Glärnischgruppe endlich komplett: Bösbächistock 2657 m
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Seit geraumer Zeit habe ich auf die Gelegenheit gewartet, mit der Besteigung des Bösbächistocks (2657 m) den letzten fehlenden Berg der Glärnischgruppe im HIKR beschreiben zu können.
Ohne grosse Eile von zuhause aufgebrochen: Da die Nacht kalt war, war zu erwarten, dass auf dieser Höhe das Schmelzwasser des Neuschnees gefroren ist. Darum steigt man in der fortgeschrittenen Jahreszeit besser nicht zu früh in Nordwände ein.
Also um ca. 08:00 Uhr im Plätz losgelaufen. Die (eher langweilige) Strecke Plätz - Chäseren - Zeinenmatt kenne ich mittlerweile bis zum Abwinken. Dann weiter Richtung Zeinenfurggel. Ich habe diese bisher nur von der Bächiseite her begangen, und schon da hielt ich die Markierungen für ungenügend. Hier, auf der Zeinen-Seite, ist das schlicht eine Frechheit. Alle Jubeljahre eine weiss-blaue Markierung, was soll denn das? Markierungen sind für Begeher, die das Gelände nicht kennen, die andern brauchen sie nämlich nicht.
Nun gut, irgendwann bin ich nach rechts abgebogen, um zum (vermeindlichen) Einstieg auf 2200 m zu gelangen. Hier durch eine schön gestufte Rinne hoch, so zwischen T4 und WS.
Ich war überrascht. Von meiner ersten und einzigen Begehung dieser Route (07.08.1993) war mir die erste Rinne als heikel in Erinnerung. Nun ja, man beklagt sich ja nicht ..
Dann kam ich auf die untere Stufe mit den Schuttbändern. Hier muss man gemäss Beschrieb eher rechts haltend die Wand hoch. Das ging anfänglich recht gut, aber die Wand wurde immer steiler, die Schuhe (im Verhältnis zu den Ständen) immer breiter. Irgend etwas war da faul.
Also zurück auf die Bänder. Nun ist es ja immer möglich, dass man einer Route einfach nicht mehr gewachsen ist. Aber gerade so krass?
Da kam mir die Idee, den Nordostgrat zu versuchen. Ich folgte also den recht gut begehbaren Bändern (T5) und kam zu einem Punkt, der mir irgendwie bekannt vorkam. Ich hatte vorher schlicht den falschen, aber einfacheren Einstieg erwischt.
Von hier war es kein Problem, eher rechts haltend die Stufe zu übersteigen (WS) und auf die Halde unterhalb des Gipfels zu gelangen. Die letzten 200 Meter sind ein Gemisch von Platten und Schutthalden. Da ist alles lose, selbst grösste Felsbrocken lösen sich ohne Vorwarnung. Ständig kracht was den Hang runter. Was dem Seelenfrieden wenig zuträglich ist. Wer will denn schon die ganze Zeit wissen, wie weit es da runter geht?
Immerhin, nach einiger Plackerei war der Gipfel erreicht. Die Aussicht ist ganz erstaunlich. Ein Turmfalke spielte mit dem Aufwind. Eigentlich gehörte der bei uns in die Täler und Ebenen. Aber dort lebt ja mittlerweile so gut wie nichts mehr ausser Krähen. Vor allem keine Tiere, die auf naturnahe Wiesen angewiesen sind.
Im Gipfelbuch sind seit 1996 3 Seiten vollgeschrieben: Mit meiner sind es ganze 12 Besteigungen in 15 Jahren, davon mehr als die Hälfte von immer der gleichen Gruppe. Die machen scheinbar regelmässig die Überschreitung über den Rüchigrat (Zeinenfurggel - Bösbächistock - Rüchigrat - Gassenfurggel). Das ist eine wirklich krasse Tour, sowohl von der Schwierigkeit wie auch von der Höhendifferenz her.
Im Aufstieg hatte ich mir den Einstieg in die Steilstufe mit einer Reepschnur markiert. Diese sah ich schon von weitem, aber zuerst muss man sich da runter bescheissen. Im Abstieg rutscht das Zeugs ja noch viel extremer, da war manchmal der halbe Hang unterwegs. Immerhin erreichte ich die Markierung noch recht schnell. Also geradewegs runter in die "Normalroute". Tatsächlich fand ich dort eine steile, ausgewaschene Rinne. Doch die wurde immer steiler - und irgendwann so steil, das sie nur im freien Fall zu "begehen" war. Das hatten meine Stöcke bereit getan - sollen sie dort oben auf den nächsten Begeher warten.
Ich würgte mich irgendwie wieder hoch (das war weit jenseits von ZS) und stieg zurück zu den Bändern. Denen folgte ich bis zum Felskopf, den ich vom Aufstieg in Erinnerung hatte. Dort fand ich auch den problemlosen Abstieg zur Schutthalde seitlich der Zeinenfurggel-Wegspur, den ich als Aufstieg benutzt hatte.
Beim Aufstieg verstiegen, beim Abstieg verstiegen: Eigentlich hätte ich genug "Action" gehabt für einen Tag. Aber es sollte noch "besser" kommen: Am oberen Ende der Schutthalden wollte ich ein kleines Altschneefeld queren. Kaum darauf, fiel ich auf den Arsch (die Stöcke fehlten halt). Zuerst mit den Beinen voran mit erstaunlicher Beschleunigung runter. Dann kam ein Loch im Schnee, von dem ich hoffte, es würde den Sturz aufhalten. Nichts dergleichen: Die Beine fielen rein, der Oberkörper darüber. So dass ich die Fahrt nun kopfvoran fortführte. Zu meinem Glück war darunter ein Haufen abgerutschter Neuschnee. So blieb es bei einigen Abschürfungen und einer Prellung an der Schulter. Ohne diesen Schnee dort würde ich vermutlich hier keinen Bericht schreiben ..
Bis zum Bierchen beim Chäserenwirt waren es noch rund 1000 m Abstieg, diesmal wirklich ereignislos.
Die einfachste Route ist also: Bei Höhe 2200 m durch die Rinne hoch, dann - immer leicht steigend - ca. 400 m auf den Bändern, dann eher rechts haltend durch die Wand, dann eher links haltend Richtung Grat und so zum Gipfel. Obwohl technisch nicht wirklich schwierig, verlangt die Route äusserste Konzentration und sicheres Gehen auf losem Schutt, ein ZS ist sicher angemessen.
Damit ist mit der Glärnischgruppe die achte von elf Gruppen komplett.
Es fehlt "nur" noch die südwestliche Ecke: Clariden-, Tödi- und Bifertengruppe. Ich hoffe auf die Mithilfe anderer HIKRs, damit in absehbarer Zeit für alle Gipfel aller Gruppen des 'Glarner Führers' mindestens eine Beschreibung vorliegt.
Tourengänger:
PStraub

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