Unbekannte Berge im Glärnischgebiet, Teil 3: Rossstock und Hinter Gassenstock


Publiziert von PStraub , 10. August 2010 um 10:54.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 9 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe   CH-SZ 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2300 m
Abstieg: 2300 m
Kartennummer:1173

Jeder Besucher der Glärnischhütte hat den Rossstock (2367 m) im Vorbeigehen gesehen, aber die wenigsten werden ihn wahrgenommen haben. Und den Hinter Gassenstock (2541 m) übersieht man erst recht, da er völlig im Schatten des Bös Fulen liegt.
 
Für heute war ein perfekter Tag angesagt, also gerade recht für eine etwas längere Tour. Die startete im Klöntal. Die dröge Etappe bis nach Chäseren liesse sich zwar mit dem Taxi vermeiden; doch das muss nicht sein, also per pedes nach Chäseren und Werben. Dann in Richtung Zeinenfurggel bis zur Abzweigung zum Bächistafel, die übrigens leicht zu übersehen ist.
Kurz vor der Hütte endet das Tros endlich (Tros = Erlengebüsch, das früheres Weidegelände überwuchert) und man kann mit dem Aufstieg beginnen. Kurz darauf trifft man auf eine recht gute Wegspur, die ins Glotel führt. Die Alp Bächi ist in einem desolaten Zustand. Da wuchert alles, was ein anständiger Älpler eigentlich nicht aufkommen lassen dürfte. Als ich diese Route das letzte Mal begangen habe, konnte man noch recht direkt hinauf zum Einstieg steigen.
 
Nach der Viehtränke im Glotel ist die Aufstiegsroute offensichtlich: Über die Plattenfluchten im Talhintergrund geht gar nichts, also immer in etwa auf dem Nordwestgrat. Na ja, Rücken wäre wohl passender als Grat. Da wechselt Grasgelände mit Schrofen, felsigen Stufen und Schutthalden. Ob es den perfekten Weg gibt, weiss ich nicht, man "bescheisst" sich halt irgendwie hoch. Den Spuren nach machen es die Gämsen ebenso. Stellenweise ist man da echt in einem T6, manchmal gehts auch recht einfach.  
Der Rossstock hat zwei Gipfel, die praktisch gleich hoch sind. Im Abstieg bin ich vom hinteren (östlichen) durch die Schutthalde dort runter, das ging ganz elegant. Diese Variante mündet knapp 100 m tiefer in die Aufstiegsroute. 
Der Abstieg in steilem Gelände ist ja immer ein Zacken schärfer als der Aufstieg. Wohl darum werden die meisten T6er nur im Aufstieg begangen. Auf der Rückfahrt habe ich ein Paar nach Glarus runter genommen, die über den Guppengrat aufgestiegen waren. Die waren eher überrascht, dass ich dort (aus reiner Bequemlichkeit, die Alternative via Hütte wäre mir zu umständlich) auch runtergehe.
Auch am Rossstock ist die Aussicht im Abstieg - vor allem zwischen den Füssen - manchmal umfassender, als man es eigentlich bräuchte ..
Da ich nicht ins Glotel zurück wollte, bin ich zeitig nach links abgeschwenkt und in die Zeinenmatt abgestiegen. Wer die rauhe Schönheit von Schutthängen mag, wird die Zeinenmatt lieben: Ein recht weiter Kessel mit einem kleinen See und ringsherum Schutt à discrétion. 
 
Als Fortsetzung war Gassenfurggel - Hinter Gassenstock geplant. Das sollte nur ins Auge fassen, wer sich mental auf einen Aufstieg über endlose Schutthalden eingestellt hat. Hier ist echt im Vorteil, wer es schafft, minimale Geländevorteile auszunutzen.
Auf rund 2200 m enden die Schutthalden vorerst und es beginnen plattige Bänder. Den ausgewaschenen Schrattenkalk meidet man besser und benutzt die gutgriffigen, obwohl meist steileren Gesteinsformationen. Nach der plattigen Partie sieht man den Grat zwischen Gassenfurggel und Bös Fulen. 
Noch einmal Schutt, dann eine Passage mit braunen, schrägstehenden Platten. Die man entlang eines der Risssysteme einfach begehen kann - sicher angenehmer als die völlig lose Schutthalde daneben.
Die Gassenfurggel mündet übrigens ein ganzes Stück weiter Richtung Bösbächistock. Sie wäre eigentlich der logische Zugang, doch ist sie nach ein paar Tagen Regen ein wirklich heikler Aufstieg. Und im Abstieg ist der richtige Einstieg fast nicht zu finden.
 
Knapp unter dem Grat gehts nach rechts in die Felsen zwischen dem Bös Fulen und Hinter Gassenstock. Zuerst auf den Sattel auf ca. 2550 m, dann auf oder knapp unter dem Grat auf die beiden Gipfel des Hinter Gassenstocks. Das ist gut gestufter und wenig steiler Kalk.
Die Aussicht ist nicht umwerfend. Man sieht zwar die Berge der Umgebung und ein Stück Zürichsee, doch für eine weite Sicht sind die Berge im Süden und Osten zu hoch.
 
Für den Abstieg habe ich die Route 246a, den Zugang zur Kubli-Route am Bös Fulen via Dreckloch, benutzt. Einmal mehr habe ich gestaunt, wie elegant man hier hoch- bezw. runter kommt. Für den Abstieg sind die Tritte allerdings oft eher knapp, also schon deutlich im T5-Bereich.
Ein gutes Stück unten habe ich einen - derzeit braunen - Schneehasen aufgescheucht. Das schafft man ja praktisch nie. Er muss sich echt geschreckt haben, hier einmal einen Menschen zu sehen! 
Der weitere Abstieg ist - abgesehen von der doch beträchtlichen Distanz und Höhendifferenz - unspektakulär.
 
Im Drecklochstafel habe ich mir ein Bierchen genehmigt. Neben den Älplern leben dort vier kleine Kinder, die quasi für die Besenbeiz zuständig sind und das ganz herzig machen.
 
Nein, weder Rossstock noch Hinter Gassenstock stehen in den Pendenzenlisten der Bergsteiger weit oben. Wer sich aber gern abseits der ausgelatschten Wege bewegt, findet rund um die Zeinenmatt lohnende Ziele. 
 

Tourengänger: PStraub


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»