Eiger Integral


Publiziert von 3614adrian , 10. Juli 2023 um 21:59.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum: 9 Juli 2023
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: V+ (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 14:15

Der Eiger - ein Berg mit Anziehungskraft! Nicht nur seine Nordwand, sondern auch der berühmte Mittellegigrat locken Alpinisten von nah und fern.
Bereits 2013 hatte ich diese Tour geplant, die Hütte bereits reserviert. Die angesagte, deutliche Gewitterneigung liess unsere Pläne vorerst bachab gehen. Ein Tag nach der damals geplanten Gipfelbesteigung starb ein Tscheche infolge eines Blitzschlages nahe der Mittellegihütte, wo sie biwakierten, sein Kollege überlebte verletzt. Die Wetterumschwünge am Eiger sind berüchtigt. Dies und andere Gründe führten dazu, dass die Tour wieder etwas aus meinem Radar verschwand. Mehrere Male liebäugelte ich mit einer Eigerbesteigung mit Skiabfahrt über die Westflanke. Einmal war die Tour konkret geplant, der Tourenpartner und ich waren bereit. Als am Vortag mein Tourenpartner erfährt, dass ein Bekannter von ihm soeben bei der Skibefahrung tödlich verunglückte, liessen wir unser Vorhaben bleiben. Es wurde 2019 bis ich die den Eiger wieder konkret plante. Diesmal wieder die Integral-Tour. Tourenpartner war klar, Hütte reserviert. Ca. 2 Wochen vor der Tour breche ich mir das Schlüsselbein bei einem Sturz mit dem Ebike in die Kletterhalle.
Aller guten Dinge sind drei, sollte man meinen...
Für dieses Wochenende hatte ich schon Monate im Voraus die Hütten reserviert, der Tourenpartner war seit einem halben Jahr klar. Wieder nicht... Michi kugelt sich den Finger zwei Wochen vor geplanter Tour aus...
Er ermuntert mich, so fest es ihn auch reut, dass ich die Tour, falls die Verhältnisse passen sollten, doch mit jemandem anderen anpacken soll. Nach einigen Absagen, antwortet Diego mit bloss einer Minute Verzögerung auf meine Anfrage: "Ohni mit de Wimpere z'zucke wäri da debi!"
Nach intensiver Planungsphase, inklusive gemeinsamer Klettertour in den schweren Schuhen, könnte die Vorfreude nicht mehr grösser sein.


Am Samstag, 8.7.2023 starten wir gemütlich ab Zürich die Fahrt nach Grindelwald. So langsam verlässt mich der ständige Gedanke, dass jetzt noch etwas schief gehen kann. Nach der kurzen Bahnfahrt nach Alpiglen geht's los.


Samstag, 08.07.2023 - Ostegghütte (T5, K3)
Der Aufstieg in die Ostegghütte ist richtig schön und die Blicke sind ehrfürchtig gegen die Eigernordwand gerichtet. Nach zwei Lamas kommt der Abzweiger zur Ostegghütte. Schon bald wird es steiler und zuletzt geht's über einen spannenden Klettersteig inklusive Gratisdusche! Die Ostegg Hitta wurde vom Grindelwaldner Bergführerverband zum 100 jährigen Jubiläum 1998 erbaut und könnte idyllischer nicht sein. Nebst uns zwei sind noch 8 weitere Alpinisten vor Ort. Das Ziel haben alle das Gleiche. Nur möchten wir uns als einzige die Option offen halten, die morgige Tour nicht in der Mittellegihütte zu beenden sondern direkt über den Eiger bis ins Jungfraujoch weiter zu ziehen. Daher weckt uns das handy bereits um 02.45. Ich bin aber natürlich bereits seit über 1h wach und richtig froh, dass wir entlich aufstehen dürfen. Wir nehmen uns Zeit für ein Frühstück mit Kaffee und starten um 03.40 guten Mutes und die lauwarme Nacht.

Sonntag, 09.07.2023 - Mittellegihütte, Eiger, Eigerjöcher, Jungfraujoch (S)
Den Weg bis in den Sattel habe ich am Vorabend komplett rekognosziert und so bereitet er uns auch im Dunkeln keine Probleme. Es hat viele Steinmänner, dennoch ist die Wegfindung im oberen Teil nicht so trivial.

Beim markanten Steinmann etwas weiter westlich des Sattels beginnt der Grat. Schon bald seilen wir uns an. Eine Stelle ist bereits recht luftig - wir gehen kurz ein Stück gesichert. Zum Glück ist die Dämmerung angebrochen und wir schalten die Stirnlampen aus. Wir kommen gut voran. Kurz vor dem markanten Durchschlupf (Loch im Fels, welches künstlich geschaffen wurde) wird eine Stelle etwas unangenehm abgeklettert und ich sichere Diego bis er unten ist. Kurz danach sind wir beim Loch - ein phänomenaler Durchschlupf.
Die weitere Wegfindung und Schwierigkeit ist wieder einfacher. Entlang den Fixseilen nähern wir uns der Abseilstellen vor dem Hick. Wie in den meisten Berichten zu lesen, verzichten wir auch auf ein Abklettern und seilen ab (3x20m eingerichtet). 06.21 Uhr. Wie vorbesprochen, werde ich die zwei Schlüsselseillängen vorsteigen (5b). Ich fühle mich gut und möchte möglichst bald losklettern, um nicht doch noch nervös zu werden... Die Querung zum Stand nach der ersten Seillänge ist schon speziell und ich habe keine Ambitionen frei zu klettern. Die zwei Eisenstifte und auch mal ein Express werden dankend gepackt. Recht geräumiger Standplatz. Die zweite Seillänge geht entlang einer Verschneidung gut 30m hoch bis ganz auf den Grat. Die Absicherung ist gut aber sicher nicht übermässig, an einigen Stellen muss man den feinen Tritten schon gut vertrauen. Auch Diego meistert die zwei Seillängen gut. Eine gewisse Erleichterung ist in seinem Gesicht aber deutlich zu erkennen, als wir oben ankommen. Wir folgen dem Grat noch ein Stückchen gesichert, versorgen dann das Seil aber im Rucksack (Danke Diego) und machen uns auf den immer noch recht langen Weg zur Mittellegihütte. Um 09.02 treffen wir auf die neue Hüttenwartin Melanie, welche, bereits von allen Alpinisten verlassen, in der schönen Hütte am arbeiten in der Küche ist. Wir füllen unseren Getränkevorrat, machen eine längere Rast und sind uns einig, dass wir die Tour fortsetzen.

Um 09.28 starten wir Richtung Eiger. Nach dem ersten Fixseil, welches kurz abwärts führt, seilen wir uns an. Am halblangen Seil steigen wir gemeinsam - hie und da ein Express klippend - aufwärts. Fixseile, Gehgelände und einfache, jedoch teils exponierte Kletterei wechseln sich ab. Kurz vor dem Gipfel flacht es ab und es beginnt der Firngrat. Entlang einer Spur geht es richtung Gipfel. Wir ziehen die Steigeisen an, welche wir erst im Joch wieder ausziehen werden. Ohne Schwierigkeiten stehen wir schon bald auf dem Gipfel bei perfektem Wetter. Nach kurzer Stärkung geht's weiter. Bekanntermassen ist auf dem Gipfel noch nicht mal die Hälfte der Tour ab Mittellegi geschafft. Und wir sind ja bereits bald 9 Stunden unterwegs.
Wir brauchen für den Abstieg mit der Abseilerei und den Steigeisen doch recht lange, es liegt zwar nicht mehr viel Schnee, paar Stellen wären aber doch unangenehm ohne Eisen. Vom nördlichen Eigerjoch folgen wir Spuren, welche die erste Felsstufe rechts umgehen. Dies ist doch recht unangenehm, da unter dem wenigen weichen Schnee das Eis hervorschaut. Ich steige vor und kann Diego dank einer Eisschraube sichern. Weiter entlang einem steilen Schneefeld zurück auf den Grat. Es folgen Kletterstufen, Schneepassagen und die bekannte Scharte, wo rechts um ein Eck geklettert wird. Nicht schwierig aber sehr luftig. Danach wirds einfacher und irgendwann erreichen wir den Schneegrat, welcher zum südlichen Eigerjoch führt. Wir stärken uns kurz, binden uns mit längerem Seil zusammen und knoten Bremsknoten. Die Spur über den Gletscher sieht sehr gut aus und trotz weichen Schnee, sinken wir nicht stark ein. Zuletzt folgt noch der Gegenanstieg zur Mönchsjochshütte. Der Getränkevorrat ist leer, doch wir gehen direkt weiter entlang der Ratrac-Spur ins Joch, welches wir um 18.03 erreichen. Die letzte Bahn fährt um 18.47. Wir schaffen eine Bahn früher. Vom Eigergletscher gehts per Gondel zurück zum Terminal in Grindelwald! Das war jetzt wirklich eine phantastische Tour!

Der frühe Start in der Ostegg und die Fortsetzung ab Mittellegi deutlich später als die Alpinisten, welche dort übernachten, führt dazu dass wir die ganze Tour alleine unterwegs sind und den Mittellegigrat in der Sonne, teils im T-Shirt klettern.
Danke Diego du warst, bist und bleibst hoffentlich ein toller Seilgefährte.


Zeiten:
03.38 Start in der Ostegghütte
04.36 Sattel
05.42 Loch
06.20 Hick
09.02 Mittellegihütte (30 Min Pause)
12.30 Eiger
16.45 Südliches Eigerjoch.
18.02 Jungfraujoch.

Tourengänger: 3614adrian


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Kommentare (10)


Kommentar hinzufügen

raphiontherocks hat gesagt:
Gesendet am 10. Juli 2023 um 23:30
Geil!

Baldy und Conny hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2023 um 06:57
mir gratuliere


Gruess Angelo & Conny

Delta Pro hat gesagt: Grosses Kino
Gesendet am 11. Juli 2023 um 09:13
Was für eine Unternehmung, was für Bilder!
Freut mich mega, dass es geklappt hat!
Herzliche Gratulation!

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2023 um 14:16
Herzliche Gratulation zu eurer spannenden Unternehmung! Solche Momente gibt es nicht allzu oft im Leben also genießt eure Tour in vollen Zügen.

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2023 um 14:31
Geile Tour. Herzlichen Glückwunsch :-)

Alpin_Rise hat gesagt: Super Tour und Timing
Gesendet am 11. Juli 2023 um 15:45
amächelige Fotos: gratuliere und danke fürs teilen!
Mal sehen, ob ich diese meine ewige Wunschtour irgendwann doch noch mal schaffe ;-)

G, Rise

Wimpy hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2023 um 18:18
Merci, für diesen grandiosen Bericht und die tollen Bilder von dieser grossen Unternehmung. Hut ab.
L G Wimpy

miCHi_79 hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2023 um 19:40
Cool hat dein Unterfangen doch noch geklappt. Spannende und wunderbare Bilder.
Gruss Michi

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 11. Juli 2023 um 20:24
Herzliche Gratulation - sensationell, wie Ihr das gerockt habt. Danke auch für die tollen Fotos und den spannenden Bericht dazu.

lorenzo hat gesagt: Umso besser...
Gesendet am 12. Juli 2023 um 19:27
...wenn aller guten Dinge auch mal vier sein dürfen...gratuliere zur Traumtour am Traumberg!


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