Grandioser Gratübergang im Herzen des Karwendels: Sonntagkarspitze bis Hintere Bachofenspitze


Publiziert von Kaiserin , 10. Juli 2024 um 20:44.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:17 Juni 2022
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:7,6 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zustieg zur Pfeishütte
Unterkunftmöglichkeiten:Pfeishütte

Tag 2 auf der Pfeishütte, und wir haben uns ein echtes Touren-Filetstück herausgesucht: den Grat von der Sonntagkarspitze zur Hinteren Bachofenspitze.  Sie ist in meinem Tourenführer, den ich zu Rate gezogen habe, beschrieben, und im Nachgang würde ich sagen dass sie das absolute Highlight unseres Aufenthalts auf der Pfeishütte darstellt.

 

Sowohl die Sonntagkarspitze als auch die Hintere Bachofenspitze sind über markierte Anstiege zu erreichen.  Der Normalweg auf die Sonntagkarspitze wurde hier von Stephan beschrieben (https://www.hikr.org/tour/post68211.html), der auf die Hintere Bachofenspitze von Tef (https://www.hikr.org/tour/post126106.html).  Beiden Gipfeln ist gemein dass der logische Ausgangspunkt die Pfeishütte ist, und dass deren Aufstiegsroute bis ins Sonntagkar identisch ist.  Auf etwa 2080 m Höhe verzweigen sich die beiden Normalwege, korrekterweise jeweils schwarz ausgeschildert, denn trivial sind auch diese Routen nicht.

Der Grat zwischen beiden Gipfeln ist interessanterweise hier zwar bereits ein paarmal angerissen, wirklich beschrieben aber nicht.  Am nächsten dran kommt Bernhards Beschreibung der Komplettüberschreitung von den Praxmarerkarspitzen bis zum Roßkopf (https://www.hikr.org/tour/post41907.html), eine grandiose Leistung bei der unser Grat nur ein Teilstück darstellt.  Der für uns aber vollkommen gelangt hat um den Tag zu füllen. ;)

 

Wir starten also zu viert morgens an der Pfeishütte und steigen ein kurzes Stück den Wirtschaftsweg ab.  Allerdings nicht kurz genug, denn wir laufen erstmal am Abzweig ins Sonntagkar vorbei.  Etwas weiter unten stellen wir das aber schnell fest, und dank GPS ist der Einstieg schnell identifiziert.  Ein vormals offenbar existierender Wegweiser ist jedenfalls nicht mehr vorhanden.  Sobald wir auf dem Pfad sind ist dieser aber nicht mehr zu verfehlen und auch ausreichend markiert.  Noch komfortabel und unschwierig geht es hoch ins Sonntagkar.  Sobald wir dieses erreichen erstarren wir erstmal in Ehrfurcht, befindet sich doch unweit von uns eine beeindruckend große Steinbockherde die es sich im Gras hier gemütlich gemacht hat.  Entspannt, wie Steinböcke nun mal so sind, stören sie sich an uns überhaupt gar nicht, so dass wir sie in Ruhe beobachten und fotografieren können.  Ein wahnsinnig eindrucksvolles Erlebnis, Steinböcke hatte ich natürlich schon öfter gesehen, aber nie in so großer Anzahl auf einmal!

 

Etwa 45 Minuten nach Aufbruch an der Hütte erreichen wir die oben erwähnte Verzweigung der beiden Normalwege.  Stefan hat nicht vor den Grat zu machen, geht aber noch ein Stückchen des Weges mit.  Wir biegen also nach links ab und folgen den Markierungen hoch zum zunächst grasigen Südrücken der Sonntagkarspitze.  Als es felsiger wird verabschiedet sich Stefan.  Das ist zwar schade, hat aber ungeahnte Vorzüge, wie sich abends auf der Hütte herausstellt.  Zu dritt gelangen wir also auf den felsigen Südgrat, der weitestgehend gefolgt wird, garniert mit ein paar leichten Kraxeleinlagen zum Aufwärmen.  Die Route ist gut markiert so dass wir uns keine Gedanken um die Routenfindung machen müssen.  Zuletzt geht es über einen Schutthang auf den Gipfel der Sonntagkarspitze, die wir schließlich knapp über 2 Stunden nach Aufbruch an der Hütte erreichen.  Die Rundumsicht ist hervorragend, besonders eindrucksvoll ist der Tiefblick nach Norden in den Halleranger.  Voller Vorfreude blicken wir auf den Grat rüber zur Hinteren Bachofenspitze.

 

Nach einer ersten Gipfelrast gehen wir’s an.  Die ersten Meter runter von der Sonntagkarspitze sind noch trivial - wie beim Aufstieg über den Normalweg geht es auch nach Osten erstmal einen Schutthang hinab.  Dann aber wandelt sich das Bild schnell und wir kommen in felsiges Gelände.  Auf oder in Gratnähe geht es von einer Kraxelstelle zur nächsten.  Es gibt kaum Markierungen in Form von Steindauben, und so muss jeder Aufschwung neu begutachtet werden um herauszufinden was die beste Variante darstellen könnte.  Das kostet durchaus etwas Zeit, vor allem da wir zu dritt sind und die Kletterstellen, die theoretisch über II nicht hinausgehen aber diese Schwierigkeit recht häufig erreichen, natürlich meist einzeln gemeistert werden.  Wir hatten allerdings auch mindestens eine IIIer-Stelle drin, hatten hier aber möglicherweise nicht die optimale Variante gewählt.  Das passiert hier ganz schnell.  Jedenfalls geht es überaus kurzweilig und spaßig Richtung Hintere Bachofenspitze, obwohl es durchaus mal Felsabsätze gibt bei denen man sich schon fragt wie das denn bitteschön nun gehen soll.  Aber wie es halt immer so ist, wenn man davor steht und sich das anschaut findet sich schon eine Option und das Problem löst sich auf.  Übrigens ist der Grat für Karwendel-Verhältnisse erstaunlich stabil!  Klar, es gibt auch mal loses Gestein, aber das habe ich schon deutlich schlimmer erlebt.  Die Felsqualität würde ich somit als erstaunlich gut einstufen, jedenfalls fürs Karwendel, auch wenn man natürlich immer aufpassen muss.  Auf jeden Fall sind wir uns einig als wir schließlich, nach gut 2 1/4 Stunden, an der Hinteren Bachofenspitze ankommen: das hat richtig Spaß gemacht!

 

Zum Grat ist noch zu sagen dass wir deutlich länger gebraucht haben als es mein Tourenführer angegeben hatte - der meinte in einer Stunde sei man an der Hinteren Bachofenspitze.  Zum einen lag das sicherlich daran dass man sich zu dritt in derartigem Gelände langsamer bewegt als wenn man alleine unterwegs ist.  Andererseits gibt es derart viele Stellen bei denen man sich erstmal orientieren muss wo es langgehen könnte dass dies einfach automatisch Zeit kostet.  In einer Stunde kann man’s meiner Einschätzung nach fast nur schaffen wenn man das Gelände kennt und alleine unterwegs ist.

Konkrete Hilfestellungen für den Routenverlauf kann ich ebenfalls nicht geben da es bei der Vielzahl an Kletterstellen unmöglich ist sich alles zu merken.  Meine Fotos können sicherlich den ein oder anderen Eindruck vermitteln.  Wie bereits geschrieben geht es meist am Grat entlang oder knappt rechts oder links daneben auf einem Band, Felsaufschwünge werden teils auch eher seitlich denn frontal angegangen.

Was Fotos angeht hatten wir Glück, denn Stefan hatte sich wie beschrieben frühzeitig von uns verabschiedet.  Wir hatten ihn im Aufstieg zur Sonntagkarspitze mal unten im Kar gesehen, wussten aber nicht was er konkret vorhat.  Er ist letztlich auf dem Normalweg zur Hinteren Bachofenspitze aufgestiegen und dachte, er wartet dort mal auf uns.  Da es oben aber empfindlich kalt war mit dem Wind, und wir langsam vorangekommen sind, ist er wieder abgestiegen.  Das hat dazu geführt dass er, nachdem er eine Kamera mit gutem Teleobjektiv dabei hatte, sehr interessante und eindrucksvolle Fotos von uns an diversen Stellen am Grat gemacht hat.  Erstaunlicherweise konnte er uns wohl mehr oder minder die ganze Zeit hören.  Auf der Hütte sagte er uns, das sah von unten schon spektakulär und schwierig aus, aber wir haben ganz normal miteinander geredet, also hatten wir wohl keine Probleme. ;)  Diese Fotos zu haben ist auf jeden Fall ein Geschenk, eine tolle Erinnerung an eine traumhaft schöne Grattour!

 

Auf der Hinteren Bachofenspitze wollen wir eigentlich eine gemütliche Pause machen, aber wir haben dasselbe Problem das Stefan vorher schon hatte: es ist verdammt frisch!  Als ich abends meinem Mann von der Tour berichte macht die Autokorrektur seines Handys aus der Bachofenspitze die Backofenspitze (er schrieb dass es im leid tue dass es da kalt war).  Seitdem ist das für uns die Hintere Backofenspitze mit dem kaputten Thermostat, haha!  Auf jeden Fall ist die Pause nicht so lang wie erhofft.

Der anschließende Abstieg entlang des Normalwegs an ist im oberen Teil natürlich noch felsig, über Ier-Kletterei geht es hier aber nicht hinaus.  Die Route ist, wie auch gegenüber an der Sonntagkarspitze, hervorragend markiert, und so gelangen wir weitestgehend entspannt zurück ins Sonntagkar und zurück zur Pfeishütte.

 

Eine traumhaft schöne Tour, die als absolutes Highlight in Erinnerung bleibt!  Von der Pfeishütte aus halten sich Höhenmeter und Entfernung in Grenzen (es sind ca. 900 Hm und 7,6 km), man muss halt erstmal dorthin gelangen.  Was diese Gipfel somit sehr abgeschieden macht, wir haben den ganzen Tag keine einzige Person getroffen, außer im unmittelbaren Umfeld der Hütte.

Die Normalanstiege auf Sonntagkarspitze und Hintere Bachofenspitze dürften noch als T4+ mit ein paar Stellen I durchgehen.  Der Grat hat eine Vielzahl an IIer-Kletterstellen, ist teils auch ausgesetzt, so dass ich ihn mit T6 einstufe.


Tourengänger: Koppenleit, Kaiserin


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