Homberg-Westgrat und auf weiteren Fluen nach Olten


Publiziert von Hallodri82 , 24. März 2023 um 10:17.

Region: Welt » Schweiz » Solothurn
Tour Datum:14 Februar 2023
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-SO 
Zeitbedarf: 2:45
Aufstieg: 614 m
Abstieg: 654 m
Strecke:11

Für den Jura-interessierten Wanderer mit Wohnort Baselbiet und Teil-Arbeitsort Zürich ist der Homberg ein spannender, fast schon mystischer Berg. Von der Belchenflue aus sieht man seine jähe Abbruchkante. Vom Bhf Olten aus darf man seinen aus der Ferne fast schon schmal anmutenden Grat bewundern. Vom Balkon bei Freunden in Lenzburg, sogar, sieht man seinen "Doppelspitz" im Sonnenuntergang. Mit dem Auto fährt man durch den Berg hindurch, der Tunnel könnte auch "Hombergtunnel" heissen. Der Homberg mutet mächtig an und abweisend. Klar, dass er schon lange auf meiner Pendenzenliste steht. Bestärkt durch die zahlreichen Hikr-Berichte machte ich mich an seine "Bezwingung".

Als aspiriender Weitwanderer ist zwar die Homberlücke, gewissermassen als "Wanderpass", fast schon unabdingbar, verbindet sie ja den beliebten und bestens an den ÖV angeschlossenen Startort Olten mit dem Bölchenmassiv und im Anschluss daran im weitesten Sinne auch mit dem Passwangmassiv. Der Westgrat hingegen ist weniger interessant, führt er doch ab der Homberglücke irgendwann dann steil wieder nach unten ins Tal zurück und gewissermassen wieder auf Höhe Mittelland. Der Weitwanderer müsste sodann alle soeben vernichteten Höhenmeter wieder "zurückgewinnen" um auf Höhenwegen weiterschreiten zu können. Planerisch habe ich deswegen beschlossen, den Westgrat im Rahmen einer kürzeren Wanderung zu machen, als Frühfeierabendunterfangen. 

Ich starte in Rickenbach, bei der Postauto-Haltestelle neben der Laurentius-Kapelle. Nach einem kurzen Anstieg durchs Dorf folge ich dem schmalen Weglein, östlich des offiziellen WW, durch das Cherliholz und bald einmal relativ nahe an den "Abbrüchen" zum Rickenbach-Tobel. Ich bin beeindruckt, wie weit unten diese Schlucht bald einmal liegt. Sie wirkt von oben wild, abenteuerlich, verlassen, kaum erforscht. T1.

Bei Pt 577 treffe ich wieder auf den offiziellen WW. Dieser Abschnitt des WW, bis zu Pt 600 gefällt mir sehr gut. Der Weg ist frisch "gemergelt", links tauchen bald einmal einigermassen beeindruckende Felsabbrüche auf und rechts schliesst der Rickenbach zu mir auf. Alles in einem schönen Mischwald angesiedelt. T1.

Ab Pt 600 muss ich sodann Baustellen-bedingt einen WW-Umweg machen, er führt mich ruppig, steil, sonnenausgesetzt gewissermassen über das südliche Autobahn-Tor des Bölchentunnels und dann steil weiter bis zum Pt 662. T1.

Direkt bei dieser Weggabelung, auch um die gewonnenen HM, aufgrund meines einigermassen bestehenden Zeitdrucks, nicht wieder zu verlieren, steige ich in die steile Halde des Hombergs ein. Ich steige auf, mal mich so ca in NW-Richtung haltend, immer wieder mal auch in Falllinie. Die Halde ist wirklich sehr steil. Das viele Laub macht den Aufstieg rutschig. Immer wieder mal gibt es Bäume an denen ich mich raufziehen kann. Der Aufstieg zieht sich. Die Sonne brennt (sogar im Februar). Irgendwann sehe ich dann den Grat vor mir auftauchen. Ich klassifiziere Jurakraxeleien grob in zwei Kategorien: 1) griffige Fels/Wurzel-Kraxeleien (wie zB der Balmfluechöpfli-Ostgrat) und 2) Laub-Kampfkraxeln. Ersteres macht Freude, zweiteres ist Mittel zum Zweck und macht vielfach keinen Spass. Das hier war klar Kategorie 2. T3. Vom Charakter her in etwa so humorlos wie die Riedberg-Südhalde ob Nunningen.

Oben dann auf dem Grat werde ich dann aber belohnt für meine Mühe. In NW-Richtung erfreue ich mich ob einem wundervollen Ausblick in Richtung Bölchenflue, Ruchen, Gwidemflue, welche (durch die tiefliegende Sonne?) silbrig/diesig daherkommen (nur die Konturen erkennend, aber nicht Details), genau so wie ich es liebe. Der Weg ist klar von Menschenfuss ausgetreten und führt als Singletrack stets nahe an der Abbruchkante entlang. Der Grat ist licht, föhrenbestanden, oft grasig, einfach wunderschön. Der Weg ist meist untechnisch, hat nicht übermässig viele Wurzeln/Steine, erlaubt ein gleichmässiges, schönes Gehen. Links fällt der Grat jäh ab. Nicht ganz Schwindelfreie können aber stets sich in beruhigendem Abstand zur Abbruchkante bewegen. Rechts ist die einigermassen steile Halde.

Insgesamt ist dies aber ein "Abbruchkanten-Weg" und nicht ein "Messerschneiden-Weg". Grat-Afficionados kommen also nur bedingt auf ihre Kosten. Natur-Afficionados dafür umso mehr. In steigender Tendenz, aber nur moderat und immer wieder kleine Aufschwünge/Mini-Abstiege mitnehmend "meandert" der Weg entlang wunderschöner Föhren, auf tollem Grasbestand, immer wieder mal Ausblicke erlaubend auf die vorher erwähnte Kette sowie im Norden auf den Ifleterberg. Einige Vistapoints (nach Norden) können erklommen werden. Nach Süden sieht man immer wieder mal die mächtigen Alpen glitzern, allerdings erlaubt der Buchenbestand auf der Südseite entlang der gesamten Kante nie einen uneingeschränkten Blick auf die Alpen, à la erste Solo-Jurakette. Aufgrund der zahlreichen Mini-Aufschwünge und -Abstiege ist es irgendwie fast unmöglich den höchsten Punkt zu bestimmen ohne GPS.

Wenn man Schwierigkeitsskalen studiert, dann sollte ja die Klassifizierung den "einfachstmöglichen" Weg beschreiben, den der Wanderer nehmen kann auf der Strecke, ohne irgendwelche materiellen Umwege nehmen zu müssen. Bei Abbruchkantenwegen kann der geneigte Wanderer ja teilweise viele Meter weit entfernt laufen und so jeglichen Schwierigkeiten sich entledigen. Dann wäre aber doch der Sinn und Zweck der Wanderung verfehlt? Bewege ich mich stets auf dem Weglein, so gebe ich dem Abschnitt ein T3, denn die Abbrüche links sind nahe und sie sind gigantisch. Diese Wanderung sollte man nur mit sehr disziplinierten Kindern machen. Ich klassifiziere aus Kindersicht diesen Abschnitt als deutlich gefährlicher als zB eine Gratkraxelei am Balmfluechöpfli-Ostgrat. Eher nicht empfehlenswert.

Nach dem höchsten Punkt (per GPS) nehmen die Abbrüche links ab und der Weg wird etwas wurzeliger. Bis zur Kraxelstelle gebe ich dem Abschnitt ein T2. Auch wird es etwas schattiger und die Aussicht nach Norden nimmt etwas ab. Immer wieder treffe ich nun auf Schneefelder. Vor dem höchsten Punkt noch unvorstellbar.

Die Kraxelstelle (im Abstieg) klassifiziere ich als ein T3. Erst kraxelt man einen etwas steileren Aufschwung runter und dann ist der Kamin nicht zu verfehlen. Es geht nicht gerade runter, am Ende des Kamins befindet sich keine Abbruchstelle, es hat Griffe zuhauf, etc, Schwindel kommt nirgends auf. Klassisches Ier-Kraxeln. Bin nicht mal wirklich sicher ob man das als "Schlüsselstelle" bezeichnen darf, würde diesen Kamin auch mit meinem 6-Jährigen Töchterlein machen. Bei der Homberglücke angekommen merkt man aber: würde man den Kamin links liegen lassen und direkt "gerade" über die Felsen absteigen, nehmen die Schwierigkeiten gewiss zu. Im Aufstieg vielleicht eine klassische IIer-"Route", im Abstieg, aufgrund der geringen Visibiliät von oben wäre das für mich "nicht ohne". 

Ab Homberglücke steige ich dann auf dem schmalen Steiglein runter bis Pt 679 im Gebiet Rumpelhöchi. T2, obschon teilweise steil und mit Eisenstangen verziert.
Of note: hier öffnet sich einmal ein wunderschöner Blick auf die Alpenkette. Negativ: es wurde brutal runtergeholzt und sobald das Steiglein zum breiten WW wird, watet man durch den Harvester-bedingten Dreckmatsch. Nicht so cool.

Ab nun gehe ich wieder in für mich Terra Incognita. Bei der nächsten, südlicheren Verzweigung mache ich einen Fehler (auch etwas der Zeit geschuldet). Ich hätte in SW-Richtung weitergehen sollen, denn dann hätte ich noch den (namenlosen?) Grat machen können auf dem Sunneberg. Die Felsabbrüche sehen von unten schon mal spannend aus und es finden sich ja auch Hikr-Berichte. Stattdessen steige ich in ca östlicher Richtung, südlich des WW auf den Grat hoch. Oben angenkommen marschiere ich auf dem Grat, auf einem von Menschenhand erschaffenen Pfad (nicht eingetragen auf Swisstopo) bis zum Pt 634. Die auf Hikr beschriebene Schlüsselstelle erschliesst sich mir irgendwie nicht. T2.

Gleich danach steige ich wieder auf, auf dem "Trimbacher-Höhenweg", der sich über die Rumpelfüe zieht. Ich laufe dabei nicht auf dem offiziellen Pfad, sondern auf einem zusätzlichen Pfad, der näher an der Flue ist, dafür aber schönere Aussicht bietet, irgendwann dann laufen die beiden Pfädli zusammen. Dieser Höhenweg ist schlicht und einfach Weltklasse. Schmal, grasig/wurzelig/steinig, bietet er, föhrenbestanden, immer wieder wunderschöne Aussichten nach Norden, insb Richtung Geissflue ob Trimbach. Die Sonne steht mittlerweile tief, das Lichtspiel ist atemberaubend. Viel zu schnell erreiche ich so Pt 541 und somit die Chutzeflue. Ich vergebe ein T2, da der Weg trotz Wurzeln/Steinen gut zu begehen ist, keine Hände benötigt werden und die Abbrüche halt deutlich weniger gigantisch sind als auf dem Homberg.

Ab Chutzeflue, welche nach Süden hin ein breites, flaches Plateau bildet und nach Nordosten eher einen steilen Wald als eine Felswand bietet, endet der Charakter der "Bergwanderung" und die Wanderung nimmt eher Züge einer "Wanderung in einem stadtnahen Wald" an. Dies auch deswegen, weil nach Pt 488 plötzlich auch Hochhäuser auftauchen im Tal und man dann gewissermassen das Gefühl bekommt, vom höchsten Stock in den tiefsten abzusteigen. T1. Von Hagberg, via den schönen Stadtpark, laufe ich der Baslerstrasse entlang und erreiche alsbald den Bahnhof Olten.

Fazit: der Homberg-Westgrat ist wunderschön und ich werde die Begehung wiederholen bei Sonnenuntergang / Sicht auf Bölchenflue-Güpfe dürfte dann sehr schön sein. Weil aber ein Einstieg auf den Grat nur via einen eher mühsamen Rutsch-Aufstieg geschehen kann (bzw. ein Ausstieg) bin ich mir dann nicht sicher ob ich die Tour ein zweites Mal wiederholen würde. Insbesondere auch weil das in Kinderbegleitung eher eine unentspannte Tour sein würde.
Auf der Agenda steht aber definitiv eine gesamt-Gratüberschreitung von Wangen bei Olten, inklusive Sunneberg und nochmals die wunderbare Rumpelflüe.

Tourengänger: Hallodri82


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