machbar erklärt!? Meine Eltern erzählen, dass ich den nächsten Tag durchgeschlafen und mich keinen Schritt bewegt habe, verständlicherweise!
Heute blicke ich mit gemischten Gefühlen zurück, einerseits dankbar, andererseits mit Unverständnis. Unverständlich, wieviel Energie in so einem jugendlichen Körper stecken kann und wie wenig man die Gefahren wahrnimmt, wenn man unermüdliche Kräfte spürt. Dankbar natürlich, dass ich die Tour gut überstanden habe und diese "Jugendsünde" meine Liebe zum Berggehen in keinster Weise geschmälert hat.



Tourengänger: georgb


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