Misserfolg am Mitgel


Publiziert von Bergmax , 22. September 2023 um 20:58.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Oberhalbstein
Tour Datum:20 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 3:45
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 750 m
Strecke:Plang la Curvanera - Einstieg Ex-Diagonala - wieder zurück
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto via Savognin zum Parkplatz Plang la Curvanera. Nur teilwieise asphaltierte Zufahrt. Neuerdings (?) gebührenpflichtig, ausschließlich über App zahlbar (?).
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Ein Ex-Normalweg...

Zugegebenermaßen berichte ich nicht allzu oft über eine misslungene Tour. Umkehren zu müssen wurmt immer und es macht keinen Spaß, sich beim Schreiben nochmals daran zu erinnern.
Aber für den Piz Mitgel mache ich eine Ausnahme, weil der Zustandsbericht vielleicht jemanden bei der Planung helfen könnte.

Der Piz Mitgel ist ein schneidig aussehender, felsiger 3000er, der bis vor einigen Jahren über einen schwierigen oder einen einfachen Klettersteig zu erreichen war. Der leichtere Klettersteig führte über ein markantes Schrägband, treffend bezeichnet als Senda Diagonala.
Dieser Aufstieg wurde auch als knappes T5 beschrieben. Die letzten Infos seit der offiziellen Schließung der Klettersteige waren dahingehend, dass die Sicherungen noch teilweise vorhanden seien und die Route - nun mit mehr Schutt als früher - mehr oder weniger gut begehbar sei.

Vom Parkplatz Plang la Curvanera (ca. 1840 m) folge ich nur kurz dem Fahrweg weiter aufwärts und zweige am Waldrand bei P. 1887 auf den ehemaligen Zustiegspfad der Klettersteige ab. Der Beginn des Weges ist noch gut erkennbar, jedoch werden die Spuren im Weidegelände ziemlich bald undeutlich. Am mehreren Stellen muss ich unter dem Elektrozaun durchkriechen, denn Durchlässe gibt es keine mehr. Ansonsten bereitet der nur mäßig steile Zustieg keine Schwierigkeiten. Ich gehe einfach etwa dort lang, wo der Pfad auf map.geo.admin.ch noch eingezeichnet ist.

Wo früher die Gabelung zwischen den beiden Zustiegen war (ca. 2290 m), ist heute noch ein Depot mit einigen blau-weißen Markierungsstangen und Werkzeugen vorhanden. Ab diesem Punkt gibt es im Zustieg zur ehemaligen Diagonala teilweise blau-weiße Farbmarkierungen und die Wegspur wird wieder etwas deutlicher.

Schon von Weitem erkenne ich das viele Geröll unterhalb des Schrägbandes. Aber ich bin noch zuversichtlich, vor Ort einen sinnvollen Durchstieg zu entdecken. Weniger gut gefällt mir, dass kaum bis gar keine frischeren Begehungsspuren zu erkennen sind. Für einen Normalweg auf einen so schönen und mächtigen 3000er eigentlich seltsam...
Auf der Moräne unter der Felswand beachte ich den Hinweis, dass man nicht bis zu den Felsen aufsteigen, sondern lieber durch das Geröll zum Schrägband hin queren solle. Das macht vor Ort sofort Sinn.

Das Geröll ist von Anfang an lose, aber zunächst flach. Auf etwa 2500 Meter verlieren sich jedoch die Spuren und ich muss mich über frisches und zunehmend steiles Bruchzeug hochmühen. In der Nähe der Felsen habe ich Schwierigkeiten, den Routenverlauf nachzuvollziehen. Einige wenige Drahtseile sind zu finden. Sie liegen meistens lose herum und sind ausnahmslos defekt. Nicht gut!
Noch gebe ich aber nicht auf und wühle mich weiter hoch bis an den Rand der großen, schrägen Platte, welche den Zustieg zum eigentlichen Band versperrt. Dort finde ich eine flache Verschneidung, die ich recht heikel im unteren II. Grad hochklettere bis auf eine Terrasse. Leider wird es dort nicht besser. Wieder kaputte Drahtseile und die Felsen sind zwar geneigt, aber abwärtsgeschichtet und - am schlimmsten - komplett mit tückischem losen Schutt bedeckt. Nach einigen weiteren Versuchen und reiflicher Überlegung erachte ich das Risiko für zu groß und kehre schweren Herzens um.
Der Abstieg durch die Verschneidung und durch das lose Geröll verlangt nochmals Konzentration.

Wieder auf der Moräne angekommen mache ich eine Pause und sinniere nochmals über die Umkehr. "Wenns "unten" am Wandfuß schon so aussieht und sich sch..... anfühlt, dann kann es oberhalb kaum besser sein." riet mir letztes Jahr Nyn. Ich denke, er hat recht. Wäre das Gelände erst zehn Meter unter dem Gipfelkreuz heikel gewesen, hätte ich micht sicher irgendwie hochgewurstelt. So aber ist das alles unvernünftig.

Der Abstieg über die Wiesen zum Auto ist schnell geschafft. Ein Ersatzziel suche ich mir nicht, zumal auch das Wetter nicht mehr so besonders toll aussieht. Also Heimfahrt und die Zeit noch für eine Formalität genutzt, die einigermaßen an der Strecke liegt.

Es ist sicher nicht unmöglich, die Diagionala zu begehen. Aber ziemlich gefährlich und absolut nicht schön oder lohnend. Die Bedenken von StefanP und seine umständliche Route sind also berechtigt.

Fazit (für mich) - ich muss mal meine Tourenwahl etwas überdenken. Hatte heuer schon einige abschnittsweise "blöde" Touren und Bergsteigen soll doch Spaß machen - oder nicht...?

Fazit (generell) - großer Mist! Wer den Piz Mitgel locker-flockig besteigen wollte, hat die Zeit dafür definitiv verpasst!

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Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

StefanP hat gesagt:
Gesendet am 22. September 2023 um 21:39
Hoi Bergmax
Danke für deinen Bericht. Ich hatte mich wirklich gefragt, ob es sich tatsächlich lohnte unser langer Anstieg von Norden oder ob es doch einfacher wäre über die Senda Diagonale. Mit deinem Bericht bin ich froh, hatten wir die Nordvariante gewählt.
Wünsche dir weiterhin gute Touren
Gruess Stefan

Bergmax hat gesagt: RE: Danke, auch für die PN
Gesendet am 22. September 2023 um 23:26
Stefan, ich habe den Mitgel (Gipfel) als Wegpunkt mit aufgenommen. Keine schlechte Idee, denn wer nur oberflächlich recherchiert, könnte ihn sonst übersehen.

Beste Grüße

Max

Cubemaster hat gesagt: Super Bericht!
Gesendet am 22. September 2023 um 23:33
Cool, dass du die Informationen hier bereitstellst, sicher eine gute Entscheidungshilfe für zukünftige Begehungen.
Ich stand damals am Parkplatz etwas verdattert vor dem Schild "Klettersteig gesperrt", im Jahr zuvor war es noch offen gewesen. Meine Freundin hat mich davon abgehalten, die Diagonala trotzdem zu probieren. Ich bin dann außen rum über den Wanderweg Richtung Motta Palousa, den Grat rauf über Crap la Massa, auf 2500m etwas quer, 100m runter ins nächste Kar, über Furcletta Dafora Soura zur Nordseite des Mitgel. Weit und weglos, aber weniger Höhenmeter als von Filisur.

Felix hat gesagt:
Gesendet am 24. September 2023 um 20:11
auch meinerseits vielen Dank für den aktuellen Zustandsbericht - ist hilfreich!

lg Felix


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