Hirschwieskopf (2214 m; auch: Hirschwiese) - Gewaltmarsch um den Watzmannstock


Publiziert von gero , 12. Juni 2010 um 13:23.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Berchtesgadener Alpen
Tour Datum:11 Juni 2010
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 16:30
Aufstieg: 2305 m
Abstieg: 2305 m
Strecke:Wimbachbrücke - Wimbachgrieshütte - Trischübel - Hirschwieskopf - Sigeretplatte - St.Bartholomä - Rinnkendlsteig - Kühroint - Wimbachbrücke (34,5km)
Kartennummer:Bayer. Landesvermessungsamt UK 25-1 (Nationalpark Berchtesgaden 1:25.000)

Es ist eine meiner längsten Touren, die ich vorgestern und gestern mit Walter unternahm - und ich kann sie auch als eine der anstrengendsten und schweißtreibendsten Unternehmungen bezeichnen, die ich jemals machte.

Startpunkt ist der kostenpflichtige Parkplatz Wimbachbrücke (634 m; 24 Std. kosten 4 Euro), jedoch zwischen 19 Uhr und 7 Uhr kostenfrei). Nachdem das Wetter gut ist und es noch lange hell sein wird, wandern wir kurz nach 19 Uhr los, in das Wimbachtal hinein Richtung Wimbachgrieshütte (1327 m) und an dieser vorbei, etwa 30 Minuten weiter. Inzwischen ist es 23 Uhr und wirklich dunkel; wir entschließen uns zum Biwak. Die Nacht ist so warm, daß wir uns einfach auf den Biwaksack legen und mit dem funkelnden Sternhimmel zudecken. Es wird keine lange Nacht werden - um 3 Uhr dämmert es wieder, und wir machen uns schon kurz vor 4 Uhr auf den Weiterweg. Vor uns liegt ein langer und sehr anstrengender Tag!

Wir sind hier im allerhintersten Wimbachtal, es geht nun etwas steiler (aber immer gut markiert und beschildert) aufwärts zum Paß Trischübel (1774 m). Dort steht eine kleine Jagdhütte. An ihr vorbei, nochmals steiler, führt ein Steig durch Wiesen und Schrofen hinauf zum doppelgipfligen Hirschwieskopf (2114 m); noch vor Trischübel steht ein Wegweiser am Abzweig Richtung Hirschwieskopf. Der nördliche Gipfelpunkt trägt auch das Kreuz mit Gipfelbuch; der wenige Minuten südlich gelegene Gipfelpunkt ist wirklich eine Hirsch"wiese", während der nördliche felsigen Charakter hat.

Der Wetterbericht hatte eigentlich für heute ultimativ schönes Wetter mit bis zu 32 °C für Berchtesgaden vorausgesagt, aber davon sind wir momentan weit entfernt. Allerdings ist es ja auch grad erst einmal 6 Uhr! Ein wütender Föhnsturm zwingt uns, ein windschattiges Plätzchen aufzusuchen; der Himmel ist mit grauem Dunst verhangen, und wir haben eher Sorge vor einem baldigen Wettersturz. Trotzdem studieren wir die tolle Aussicht von diesem Gipfel, der ganz im Banne der Watzmann-Südseite, dem Tiefblick auf den Königssee und dem südlich gegenüberliegenden Steinernen Meer steht.

Der Blick in die Watzmann-Ostwand ist allerdings weniger eindrucksvoll, als ich mir das gedacht hatte. Da müßten wir noch hinüberlaufen zum Hachelkopf, dort ist der Einblick in die Wand am besten - aber in Anbetracht der Tatsache, daß dort hinüber derzeit noch größere Schneefelder zu queren sind, verzichten wir auf diese Erweiterung unseres sowieso umfangreichen Tagesprogrammes. 2-3 zusätzliche Stunden müßte man für Hin- und Rückweg einschließlich einer Gipfelrast schon einrechnen.

Der Abstieg nach Trischübel verläuft auf dem gleichen Weg wie der Aufstieg - auf steilem Steig durch die schrofige Südflanke der Hischwiese. Von Trischübel geht es ostseitig hinunter, bis wir nach rund 1 Std. zur Sigeretplatte kommen. Eine versicherte Steiganlage führt durch diesen Abbruch hindurch - unschwierig und landschaftlich großartig, aber hinunterfallen darf man hier natürlich nicht. Aus dem Bereich der Sigeretplatte kann man gut den Zickzackweg der Saugasse einsehen, der unmittelbar gegenüber hinaufleitet Richtung Funtensee, Kärlingerhaus und hinein ins Steinerne Meer.

Der weitere Abstieg Richtung Königssee passiert die Holzstube am Schrainbach, weiter unten kommen wir am Schrainbach-Wasserfall vorbei, und dann erreichen wir die Gestade des Königssee an seinem südwestlichen Ende. Nicht weit, und wir haben um 10 Uhr die Gebäude von St. Bartholomä (618 m) erreicht - diese Enklave im tiefsten Oberbayern, die nur zu Fuß oder per Boot vom Ort Königssee her zu erreichen ist. Leider sind wir noch zu früh dran, um uns die leckeren geräucherten Forellen schmecken zu lassen, die hier am Ufer des Sees mit mindestens einer Halben ganz besonders gut sind. Dann müssen wir uns halt nur mit der Halben begnügen!

Immerhin sind wir seit Abmarsch schon über 6 Std unterwegs - wie geht es weiter? Der Faulheit fröhnen und mit dem Schiff und dann mit dem Bus zurück zur Wimbachbrücke fahren - oder die Umrundung des Watzmann zu Fuß vervollständigen, indem wir uns den Rinnkendlsteig hinauf nach Kühroint plagen und von dort dann zur Wimbachbrücke absteigen?

Unser Auftrieb ist ungebrochen, und inzwischen hat sich das Wetter eindeutig zum Besten gewandelt: keine Wolke mehr am blauen Himmel!. Also los, auf gehts - hinauf nach Kühroint! Und jetzt machen wir einen folgenschweren Fehler: wir versäumen es, alle Trinkflaschen randvoll mit Wasser aufzufüllen - denn es sind ja "nur" 700 Hm den Rinnkendlsteig hinauf zur Archenkanzel und weiter hinüber nach Kühroint! Wir werden es während der nächsten 3 Stunden büßen müssen....

Kurz nach Norden am Westufer des Königssee und dann zunächst durch schattigen Bergwald führt der Steig, immer gut beschildert. Den Schatten können wir gut gebrauchen - der Rinnkendlsteig führt durch die steile Südflanke des Mooslahnerkopfes, und oberhalb der Waldgrenze sind wir der Sonne ausgesetzt wie das Hendl im Grill. Es ist absolut windstill und hat hier sicher an die 30°C, aber die gefühlte Temperatur ist noch viel höher. Der Schweiß tropft unterm Hut hervor, und wir haben kaum noch einen Blick für die Großartigkeit der Landschaft übrig: tief drunten der Königssee mit seinen Spielzeugschiffchen, gegenüber das Hagengebirge mit den spitzen Teufelshörnern und dem runden Buckel des Kahlersberges - aber wir plagen uns im Schweiße dieses Sommertages über kleine Leitern, eingebohrte Bügel und am gelegentlich vorhandenen Drahtseil hinauf und wollen endlich droben sein. Heute müßten wir eigentlich 5 Liter Trinkbares dabei haben - aber die Vorräte von 1,5 Litern sind zur Neige gegangen und müssen gut eingeteilt werden.

Er zieht sich, der Rinnkendlsteig - schließlich aber erreicht er bei der Archenkanzel (schöner Tiefblick zum Königssee) den Anschluß hinüber zur Alpe Kühroint. Noch 20 Minuten bis ins gelobte Land - sprich: einem Zapfhahn, aus dem Flüssiges perlt, wenn man dran zieht! Als wir drüben sind bei Kühroint (1420 m), sind wir fix und fertig, von der Sonne durchgebraten und tanken erst einmal 2 Liter Nicht-Alkoholisches, damit allmählich die Lebensgeister wiederkehren.

Nach längerer Pause auf Kühroint steigen wir gut beschildert und ohne weiteren Gegenanstieg (wie angenehm!) hinunter zur Wimbachbrücke. Die Umrundung des Watzmann können wir damit vollständig im Tourenbuch vermerken.

Tourengänger: gero


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Geodaten
 2602.gpx Hischwieskopf - Watzmann-Umrundung

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Kommentare (4)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 13. Juni 2010 um 09:36
Gratulation zu diesem Langzeitmarsch rund um den Watzmann und der tollen Beschreibung und den Fotos.

Beste Grüße
Hanspeter

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. Juni 2010 um 16:17
Servus Hanspeter,

danke für Dein Interesse an meinem Bericht. Das war wirklich ein recht langer Marsch mit großen Eindrücken.
Ich muß zugeben, der Muskelkater zwackt jetzt - 2 Tage später - ganz ordentlich!

Beste Grüße zurück, Georg

Felix hat gesagt: trainierst ja ganz gewaltig,
Gesendet am 14. Juni 2010 um 15:10
lieber Georg!

mögen wir dir denn noch nach? Hab ein Erbarmen ...
Doch auf jeden Fall: Hut ab vor dieser Parforce-Leistung und dem vielseitigen Bericht;

glg Felix

gero hat gesagt: RE:trainierst ja ganz gewaltig,
Gesendet am 14. Juni 2010 um 19:02
Hi Felix,

Danke für die Blumen ! Aber wenn Du speziell mich am Rinnkendlsteig gesehen hättest, dieser Malefizpfad, der überhaupt kein Ende zu nehmen schien ... da hättest mir gern ein paar Prozent Deiner unerschöpflichen Kondition abgeben können!

Mit dem letzten Hemd, wie man so sagt ... inzwischen sind aber die Lebensgeister wieder da!

LG zurück, Georg


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