Baltschieder Klettersteig zur Wiwannihütte


Publiziert von Solanum , 8. November 2009 um 11:49.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 7 Juni 2008
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettersteig Schwierigkeit: K2+ (WS+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:Ausserberg- Suone Niwärch- Üsser Sennturm- KS zur Wiwannihütte- Ausserberg über den Hüttenweg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Visp über Baltschieder auf der Fahrstrasse nach Ausserberg. Parkplätze am Bahnhof.

Die Klettersteigsaison war noch nicht sehr alt. Nach Internetrecherche wusste ich, dass der Baltschiederklettersteig soeben erst nach dem langen Winter wieder eingerichtet war. Das Wetter war für die Alpennordseite mehr als nur bescheiden zu nennen. Lediglich inneralpin sollte die Sonne scheinen. Kurzentschlossen unternahm ich am folgenden Wochenende einen Kurztrip ins ferne Wallis...

Nach einem nassen Samstag den ich zur Erkundung diverser kleiner Sportklettersteige genutzt hatte, sollte sich die weite Anfahrt nun doch endlich lohnen. Vielleicht hatte ich ja heute Glück und es ginge sich für eine grössere Tour aus. Skeptisch fuhr ich auf der Autobahn das Rhonetal von Montreux aufwärts. Überall hingen noch dicke Wolkenfetzen an den Bergflanken. Erst hinter Sion fing es langsam an aufzuklaren. Aber selbst in Visp gab es noch eine Menge dunkler Wolken. Aber wenigstens probieren wollte ich es. Zur Not würde ich es halt mit einer kleinen Wanderung entlang der Suone beruhen lassen. Das hatte ich ja auch noch nie gemacht.

Nachdem ich das Auto in Ausserberg abgestellt hatte, folgte ich zunächst der asphaltierten Strasse in Richtung Baltschieder Tal. Von hier zweigt nach einiger Zeit der markierte Pfad in Richtung der Suone Niwärch ab. Der Suonenweg ist wirklich sehr eindrucksvoll. In etwa einer Stunde gelangt man über diese mittelalterliche Wasserleitung quer durch eine Felswand. Man kann sich kaum vorstellen wie dieser Weg einmal mit einfachsten technischen Mitteln angelegt worden sein muss. Stellenweise wurden ganze Wandvorsprünge durchtunnelt. Ich frage mich wie die Erbauer hierbei so exakt das nötige Gefälle einhalten konnten. Egal, hier geht es ja um Tourenberichte. Nach der Suone nähert sich der Pfad wieder dem Talgrund des Baltschiedertals. Hier liegen um diese Jahreszeit noch riesige Lawinenkegel, die teilweise überklettert werden müssen. Manchmal gluckert und rauscht es von unten doch verdächtig. Ob die Schneedecke hält?  Hinter Üssers Sennturm zweigt nun nach links der Pfad zum Klettersteig ab. Leider hängt immer noch eine Wolke über dem Tal, so dass ich von dem Wegverlauf des Steiges nicht viel sehen kann. Sind dies Regenwolken oder nur die letzten Dunstfetzen bevor der Sonnenschein durchbricht? Soll ich es wagen? Jetzt bin ich schon einmal hier, da schaue ich mir doch wenigstens einmal den Einstieg an. Im Zweifelsfall kann ich ja immer noch umdrehen. Etwas mühsam folge ich dem Weg nun steil aufwärts, bis ich nach ca. 200 Höhenmetern den Einstieg erreiche. Die Felsen sind zwar feucht, doch erscheint mir die Kletterei nicht sonderlich schwierig. Ich beschliesse solange weiter zu klettern, bis es mir unter den Bedingungen zu schwierig erscheint eine Stelle wieder abzuklettern und also vorher umzudrehen. Gespannt klettere ich also durch den dicken Nebel. Ich komme gut vorwärts und das Klettern macht Spass. Schöne Kraxeleien ohne wirklich zu fordern. Und je höher ich komme, desto heller scheint es um mich herum zu werden. Bis plötzlich der Nebel vor mir aufreisst und ich unter blauem Himmel stehe. Erst jetzt sehe ich die mich eindrucksvoll umgebenden Fels- und Steilflanken, die in den Rinnen noch tief mit Firn bedeckt sind. Hier wird der Steig nun merklich flacher und zieht durch eine grasbewachsene Matte empor. Jetzt im Frühsommer herscht hier eine schier unglaubliche Farbenpracht. Unmöglich alle Enzianarten, Alpenrosen, Kohlröschen, Steinbrech und, und, und, alle aufzuzählen, die hier in der wärmenden Sonne auf mich warten. Während ich verträumt vor mich hinsteige, merke ich, dass ich nicht allein bin. Über mir zeigt sich doch ein verwegenes Köpfchen mit zwei Stummelhörnern, das hinter einer Kuppe hervorlugt. Ich versuche es einzuholen, aber das scheint ihm nicht im Sinn zu liegen. Immer wieder verschwindet das kleine Tierchen hinter einer Kuppe, sobald ich im näher als 20 m komme, nur um mich im nächsten Moment ein Stück weiter wieder neugierig zu beäugen. Irgendwann verliert der kleine Steinbock wohl das Interesse an mir und geht seiner Wege. Nun wird der Steig wieder felsiger. Es folgt eine etwas ausgesetzte Querung über Steigbügel und es geht aufwärts zu einem kleinen Turm. Dieser wird überklettert und man gelangt in eine etwas luftige Scharte. Hinter dieser geht es nun ein kleines Wandstück empor. Hiernach wird der Steig langsam wieder etwas flacher. Schon lange sieht man links die Wiwannihütte oben auf einem Rücken stehen. Die direkte Querung zur Hütte wirkt verführerisch. Doch müsste man steile, firnbedeckte Runsen queren, die weiter unten in Felsabbrüchen enden. Zu gefährlich. Im Wandbuch (ich darf den ersten Eintrag der Saison tätigen!) wird ausdrücklich davor gewarnt. Also folge ich dem weit nach rechts ausholenden Pfad mit Gegenanstieg. Auch hier muss ein, allerdings flaches, Schneefeld gequert werden. Dieses hat der Hüttenwirt jedoch eigenhändig mit bequemen Trittstufen versehen.

Ich erreiche die Wiwannihütte und mache erst einmal Pause. Ich treffe nur die Vertretung des Hüttenwirts, eine waschechte Üsserschwizerin aus Zürich, die hier ihre Semesterferien verbringt. Der Hüttenwirt hatte angesichts des Wetters keine Besucher mehr erwartet und ist mit Kollegen zum Klettern aufs nahe gelegene Wiwannihorn entschwunden. Ich plaudere etwas mit der netten Hüttenwirtin, trinke ein Rivella und geniesse die einmalige  Aussicht auf die Walliser Eisriesen, die sich leider teilweise hinter dicken Wolken verstecken. Doch die Mischabelgruppe schaut das ein oder andere mal hervor. Ich geniesse den herrlichen Sonnenschein doch traue ich dem Wettergeschehen nicht ganz. Von Brig scheint doch ein Gewitter zu kommen.

So mache ich mich an den Abstieg über den Normalweg nach Ausserberg. Noch einmal quere ich eine ganze Wiese, die komplett mit Frühlingsenzianen bewachsen ist. Weiter unten am Berg ändert sich die Vegetation merklich. Hier herrscht das typische Rhonetaltrockenklima. Das trifft leider nicht auf das aktuelle Wetter zu. Und so muss ich mich sputen, um nicht doch von einem Gewitterschauer eingeholt zu werden. Ich schaffe es nicht ganz, und so werde ich auf den letzten Metern doch noch nass.

FAZIT: Trotzdem. Eine äusserst lohnenswerte Tour. Weniger spektakulär als die benachbarten Jegi- und Daubenhörner, dafür steigt man sich aber auch nicht gegenseitig auf die Füsse und muss an jeder Engstelle anstehen (z.B. Seilbrücke Jegihorn). Also eine Tour für Geniesser.

Tourengänger: Solanum


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