Arventalspitze (3083m) und Südliche Gabelspitze - Spektakuläre Gipfel im hinteren Defereggental


Publiziert von BigE17 , 9. September 2021 um 19:47.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum: 4 September 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: I   A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Strecke:25 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittersill über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Huben. Hier führt eine Straße nach Westen ins Defereggental. Man fährt bis Erlsbach, dann zweigt rechts die mautpflichtige Straße zum Alpengasthaus Oberhaus ab. Über diese erreicht man das Oberhaus, wo sich ein großer Parkplatz befindet.
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Blickt man vom Oberhaus im hinteren Defereggental weiter ins Tal hinein, so erkennt man am Horizont ein wahrlich spektakuläres Dreigestirn: die Arventalspitze und die beiden Gabelspitzen. Die spitze Südliche Gabelspitze sticht dabei ganz besonders hervor. Diese 3 Gipfel sehen jedoch nicht gerade nach einfachen Wanderdreitausendern aus, daher werden sie auch kaum bestiegen. Tatsächlich ist die Arventalspitze ein unschwieriger Gipfel, bei den Gabelspitzen muss man dann schon ordentlich zupacken.

Ich und ein Tourenpartner erreichten um 6 den Parkplatz beim Oberhaus. Eigentlich wollten wir an diesem Tag die Merbspitze erreichen. Wegen der Schneefälle in der Woche davor wussten wir leider nicht, ob das möglich wäre. Beim Blick zu den Gabelspitzen erkannten wir am ostseitigen Hang doch ordentlich Schnee, während der südseitige Anstieg zur Arventalspitze quasi schneefrei war. Das stimmte uns sehr zuversichtlich, der Anstieg zur Merbspitze wäre immerhin auch südseitig ausgerichtet.

Wir fuhren mit unseren Rädern über den langen Weg zur Seebachalm und weiter zur Jagdhausalm. Nach einer weiteren halben Stunde befanden wir uns schließlich bei der Arventalalm, wir fuhren sogar noch ein wenig weiter ins Tal hinein, bis wir die Räder parkten. Hier erkannten wir nun leider, dass am Normalweg zur Merbspitze doch einiges an Schnee lag. Daher war sofort klar, dass diese heute nicht besteigbar war. Der Weg durch die steile Flanke ist insbesondere bei Neuschnee viel zu gefährlich. Daher wurden die Arventalspitze und die Gabelspitzen spontan als Ersatzziel ausgewählt. 

Vor uns lagen nun hohe, steile Grashänge, um zu den 3 Gipfeln zu gelangen. Wir stiegen einen sehr steilen Grashang empor, wobei wir im Aufstieg nicht die beste Route wählten. Wegen der enormen Steilheit und des nassen Grases war hier bereits Vorsicht geboten. Erst nach einiger Zeit wurde das Gelände ein wenig flacher, hier erkannten wir, dass wir am besten gerade weiter nach oben gehen sollten. Schon bald wurde das Gelände wieder genauso steil wie im unteren Teil, so überwanden wir 2 weitere Steilhänge, wobei diese Steilhänge doch deutlich kürzer als der untere waren.

Nun tauchten unsere heutigen Ziele wieder vor uns auf. Wir konnten nun auch endlich das Schuttkar unterhalb der Gipfel betreten. Unser erster Gipfel sollte die Arventalspitze werden, also hielten wir uns im Aufstieg leicht rechts. Unten konnten wir noch relativ gemütlich aufsteigen, doch schon bald wurde das Gelände deutlich sandiger, und jeder Schritt war anstrengend. Außerdem war das Gelände ordentlich steil. Zwischendurch waren auch die ersten kleinen Neuschneefelder zu betreten, die auch nicht angenehmer zu begehen waren. Wir gelangten schließlich in den Kessel 150 Hm unterhalb der Arventalspitze. Über deren SO-Flanke sollte der Schlussanstieg erfolgen. Die Flanke wurde nach oben hin immer steiler, damit wurde das Vorwärtskommen immer anstrengender. Schon recht weit oben, gelangten wir zu einer kleinen Felsstufe. Wir wählten eine geschickte Route, daher mussten wir nicht klettern. Gleich danach gelangten wir auf den Grat zwischen der Nördlichen Gabelspitze und der Arventalspitze. Knapp östlich der Gratkante erfolgte über schmale Bänder der Schlussanstieg zum Gipfel. Hier mussten wir jedoch aufpassen, das Gelände war mittlerweile nämlich steil genug für einen Absturz. So gelangten wir zum Gipfel der Arventalspitze, den lediglich ein trigonometrischer Vermessungspunkt kennzeichnete.

Wir konnten nun ein traumhaftes Panorama mit dutzenden Gipfeln bestaunen. Trotzdem blieben wir nicht allzu lange am Gipfel, da uns ein wirklich eiskalter Wind um die Ohren wehte. Wir stiegen wieder in die Scharte zwischen Arventalspitze und Nördlicher Gabelspitze ab. Der Nordgrat zur Nördlichen Gabelspitze sah von hier aus fürchterlich aus. Eine messerscharfe, brüchige Schneide, wobei davon auszugehen war, dass auch größere Felsen ausbrechen könnten. Trotz der vermutlich nicht zu hohen Schwierigkeiten (vielleicht II oder III) wollten wir deswegen, und wegen der Ausgesetztheit, nicht einmal am Seil gesichert diese Schneide begehen. Wir mussten also einen anderen Weg suchen. Wir stiegen durch steilen, sandigen Schutt angenehm ab und umgingen so ostseitig die Nördliche Gabelspitze. Nun stand uns der steile Aufstieg zur Scharte zwischen den Gabelspitzen bevor. Hier erwartete uns ein steiler, sandiger und felsiger Hang, wobei wir hier durchgehend die Hände benutzen mussten (I). Wegen der dünnen Sandschicht auf den Felsen mussten wir hier vorsichtig sein, um nicht abzurutschen. Leider war der Fels äußerst brüchig, was die Sache nur noch heikler machte. Gottseidank war der Hang nicht sehr lang, und wir waren in der Scharte.

Zuerst wollten wir die Südliche Gabelspitze besteigen, weil sie einfacher als die Nördliche sein sollte. Die Route über die Nordkante war von hier aus klar erkennbar und nicht zu verfehlen. Gleich der allererste Aufschwung musste ostseitig umgangen werden, wobei hier in sehr brüchigem Gelände zu klettern war (I-II). Immerhin war der Fels besser als beim Aufstieg in die Scharte. Danach ging es entlang der Kante nach oben, immer wieder mussten wir in die Westflanke ausweichen, der Fels war stets brüchig und das Gelände stellenweise ausgesetzt (I). Manchmal kamen wir mit Schnee in Kontakt, weshalb wir noch vorsichtiger sein mussten. Ein Steinmännchen markierte jene Stelle, wo wir leicht in die Nordflanke queren mussten. Hier mussten wir im weichen Neuschnee aufsteigen, was nicht ungefährlich war. Danach querten wir kurz ein Band nach links. An dessen Ende musste eine ca. 3 Meter hohe Stufe zum Grat überwunden werden. Hier war der Fels ein wenig brüchig, aber die entscheidenden Griffe hielten. Dennoch war hier ein kräftiger Zug vonnöten (II+, luftig). Nun standen wir am sehr luftigen, brüchigen Gipfelgrat. In sehr luftiger Gratkletterei überwanden wir die letzten Meter zum Gipfel der Südlichen Gabelspitze (I).

Der Gipfelbereich war leider sehr schmal und ausgesetzt, wir befanden uns gleich oberhalb der im obersten Teil überhängenden Nordwand. Daher dauerte auch hier die Gipfelrast nicht besonders lang, und wir begannen gleich wieder mit dem Abstieg. Wir stiegen vorsichtig den Gipfelgrat und die Schlüsselstelle ab, das Seil blieb trotz der Ausgesetztheit im Rucksack. Der Abstieg durch die verschneite Flanke und über die Kante verlangte ebenfalls große Vorsicht, irgendwann waren wir wieder in der Scharte. Wir wollten nun noch versuchen, die Nördliche Gabelspitze zu erreichen. Der Anstieg zu dieser sah jedoch sehr anspruchsvoll aus. Schon auf den ersten Metern war das Gelände gleich, wie der Aufstieg zur Scharte. Schon bald wurde es steiler, und nur noch eine ganz dünne Sandschicht lag auf den unglaublich brüchigen Felsen. Sofort war uns klar, dass es hier ohne Sicherung sehr gefährlich werden würde. Doch wie sollten wir in diesem fürchterlichen Gelände sichern? Das war leider nicht möglich, daher war der Versuch, die Nördliche Gabelspitze zu besteigen, schnell vorbei.

Wir stiegen vorsichtig in die Scharte ab und die anschließende Stufe nach unten, wobei dieses Gelände im Abstieg noch sehr viel unangenehmer war, als im Aufstieg. Wir waren froh, wieder im sandigen, schuttigen Gehgelände zu sein. Die nächsten Höhenmeter waren wir im Nu abgestiegen, dann standen wir oberhalb von den Grashängen. Die oberen beiden Hänge stiegen wir vorsichtig wieder ab, den unteren Hang überwanden wir ein wenig weiter nördlich. Dort war das Gelände um einiges flacher und daher besser zu begehen. So gelangten wir wieder zu den Fahrrädern und konnten über den langen Fahrweg zurück zum Oberhaus fahren, das wir um 14:00 erreichten.

Erwähnenswertes:

1. Unser Anstieg ist der einfachste Weg, die Arventalspitze zu erreichen. Man kann so im steilen Gehgelände den Gipfel ohne Klettern erreichen. In den Grashängen und am Schlussgrat ist jedoch trotzdem Vorsicht geboten. Bei guter Routenwahl hat man außerdem lediglich 2 kürzere steile Grashänge zu überwinden. Nur wegen des anstrengenden Geländes wird die Arventalspitze so selten bestiegen.

2. Ein alternativer Anstieg vom Ahrntal aus wurde von georgb hier auf hikr.org beschrieben. Dieser Anstieg scheint doch ein wenig anspruchsvoller zu sein (II), als der osttiroler Anstieg. Der osttiroler Anstieg kann sowohl vom Oberhaus, als auch von Rein in Taufers erreicht werden. Es gibt vermutlich keinen weiteren alternativen Anstieg.

3. Die Südliche Gabelspitze ist ein anspruchsvoller Gipfel, der nur durch ausgesetzte, brüchige Kletterei erreicht werden kann. Schon der Aufstieg in die Scharte zwischen den Gabelspitzen ist anspruchsvoll, der Anstieg über die Nordkante und den Schlussgrat ist wirklich nur für erfahrene Bergsteiger geeignet. Sichern mit dem Seil ist hier möglich, falls man sich unwohl. Die unangenehmsten Stellen bei aperen Verhältnissen sind die Schlüsselstelle und der Gipfelgrat. Bei Schnee wird der Anstieg noch anspruchsvoller. Es gibt auch keinen akzeptablen alternativen "Weg".

4. Beide osttiroler Anstiege zur Nördlichen Gabelspitze sind brüchig, luftig und gefährlich. Am Nordgrat ist eine Seilsicherung Pflicht, aber auch dann ist das Unterfangen alles andere als ungefährlich. Der Anstieg aus der Scharte zwischen den Gabelspitzen geht nicht abzusichern. Daher ist vermutlich der Anstieg von Südtirol über den Westgrat das geringste Übel (ohne Garantie). Dieser ist von Rein, vom Ahrntal oder auch vom Klammlsee aus erreichbar.

5. Alle 3 Gipfel sind sehr einsam. Hier ist man höchstwahrscheinlich allein unterwegs.

6. Bei allen 3 Gipfeln sollte auf Steinschlag geachtet werden, vor allem, wenn mehrere Personen unterwegs sind.

7. Skitouren sind auf alle 3 Gipfel steile und schwierige Untermehmungen. Im Frühsommer sind im Kar unterhalb der Gipfel Steigeisen notwendig.

8. Unerfahrene Bergsteiger werden wohl nur die Arventalspitze erreichen können. Eine Tour auf diese ist auf alle Fälle genauso empfehlenswert wie eine Besteigung der benachbarten Lengspitze. Man befindet sich in einer wunderbaren Landschaft, nicht nur am Gipfel kann man tolle Ausblicke genießen. Die Gabelspitzen sind für geübte Bergsteiger, die sich in einem solchem Bruch wohlfühlen, mindestens genauso empfehlenswert.

Tourengänger: BigE17


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Kommentare (1)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 10. September 2021 um 12:11
Schön, wieder etwas von Dir zu lesen.
Ein spannender Bericht auf einsame Ziele.


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