Kampenwand - Überschreitung mit Zustieg von Süden


Publiziert von hannes80 , 16. April 2024 um 22:59. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum: 5 April 2024
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1200 m
Abstieg: 1200 m
Strecke:etwa 17km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:In Schleching rechts ab zum Parkplatz Daisen, mittlerweile gebührenpflichtig (5€ pro Tag).

Die Überschreitung der Kampenwand ist ein Klassiker in den bayerischen Alpen und auf Hikr nur einmal dokumentiert. Dazu hat es uns richtig Spaß gemacht und wir konnten alle Seillängen klettern, auch den oft nassen Kamin. Gründe genug also, dieses Chiemgauer Highlight als Bericht zu bringen.

Zustieg (900Hm, 2,5 Stunden bis zum Einstieg):
Inspiriert durch die interessante Tour von DonUlmar  wählen wir den ruhigen und schönen Aufstieg von Süden mit spätem Start um 10 Uhr in Schleching. Wer schneller oder per Bike anrücken will (oder gar per Bergbahn), wählt natürlich den touristenbevölkerten, aber kürzeren Zustieg von Aschau oder den von Aigen-Hintergschwendt.

So oder so, die Überschreitung wird in West-Ost-Richtung gemacht. Dazu muss man auf den breiten Panoramweg nördlich des Massivs.  Etwa 20m östlich des markanten Staffelsteins zweigt man vom Fahrweg ab und gelangt über einen ausgeschnittenen, aber unmarkierten Latschenpfad an den Fels. Wir starten gleich am Beginn (Einstiegsvariante, IV+). Wer es leichter haben will, folgt dem Pfad entlang der Felsen noch ein Stück und gelangt so zur Standardroute auf den Westgipfel (III).

Route (250Hm, 2 - 4 Stunden, je nach Können und Routine)
Vorab: die folgende Beschreibung orientiert sich am guten Topo von Bergsteigen.com. Steil und gleich anspruchsvoll geht es in der Einstiegsvariante etwa 12m aufwärts, danach folgen abwechselnd Gehgelände und kurze Kletterstellen (II, eventuell kurz III, aber nun deutlich weniger ausgesetzt, wir haben hier nicht mehr gesichert) bis zum Westgipfel. Eine im Topo angegebene III+ haben wir nicht gesehen. Vom Westgipfel im Gehgelände absteigen.

Den Gmelchturm hab' ich ausgelassen, Andy hat ihm "zum Spaß" über die Nordverschneidung (III+) bestiegen und ist dann auf gleichem Weg wieder runter. Auf den Gmelchturm gibt es auch eine luftige Variante an der Kante (VI-). Wer den Gmelchtum auslässt, quert ihn nordseitig (siehe Bild) und etwas ausgesetzt auf einem Band. Für uns geht es dann über einen Aufschwung (III+) zu einem Zacken, um diesen herum anschließend und eine (gesicherte) luftige Querung auf den Teufelsturm, aber auch er könnte nordseitig umgangen werden.

Vom Teufelsturm muss man nordseitig abseilen. Hier sind uns aber gleich zwei Missgeschicke passiert. Erstens: wir haben dämlicherweise nach Süden abgeseilt und standen auf der falschen Seite der Scharte.
Zweitens: unser Seil hat sich beim Abziehen leider verheddert. Somit mussten wir also erneut auf den Teufelsturm, um das Seil zu holen. Dazu ist mindestens ein glatter IIIer gefragt. Auf dem Teufelsturm angekommen, seilen wir nun (korrekterweise!) nach Norden ca. 20m auf ein Grasband ab, danach quert man an der Kante hinunter in Richtung Scharte. Hier ist ein weiterer Abseilstand angebracht, von welchem man nochmal ca. 15m in die Scharte abseilt. Von daher kommt man mit einem 50m-Seil aus (das Bergsteigen-Topo könnte man so interpretieren, dass ein 70 Meter-Seil nötig ist). Auf der Homepage von Markus Stadler findet man hierzu recht gute und letztlich korrekte Angaben.

Nach dem Abseilen steht man auf jeden Fall in der Scharte und vor der Schlüsselstelle, laut Topo eine 4+. Obwohl es in der Nacht ordentlich geregnet hatte, war sie überraschenderweise angenehm abgetrocknet und gut kletterbar, wobei ein, zwei Züge im Mittelteil schon eher in Richtung V- gingen. Die Verschneidung ist wirklich steil, fast senkrecht und etwa 20 hoch. Für mich eine harte Nuss. Dank an Andy für die Geduld oben am Stand  ;)

Nach der Verschneidung wird es flacher und deutlich leicher, aber immer noch ausgesetzt, kurz II-III. Dann folgt Gehgelände zum Hauptgipfel. Von diesem über eine trittarme Stelle (III, siehe Foto) fünf Meter hinab nach Osten und über steiles Schrofengelände (T4, I-II) hinunter in die Schlechinger Scharte.

Ein Stück weiter (Gehgelände) trifft man man auf den Normalweg zum Ostgipfel. Durch die schluchtartigen Kaisersäle kommt man zum Gipfelaufbau des Ostgipfels, der drahtseilgesichert durch die Nordseite unschwierig erstiegen wird. Damit wären alle Schwierigkeiten geschafft und man kann am größten Gipfelkreuz der bayerischen Alpen rasten und die geniale Aussicht genießen.

Abstieg (1000Hm, 2,5 Stunden)
Vom Ostgipfel steigen wir unschwierig auf einem Latschensteig nach Süden und folgen dann dem beschilderten, nur leicht fallenden Steig (T3) in Richtung Hochplatte, die wir (evtl. auch den Friedenrath) gerne noch mitgenommen hätten. An der Bergwachthütte beschließen wir aber den Direktabstieg, weil die Zeit schon zu weit fortgeschritten ist und es langsam dämmert. Gemütlich schlendern wir ins Tal und kommen schließlich nach rund 10 Stunden (inklusive aller Pausen) und etwa 17km wieder am Parkplatz an.

Randnotizen:
1.  Die Kletterei ist wirklich gut abgesichert, zusätzliche Sicherungsmittel eigentlich nicht nötig
2.  Die schwierigen Stellen ließen sich theoretisch alle umgehen, sodass man die Überschreitung auch mit maximal III durchführen könnte
3.  Der Fels ist gut, meist fest und gar nicht sooo abgespeckt, wie man manchmal liest
4.  Ein 50m-Seil ist ausreichend
5.  Der Zustieg von Süden ist schön, aber auch länger
6.  Im Zustieg mussten wir ein Wildschutzgebiet umgehen (bis Ende Mai gesperrt), darum der umständliche Zacken nach Westen auf den ersten Kilometern

Fazit:
Eine klasse Runde mit schöner Kletterei in wunderbarer Umgebung, die mich als als erste "Wander"tour der Saison aber schon sehr gefordert hat. Besten Dank, Andy, für das souveräne Vorsteigen und das geduldige Nachsichern. Hat echt Spaß gemacht!

Tourengänger: Andy84, hannes80


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Kommentare (5)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 17. April 2024 um 08:25
Herzliche Gratulation Euch Beiden.
Schon so früh im Jahr eine solch fesche Überschreitung - mei, darauf wäre ich noch nicht eingestellt. Bin da eher noch im Kurz-Wandern und Wann-beginn-ich-denn-nun-endlich-das-Winters-Abspecken? - Modus :D

VG, Markus

Andy84 hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. April 2024 um 16:27
Hey Markus,
dank dir, ist wirklich eine sehr schöne Tour, vorallem wenn man sie so einsam erwischt. Den Winterspeck haben wir dieses Jahr mal ausfallen lassen ;-)
VG Andy

hannes80 hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. April 2024 um 09:03
Danke dir, Markus! Für mich war es schon ein ziemlicher Kaltstart in die "Wander"saion .... aber mit dem Andy als Vorsteiger am Ende doch gut machbar ;) VG, Hannes

Toni83 hat gesagt:
Gesendet am 17. April 2024 um 11:11
Sehr cool von euch!

hannes80 hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. April 2024 um 09:01
Danke, Toni. Vor allem ist es aber eine sehr coole Tour, die ich dir sehr empfehlen kann (... falls du sie nicht eh schon kennst)!


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