Jägerkamp und Aiplspitz von Geitau


Publiziert von Bahoe , 30. September 2023 um 05:56.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:18 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 11:45
Aufstieg: 1475 m
Kartennummer:DAV BY 15 Mangfallgebirge Mitte Spitzingsee, Rotwand

In momentan zwei von meinen Büchern ist die Kombination von Aiplspitz und Jägerkamp als wohl identische Tour drin, fünf bzw. fünfeinhalb Stunden und 1030 bzw. 1100 Höhenmetern im Aufstieg. Bei der Route mit der Runde im Uhrzeigersinn wird in der Literatur von Aurach aus gestartet. Auf der Suche nach einem Autoabstellplatz gilt es aber wohl, ein wenig kreativ zu sein. Da ich im Rahmen anderer Unternehmungen die Parkmöglichkeiten noch nicht erkundet hatte und mir auch der Wanderparkplatz in Geitau unbekannt war, hatte ich geplant, von dort über das Geitauer Alpl zum Nordgrat zu gelangen.

Nach der Fütterung des Automaten mit Münzen konnte es auch glich losgehen. Die erste beschilderte Abzweigung nach links zu Flugfeld und Tiefentalalm ist zu ignorieren, die Richtung geradeaus wäre beizubehalten gewesen. Aber nach dem Drehkreuz gab es erneut eine Abzweigung nach links und die beiden Forststraßen hatten dieselbe Breite und Wertigkeit für mich – kurz vor dem Ende meiner Tour sollte ich den Wegweiser zu Gesicht bekommen, den ich am Beginn übersehen hatte. Ich marschierte zwar zunächst geradeaus, es ging ein wenig hinab und es war für mich zu erkennen, dass der Fahrweg wieder nach Geitau hinabführte- Auf das Weitergehen leicht bergab, um herauszufinden, ob es sich um eine Kreuzung bzw. Abzweigung handelte, hatte ich keine Lust. Trotz des Kartenstudiums vor der Tour und dem vorhandenen Instinkt beschloss ich, umzukehren und die andere Schotterstraße weiterzuverfolgen. Was sich im Nachhinein als Glücksfall entpuppte.

Also retour ein Stück der Wiese abgeschnitten und an einem landwirtschaftlichen Gebäude vorbeimarschiert. Die Forststraße endete ziemlich bald, aber es ging schön bergauf und dann begannen die Markierungen. Ohne Rücksicht auf Verluste folgte ich dem Steig. Als ich die Angelalm der Naturfreunde Deutschlands sah, bis wohin ich eine Stunde 12 oder 13 gebraucht hatte, hoffte ich mich, dass der Steig nicht nur bis dorthin führte. Meine Hoffnung erfüllte sich, unterwegs wünschte ich mir, dass ich den Anstieg zur Aiplspitz vom Krottentaler Almgebiet finden möge. Noch vor dem Erreichen des Felsens mit dem weißen Doppelpfeil, hätte es mir im wiesigen Gelände ganz gut gefallen aufzusteigen, war mir aber sicher, dass ich noch zu weit weg war vom Schuss und mich irgendwo durch Latschen wühlen ist bei normal zu erreichenden Zielen heuer nicht wirklich drin. Beim Pfeil gab es dann mehr Vegetation und somit Hindernisse, daher wurde weitergegangen.

Rote Markierungen gab es noch genug. Dann aber kam ich an die letzte, es war (für mich) unübersichtlich, wie es weitergehen sollte. Daher Entscheidung zur Krottentaler Alm abzusteigen. Die Sennerin war mit Handy-Sprechkommunikation beschäftigt, während sie sich in der Wiese oberhalb des grasigen Fahrwegs aufhielt, die wollte ich nicht stören dabei. Ein wenig gewartet, dann wollte ich weitergehen. Da kam dann eine Kuh herab und da ich die Sturheit dieser Tiere kenne und selbst stur war, wären wir miteinander kollidiert, wenn das Tier und ich stur weitergegangen wären. Da die Kuh wusste, dass sie schwerer und stärker ist als ich und ich wusste, dass ich schlau genug war, um die Kollision zu vermeiden, stieg ich vom Fahrweg doch zur Almerin auf, wo ich fälschlicherweise auch geglaubt hatte, dass sie fertig parliert hätte. In der gemeinsamen Konversation betreffend den Weg zur Aiplspitz waren wir aber dennoch auf keinen grünen Nenner gekommen. Den Felsen mit dem weißen Doppelpfeil schien sie jedenfalls nicht zu kennen. Richtig Zeit für die Kommunikation hatte die Dame auch nicht, denn sie setzte das Gespräch, von dem ich geglaubt hatte, dass es bereits zu Ende gewesen war, fort. Nach meinem Fehler im Gespräch und dem unerwarteten Ende stieg ich aber nicht wieder ab, sondern ging weglos weiter, den bereits bekannten Sattel mit Drehkreuz im Blick. Zum ebenfalls zu sehenden Steig arbeitete ich mich hin, aber dadurch wurde die Aufstiegsmöglichkeit bzw. das Auffinden dieser zum höheren bereits 5 Tage zuvor über das Tanzeck besuchten Gipfel ausgespart. Zum Jägerkamp zu gehen war schon länger vorher einkalkuliert worden, das wurde dann auch so durchgeführt. Bei der Schnittlauchmoosalm wurde sich dann noch verbal die Bestätigung geholt, dass eh absolut nix zu trinken bekommen ist, sondern ständig nur PRIVAT gilt, auch bei Anwesenheit.

Am Jägerkamp dann erstmal die erste richtige Pause. Danach wurde nicht der kürzere und in den beiden am Beginn gemeinten Büchern eingezeichnete Weg zur Jägerbauernalm genommen, sondern die längere Route mit den Betretungsverbotstafeln zwecks Wildschutzgebiet – die Raufußhühner in erster Linie wieder mal… Vom 1. Dezember bis Mitte Juli hat man dort nichts verloren. Wenn ich schon in der Augusthitze dort bin, sollte ich die Gelegenheit nutzen, dachte ich mir. Interessiert hatte mich die Abzweigung zur Erhebung Wilde Fräulein. Gesehen wurde die Abzweigung nicht, dazu hätte ich wohl keine Sonnenbrille aufhaben dürfen. Oder mich mehr konzentrieren. War mir aber nicht so wichtig. Das nächste Ziel war ohnehin unverändert die Jägerbauernalm. Dort mindestens eine Stunde Pause und zwei Halblitergetränke. Fast vor dem Abschied dort düste noch das Almschwein vorbei, das Lama und das seit 30 Jahren dort engagierte Urgestein namens Elke, die Seele der Alm, bekam ich nicht zu Gesicht - dafür den by fair means aufgestiegenen Paragleiter.

Nach dem Abstieg zur Benzingalm und dem Vorbeigehen an dieser war auf der „Quetschn“ (Zugin, Ziehharmonika / Akkordeon) das Kinderlied „Alle meine Entlein“ zu hören. Es ging noch ein Stück hinab zum Baum mit den drei Wegweisern in die Richtungen Aurachtal, Aiplspitz und eben Benzingalm. Der erneute Aufstieg zur Aufnahme des Steiges vom Geitauer Alpl war obligatorisch und an der Kreuzung die letzte Möglichkeit für eine Entscheidung. Der steile Abstieg auf dem Steig und der darauffolgenden Forststraße wären für meine Füße pures Gift gewesen. Da es mich ohnehin wurmte, den Nordgrat im Vorjahr nicht machen haben zu können und ich absolut an der T4-Anforderung eines Buches zweifelte - nachdem ich verschiedene Gelegenheitswanderinnen im Abstieg sah (z.B. ein Sohn mit seiner Mutter) - war ganz klar, dass ich da hinaufmusste. Egal, wenn ich statt einer halben Stunde eine Dreiviertelstunde brauche. Ein weiterer Anreiz war dadurch gegeben, dass es nach der Überschreitung der Aiplspitz vor einer felsigen Stufe eine Stelle gibt, die ich mir vor 5 Tagen gemerkt hatte und wo ich erkunden wollte, ob es da eine Gasse durch die Latschen Richtung Krottentaler Alm gibt. Nach der AV-Karte soll der rote Wanderweg durch die Latschen allerdings ganz nahe am Gipfelkreuz sein. Nicht ausgeschlossen war, dass am Gipfel jemand sein würde, who zur Krottentaler Alm absteigen wollte, womit ich mich eventuell dranhängen hätte können. Drei Personen waren am Gipfel, ein Bursche, auch schon mit aufs Foto mit dem Kreuz gelangt, sowie zwei Damen, beide vermutlich älter als ich. Sie waren von Geitau aus aufgestiegen und wollten tatsächlich anders zurückgehen als über den Nordgrat und die Forststraße, die sie für den Aufstieg genutzt hatten. Das sollte sich aber erst herausstellen, denn während ich noch nicht fertig mit meiner Nahrungsaufnahme oder dem Herstellen der Abmarschbereitschaft nach der Pause war, waren sie schon aufgebrochen. Als ich auch aufbrach Richtung Tanzeck, da ich weder die Latschengasse noch eine entsprechende Markierung jedweder Form wirklich erspähen konnte, kamen sie mir wieder entgegen. Im Gespräch erzählte ich ihnen, dass es zwar einen Weg geben müsste, ich diesen aber nicht gesehen hätte, aber an einer Stelle nachschauen wollte. Wenn es ein Fehlschlag wäre, würde ich die ganze Schleife wie bei meinem Anmarsch am Vormittag zurückgehen. Das wollten sie nicht und versuchten auf eigene Faust mit dem Handy ihr Glück im Gipfelbereich.

Bei meiner Erkundung gab es dann eine Barriere von circa 2 Metern, diese zu überwinden wäre zwar möglich gewesen, aber es hätte dann kein Zurückmehr gegeben. Das konnte ich nicht durchexerzieren. Mittlerweile war auch der am längsten am Gipfel verbliebene Bursche auf seinem Weg zum Taubensteinhaus, wo er (erneut) übernachten wollte. Wir unterhielten uns gut und beim Drehkreuz zwischen Rauhkopf und Schnittlauchmoosalm trennten sich unsere Wege.

Mein Weg führte mich dann in beim Aufstieg verpasstes Gelände, wo ich wohl ein Steigfragment nach oben sah und auch die große Tafel für den naturverträglichen Wintersport. Diese Option speicherte mein Hirn für den nächsten Aufstiegsversuch ab. Es sollte sich herausstellen, dass die beiden Damen es zwar geschafft hatten, abzusteigen, aber eben zu tief bis in den Bereich der Krottentaler Alm (wo die Gebäude bzw. das Gebäude standen bzw. steht - so nah bin ich nie ran, um genau zu wissen, ob es eins ist oder zwei sind). Meiner Meinung nach hatten sie mich gesehen, der ich unbeirrt meinen Weg fortsetzte, sie fragten aber noch nach bei der Alm. Es hat dann eine ganze Weile gedauert, bis sie mich eingeholt hatten, denn die öde Fahrstraße wollten sie sich nicht antun. Es gab dann nochmal einen Punkt, an dem ich sie wieder hinter mir ließ – ohne ein Wettmarschieren gemacht zu haben. Beim Drehkreuz vor dem Parkplatz erblickte ich dann den morgens übersehenen Wegweiser. Dadurch, dass viel weicher Wald- und Wiesenboden auf der Strecke gegeben war, konnte ich mir die fast zwölfstündige Tour leisten. Für den Folgetag gab es dann eine recht kurze Unternehmung mit dem Brecherspitz Ostgrat.
 
Fazit:
Landschaftlich sehr reizvoll mit absolut überschaubaren Schwierigkeiten. Für die wohl am seltensten genutzte Auf- bzw. Abstiegsvariante zur Aiplspitz nehme ich sicher einen neuen Anlauf, vermutlich nächstes Jahr.
 
Zu den Schwierigkeiten:

Es gab sowohl am Nordgrat als auch zwischen Tanzeck und Aiplspitz bereits tödliche Abstürze. Die Tourbeschreibungen aus vergangenen Jahren, wo auf Bildern noch ein textiles Seil zu sehen sind am Südwestgrat, kann man lesen und sich überlegen, ob das machbar wäre oder nicht. Allerdings ist das rote Seil durch ein straffes Stahlseil ersetzt worden zwecks Unfallvermeidung. Ich persönlich finde den Anstieg vom Tanzeck zur Aiplspitz anspruchsvoller als den Abstieg, mein technisches Können gepaart mit meinem Schuhwerk reicht aus, um die Passage in beide Richtungen auch ohne jedwedes Seil zu machen. Wenn aber eines da ist, greife ich zumeist darauf zurück – es sei denn es wäre nicht vertrauenswürdig.
Entsprechend meinem Credo, jede schwarz klassifizierte Route im Gelände mit mindestens T3+ zu bewerten, folge ich. Die Zwei-Drittel schwierigere Einstufung im Abstieg würde ein T4 bedeuten am Nordgrat, dem kann ich so aber nicht Rechnung tragen. Tef hat den Abstieg auch nur als T3+ bewertet, dann wäre es hinauf für ihn auch nicht mehr als T3. Ich gebe es an dieser Stelle zu, ich habe keine konsequente Linie – d.h. ich bewerte nicht jede Route im Abstieg um zwei Drittel schwieriger. Es kann genauso gut auch nur ein Drittel sein. Dies praktizieren auch andere user. Ein Drittel sehe ich als Muss, zwei Drittel als Kann-Option. Eins meiner Bücher hat mittel bis schwer in der Beurteilung des Nordgrataufstiegs bzw. der ganzen AIPLSPITZ-JÄGERKAMP Tour ausgewiesen. Im anderen hat die schwarz klassifizierte Tour die Anforderung T4 abgedruckt. Auch online gilt in zumindest einer Beschreibung die Anforderung T4. Es handelt sich nach Meinung eines Buchautors um eine Tour für Leute, die sich zum ersten Mal an eine schwarze Tour wagen wollen. AM NORDGRAT WIRD ABER NUR AUFGESTIEGEN – NICHT ABGESTIEGEN in der Literatur und der online aufzufinden ÖPNV-Tour (gamssteig.de. – Alois Iglspacher) Für mich im Abstieg jedenfalls absolut machbar. Im selben Buch, wo andernorts über die Große Wolfsschlucht aufgestiegen wird, (naheliegendes Gipfelziel SCHILDENSTEIN, in der anderen Richtung wartet die HALSERSPITZE) wäre die Anforderung für den schwarz klassifizierten Bergweg nur T3 – T4 und die Tour in die rote, mittlere Kategorie eingeordnet. Da muss ich sagen, dass mich dieser erodierte Weg schon im Aufstieg mehr beeindruckte als der AIPLSPITZ-Nordgrat nach circa 8 Stunden in den Beinen. Einen Abstieg würde ich bei der Wolfsschlucht erst machen wollen, wenn kurz zuvor ein Aufstieg meinerseits erfolgt wäre. (Zuletzt war ich am 29.10.2021 im Rahmen einer Halserspitz-Rundtour dort). Ich glaube, durch die bisherigen Unglücksfälle, die leichte Erreichbarkeit von München und dadurch, dass es sich um einen gut markierten Wanderweg handelt, wird der AIPLSPITZ-Nordgrat im Buch mit T-Skala-Verwendung entsprechend hoch bewertet. Die Schilder des DAV sind sicher berechtigt.

Mark Zahel: beide Routen (Wolfsschlucht und Nordgrat) mit Stellen I. Im Buch MÄNNERTOUREN aus dem 2013er Jahr (30 Touren von zehn verschiedenen Autoren) steht bei der Wolfsschlucht schwer, aber nix von Stellen I bzw. UIAA – weder im Tourenkopf noch in einem Textblock. Bei der AIPLSPITZ + JÄGERKAMP Rundtour ist abgedruckt: Kurze Kletterstellen I am Aiplspitz-Nordgrat, ebenso im Abstieg am Süd-westgrat.
 
Schlussbemerkungen:

Auf Grund meiner aktuellen Defizite war es sicher vernünftig, auf bekannter Route vom zweiten Gipfel zurück zum Ausgangspunkt zu gehen – zumal Gelände und Karte nicht in Einklang gebracht werden konnten. Ein weiteres, triftiges, hier nicht näher erläutertes Argument für meinen „Alleingang“ gibt es auch noch. Wie schon in zumindest einem anderen Bericht erwähnt, handelt es sich um den Weg über die Angelalm um einen aufgelassenen Wanderweg (in der AV-Karte schwarz strichliert eingezeichnet, aber doch schon noch rot markiert). Der Zahn der Zeit wird die Markierungen weiter verblassen lassen, aber der Großteil der Wegspur bleibt sicher noch länger so gut erhalten, dass sich Erfahrene ziemlich leicht zurechtfinden dürften, so meine Einschätzung. Aktuell weiß ich, wie ich der kleinen Herausforderung mit einem kleinen weglosen Stück (ohne Steinmännchen) zwischen den Markierungen begegnen will – ohne zu viele Höhenmeter herzuschenken – vielleicht habe ich es aber dann wieder vergessen, wenn es darauf ankommt. Damit kann ich allerdings gut leben. Auf der Homepage der Naturfreunde, Ortsgruppe Karwendel München Sendling, scheint die Angelalm aktuell ohne das E auf.

Bei meinem Abstieg kam mir eine Gruppe junger Damen auf dem Weg dorthin entgegen (mit großen Rucksäcken zwecks Übernachtung), es war ja ein Freitag – somit Wochenende und bestes Wetter auch noch für die gesamte Folgewoche.
 
Auf der Aiplspitz befand sich ein relativ dickes Heft der AV-Sektion Leitzach.
 

Tourengänger: Bahoe


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