Südliche Gabelspitze 3071m - The Big Five of the Alps


Publiziert von georgb , 21. August 2023 um 11:07.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:20 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:20km

Die Big Five of the Alps trifft man normalerweise im Pustertal nicht alle an, der Bartgeier fliegt leider woanders in den Alpen umher!?
Daran denken wir beim Start im Knuttental noch nicht, vielmehr geht uns die Südliche Gabelspitze durch den Kopf. Sie gehört zu den äußerst selten bestiegenen 3000ern und hat einen fast schon legendären Ruf. Es ist von haltlosem Geröll, von Stellen II+, brüchigem Fels und extremer Ausgesetztheit die Rede. Auch BigE17 hat seine Erfahrungen mit ihr gemacht ecco.
Als Zustieg wählen wir das Klammljoch und die Wiesen unter dem Großen Reinhard. Dort müsste man an den Osthängen unter die Gabelspitzen queren können, hoffentlich!? Wir trotten an den Grenzsteinen entlang und kommen nur langsam näher, einmal müssen wir sogar in eine Senke absteigen, es zieht sich. Von der Gabelspitze ist lange nichts zu sehen, dafür sichten wir in der Höhe eine kleine Herde Steinböcke, nach Murmeltier und Adler haben wir damit jetzt schon drei der Big Five "erbeutet".
Immer noch sind wir nicht sicher, ob wir auf unserer Variante überhaupt den Zustieg erreichen und sind auf Überraschungen gefasst. Wir werden tatsächlich überrascht, denn urplötzlich treffen wir auf einen deutlichen Steig, der uns bequem durch die Hänge führt, den Schafen sei Dank!
Der Steig endet irgendwann und es beginnt Schwerstarbeit. Wir wollen dorthin, wo die Schafe nicht hingehen, in die Scharte zwischen den beiden Gabelspitzen. Wir schalten in den Geröllgang und wühlen uns aufwärts. Von oben bestaunt uns ein Gamsbock, Nummer 4 der Big Five. Ganz so elegant wie er hüpfen wir nicht durch das Geläuf, im Gegenteil. Das Gelände steilt auf und die letzten Meter in die Scharte werden extrem mühsam. Der sandige Untergrund hält nicht, teils hangeln wir uns an den Begrenzungsfelsen höher, prüfen jeden Tritt, die Oberschenkel brennen. Irgendwie gehts dann doch, wir stehen zwischen den Gabelspitzen und der Blick öffnet sich nach Westen.
Doch der Blick öffnet sich auch auf den Nordgrat der Südlichen Gabelspitze und der Puls steigt. Es zieht zackig nach oben, von unten betrachtet kein Durchkommen!? Aber wir wissen es besser und greifen zu. Im I/IIer-Gelände gewinnen wir Höhe bis unter die abweisende Nordwand. Dort zweigen wir nach Osten ab und queren in die Sonne zur Schlüsselstelle. Ein kurzes Wandl (II+) erfordert Handarbeit und gewissenhaften Tritt, aber der Fels ist halbwegs stabil, kein ernsthaftes Problem. Man könnte die Stelle sogar ziemlich ausgesetzt südseitig umgehen, empfehlen wir nicht!
Nach der kurzen Kraxelei fehlen nur noch wenige Schritte auf dem kurzen, schneidigen Grat und die Südliche Gabelspitze ist erreicht. Was für ein exponierter Gipfel, für zwei Personen kaum Platz! Während wir versuchen, es uns "gemütlich" zu machen, schweben ein paar Vögel über uns. Ich zoome sie heran und es handelt sich um Bartgeier, kaum zu glauben, nie gesehen im Pustertal, die Big Five sind komplett.
Leicht euphorisiert müssen wir uns konzentrieren, der Abstieg ist alles andere als banal. Die kurze Schlüsselstelle ist aber auch im Abstieg ordentlich machbar, es gibt gute Griffe und Tritte und der Rest sollte für geübte Bergsteiger kein Problem darstellen. Am Ende sind wir überrascht, es ging besser als befürchtet. Für uns persönlich war die Nördliche Gabelspitze sogar etwas schwieriger als die Südliche!?
Kurz überlegen wir von der Scharte aus direkt nach Westen abzufahren, es sieht von oben betrachtet machbar aus!? Doch es zieht uns auf den Aufstiegsweg zurück, der Große Reinhard schwebt im Kopf herum, er fehlt Manuel noch in der Sammlung. Also rutschen wir durch den ungemütlichen Schotter zurück, im Abstieg ist er deutlich einfacher zu begehen. Wir treffen wieder auf den netten Schafsteig, aber auf den Reinhard hat jetzt niemand mehr Lust. Viel mehr lockt ein kühles Getränk und eine Hüttenjause.
Beim Blick nach oben tauchen plötzlich wieder die Steinböcke auf und jetzt gibt es kein Halten mehr, ein Zeichen, der Große Reinhard muss doch noch sein. Die zusätzlichen 200 Höhenmeter tun weh und von den Steinböcken ist keine Spur mehr, aber der Ausblick lohnt sich trotzdem. Ganz nebenbei treffen wir auf ganze Wiesen voller Edelweiß, was für ein Spektakel.
Allmählich geht uns die Luft und Lust aus, schnell zurück Richtung Knuttenalm. Ganz so schnell geht es aber nicht, der Abstieg nach Westen ist kein Spaziergang, sondern abschüssiges, heikles Schotter- und Erdgelände, nicht jedermanns Sache. Aber auch das bringen wir gut hinter uns, jetzt fehlt nur noch eine letzte Herausforderung: Einkehr auf der Knuttenalm. Wir haben sie in den letzten Jahren immer gemieden, die Preise sind explodiert und Einheimische trifft man dort kaum noch an, schade!?
Doch auch die Gäste haben es inzwischen mitbekommen, die Terrasse ist nichtmal zur Hälfte gefüllt, an einem Sonntagnachmittag bei Kaiserwetter im August! Schon am Eingang steht allerlei Krimskrams zum Verkauf und nebenan bestellen sie Kaiserschmarrn mit vier! Gabeln, trotzdem wagen wir es. Was soll ich sagen, die Portion für zwei Personen ist nicht überteuert und der Schmarrn war ausgezeichnet, es gibt nichts zu meckern!
So geht ein Traumtag perfekt zu Ende, in der sengenden Hitze wackeln wir zurück zum Parkplatz, die Big Five und den Sonnenbrand nehmen wir mit nach Hause.






Tourengänger: Manuel, georgb


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