Ein Hochtal mit beeindruckender Fernsicht: Oltscheren


Publiziert von ABoehlen , 16. März 2025 um 11:13.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:30 September 2024
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1060 m
Abstieg: 1060 m
Strecke:Unterbach – Zaun – Bielen und zurück
Unterkunftmöglichkeiten:Ferienwohnung Oltschibach, Unterbach
Kartennummer:LK25, 1209 Brienz

Der Tag beginnt mit einem Spaziergang durch die Umgebung von Unterbach, morgens um 07:00 Uhr. Dunkle Wolken über dem Brienzersee veranlassen mich, den Schirm mitzunehmen. Bald benötige ich ihn auch, aber der Regen ist nicht stark und zieht bald wieder ab. Und mich zieht’s nach ungefähr einer Stunde heimwärts, das heisst, in die gemütliche Ferienwohnung «Oltschibach» im Herzen von Unterbach.

Der Name ist Programm: Der namensgebende Bach ist immer präsent und dank dem über 200 Meter hohen Wasserfall auch akustisch jederzeit wahrnehmbar – wenn nicht gerade ein Kampfjet auf dem benachbarten Flugplatz startet. Aber an diesem Montagmorgen ist alles ruhig und das Wetter wird von Stunde zu Stunde besser. Bald ist der Himmel wolkenlos und die Sonne lacht.

Etwa um 10:00 Uhr ziehe ich los in Richtung der Berge, die sich ungefähr einen halben Kilometer entfernt abrupt aus der Ebene erheben. Vorbei an der Brücke beim Wasserfall steige ich auf dem gut bekannten Weg sehr langsam bergan. Alles ist nass und rutschig und ich will die Kräfte gut einteilen – seit der Ferienwoche in St. Stephan im Sommer habe ich keine Bergtour mehr gemacht. Dieser Weg war lange Jahre wegen Erdrutschen gesperrt und ich zweifelte zwischenzeitlich, ob er jemals wieder hergerichtet wird (der Versuch eine Alternative zu finden, ist hier und hier beschrieben), bis ich dann letztes Jahr mit Freude feststellte, dass die Absperrung entfernt wurde und die Strecke wieder freigegeben ist. Einige Stellen sind noch immer recht ausgesetzt, aber das ist bei einem weiss-rot-weiss markierten Weg nichts aussergewöhnliches. Trotzdem muss dies einst eine komfortable Verbindung gewesen sein. In der Siegfriedkarte ist sie als durchgezogene Linie eingezeichnet und in der Landeskarte noch bis in die frühen 1970er Jahre als 5. Kl-Weg.

In Furen (ca. 950 m), wo sich einst das Schulhaus Zaun befunden hat, geht es auf einem Asphaltsträsschen weiter. Wenig später münde ich in die Zufahrt von Meiringen, der ich nun ein Stück bergwärts folge. Ich fühle mich körperlich stärker als zunächst gedacht und entscheide mich, den unbekannten Weg Richtung Oltscheren einzuschlagen. Dies entpuppt sich als regelrechte Wasserschlacht, aber die alten Wanderschuhe, erworben am 16. April 2012 machen das noch recht gut mit. Man sieht dem Weg aber an, dass er selten begangen wird und Markierungen sind auch nur spärlich auszumachen. Über die Punkte 1118 und 1224 erreiche ich offenes Weideland bei Blatti, wo sich der Pfad endgültig verliert. Die Richtung ist aber relativ klar und in der Nähe von Pt. 1509 stosse ich wieder auf die Strasse.

Welch prächtige Aussicht! Über den Brünigpass hinweg schweift der Blick zu Sarnersee, Pilatus und hinaus ins Mittelland. Nach Süden zu dominieren hingegen die gewaltigen Gipfel der Oltschiburg und des Wandelhorns die Szenerie. Die sind von unten auch sichtbar, wirken von hier aber viel mächtiger.

Fortan bleibe ich auf der Strasse und lasse die Abkürzungen durch das feuchte Gelände links liegen. Bis zu meinem anvisierten Ziel ist es sowieso nicht mehr weit. Es ist die Alpsiedlung Bielen (früher auch Bühlen geschrieben), eigentlich fast ein kleines Dorf, aber zu dieser Jahreszeit verlassen. Der Pt. 1628 ist das Ende meines Aufstieges und gleichzeitig der Beginn einer neuen Welt, dem Hochtal von Oltscheren. Nach dem langen, steilen Aufstieg wird das Gelände nun fast flach und es wäre sicher reizvoll, in dieses unbekannte Tal vorzustossen. Aber ich habe noch einen langen Rückweg vor mir, darum lasse ich das bleiben. Später einmal, vielleicht…

Es ist inzwischen Mittag geworden, aber zu Essen habe ich nichts dabei und sowieso keinen Hunger. Stattdessen trinke ich Wasser und geniesse ich die erstaunliche Fernsicht, die bis an die deutsche Grenze reicht, was ich aber erst bei der Auswertung zuhause feststellen werde. So liegt Bielen zwar in einem Tal, trotzdem komme ich mir vor wie auf einem Berggipfel.

Da es trotz Sonnenschein relativ kalt ist, mache ich mich bald wieder auf den Rückweg. Ich folge nun konsequent der Strasse. Das ist durchaus angenehm, denn es hat keinerlei Verkehr und auf jeden Fall viel besser, als auf durchnässten Wegen talwärts zu rutschen. Bei Pt. 1075 stosse ich wieder auf den Oltschibach, der hier durch das kleine Hochtal von Zaun fliesst. Sein Rauschen erfüllt die Luft und in dieses mischt sich bald eine andere Art «Rauschen», jenes startender Kampfjets auf dem Flugplatz, 500 Meter weiter unten. Einen schönen Ausblick auf das gesamte Areal bietet sich auf einem Felskopf, nicht weit vom Hof Gugger entfernt, wo ich mich eine Weile niederlasse und das eindrückliche Panorama geniesse.

Für den Abstieg ins Tal benutze ich nun wieder den Bergwanderweg, was aufgrund der Nässe langsam und vorsichtig vonstatten geht. Auf der Höhe von rund 700 m gibt es eine Stelle, wo die Vegetation des Stirigwaldes zurückweicht und den Blick ins Tal freigibt. Dort warte ich eine Weile und bald setzen die Flieger zur Landung an. Deren zwei sind es, Nr. 5011 und 5013, wie ich bald von Stini erfahren werde. Wie verabredet treffen wir uns etwas später auf der Terrasse des «Fliegertreff» und geniessen einen Cappuccino und eine Glace. Während es oben herbstlich kühl war, ist es da unten schon fast wieder sommerlich warm. So können wir auch später noch eine Weile auf der Bank vor der Ferienwohnung sitzen und weitere Flugbewegungen mitverfolgen. Leider wird es die letzte Gelegenheit dazu sein. In der Nacht schlägt das Wetter um und für den Rest der Woche dominiert Regen, Wind und Kälte. Zu tun und zu erleben gibt es trotzdem genug!

Literatur: Ringgenberg, Fritz. Berner Wanderbuch 19 – Oberhasli. Kümmerly+Frey, Bern 1968 (Routen 16 und 17)

Tourengänger: ABoehlen


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