5-tägige Biwaktour: Ferden - Lenk --> Unter anderem 10 3000er


Publiziert von Bambula , 17. Januar 2010 um 19:47.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 7 September 2008
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   CH-BE 
Zeitbedarf: 5 Tage
Strecke:Tag 1: Ferden – P.1570 – Eistli – Trochni Stäge – Kummenalp – Chastelli -------------------- Tag 2: Chastelli – Unders Färda – Zem Tritt – Obers Färda – Ferdenpass – Ferdenrothorn – Ferdenpass – Chastelli – P.2387 – Stierstutz – Lötschepass – Hockenhorn – Kleinhockenhorn – Lötschepass – Balme – Gfelalp – Gastere – Staldi – Gastereholz -------------------- Tag 3: Gastereholz – Gurnigel – Stierenbergli – Schwarenbach – P.2088 – P.2221 – Chli Rinderhorn – P.2221 – Schwarenbach -------------------- Tag 4: Schwarenbach – Schwarzgrätli – Walliswang – P.2625 – Felsenhorn – Rote Chummesattel – Tälligletscher – Roter Totz – Rote Totz Lücke – Tälligletscher – P.2997 – Steghorn – Lämmerenhorn – Leiterli – Lämmerenhütte – P.2449 – P.2947 – Schwarzhorn – P.2995 – Rothorn – Schneejoch -------------------- Tag 5: Schneejoch – Schneehorn – Schneehornpass – Klein Schneehorn – Lämmerenjoch –Wildstrubel – Flueseeli – Rezlibergli – Bim höhe Hus (= Simmenfälle, Lenk)
Kartennummer:1267, 1268

Im Sommer 2008 habe ich im Alleingang eine grossartige und lange Tour von Ferden bis nach Lenk durchführen können. Während 5 Tagen konnte ich 14 Gipfel besteigen, wovon 10 über 3000 Meter hoch sind. Die Tour war landschaftlich sehr schön, wozu auch die Sonnenauf- und Untergänge beitrugen, die das Biwakieren mit sich bringt. Anspruchsvoll war die Tour vor allem in konditioneller Hinsicht. Aus alpinistischer Sicht stechen 2 Gipfel heraus: Das Kleinhockenhorn und das Chli Rinderhorn, die, wenn ich mich nicht täusche, auf hikr noch keinen Eintrag haben. An beiden Gipfeln laufen unzählige Wanderer und Bergsteiger vorbei ohne sie jemals zu besteigen. 

Tag 1: Chastelli (T4)

Am Sonntag Abend bei wechselhaftem Wetter mit dem Zug um 17.10 Uhr nach Ferden. Als ich dort um 20.15 Uhr ankam und loslief, war es schon weitgehend trocken aber auch bereits dunkel. Es war ein ungewohntes Gefühl eine Tour am Abend und in der Dunkelheit zu beginnen.

Auf angenehmem Weg, der bei Nacht problemlos zu finden war, gelangte ich via Eistli, Trochni Stäge und Kummenalp zum Chastelli. Nördlich von diesem kleinen Gipfel vermutete ich aufgrund der Karte einen möglichen Biwakplatz. Als ich näher kam realisierte ich, dass dort der Lärm des Flusses störend sein könnte und auch einige Kühe die dort weideten stimmten mich nicht gerade optimistisch. Vor Ort sah ich, dass man von Norden her ohne Schwierigkeiten auf den Gipfel des Chastelli gelangt, wo ich einen guten Biwakplatz fand. Das Rauschen des Flusses war kaum mehr hörbar, Felsen boten einen guten Schutz gegen den Wind, Kühe konnten dort aufgrund des teilweise felsigen Geländes nicht hoch und weiter war im Gras eine bequeme Mulde, die wie ein vorgefertigtes Bett wirkte. So hatte ich einen tollen Ausgangspunkt erreicht um am nächsten Morgen auf eine grosse Tagesetappe starten zu können.

 
Tag 2: Ferdenrothorn (T4), Hockenhorn (T4), Klein Hockenhorn (ZS)

An diesem Morgen klingelte der Wecker um 05.00 Uhr. Nur mit dem Nötigsten im Rucksack startete ich Richtung Ferdenrothorn. Das restliche Gepäck liess ich beim Biwakplatz. Mit der Stirnlampe ging ich über Zem Tritt gemütliche dem Ferdenpass entgegen. Am Anfang gibt es noch einen guten Weg, der sich aber mehr und mehr verliert. Kurz vor dem Pass bog ich nach Norden ab und gelangte so etwas früher auf den Grat. Dort wurde es langsam hell. Nun ohne Schwierigkeiten über den breiten Grat aus Geröll und einigen wenigen Schneefeldern, die jedoch nicht betreten mussten, auf den 3136 Meter hohen Vorgipfel. Zusammen mit dem Sonnenaufgang war dieser Aufstieg landschaftlich sehr schön. Die Walliser 4000er, allen voran das Weisshorn, leuchteten im rötlichen Glanz der aufgehenden Sonne. Dann ging es in einfacher Kraxelei (max. T4, die Hände werden kaum gebraucht) und nur wenig ausgesetzt auf den Gipfel, wo auch mich die ersten Sonnenstrahlen erreichten und wärmten. Für den Aufstieg benötigte ich wenig mehr als 2 Stunden. Dann konnte ich die tolle Morgenstimmung und die totale Ruhe auf diesem eher selten begangenen Gipfel geniessen.
 

Beim Abstieg verliess ich bei P.3055 den Grat nach Süden und ging unterhalb des Grates parallel zu diesem weiter, bis ich schliesslich auf den Weg absteigen konnte. Mit dieser Abstiegsvariante hatte ich nur wenig Zeit gespart. Auf dem Rückweg zum Chastelli schien es mir, dass ein wesentlich direkterer Abstieg vom Gipfel möglich wäre, der von oben jedoch schwierig zu finden ist.


Zurück beim Chastelli machte ich eine kurze Pause. Um 10.50 Uhr startete ich zum Aufstieg auf den Lötschepass. Der Rucksack war nun wieder merklich schwerer. Das Vollgewicht, inklusive 3.5 Liter Getränke, betrug ca. 17 Kilo. Dass der Rucksack nicht noch deutlich schwerer war verdanke ich meinem guten und leichten Material.

 

Zuerst steil und weglos, westlich des Baches zu P.2387 hoch. Dann dem nördlichen Flüsschen gefolgt, bis ich auf den markierten Weg zum Lötschepass traff. Aufgrund der Flüsschen und der weglosen und versteckten Tälchen recht urtümlich anmutende Landschaft. Über den Weg deutlich weniger anstrengend auf den Lötschepass hoch. Es gibt dort viele kleine Seen und die Aussicht ist atemberaubend. Es gibt wohl nicht viele Pässe in der Schweiz die mit diesem Panorama mithalten können. Der Blick bleibt zuerst am Bietschhorn hängen, bevor der Rest der Berner Alpen und die etwas weiter entfernten Walliser 4000er auf sich aufmerksam machen. Auf der anderen Seite ist die ungewohnte, felsige Ansicht des Blüemlisalpmassivs und des Doldenhorns zu bewundern und nicht zu vergessen das mächtige Balmhorn, das direkt hinter der Hütte aufragt und mit dem Gitzigrat einen klassischen Anstieg zur Schau stellt. Da meine Nahrung für die 4-5 Tage sehr knapp bemessen war, gönnte ich mir in der Lötschepasshütte eine gute Rösti zum Mittagessen.
 

Dann in Richtung der Hockenhörner gestartet. Kurz nach der Hütte wieder ein Materialdepot angelegt und über interessant gefärbte Felsen dem Gipfel entgegen. Der Schlussaufstieg aufs Hockenhorn ist recht steil aber einfach zu begehen. Nur selten kommen die Hände zum Einsatz und ausgesetzt ist der Aufstieg nirgends. An einem windstillen Plätzchen auf dem Gipfel die Top-Aussicht genossen. Auch der Tiefblick auf das schöne Gasteretal ist eindrücklich.
 

Dann Abstieg auf dem gleichen Weg bis zum Kleinhockenhorn. Dort das Firnfeld an seinem oberen Rand bis zum Südwestgrat gequert. Den ich bei einer kleinen Scharte betreten konnte. Einen abweisenden Turm umgeht man ohne Schwierigkeiten auf der Südseite nur wenige Meter unterhalb der Gratkante. Nachdem man den Grat wieder erreicht beginnt die eigentliche Kletterei. 
 

Der Einstieg ist bei einem kleinen Riss an der Kante und gut zu finden. Die ersten 3 Meter folgen diesem Riss auf ein Bödeli unter einen kleinen Überhang (III). Dann 4 Meter nach rechts (leicht aber brüchig und ausgesetzt). Dann kurze aber heikle Stufe, ca. 2 Meter gerade hoch (III). Diese Stelle ist beim Abklettern klar die Schlüsselstelle und ziemlich heikel. Dann 20-30 Meter gestuft (I) hoch, 5 Meter (II) weiter auf ein kleines Türmchen, von dem abgeklettert werden muss (könnte ev. auch nördlich umgangen werden). Dann 4 Meter steil (III) gerade hoch und dort nicht weiter dem steilen Grat folgen, sondern auf kleinen Simsen nach links queren (II-III), wo man ein gutmütiges Couloir erreicht. Dieses wird an seinem Ende nach links (wenige Schritte II) verlassen und man gelangt in eine Scharte zwischen Gipfel (links) und dem Turm, welchen man mit der vorherigen Querung vermieden hat. Von dort in gut gestuftem Fels (II) dem Grat entlang zum Gipfel. Die Bewertung der Tour ist ZS. Sehr schöne Klettertour in mehrheitlich gutem Fels und recht einleuchtendem Routenverlauf. Ich traf auf ein Gipfelbuch, das 1972 dort deponiert wurde und noch lange nicht voll ist. Der Gipfel scheint wirklich selten besucht zu werden, was ihn umso attraktiver macht. Der Abstieg auf dem gleichen Weg erfordert viel Konzentration und sicheres Abklettern.
 

Zurück beim Lötschepass und nach einem leckeren Früchtekuchen habe ich den langen Abstieg ins Gasteretal via Balme und Gfelalp um 16.30 in Angriff genommen. Der Lötschegletscher ist fast durchgehend mit feinem Schutt zugedeckt und es hat viele Markierungsstangen, die ein problemloses Passieren des Gletschers ermöglichen. Super Ausblicke ins hintere Gasteretal. Der Abstieg kam mir monoton vor. Vielleicht ist der alte Römerweg lohnender und ev. auch schneller. Dann durch das wunderbare, wilde Gasteretal hinab bis Gastereholz ohne einer Menschenseele zu begegnen (bereits ca. 19.00 Uhr). Sehr eindrücklich, das viele Wasser und die geheimnisvoll überfluteten Waldgebiete. Dann am nördlichen Ende der Lichtung, die sich südlich von Waldhaus befindet, mein Biwak ca. um 21.00 Uhr (also bereits wieder bei totaler Dunkelheit) aufgeschlagen. Ein grandioser und langer (15.5h) Tag!

 
Tag 3: Chli Rinderhorn (T6)

Am nächsten Morgen wieder um 5.30 los und über den schönen Weg, dem Schwarzbach entlang, über Stierenberg nach Schwarenbach. Weiter via P.2088 Richtung Daubensee und etwas vorher bei einer schwachen Wegspur (deutlich vor jener, die zum Rindersattel führt) links abgebogen und wieder ein Materialdepot gemacht.
 
 
Von dort bin ich auf das Chli Rinderhorn gestiegen, einer jener Schweizer Berge, die trotz einfachem Zugang kaum je bestiegen werden. Zu dominant ist die Konkurrenz und zu brüchig und geröllig der Aufstieg, der viel Einsatz und volle Konzentration erfordert.
 

Zuerst das steile und mühsame Geröllfeld hoch zu der unübersehbaren Stelle, wo das Geröllfeld das erste Felsband unterbricht und man es dadurch links haltend überwinden kann. Auf einer kleinen Geröllschulter unmittelbar nach dem ersten Felsband habe ich einen Steinmann gebaut, der von oben und unten gut sichtbar ist und so vor allem im Abstieg (von oben kommend ist das Gelände unübersichtlicher) den Weg weist. Weiter hoch, leicht rechts haltend zur zweiten Felsstufe, welche durch ein kurzes Couloir (II) links haltend überwunden wird. Das Erreichen der zweiten Felsstufe ist eigentlich schwieriger als die Stufe selbst. Das Gelände ist durchgehend etwa 40° steil und eine Mischung aus sehr bewegungsfreudigem Geröll und Felsplatten, die eine heikle Unterlage für dieses ganze Kugellager bilden. Im gleichen Stil geht es weiter zur dritten Felsstufe. Diese habe ich über ein steiles und langes (ca. 80m) Felscouloir erstiegen, das man von unten kommend erahnt aber nicht sieht, da es sich rechts hinter einer markanten Felskante befindet. Das Couloir verlangt nicht zu unterschätzende Kraxelei bis III. Am Schluss kann man auf einem abschüssigen Band nach links auf den Geröllrücken hinausqueren. Dieser Teil des Aufstiegs war sehr interessant. Beim Einstieg in das Couloir konnte man den Ausstieg nach links erahnen aber eine Gewissheit gab es nicht. Mein Instinkt hatte mich zum Glück nicht im Stich gelassen. Wenn man alleine in den Bergen unterwegs ist, finde ich genau das die spannendsten Situationen. Man ist auf sich alleine gestellt und es gibt keine Möglichkeit die Entscheidung abzugeben. Vielleicht wäre die Überwindung der dritten Stufe weiter links (wie es im Führer wahrscheinlich gemeint ist) leichter. Nach dieser dritten Stufe weiterhin mühsam und anstrengend hoch bis man den Grat erreicht. Über diesen dann angenehmer und auch leichter auf den Gipfel. Obwohl dieser Gipfel keineswegs abgelegen ist, ist er dennoch einer der einsamsten und man fühlt sich dort oben ziemlich entrückt von der Zivilisation.
 

Nach einer körperlich aber nicht mental erholsamen Rast (denn der Abstieg stand mir ja noch bevor und sorgte für Anspannung), wollte ich über den Südostgrat (WS) in den Rindersattel absteigen um den mühevollen Aufstieg, der im Abstieg auch nicht leichter werden würde, zu vermeiden. Nach 50 Metern hatte ich bereits einige gefährliche Türme überklettert oder umgangen. Die Türme waren so instabil, dass die Beschreibung mit brüchig viel zu euphemistisch wäre und schwankend wohl eher zutrifft. Der Grat ist manchmal nur 30 Zentimeter breit und dazu kommt, dass losgelöste Steine fast direkt auf dem 500 Meter tiefer gelegenen Schwarzgletscher landen. Ich erreichte einen leichteren Abschnitt, doch meine Hoffnungen das Schlimmste überwunden zu haben, wurden jäh enttäuscht. Der weitere Verlauf des Grates schien derart ausgesetzt und gefährlich, dass ich kaum eine Sekunde benötigte um mich zur Umkehr zu Entscheiden. Eigentlich war es gar kein Entscheid, sondern schon fast ein Fluchtreflex. Also zurück auf den Gipfel, zum Teil auf der schmalen Gratschneide sitzend, wobei ich es nicht verhindern konnte, dass sich Steine lösten und krachend in die Tiefe verschwanden. Nun gab es keine andere Möglichkeit als den mühseligen und heiklen Aufstiegsweg wieder abzusteigen. Langsam und mit höchster Konzentration ging der Abstieg aber sehr gut und als ich von oben kommend, schon von weitem meinen erbauten Steinmann erblickte, wusste ich mich auf dem richtigen Weg.
 

Zurück beim Depot machte ich eine ausgiebige Pause und ging danach zurück zum Schwarenbach. Weil es zu regnen begann, entschied ich mich auch gleich dort zu übernachten und nicht wie geplant in der Nähe des Schwarzgrätli zu biwakieren. An diesem Tag war ich 11.5 Stunden unterwegs.

 
 
Tag 4: Felsenhorn (T5), Rote Totz (T4), Steghorn (WS), Lämmerenhorn (T4), Schwarzhorn (T4), Rothorn (T6)
 

Das ausgiebige Morgenessen und das gemütliche Bett gaben mir Energie für die 2. Hälfte der Tour. Um 5.45 Uhr losgelaufen und hoch zum Schwarzgrätli. Während der Querung der Walliswang begann es zu regnen. Ich suchte Unterschlupf in einer der vielen Höhlen und nach einer halben Stunde konnte es weitergehen. Via Tälli und ungefähr bei P.2625 vorbei über Geröll und leichte Felsen auf den Nordgrat des Felsenhorns (markanter Steinmann an der Stelle, wo man den Grat betritt). Dort folgt zuerst eine kurze aber schöne Kletterpassage (II) in gutem Fels, dann erscheint der plattige Schlussgrat. In dessen Westflanke quert man bis zu einer markanten Rinne, durch die man angenehm (Kletterei bis II) wieder den Grat erreicht. Dann folgt die Schlüsselstelle: Ein kurzes (ca. 3m), senkrechtes Wändchen wird etwas ausgesetzt erklettert. Die Schwierigkeit liegt ungefähr im 3. Grad und der Fels ist wunderbar fest. Ein Leckerbissen, vor allem im Vergleich zum Fels des vorigen Tages am Chli Rinderhorn. Nach dieser Stelle ohne Schwierigkeiten auf den flachen und breiten Gipfel.
 

Weiter über Geröll und unübersichtliche Felsplatten in die Lücke oberhalb der roten Chumme und gleich weiter hinab auf den Tälligletscher. Den Gletscher konnte ich ohne Steigeisen problemlos überqueren, da er nicht steil ist und das Eis häufig mit Schutt bedeckt war, der Halt gab. Weiter über leichte Felsen auf den Grat nahe des Gipfels vom Rote Totz. Von dort in leichter, sehr genussvoller Kraxelei auf den Roten Totz. Schöner Gipfel, tatsächlich ein Totz. Zurück auf den Grat und an einer flachen und windgeschützten Stelle das Mittagessen gekocht.
 

Nach dieser Stärkung nördlich des E-Grates des Steghorns nach Westen gequert. Mühsame Schuttfelder mit teilweise rutschiger Eisunterlage. Nach erreichen einer kleinen Schulter die Steigeisen angezogen und über das, zwar kleiner gewordene aber immer noch markante, Firnfeld (Stellen bis 35-40°) hochgestiegen. Mit den Steigeisen gleich weiter über einige Felsen (II) auf den Grat. Während der ganzen Tour hatte ich somit Pickel und Steigeisen nur für dieses eine Firnfeld mitgeführt. Doch weil dadurch die Überschreitung des Steghorns möglich wurde, hat es sich gelohnt. Über den bequemen Grat gelangt man zu einem Felsaufschwung, der ohne Probleme rechts umgangen werden kann. Vor den massiven Felswänden dann links in die geröllige Südflanke und diese queren (z.t. marginale Fussspuren) bis das erste offensichtliche Couloir die Überwindung der Felsen ermöglicht. Während dieser Querung wurde ich von Wind, Regen und Hagel überrascht. Ich stieg zur Felswand hoch, wo ich ein kleines ebenes Felsband unter leicht überhängenden Felsen fand. In diesem kleinen Unterschlupf verkroch ich mich in den Biwaksack und verharrte dort eine halbe Stunde. Dann kam auch schon wieder die Sonne. Weil es mehr gehagelt als geregnet hatte und jetzt eine enorm starker Wind wehte, waren die Felsen schon wieder trocken als ich nach etwa 10 Minuten das Couloir erreichte. Das Couloir (II) ist gut zu erklettern, nur der grosse Klemmblock beim Ausstieg erfordert etwas Einsatz. Dann ging es weiter über Schutt und Fels zu einem kleinen Firnfeld, und danach zum Gipfel, wo der Wind tobte. Mit den ganzen Witterungsbedingungen, dem kurzen Steigeiseneinsatz und dem interessanten Routenverlauf, wurde dieser Aufstieg zu einem der schönsten während der Tour.
 

Nach kurzer Rast über Schutt und Platten nach Südwesten immer dem Steghorngletscher entlang und dann über die Nordwest-Flanke noch aufs Lämmerenhorn (Geröll und leichte Platten). Danach zurück in den Sattel und über Geröll zum "Leiterli". Es ist ein überraschender Abstieg durch die mächtige Felsflucht oberhalb des Lämmerentäli. Der Abstieg ist ca. T4 etwas exponiert, steil und erfordert im Abstieg Vorsicht, ist aber bei Trockenheit auch dank der vorhandenen Ketten gut zu meistern. Weiter durch das verträumte Lämmerentäli zur Lämmerenhütte.
 

Dort habe ich mich mit einem Sandwich gestärkt und mir von einem freundlichen Hüttenmitarbeiter den Weg aufs Schwarzhorn erklären lassen. Dass ich allerdings nach meinem Zvieri den Aufstieg beginnen würde und nicht am nächsten Tag überraschte ihn ein Bisschen. Bei der Hütte bin ich um 16.30 Uhr losgelaufen. Der Aufstieg ist rot-weiss markiert, blau-weiss wäre aber angebracht. Von der Hütte hinunter in die Mulde bei P.2449, dann südöstlich den Geröllhang hoch und weiter über einige Felsbänder (z.t. mit Fixseilen) zur senkrechten und ca. 25m hohen Felsstufe, die mit Hilfe von mächtigen Eisenkonstruktionen (Leitern und Brücken) überwunden wird. Wenig später gelangt man auf den Grat und einfach via P.2947 zum Gipfel hoch. Dieser Aufstieg zum Schwarzhorn ist dank der guten Markierung nicht zu verfehlen und eigentlich recht lohnend. Starker Wind und super Abendstimmung auf dem Gipfel. Ich habe mir noch kurz den Ostgrat des Schwarzhorns angeschaut, der es als Teil einer Überschreitung ins Buch „Berner Oberland, Die 100 schönsten Touren“ geschafft hat. Die Felsqualität schien mir aber so miserabel, dass ich mich wahrscheinlich sogar in Alpträumen weigern würde dort einzusteigen. Respekt, dass es Leute gibt (früher mehr als heute), die in diesem Gelände klar kommen.
 

Anschliessend über den Geröllrücken runter in den Sattel P.3005. Der direkte Weiterweg auf dem Grat würde wiederum Kletterei in brüchigem Gelände verlangen. Der Gipfel vor dem Rothorn nennt sich, wie mir in der Hütte erklärt wurde, Antennenhorn. So bin ich diese beiden Gipfel südlich umgangen. Dabei habe ich die immer steiler werdenden Geröllhalden traversiert. Bin dann schon recht früh zum Grat hochgestiegen, den ich deutlich östlich von P.2995 erreichte. Dieser Aufstieg hatte es in sich. Durchwegs 40-45° steiles, äusserst brüchiges Schroffengelände durchsetzt mit haltlosem schiefrigem Geröll. Recht instinktiv fand ich einen machbaren Aufstieg. Zum Teil kam ich nur noch auf allen Vieren vorwärts und klammerte mich dabei an die wenigen festen Felsen um nicht ins rutschen zu geraten. Dieser Aufstieg war auch von der Gesamtsituation aus gesehen recht eindrücklich, denn mittlerweile ging die Sonne langsam unter, ich war schon 13 Stunden unterwegs an diesem Tag und musste nun auf 3000m einen vernünftigen windgeschützten Biwakplatz finden. Als ich auf dem Grat ankam war ich erleichtert. Ich stieg, in bescheidenem Tempo noch auf den Gipfel des Rothorns und dann hinunter ins Schneejoch, wo ich mir einen Biwakplatz erhoffte. Dort kam ich um 19.45 Uhr an. Wieder ein satter 14-Stunden Tag. Dann konnte in den Sonnenuntergang geniessen. Total allein, Sonnenuntergang auf 3000m und kräftiger Wind vermittelten ein Naturerlebnis erster Güte. Nach etwa 15-minütiger Suche fand ich den wohl einzigen angenehmen Biwakplatz im Schneejoch hinter einer etwa 1 Meter hohen Felsmauer. Dann habe ich den Grossteil meines Proviants, den ich noch dabei hatte, gegessen, da ich am nächsten Tag nicht mehr viel benötigen würde. Als ich mich langsam in meinen Biwaksack verkriechen wollte, ging der Mond auf. Es war Vollmond, wunderbar! Es war die Krönung dieses schönen Ortes.

 
 
Tag 5: Schneehorn (T4), Kleines Schneehorn (T3), Wildstrubel (T4)
 

An diesem letzten Morgen der Tour klingelte der Wecker um 4.15 Uhr. Ich wollte früh starten, da im Verlaufe des Tages Niederschläge angekündigt waren. Schon beim Aufstehen bemerkte ich etwas beunruhigt, dass man die Sterne nicht mehr sah. Um 5.00 Uhr hatte ich dann alles zusammengepackt und lief los. Ich folgte bei totaler Dunkelheit dem gerölligen Grat gegen das Schneehorn. Schon bald bestätigte sich mein ungutes Gefühl und es begann zu regnen. Dies beunruhigte mich, denn bei totaler Dunkelheit, bei der Überschreitung mehrerer 3000er von einem Gewitter überrascht zu werden, schien mir wenig einladend. Ich drückte also ziemlich aufs Tempo. Glücklicherweise hörte es nach 20 Minuten wieder auf zu regnen. Beim Aufstieg zum Schneehorn habe ich einige Felsen (insbesondere einen markanten Turm) westlich umgangen bis ich zu einem breiten Felsband kam. Dieses erklettert man am besten direkt an der Gratschneide (wenige Meter II) und gelangt dann bequem zum Gipfel. Dann zügiger und leichter Abstieg in den Schneehornpass und wieder hinauf aufs kleine Schneehorn. Danach folgt ein sehr schöner, leicht exponierter fast horizontaler Grat bis ins Lämmerenjoch. Von dort gelangt man über feinen und steilen Schutt unschwierig auf den Wildstrubel. Den Gipfel erreichte ich um 6.40 Uhr wo ich in Ruhe den Sonnenaufgang erwarten konnte. Die Wolken hatten sich nach den vorherigen Niederschlägen schon teilweise wieder verzogen. Dann folgte ein schöner Sonnenaufgang. Super Stimmung auf dem krönenden Schlussgipfel dieser herausragenden Tour.

Dann stand noch der lange Schlussabstieg in die Lenk bevor. Diesen Abstieg kannte ich von einer früheren Besteigung des Wildstrubels und via Flueseeli und Sibe Brunni verlief der Abstieg problemlos. Beim Restaurant Simmenfälle angekommen, gönnte ich mir wieder mal eine warme Mahlzeit. Um 12.00 Uhr dann mit dem ÖV zurück nach Luzern.


Tourengänger: Bambula


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Kommentare (7)


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Freeman hat gesagt: Geniale Tour
Gesendet am 17. Januar 2010 um 20:08
Voll geniale Tour, die du da unternommen hast.
Gratulation.
Freeman

Sputnik Pro hat gesagt: Gratuliere zum 3000er-Abenteuer
Gesendet am 17. Januar 2010 um 21:40
Hej Bambula,

Eine Super Rundtour im Berner Oberland hast unternommen. Die 3000er-Runde mit Biwak und den unbekannten Gipfel gefällt mir!

Ich habe das Chli Rinderhorn als ich vom Rinderhorn in Rindersatte studiert, der Grat sah mir aber mit Skischuhen zu heikel aus :-)

Viele Grüsse & tolle Bergtouren im neuen Jahr.

Sputnik

Bergstiger hat gesagt:
Gesendet am 17. Januar 2010 um 21:44
Super Bilder - Super Tour!

Vielen Dank für die Eindrücke.

Gruess
Bergstiger

gero hat gesagt: Gratulation zu dieser anspruchsvollen Tour!
Gesendet am 18. Januar 2010 um 07:49
Spannender Bericht, tolle Fotos - speziell die letzten vom Wildstrubel mit dem Sonnenaufgang sind Klasse! Animiert zur Nachahmung.

Deine Beschreibung des Chli Rinderhorns dokumentiert eindrucksvoll, warum dieses nur sehr selten besucht wird: Kugellager unter den Bergstiefeln - wenig vertrauenerweckend bzw. unsympathisch!

Beste Berggrüße, Georg

Alpenorni hat gesagt: Prächtig !!
Gesendet am 18. Januar 2010 um 11:05
Was für ein Abenteuer ! Gratuliere zu dieser großartigen Tour und vielen Dank für den detaillierten spannenden Bericht und die schönen Bilder !
Auf weitere Berichte von Dir freuen sich
Martin und Gudrun









Bambula hat gesagt: Danke
Gesendet am 18. Januar 2010 um 11:33
Vielen Dank für eure Kommentare. Es freut mich, dass der Bericht Anklang gefunden hat und ich auch etwas zu dieser Seite beitragen kann, wo ich schon so viele interessante Berichte gelesen habe.

Gruss Michel

daenu1970 hat gesagt: Tolle Tour
Gesendet am 23. Februar 2010 um 18:54
Hi Bambula, coole Tour!
Habe die meisten Deiner beschriebenen Gipfel auch schon besuchen dürfen.
War zweimal auf dem Chli Rinderhorn, immer über die Westflanke. Beidesmal haben wir uns den Grat zum Rindersattel ebenfalls nicht zugetraut! (Wir haben immer am Gipfel diskutiert und es dann nicht einmal probiert) Wir sind aber beide Male eine andere Route als Du nach dem 2. Band benutzt, nämlich nach dem 2.Band ca. 150 bis 200 Meter nach Norden queren und dann durch wirklich leichte Rinnen durch das 3.Band. Die Schlüsslstelle ist damit dann die Rinne im 2. Band.
Gruss und bitte weiterhin so tolle Berichte!
Daniel


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