Der unerreichbare Piz de Molinera (2288 m)
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Der Piz de Molinera ist der südliche Eckpfeiler des markanten und bedeutenden Gebirgszugs zwischen Calanca und Riviera, der sich vom Rheinwaldhorn bis in die Ebene der Moesa nördlich von Bellinzona erstreckt. Die Besteigung des aussichtsreichen Gipfels kann entweder in einer Gewalttour vom Talgrund aus durchgeführt werden, wobei gut 2000 Höhenmeter überwunden werden wollen, oder etwas kräfte- und gelenkschonender- unter Zuhilfenahme der Seilbahn Lumino-Monti Savorù, die einem rund 1000 Höhenmeter erspart. Dabei gilt es jedoch, die Betriebszeiten dieses privaten Bähnchens zu beachten, die eine Benutzung für Tagestouristen, die mit öV aus der Nord(-ost)schweiz anreisen, zumindest in der Zeit von September - Mai praktisch unmöglich macht.
Nachdem in den letzten Wochen kaum eine vernünftige und längerfristige Tourenplanung möglich war und ich das Wörtchen "WECHSELHAFT" im Zusammenhang mit den Wetterprognosen wirklich nicht mehr hören kann, war zumindest für die Alpensüdseite respektive das Tessin endlich Besserung in Sicht: Ab Sonntag sollte Nordföhn einsetzen, und somit war klar, wohin die Reise ging. Ab in den Süden war die Devise, leider war ich mit dieser Meinung nicht alleine, doch dazu später...
Wie oben erwähnt, ist die Besteigung des Piz de Molinera in abgemilderter Form, d.h. mit Seilbahnunterstützung, als öV-Tagestour von meinem Wohnort aus nicht zu haben. Also blieb nur der Versuch, innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters von 6 h von Claro (268 m) aus in die aussichts- und sonnenreichen Höhen oberhalb der (Kastanien-)Wälder vorzudringen, die den Bergkamm als gewaltigen und dichten Grüngürtel bis auf eine Höhe von ca. 1800 m umgeben. Die Capanna Brogoldone (1904 m) war unten mit 4 h 30 min angeschrieben, so dass schnell klar wurde, dass die Realisierung unseres Vorhabens sehr schwierig werden dürfte, zumal sich die Regionen oberhalb des Waldgürtels in strahlendem Weiss präsentierten und es nicht den Anschein machte, als handele es sich hier um Altschnee bzw. festen Trittschnee. Eine böse Vorahnung beschlich mich bereits da, wenngleich ich es nicht wahrhaben wollte und weiterhin auf Optimismus machte. Die Bedenken meiner Begleiterin, dass dies "doch alles keinen Sinn mache" und es doch "viel schöner sei, bei dem -im Vergleich zu den garstigen Bedingungen zuhause- herrlichen Wetter irgendwo am Lago zu flanieren", wurden kurzerhand mit den Argumenten ausgeräumt, dass man in den Kastanienwäldern doch viel besser vor dem empfindlich kalten Nordwind geschützt wäre und oben erst noch eine viiiel bessere Aussicht als am See geniessen könne. Und überhaupt -DAS Argument schlechthin- gäbe es doch nichts Idealeres, als nach einem faulen Samstag ein paar Kalorien zu verbrennen...
Nun zur Tour selbst:
Mit ganz kurzen Unterbrechungen stiegen wir zunächst 2 h durch dunkle Wälder, bis wir die Bergstation der Seilbahn auf dem Monti Savorù erreicht hatten. Der kalte Nordwind pfiff uns derart um die Ohren, dass ich nach ca. 1 h meine Winterhandschuhe(!) aus dem Rucksack kramte und anzog. Aussicht hatten wir praktisch keine (ausser auf herrliche Kastanienbäume und deren in Massen auf dem Boden herumliegenden Früchte) und Sonne bekamen wir auch keine ab - sehnsüchtig blickten wir jedoch immer wieder durch die Baumwipfel in den blauen Himmel und die in der Sonne glänzenden, schneebedeckten Gipfel. Bald...ja, bald würden auch wir gemütlich und zufrieden in der Sonne sitzen und die Aussicht geniessen...
Aus unerfindlichen Gründen hatten wir bereits ganz unten die Route über das Monasterio di Sta Maria verpasst, die uns etwas direkter via Maruso und die Alpe Domas zur Capanna Brogoldone hätte führen sollen. Stattdessen waren wir (auf markiertem) Bergweg in nordöstliche Richtung über die Alpsiedlung Parusciana (1229 m) zum Monti Savorù (1328 m) gestiegen, um von dort dem zur Capanna Brogoldone hinaufziehenden Kamm zu folgen.
Angesichts der weit vorangeschrittenen Zeit vereinbarten wir dann auf einer Höhe von ca. 1400 m, dass ich noch eine Stunde alleine aufsteige, während meine Begleiterin am Monti Savorù (dort hatte es immerhin eine Lichtung mit Aussicht!) auf mich warten wollte. Ich wählte den steileren Gratweg, dessen Begehung jedoch ab einer Höhe von ca. 1700 m (hier schwenkt der markierte Pfad nach links = Westen weg) durch Altschnee und Sturmholz zunehmend mühsam wurde. Aus diesem Grund entschied ich an dieser Stelle, einfach weiter dem Südgrat bzw. -sporn in direkter, steiler Linie zu folgen (T4-T5, je nach Routenwahl). Der Sporn war zwar komplett schneefrei, jedoch durch teilweise dichtes Gehölz und einzelne Felsstufen recht wild. Nach steilen und botanischen 150 Hm hatte ich endlich den Wald hinter bzw. unter mir gelassen und blickte direkt auf den hinter der Capanna Brogoldone aufragenden Gipfel des Piz de Molinera. Zwei Einheimische, die ich wenige Minuten später überraschend an der (geschlossenen) Capanna Brogoldone traf, machten mir -wie bereits zuvor 2 Tessiner Wanderer, die mir auf dem Gratweg begegnet waren- wenig Mut, dass eine Besteigung bei den vorherrschenden Verhältnissen gelingen würde. Ein Blick auf die Uhr verriet mir zudem, dass ich für Auf- und Abstieg von der Capanna Brogoldone gerade mal 30 min zur Verfügung hatte. In der unberührten Schneeflanke waren keinerlei Spuren zu erkennen, der Gipfel hatte wohl seit den letzten Neuschneefällen keinen Menschen mehr gesehen.
Ohne Gepäck startete ich dennoch einen Versuch, in einem leichten Linksbogen den Gipfelgrat zu erreichen und so zum höchsten Punkt zu gelangen. Anfangs konnte ich noch ein paar schneefreie Flecken ausnutzen, bald sank ich jedoch bei nahezu jedem Schritt bis weit über die Knie in den tiefen Nassschnee ein, darunter lauerten ein paar spitze Felsen, was auch nicht unbedingt zur Erheiterung beitrug. Auf einer Höhe von ca. 2075 m musste ich dann endgültig die Sinnlosigkeit meines Unterfangens einsehen und kehrte -nach 1800 Hm mehr oder weniger eintönigem Aufstieg und nur 200 Hm unterhalb des Gipfels schweren Herzens um. In meiner grenzenlosen Naivität hatte ich nicht einmal Gamaschen eingepackt, hatte ich mir doch nicht vorstellen können, Mitte Mai in solch südlichen Gefilden derart im Schnee zu versinken!
Nach zügigem Abstieg erreichte ich 1 h später wieder die Bergstation der Seilbahn am Monti Savorù. Da die nächste (offizielle) Talfahrt erst wieder um 17.00 Uhr stattfinden sollte, begannen wir mit dem Abstieg nach Lumino (267 m). Wir staunten nicht schlecht, als wir wenige Minuten, nachdem wir losgelaufen waren, die kleine gelbe Kabine der Seilbahn über unsere Köpfe schweben sahen! Offenbar hatten Bewohner einer der zahlreichen Steinhäuser (Ferienhäuser?) am Monti Savorù die Bahn angefordert und -mit einem entsprechenden Schlüssel ausgestattet- in Betrieb genommen. Uns blieb hingegen nur, zähneknirschend den alles andere als erbaulichen Abstieg über abermals steile Pfade bis hinunter nach Lumino fortzusetzen. Die herrliche Aussicht auf Kastanien und Buchen hatte ich ja bereits zu Beginn erwähnt... ;-)
Die härteste Prüfung stand uns aber noch bevor: Nachdem wir mit dem Postauto nach Bellinzona gefahren waren und dort noch einen Cappuccino (endlich!) auf der Plazza Stazione genossen hatten, quetschten wir uns in den übervollen Intercity, in dem wir im Veloabteil auf dem Boden kauernd bis zum Umsteigebahnhof Arth-Goldau ausharren mussten. Wesentlich länger hätten wir es wohl auch nicht ausgehalten - die Luft war zum Schneiden und das durch die Neigetechnik bedingte ständige Schwanken verursachte wohl nicht nur bei mir eine allgemeine Übelkeit...
Fazit: Die Flucht aus dem seit Wochen andauernden wechselhaften Wetter ins sonnige Tessin sorgte nicht für rundum glückliche Gesichter, wenngleich zumindest bei mir die Bilanz doch positiv ausfällt. Viele Eindrücke gewonnen, die rauhe und wilde Landschaft im Tessin mit seinen gewaltigen Wäldern und den schönen alten Steinhäusern genossen, von Sonne und Aussicht -wenigstens oberhalb der Baumgrenze- ganz zu schweigen. Und DIE hätte man in den Nordalpen an diesem Tag garantiert nicht gehabt. Und das Problem der überfüllten Züge war ja von vornherein abzusehen am Rückreisetag eines verlängerten Wochenendes mit Wetter/Temperaturgefälle zugunsten der Alpensüdseite - also darf man hinterher auch nicht jammern...
Nachdem in den letzten Wochen kaum eine vernünftige und längerfristige Tourenplanung möglich war und ich das Wörtchen "WECHSELHAFT" im Zusammenhang mit den Wetterprognosen wirklich nicht mehr hören kann, war zumindest für die Alpensüdseite respektive das Tessin endlich Besserung in Sicht: Ab Sonntag sollte Nordföhn einsetzen, und somit war klar, wohin die Reise ging. Ab in den Süden war die Devise, leider war ich mit dieser Meinung nicht alleine, doch dazu später...
Wie oben erwähnt, ist die Besteigung des Piz de Molinera in abgemilderter Form, d.h. mit Seilbahnunterstützung, als öV-Tagestour von meinem Wohnort aus nicht zu haben. Also blieb nur der Versuch, innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters von 6 h von Claro (268 m) aus in die aussichts- und sonnenreichen Höhen oberhalb der (Kastanien-)Wälder vorzudringen, die den Bergkamm als gewaltigen und dichten Grüngürtel bis auf eine Höhe von ca. 1800 m umgeben. Die Capanna Brogoldone (1904 m) war unten mit 4 h 30 min angeschrieben, so dass schnell klar wurde, dass die Realisierung unseres Vorhabens sehr schwierig werden dürfte, zumal sich die Regionen oberhalb des Waldgürtels in strahlendem Weiss präsentierten und es nicht den Anschein machte, als handele es sich hier um Altschnee bzw. festen Trittschnee. Eine böse Vorahnung beschlich mich bereits da, wenngleich ich es nicht wahrhaben wollte und weiterhin auf Optimismus machte. Die Bedenken meiner Begleiterin, dass dies "doch alles keinen Sinn mache" und es doch "viel schöner sei, bei dem -im Vergleich zu den garstigen Bedingungen zuhause- herrlichen Wetter irgendwo am Lago zu flanieren", wurden kurzerhand mit den Argumenten ausgeräumt, dass man in den Kastanienwäldern doch viel besser vor dem empfindlich kalten Nordwind geschützt wäre und oben erst noch eine viiiel bessere Aussicht als am See geniessen könne. Und überhaupt -DAS Argument schlechthin- gäbe es doch nichts Idealeres, als nach einem faulen Samstag ein paar Kalorien zu verbrennen...
Nun zur Tour selbst:
Mit ganz kurzen Unterbrechungen stiegen wir zunächst 2 h durch dunkle Wälder, bis wir die Bergstation der Seilbahn auf dem Monti Savorù erreicht hatten. Der kalte Nordwind pfiff uns derart um die Ohren, dass ich nach ca. 1 h meine Winterhandschuhe(!) aus dem Rucksack kramte und anzog. Aussicht hatten wir praktisch keine (ausser auf herrliche Kastanienbäume und deren in Massen auf dem Boden herumliegenden Früchte) und Sonne bekamen wir auch keine ab - sehnsüchtig blickten wir jedoch immer wieder durch die Baumwipfel in den blauen Himmel und die in der Sonne glänzenden, schneebedeckten Gipfel. Bald...ja, bald würden auch wir gemütlich und zufrieden in der Sonne sitzen und die Aussicht geniessen...
Aus unerfindlichen Gründen hatten wir bereits ganz unten die Route über das Monasterio di Sta Maria verpasst, die uns etwas direkter via Maruso und die Alpe Domas zur Capanna Brogoldone hätte führen sollen. Stattdessen waren wir (auf markiertem) Bergweg in nordöstliche Richtung über die Alpsiedlung Parusciana (1229 m) zum Monti Savorù (1328 m) gestiegen, um von dort dem zur Capanna Brogoldone hinaufziehenden Kamm zu folgen.
Angesichts der weit vorangeschrittenen Zeit vereinbarten wir dann auf einer Höhe von ca. 1400 m, dass ich noch eine Stunde alleine aufsteige, während meine Begleiterin am Monti Savorù (dort hatte es immerhin eine Lichtung mit Aussicht!) auf mich warten wollte. Ich wählte den steileren Gratweg, dessen Begehung jedoch ab einer Höhe von ca. 1700 m (hier schwenkt der markierte Pfad nach links = Westen weg) durch Altschnee und Sturmholz zunehmend mühsam wurde. Aus diesem Grund entschied ich an dieser Stelle, einfach weiter dem Südgrat bzw. -sporn in direkter, steiler Linie zu folgen (T4-T5, je nach Routenwahl). Der Sporn war zwar komplett schneefrei, jedoch durch teilweise dichtes Gehölz und einzelne Felsstufen recht wild. Nach steilen und botanischen 150 Hm hatte ich endlich den Wald hinter bzw. unter mir gelassen und blickte direkt auf den hinter der Capanna Brogoldone aufragenden Gipfel des Piz de Molinera. Zwei Einheimische, die ich wenige Minuten später überraschend an der (geschlossenen) Capanna Brogoldone traf, machten mir -wie bereits zuvor 2 Tessiner Wanderer, die mir auf dem Gratweg begegnet waren- wenig Mut, dass eine Besteigung bei den vorherrschenden Verhältnissen gelingen würde. Ein Blick auf die Uhr verriet mir zudem, dass ich für Auf- und Abstieg von der Capanna Brogoldone gerade mal 30 min zur Verfügung hatte. In der unberührten Schneeflanke waren keinerlei Spuren zu erkennen, der Gipfel hatte wohl seit den letzten Neuschneefällen keinen Menschen mehr gesehen.
Ohne Gepäck startete ich dennoch einen Versuch, in einem leichten Linksbogen den Gipfelgrat zu erreichen und so zum höchsten Punkt zu gelangen. Anfangs konnte ich noch ein paar schneefreie Flecken ausnutzen, bald sank ich jedoch bei nahezu jedem Schritt bis weit über die Knie in den tiefen Nassschnee ein, darunter lauerten ein paar spitze Felsen, was auch nicht unbedingt zur Erheiterung beitrug. Auf einer Höhe von ca. 2075 m musste ich dann endgültig die Sinnlosigkeit meines Unterfangens einsehen und kehrte -nach 1800 Hm mehr oder weniger eintönigem Aufstieg und nur 200 Hm unterhalb des Gipfels schweren Herzens um. In meiner grenzenlosen Naivität hatte ich nicht einmal Gamaschen eingepackt, hatte ich mir doch nicht vorstellen können, Mitte Mai in solch südlichen Gefilden derart im Schnee zu versinken!
Nach zügigem Abstieg erreichte ich 1 h später wieder die Bergstation der Seilbahn am Monti Savorù. Da die nächste (offizielle) Talfahrt erst wieder um 17.00 Uhr stattfinden sollte, begannen wir mit dem Abstieg nach Lumino (267 m). Wir staunten nicht schlecht, als wir wenige Minuten, nachdem wir losgelaufen waren, die kleine gelbe Kabine der Seilbahn über unsere Köpfe schweben sahen! Offenbar hatten Bewohner einer der zahlreichen Steinhäuser (Ferienhäuser?) am Monti Savorù die Bahn angefordert und -mit einem entsprechenden Schlüssel ausgestattet- in Betrieb genommen. Uns blieb hingegen nur, zähneknirschend den alles andere als erbaulichen Abstieg über abermals steile Pfade bis hinunter nach Lumino fortzusetzen. Die herrliche Aussicht auf Kastanien und Buchen hatte ich ja bereits zu Beginn erwähnt... ;-)
Die härteste Prüfung stand uns aber noch bevor: Nachdem wir mit dem Postauto nach Bellinzona gefahren waren und dort noch einen Cappuccino (endlich!) auf der Plazza Stazione genossen hatten, quetschten wir uns in den übervollen Intercity, in dem wir im Veloabteil auf dem Boden kauernd bis zum Umsteigebahnhof Arth-Goldau ausharren mussten. Wesentlich länger hätten wir es wohl auch nicht ausgehalten - die Luft war zum Schneiden und das durch die Neigetechnik bedingte ständige Schwanken verursachte wohl nicht nur bei mir eine allgemeine Übelkeit...
Fazit: Die Flucht aus dem seit Wochen andauernden wechselhaften Wetter ins sonnige Tessin sorgte nicht für rundum glückliche Gesichter, wenngleich zumindest bei mir die Bilanz doch positiv ausfällt. Viele Eindrücke gewonnen, die rauhe und wilde Landschaft im Tessin mit seinen gewaltigen Wäldern und den schönen alten Steinhäusern genossen, von Sonne und Aussicht -wenigstens oberhalb der Baumgrenze- ganz zu schweigen. Und DIE hätte man in den Nordalpen an diesem Tag garantiert nicht gehabt. Und das Problem der überfüllten Züge war ja von vornherein abzusehen am Rückreisetag eines verlängerten Wochenendes mit Wetter/Temperaturgefälle zugunsten der Alpensüdseite - also darf man hinterher auch nicht jammern...
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