Von Atacama nach Tejos (5837m) am Ojos


Publiziert von Kris , 13. Mai 2024 um 22:56.

Region: Welt » Chile » Atacama
Tour Datum:21 November 2023
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: RCH 
Zeitbedarf: 2:00
Aufstieg: 400 m

Unsere Zeit an der Laguna Verde neigt sich dem Ende gegen. Nach der erfolgreichen Besteigung des Barrancas Blancas Este durch alle Teilnehmenden ist die Stimmung entsprechend gelöst, da nun zumindest alle mit 6000er im Tourenbuch nach Deutschland zurückkehren werden. Die Laguna verabschiedet sich uns nach all den windigen Tagen nun mit einer perfekten Spiegeloberfläche. 

Worauf ich hätte verzichten können, ist das 
erneute Schlafsack-Stopfen und Packen. Überall Sand und Staub und im Zeltgewühl fällt es mir immer schwerer, alles in den Taschen und Rucksäcken zu verstauen. Ich mache nachdem ich dann doch fertig geworden bin, einen kurzen Abstecher und genieße den Seeblick. Dann traue ich aber meinen Augen kaum. Da sind doch tatsächlich ein paar verrückte Stand-Up-Paddler auf der Laguna Verde unterwegs. Reinfallen will man hier sicherlich nicht in das bitterkalte Nass. Und winden kann es ja jederzeit stark. 

Nach der Fotosession geht es zurück ins Camp wo wir gemeinsam die Zelte abbauen und Jeeps bepacken. Mit ein paar Kniffen zeigt unser Expeditionsleiter, welche Knoten sich besonders für die Frachtsicherung eignen. Wir verabschieden uns herzlich von der Schwester eines unserer lokalen Guides, die das hiesige Expeditionszelt "betreibt". Denn nun wird es ernst, das eigentliche Ziel unserer Expedition rückt näher: das Dach der Atacama. In unserer üblichen Besetzung im Jeep genießen wir die letzten Rock- und Metal-Klänge aus Eduardos Radio. Wir fahren noch ca. 15 Minuten die gut ausgebaute Straße zwischen Argentinien und Chile entlang und wählen dann den gleichen Abzweig den wir zuvor nachts in Richtung Barrancas Blancas genommen haben. 

Im hellen Mittagslicht halten wir an der hiesigen Bergwacht-Hütte. Unseren Guides wird noch viel Glück gewünscht, dann warten ca 90 Minuten etwas wildere Fahrt zum Atacama Camp auf bereits 5300m über Meereshöhe. Bereits kurz nach Start fährt sich einer der Jeeps fest und nach mehrfachem Luft-aus-dem-Reifen-lassen geht es dann doch weiter. Nun bald vis-a-vis zum höchsten Vulkan der Erde machen wir einen Foto-Stopp und es geht gemächlich weiter bis in Camp. Nun heißt es Durchatmen vor dem Aufbauen des Camps. 

Spezielle Herausforderung hier ist der Sand. In den teils vorbereiten Felsmäuerchen als Windschutz sammelt sich viel davon. Und diesen mit einer kleinen Schippe wegzuschaufeln lässt uns nach Luft schnappen. Doch auch das Steine sammeln zur Befestigung der Zelte und das eigentliche Aufbauen gestaltet sich hier oben nicht einfacher. Zum Glück hat uns der Appetit nicht verlassen und nachdem wir in Ruhe alles im sehr weitläufigen Camp eingerichtet haben, gönnen wir uns einen späten Mittagssnack, der u.a. aus Chips besteht. Spannend wird es jetzt nochmal, weil noch offen ist, wie wir in das höhere Tejos Camp (5837m) gelangen. Normalerweise muss hier alles Nötige für das High Camp gesattelt und auf teils steiler Straße die 500 Meter von jedem nach oben getragen werden. Oder aber wir haben das Glück dass die Jeeps entweder unser Gepäck oder gleich uns selbst mit nach oben fahren können, was je nach Verhältnissen möglich ist. Dies wollen unsere Guides nun herausfinden und nutzen den Nachmittag zur Probetour. Gespannt beobachten wir das Geschehen und sehen wie der Jeep immer wieder an der ersten steilen, ausgefahrenen und staubigen Stelle über dem Atacama Camp scheitert.. zwar würden wir natürlich auch die 20kg irgendwie nach Tejos bekommen, wenn es geht wollen wir aber natürlich gern die Kräfte sparen...

... und dann klappt es doch, mit Müh und Not. So bleiben wir vorerst im Ungewissen, da der Jeep um eine Ecke verschwindet. Irgendwann kommen unsere Expeditionsleiter zurück, und verbreiten keinen großen Optimismus. Alles weitere besprechen wir jedoch nach dem Abendessen, bei dem wir uns "nochmal so richtig vollfuttern" sollen. Das kann man aber unterschiedlich auslegen. Es bleibt am Ende bei einer kleinen Schüssel Nudeln mit Sauce, da einfach nicht mehr Vorräte da sind. Unser Appetit ist trotz Höhe einfach noch zu gut. Ein gutes Zeichen aber eben auch ein logistisches Problem, das doch in der Mannschaft für etwas Unmut sorgt. Gehört eben aber dazu. Dann bei der Lagebesprechung gibt es mehrere News. Einerseits wird wohl zumindest das Gepäck den Weg nach Tejos schaffen, andererseits werden 2 Teilnehmende keinen Versuch starten, den Ojos zu erklimmen da bereits der Barrancas Blancas zu schwer gefallen ist. Die Metapher des Expeditionsleiters ist hier ein (vereinfachter) Vergleich. Barrancas Blancas ist eine 3/10, Ojos eine 6/10 , wenn die 10/10 der Gipfeltag am Everest ist. Na das macht ja Mut.. soll uns wohl aber vor allem mahnen, den Berg nicht zu unterschätzen.

Nach dem Essen geht es ins Zelt, die Anspannung steigt leicht, aber durch die gute Höhenanpassung ist die Nacht auf 5300m kein Problem. Nach Hörspiel und Buch lesen geht es ab ins Bett, nicht ohne zuvor eine bitterkalte Toilettenrunde zu drehen. Am nächsten Morgen machen wir uns fertig, packen die Gipfelsachen, und dann wollen wir es doch versuchen via Jeep hochzufahren. 2-3 Ambitionierte wollen direkt aufsteigen. Doch die Auffahrt im Jeep macht wieder Probleme. Immer wieder und trotz Anlauf drehen die Räder im tiefen, steilen Staub durch. Irgendwann klappt es, gerade so. Wir können wieder einsteigen und fahren so ca. 150 Höhenmeter mit bis wir an eine leicht vereiste Stelle kommen. Hier wird etwas riskant umfahren, so dass es für uns heißt aussteigen und gemächlich zum Tejos laufen, aber zumindest ohne Gepäck.

Ich fühle mich gut, und so geht es gut voran. Der Container taucht aber trotzdem nicht auf. Das Gelände flacht ab und es geht mehr oder weniger geradeaus. Der Ojos selbst will sich hingegen nicht zurücklegen und zeigt seine Nordflanke steil und abweisend, das wird kein Spaß. Mit gutem Auge kann man die Aufstiegsspur in der steilen Flanke erahnen. Dann taucht doch noch der markante, orange Container auf. Hier sind wir also. Warum der Container hier steht? Vor einigen Jahrzehnten gab es hier oben einen Heli-Unfall eines Reichen. Die Rettungsmannschaft baute als Basis für die Rettung und Suche den Container auf, und er blieb stehen. Nun ist er - innen sehr rustikal ausgestattet - auch die Basis für die Normalroute am Ojos. 

Auch hier heißt es wieder Zeltaufbau. Gleichzeitig wandert unser Blick immer wieder zum Ojos. Eine Gruppe Chilenen ist noch am Berg, es ist bereits 16 Uhr und es ist niemand in Sicht. Einer der Gruppe ist zurückgeblieben und sucht immer wieder mit einem Fernglas die Abstiegsflanke ab. Auch mein 30-fach optischer Zoom der Kamera bringt keine Erkenntnisse. Und das obwohl die Gruppe noch am gleichen Abend zurück zum Flughafen möchte. Eine Fahrt von mindestens 8 Stunden und das bei wohl völliger Erschöpfung.

Nachdem wir die raren Schlafplätze im Container eigentlich schon (trotz durchgelegenen Matratzen) vergeben und verlost hatten, räumen wir nun mehrheitlich wieder den Container um den Zurückkehrenden notfalls die nötige Erholung zu bieten. So teile ich mir diesmal das Zelt zu zweit (angenehm, da die meisten zu dritt liegen) und wir gehen nach einem kleinen Couscous zeitnah ins Bett. Der Wecker soll um vor 3 Uhr klingeln. Und von den Chilenen am Berg ist beim Zubettgehen weiterhin noch keine Spur zu sehen. Wie geht es ihnen und wie wird es uns ergehen? Fragen für den nächsten Bericht .. 


KONDITION 2.5/5
ORIENTIERUNG 1/5
TECHNIK 1/5
EXPONIERTHEIT 1/5

Tourengänger: Kris


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