Ojos del Salado (6.893 m) - Faszination in Staub, Stein und Sand


Publiziert von panodirk , 15. Februar 2024 um 13:29.

Region: Welt » Chile » Atacama
Tour Datum:19 November 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: RCH   RA 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:s.o.
Kartennummer:nicht nötig

Als ich vor 6 Jahren vom Illimani in Bolivien wiederkam, habe ich mit meinem bolivianischen Bergführer beschlossen, noch einmal in Südamerika aktiv zu werden und die beiden höchsten, den Ojos del Salado und den Aconcagua zu besteigen. Geplant war die Reise für 2020, wegen Corona haben wir sie dann drei Mal verschoben. Letzten Endes wurde es dann Spätherbst 2023. Dabei haben wir den Ojos del Salado als Vorbereitungsberg für den Aconcagua eingeplant. Das macht zwar sicherlich Sinn, doch damit geschieht dem Ojos del Salado unrecht: Es handelt sich um einen isolierten und außerordentlich ernsthaften Berg mit sehr mühsamem Anstieg und einem Kletterfinale, für das man auch in dieser extremen Höhe einen klaren Kopf haben muss, um nicht abzustürzen.

Ich versuche, in diesem Bericht möglichst viele Informationen für andere Gipfelaspiranten zu geben. Daher erweitere ich diesen Bericht auch um die Trabanten Cerro San Francisco und Barrancas Blancas, die wir besucht haben. Gerne darf man mich für weitere Infos kontaktieren, insbesondere auch, um den Kontakt zu meinem bolivianischen Bergführer herzustellen.

Die Schwierigkeit beim Ojos del Salado liegt deutlich höher als beim Aconcagua. Man quält sich mühsam einen steilen und rutschigen Hang hoch, um oberhalb der Caldera noch einmal eine IIer-Kletterstelle vor sich zu haben. Diese Kletterstelle ist gut gestuft und mit Fixseilen versehen. Doch wir waren die ersten der Saison und nach einem langen stürmischen und kalten Winter ist das Vertrauen in die Seile zumindest etwas herabgesetzt. Schwierig ist die Kletterstelle nicht, aber ziemlich ausgesetzt. Daher gebe ich ein T5, was der Tour in solcher Höhe nur bedingt gerecht wird.
Gewöhnlich sind Pickel und Steigeisen nicht vonnöten. Einzelne Schneefelder, die morgens pickelhart sind, können dann aber die Marschrichtung vorgeben. In der Caldera kann es auch Schnee haben. Es lohnt sich, Erkundigungen einzuholen, um dann den Pickel und die Steigeisen gegebenenfalls im Tal lassen zu können.
Die beiden 6000er, die wir auch noch bestiegen haben, Cerro San Francisco (T4) und Barrancas Blancas (T4+), sind wieder wesentlich gutmütiger. Ersterer fast durchgehend mit klarer und guter Wegspur, zweiterer in teilweise etwas mühsamen Gelände.
Zur Gefährlichkeit: Neben der Kletterstelle, die man hochkonzentriert bewältigen muss, und der großen Höhe sind der meist starke Wind und die Kälte einzukalkulieren. Dennoch betrachte ich den Aconcagua als gefährlicher als den Ojos del Salado, denn die Temperaturen am Ojos sind deutlich moderater. Es lohnt sich, die Wetterprognosen geduldig anzuschauen, denn es gibt tatsächlich windstille Stunden an diesem Berg! 
Damit sind wir beim Wetter: Eine Mischung aus meteoblue.com (auch als App) und https://www.mountain-forecast.com/ zusammen mit dem Bergwetter des chilenischen Wetterdienstes https://www.meteochile.gob.cl/ gibt eine gute Richtung für das Wetter vor.

Eine sehr gute Akklimatisierung ist in diesem mühsamen Gelände und an der Kletterstelle am Gipfel zwingend erforderlich. Mir sind einige Leute begegnet, die wegen Höhenkrankheit den Gipfeltraum aufgeben mussten. Wir waren die 12 Tage vorher in Atacama-Höhen unterwegs und meine Akklimatisierung reichte knapp! - Man kann durchaus um die Laguna Verde herum Akklimatisierungstouren gehen (es locken viele einfachere 6000er), doch macht das wenig Spaß, wenn es dort (wie so oft) sehr windig ist. Wir waren vorher östlich und nördlich von Calama unterwegs; dort gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich abseits jeglicher Touristenströme zu akklimatisieren.

Nach meinen Erfahrungen und Einschätzungen liegen die Erfolgsaussichten, das Gipfelbuch in die Hand nehmen zu dürfen, für die Aspiranten, die am Refugio Atacama eintrudeln, unter 50% - damit ist der Ojos del Salado sicher der mühsamere und herausfordernde Berg im Vergleich zum Aconcagua!

Stand 2023 bedarf es keiner Genehmigung und so fallen auch keinerlei Kosten an. Zuweilen gibt es freundliche Leute an der Laguna Verde oder am Refugio Murray, die ein Satelliten-Internet haben und es einem kostenfrei oder gegen eine Gebühr von ca. 10 Euro anbieten.

Anreise und Quartiere: Die Anreise ist etwas kompliziert, daher beschreibe ich selbige in diesem separaten Absatz. Die Fernverkehrsstraße (Nummer 31) von Copiapó nach Tinogasta ist mittlerweile über weite Strecken (insbesondere auf der Passhöhe am Passo San Francisco) hervorragend geteert; die nicht asphaltierten Strecken sind meist in gutem Zustand und mit normalem PKW gut zu bewältigen. Die Laguna Verde befindet sich etwa 25 Kilometer vor der Passhöhe auf chilenischer Seite und ist nicht zu übersehen. An der Laguna Verde steht eine kleine und recht schmuddelige Hütte (aber mit einem Thermalbad); mit viel Glück findet sich dort ein freies Schlaf- und/oder Kochplätzchen, doch normalerweise ist die Hütte belegt und man stellt hier (wie die meisten) sein eigenes Zelt auf.
Der Grenzübergang nach Argentinien ist nur eingeschränkt geöffnet; daher muss man Informationen einholen, will man die Grenze passieren.
Eine alternative Anreiseroute zweigt von der 31 nach etwa 40 km ab: Die Route Nummer 601 führt über die Laguna Santa Rosa und das toll geführte Refugio Maricunga. Am See lassen sich Flamingos beobachten und es gibt noch einmal eine Matratze zum Schlafen. Die Strecke ist nicht asphaltiert, aber in meist gutem Zustand und für gewöhnliche PKWs machbar.
Alternativ zur Laguna Verde kann man auch im Refugio Murray (oder Claudio Lucero) südlich der Straße Quartier beziehen; nur sind die Plätze oft belegt. Hierher gelangt man auch noch mit normalem PKW.
Die Piste zum Basislager am Refugio Atacama hingegen ist geländegängigen Wagen vorbehalten. Das Refugio Atacama besteht aus 2 kleinen Hüttchen, die auch meist belegt sind und oft auch arg verdreckt. Insofern schlägt man auch hier sein Zelt auf.
Die Allrad-Piste führt nun immer anspruchsvoller bis zum Hochlager Refugio Tejos und weiter bis auf 6000 Meter Höhe. Während unseres Aufenthaltes war kein Auto auf diesem Stück hinter dem Refugio Atacama unterwegs. 

Zu guter Letzt das Gipfelpanorama auf mountainpanoramas vom Ojos del Salado: https://www.mountainpanoramas.com/___p/___p.html?panoid=2023_QH&labels=on

1. Tag (15.11.2023):
Anreise von Copaipó zur Laguna Santa Rosa und Übernachtung im Refugio Maricunga. Eine schöne Annäherung an diese eigentümliche Gegend. Es wird immer wilder und einsamer, immer steiniger und staubiger, aber bald kommen die ersten 6000er ins Bild. Beherrschend an der Laguna Santa Rosa sind die gewaltigen Tres Cruces - im übrigen eine der schwereren Aufgaben der Anden.

2. Tag (16.11.2023):
Wir lassen es sehr gemütlich angehen, fotografieren Flamingos und genießen noch einmal das WLAN für 5.000 Pesos. - Dann geht es auf der nunmehr grenzwertigen Schotterpiste hinab bis zur Internationalen Fernverkehrsstraße, die nun gut geteert und zügig hinauf auf das Plateau mit der Laguna Verde führt. Uns wehten heftige Windböen fast von der Straße, aber wir sind heil an der Laguna Verde angekommen. Die Hütte war mit freundlichen Chilenen belegt. Wir haben vor der Hütte die Zelte so aufgebaut, dass wir hofften, etwas Windschatten zu haben. Das gelang halbwegs und wir machten es uns in den Zelten gemütlich.

3. Tag (17.11.2023):
Sturmtag bestehend ausschließlich aus Frühstück, Abendessen und 200 Seiten Lektüre im Zelt - und das trotz strahlend blauem Himmel. Solche Tage sind normal auf Bergsteigerreisen, doch trotzdem ist es kein Spaß, einen ganzen Tag im Zelt abzuhängen. 

4. Tag (18.11.2023):
Die Wetterprognosen versprechen weniger Wind für heute und für morgen, Sonntag, sogar nahezu Windstille. Daher ist unser Tagesziel das Basislager am Refugio Atacama.
Meine Abneigung gegenüber Hochlagern führte zu unserem Entschluss, den Gipfel des Ojos del Salado direkt vom Basislager anzugehen. So konnten wir uns das Hochlager und eine eventuell schlechte Nacht dort sparen und mussten dafür "nur" 1.700 Höhenmeter an einem Tag bewältigen. In den Alpen wären das ja normalerweise dreieinhalb Stunden; in der Höhe hatten wir 6-8 Stunden einkalkuliert. Der Entschluss war zwar richtig, aber die Zeitplanung war zu sportlich...
Da ich alleine mit meinem bolivianischen Bergführer und seinem tapferen Toyota unterwegs war, hatten wir selbst kein Gefährt, das die 20 km lange Piste zum Refugio Atacama bewältigen könnte. Daher war mein Bergführer aktiv im Socializing und hat einen netten und hilfsbereiten Ukrainer aufgetrieben, der uns freundlicherweise ab dem Refugio Murray mitgenommen hat. Auf der Fahrt durfte ich auf der Pritsche Platz nehmen: Sehr spannend ist es, während man nach hinten schaut, die Schlaglöcher live ohne Vorwarnung mitzubekommen...
Das Refugio Atacama war belegt durch eine lustige, multi-nationale 3er-Gruppe aus München, mit denen wir uns abwechselnd in drei Sprachen unterhielten. Wir schlugen unser Zelt vor dem Hüttchen auf (es war entgegen der Wetterprognose immer noch windig) - ebenso wie die Gruppe Chilenen, die auch anreisten. Unser ukrainischer Freund hat noch einen 'Platz' in dem Hüttchen gefunden. Leider bekam einer der Chilenen die Höhenkrankheit, was zur Folge hatte, dass leider die ganze Gruppe abgereist ist.
Wir haben einen kurzen Spaziergang mit 250 Höhenmetern in Richtung Tejos unternommen, um Höhe und Kondition zu testen. Es hat sich gut angefühlt. Dann gab es Abendessen und weitere nette Gespräche - es sind immer wieder spannende und herzliche Menschen, die man in der Bergeinsamkeit trifft! - Früh ins Bett mussten wir ja auch noch...

5. Tag (19.11.2023):
GIPFELTAG - OJOS DEL SALADO

Abends gab es noch ein paar heftigere Böen, doch nachts wurde es ruhig und auch morgens blieb es schwachwindig.
Der Wecker klingelte in der Früh um eins. Es war nur mäßig kalt und wir konnten ohne großen Kälteverlust Kaffee trinken, Kekse essen und uns fertig ankleiden. Ich hatte oben 5 Schichten (langärmeliges Laufshirt, kurzärmeliges Berg-T-Shirt, Daunen-Weste, Mammut-Fleece Aconcagua mit Kapuze, dicke Mammut Daune-Jacke) und unten drei Schichten (lange Unterhose, Soft-Shell-Tourenhose, Hard-Shell-Hose) - dazu zwei Socken (Nylon + Alpaca), eine Mütze und 2 Handschuhe (Innenhandschuhe und dicke Daunenhandschuhe Mammut Arctic Mitten).
Um 2:15 Uhr waren wir aufbruchbereit und gingen die Fahrpiste zum Refugio Tejos, das wir nach 2:10 erreichten. Wir machten drinnen eine kurze Pause; noch war niemand dort (in den nächsten Nächten sollte sich das grundlegend ändern). So wussten wir dann auch endgültig, dass wir die einzigen Gipfelaspiranten an diesem Sonntag waren. Allen anderen war das noch zu früh nach den sehr windigen Tagen zuvor.
Der weitere Weg war trotz Dunkelheit sehr klar: Die Fahrpiste führt bis auf 6.000 Meter, dann leitet ein deutlicher Weg im Zickzack die immer steiler werdende Flanke hinauf. Der Weg zieht auf halber Höhe nach rechts. Da rechts aber noch recht viel Schnee lag, blieben wir links und mühten uns nun weglos die immer steilere Flanke hoch. Das war heftig und ich musste alle paar Meter stehen bleiben. Die Zeit verstrich und sowohl meine geplanten 6-8 Stunden als auch alle Karenzzeiten, die ich mir selber gesetzt habe, verstrichen, ohne, dass die Caldera näher kam. In einer dieser verzweifelten Pausen sagte mein Bergführer, dass wir auf jeden Fall den Gipfel erreichen würden und reichte mir Schokolade. In dem Moment bekam ich meine Bestätigung, dass es richtig war, dass ich mit meinem individuellen Bergführer unterwegs war: Ich brauchte jemand, der mir Mut zuspricht und dafür sorgt, dass wir es auf den Gipfel schaffen! Vielleicht hätte ein mir unbekannter Bergführer mir an dieser Stelle gesagt, dass ich besser auf den Gipfel verzichte? Alles Spekulation, aber in dem Moment fühlte ich mich deutlich besser! Ab jetzt war jede der vielen weiteren Pausen weniger verzweifelt (es gab auch jedes Mal Schokolade) und auch das letzte besonders steile Stück zur Caldera bezwang ich mit diesen positiven Gedanken, auch wenn es brutal mühsam war.
Um 11:50 erreichten wir den Rand der Caldera, machten erst einmal eine Pause und deponierten einige Gegenstände, die auf dem weiteren Weg nur Ballast waren. Die letzten 170 Höhenmeter waren psychisch deutlich einfacher, doch zogen sie sich wie Kaugummi. Zunächst geht es in sanfter Steigung um die Caldera herum, dann wieder steiler über Felsbrocken auf Wegspuren bis unter die Einsattelung zwischen argentinischem und chilenischen Gipfel. Hier konnten wir dem Schnee gut ausweichen und standen dann endlich unter den Fixseilen. Mein Bergführer turnte vor und sicherte mich. In den Alpen wäre ich diese IIer-Stelle sicher und gerne frei gegangen, doch in dieser extremen Höhe nach der Anstrengung war ich heilfroh, gesichert hinaufgehen zu können. Es ist an keiner Stelle schwierig, aber dafür an einigen Stellen ziemlich ausgesetzt, sodass ein Fehltritt oder ein Ausrutscher nicht erlaubt sind. Das letzte Fixseil endet direkt am Gipfel!
Juhu! Es ist 13:05 und knapp 11 Stunden nach Aufbruch am Refugio Atacama stehe ich überglücklich am Gipfel des Ojos de Salado (6.893 m) - nur knapp 100 Meter fehlen zur 7000er Marke und nur 70 Meter zur Höhenlinie des Aconcagua. Und es hat tatsächlich keinen Wind! Es ist wirklich windstill an diesem Ort, der als einer der windigsten Punkte der Erde gilt! So investieren wir auch 30 Minuten für eine schöne Rast und ausgedehntes Fotografieren; besonders an diesem Punkt möchte ich ein schönes Gipfelpanorama erstellen (s.o.).
Das Panorama ist atemberaubend - auch die Fernsicht ist phänomenal. Besonders beeindruckend ist, wie ausgeräumt die Landschaft ist: außer vereinzelten Gletscherflächen schaut man auf nichts als Steine und Sand. Diese unendliche Weite der Atacama wird am Gipfel des Ojos del Salado besonders eindrucksvoll greifbar.
Der argentinische Nebengipfel ist etwa genau so hoch. Mir erscheint er sogar höher als der Hauptgipfel. So richtig viele Informationen findet man nicht dazu, welcher der beiden Gipfel wirklich der höhere ist, außer, dass der Unterschied weniger als 1 Meter beträgt. Alle Karten, die ich auftreiben konnte, markieren hingegen den chilenischen Gipfel als Hauptgipfel, auch die Fixseile leiten dorthin und das Gipfelbuch ist dort (einpackt in einen Koffer der Banco de Chile).
Über den Abstieg gibt es nicht so viel zu berichten. An der Caldera sind wir weiter nach Osten gegangen, um die steilsten Passagen zu umgehen, doch der Schnee auf dem Weglein war unangenehm und bald schon kehrten wir zum Aufstiegsweg zurück und rutschten nun über weite Strecken zügig den Hang hinunter. Ich habe gut zwei Stunden bis zum Refugio Tejos benötigt und von dort knapp 2 Stunden gemütlich zurück zum Refugio Atacama. Meinen Bergführer hatte ich schon vorgeschickt und das hatte zur Folge, dass mir jeder, der mir entgegen kam, direkt zum Gipfelerfolg gratulierte!
Am Refugio Atacama trafen wir auch wieder auf die drei "Münchener" und den Ukrainer. Da es bereits 18 Uhr war und es keinen Transfer zurück zum Refugio Murray gab, wurde es dort ein schöner Abend mit den vieren.
Von diesen vier Bergfreunden schaffte es letzten Endes noch einer auf den Gipfel. Der Rumäne aus der Münchner Gruppe hat wohl 15 Stunden ab Refugio Tejos zum Gipfel benötigt; die anderen haben leider aufgeben müssen. So klingen im Nachhinein meine 11 Stunden ab Atacama gar nicht mehr so miserabel, wie ich noch am Gipfeltag gedacht hatte. Überhaupt waren wir die ersten am Gipfel in der Bergsaison 2023/24 - auch das habe ich erst später erfahren.

6. Tag (20.11.2023):
Wir sind relativ früh aufgestanden und nach dem Frühstück haben wir das Zelt abgebaut und unsere Sachen gepackt. Mein Bergführer suchte zwischenzeitlich nach einem möglichen Transfer. Wieder hatten wir Glück: Eine Gruppe Tschechen zeltete etwa 100 Meter entfernt und ein Mitglied der Gruppe hatte keine so gute Nacht gehabt. Er wollte für einige Stunden die Höhe reduzieren und mit ihm konnten wir dankenswerterweise zum Refugio Murray fahren. Hier gab es erst einmal eine Runde Satelliten-Internet und hernach wechselten wir auf den Toyota und fuhren zurück zur Laguna Verde. Dort war es mittlerweile sehr leer, denn fast alle, die vorher hier gezeltet haben, waren nun zwischen dem Basislager und dem Hochlager am Ojos unterwegs. Sogar die Hütte war frei und so bezogen wir die beiden mittel-siffigen Matratzen. Aber immerhin musste ich nicht ins Zelt steigen, Was für ein Luxus! Und kochen konnten wir auch im Aufenthaltsraum!
Für den Rest des Tages war Ausruhen angesagt und ich habe wieder etwas gelernt: Auch am Ausruhtag sollte man sich eincremen (Meine Nase häutete sich in den nächsten Tagen in atemberaubenden Tempo!). Es gab das nachgeholte Gipfelbierchen und eine halbe Stunde Relaxen im warmen Pool der Thermalquellen und sonst viel Ruhezeit an der wunderschönen Laguna Verde, die wir aufgrund des reduzierten Windes nun genießen konnten. 

7. Tag (21.11.2023):
Cerro San Francisco (6.023 m)

Hier handelt es sich um den vielleicht leichtesten 6000er der Gegend, der Berg wird gerne und oft besucht. Es gibt eine gute Wegspur auf meist festem Untergrund und die Höhenmeter sind auch überschaubar.
Wir stehen nicht so früh auf und fahren im Morgenlicht zum Passo San Francisco, Grenzübergang zwischen Chile und Argentinien; fast direkt an der Grenze, aber noch auf chilenischer Seite startet eine Piste nach Süden, der man so weit folgen kann, wie es das Gefährt hergibt. Für uns war auf ca. 4.800 Metern Schluss.
Um 7:40 starteten wir dort und folgten der Piste, später dem guten Weg. Einmal verliert der Weg ca. 30 Höhenmeter, um auf der anderen Seite wieder anzusteigen. Nun kommt das steilste Stück, aber der Weg ist gut gebahnt und meist rutscht man nicht. In der Querung wird es besonders steil und etwas mühsamer. Doch weiter oben flacht der Weg wieder ab - dafür hat man noch etwas Wegstrecke zu überwinden, bis man zur Caldera und dann zum Gipfel des Cerro San Francisco kommt.
Wir haben 4 Stunden bis zum Gipfel benötigt. Eigentlich hat der Berg ein großes Gipfelplateau und ein eigentlich höchster Punkt ist kaum auszumachen. An einem dieser Punkte steht aber doch ein kleines Kreuzchen. Die Aussicht ist an sich wunderschön, aber aufgrund des flachen Gipfels an keinem Punkt umfassend. Der Wind hat wieder aufgefrischt und wir suchen uns ein Plätzchen in relativer Windstille für eine kurze Pause.
Abwärts geht es nun sehr schnell: Nach knapp anderthalb Stunden sind wir am Auto.

8. Tag (22.11.2023):
Barrancas Blancas Central (6.037 m)

Unser letzter Tag an der Laguna Verde und ich kämpfe so langsam mit meiner Erschöpfung. Und auch die Motivation lässt allmählich nach, wollen wir doch heute auf den dritten Sechstausender in vier Tagen!
Also stehen wir einigemaßen zeitig auf, fahren zum Refugio Murray und etwas weiter, soweit wie der Toyata meines Bergführers will. Ähnlich wie gestern ist auf knapp 4.800 Metern Schluss.
Der Plan meines Bergführers ist, die Rinne in Richtung des Mittelgipfels hochzugehen und nicht den Standardweg über den Ostgipfel. Wir starten um 8:30 auf den letzten Autospuren. Schnell verliert sich der Weg und nach und nach wird der Anstieg steiler. Und wieder wird es mühsam, ich spüre, dass ich keine Lust mehr habe auf diese Atacama-Rutscherei (einen Schritt vor, zwei zurück). Erneut ist es sehr anstrengend und ich benötige viele Pausen. Das gestrige Tempo war leider im weglosen Gelände nicht zu wiederholen. Als wir endlich an den Ausstieg der Rinne gekommen sind, gab es auf einmal den Atacama-Wind: Oben am Grat wehte es stürmisch und kalt. Jeder Schritt wurde besonders mühsam, wenn wir wieder durch eine Sturmböe ausgebremst wurden. Der Hauptgipfel erschien gar nicht mal so nah, eine Wolke hat sich vor die Sonne geschoben, meine Kraft und Motivation gingen gegen Null. So fragte ich meinen Bergführer, ob auch der Mittelgipfel als 6000er zählt. Als er das bejahte, habe ich glücklich auf den Hauptgipfel verzichtet.
So waren wir nach 5,5 Stunden am Zentralgipfel (6.037 m) der Barrancas Blancas (6.119 m). Weil es im Wind schnell kalt wurde und sowieso sehr ungemütlich war, sind wir nach ein paar Fotos schnell abgestiegen und haben unsere Pause weiter unten nachgeholt. Im Abstieg wählten wir die Schuttrinne, die direkt am Übergang zum Hauptgipfel ansetzt und konnten über weite Strecken wunderbar abfahren. Trotzdem haben wir gut zweieinhalb Stunden vom Gipfel zurück bis zum Auto benötigt.
Die Vorfreude auf ein paar Tage an der Pazifikküste steigt.

9. Tag (23.11.2023):
Abreise nach Copiapó.
Wir haben noch je eine weitere Übernachtung in Guanaqueros (wunderschönes Fischerdorf) und Valparaíso eingeschoben, bevor wir nach Argentinien weitergefahren sind. Nun wartet der Aconcagua!

Allen, die meinen Bericht  zur Vorbereitung eines eigenen Aufenthalts in der Puna de Atacama lesen, wünsche ich viel Erfolg am Ojos del Salado! Gerne darf man mich für weitere Informationen (auch zu meinem bolivianischen Bergführer) per PN kontaktieren!

Tourengänger: panodirk


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Kommentare (2)


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Bertrand hat gesagt:
Gesendet am 16. Februar 2024 um 13:36
Danke für den Bericht und Gratulieren ! Man hört ja (zu) selten von diesem aussergewöhnlichen Berg...ich war auf dem Gipfel im Dezember 1992, das war es noch um einiges wilder, sehr wenige Infos, kein Asphalt mehr ab Copiapo - mit dem 4*4 war es schon bis Murray ein rechtes abenteur (und ab Murray sowieso zu Fuss !).

Die Kletterstelle müssten wir (ich machte mich fast in die Hosen...) ohne Fixseil hinaufkaxeln, da dieses - damals nur 20mn Reepschnur - vom Wind Richtung Gipfel weggefegt worden war. Gut wir waren heilfroh dass wir es mindestens beim abklettern benützen könnten, sonst würde ich vielleicht noch da oben liegen !

Scheinbar ist der Berg nocht nicht allzu überlaufen, das macht Freude.

panodirk hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Februar 2024 um 14:02
Danke sehr für die Glückwünsche! - Ja, es hat sich einiges geändert, aber überlaufen ist der Berg nach wie vor nicht!


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