360° Arnensee


Publiziert von Bergamotte , 5. Februar 2023 um 18:27.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Saanenland
Tour Datum: 3 Februar 2023
Ski Schwierigkeit: ZS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VD 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 2650 m
Abstieg: 2650 m
Strecke:27km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Feutersoey, Dorf oder Parkplatz Arnenseestrasse (5.-/Tag)
Kartennummer:v.a. 262S

Die konsequente Überschreitung der Gratkette rund um den Arnensee ist eine der ganz grossen Bergfahrten im Saanenland, *hier schön dokumentiert durch lorenzo. Diesen Sommer hat es leider nicht zur Begehung gereicht, doch die Umrundung ist - mit gewissen Anpassungen natürlich - auch ein tolles Winterprojekt. Die technischen Schwierigkeiten in meiner Variante sind moderat, die konditionellen Anforderungen umso höher. Ein Abbruch ist aber jederzeit möglich und wer's weniger extrem mag, dem sei die Überschreitung vom Col du Pillon nach Feutersoey empfohlen. Diese entspricht in etwa der ersten Hälfte meiner Runde (in umgekehrter Richtung).

Um halb acht geht's los vom verwaisten Parkplatz an der Arnenseestrasse wenig oberhalb von Feutersoey (1131m). Der Auftakt zum Halbmarathon rund um den See verläuft gemütlich in gutmütiger Steigung, so mag ich das. Nach zwei Wochen ohne Niederschläge ist das gesamte Gebiet angespurt, sonst wäre das (für mich) eine "Mission Impossible" gewesen. Die Gipfel auf der Ostseite des Sees bis zum Kulminationspunkt La Palette präsentieren sich grösstenteils sanft und bieten kaum Schwierigkeiten. Die meisten lassen sich, abgesehen vom Seeberghorn, auch bei heiklen Bedingungen angehen. Aber hiervon sind wir im Westen zurzeit ja meilenweit entfernt. Den ersten Gipfel, das Walighürli (2050m), erreiche ich nach 80 Minuten. Kaum zu glauben, aber der No-Name Berg ist doch tatsächlich fürs Heliskiing ausgeschieden. Man mag über dieses Freizeitvergnügen denken, was man will, aber hier ist das einfach Verhältnisblödsinn: keine tollen Hänge, kein hochalpines Ambiente, keine 1000Hm Abfahrt. Aber im Saanenland finden sich wohl für jeden Nonsense zahlungswillige Abnehmer.

Die direkten Übergänge zu Blattistand (2019m) und Stuedelistand (2028m) werden durch den leichten Bewuchs nur unwesentlich beeinträchtigt. Die Felle lasse ich gleich dran. Zur Sicherheit hatte ich aufgrund der zahlreichen Auf- und Abstiege heute mal ein zweites Paar dabei, ging aber gut ohne. Der direkte Weiterweg über den Stuedelistand SW-Grat ist aufgrund dichter Bewaldung im oberen Bereich nicht möglich. Und zu Fuss wär's mir zu blöd gewesen. Stattdessen Abfahrt über die offizielle Route nach Norden und wieder hoch aufs Seeberghorn (2071m), zuoberst gut 35° steil. Zeit hat dieser Schlenker nicht viel gekostet.

Hier ziehe ich nun tatsächlich einen Direktabstieg nach Süden in Betracht. Denn der oberste (felsige) Teil des Grats ist fast schneefrei und bald könnte man mit Ski in die steile Westflanke reinstechen. Aber dann lasse ich es doch bleiben: ich bin heute auf Skitour und die strikte Gratbegehung folgt dann im Sommer. Also wiederum Schlenker nach Norden über den breiten Rücken, wobei bereits frühzeitig nach Westen abgedreht werden kann. Eine Abfahrt bis zur Alphütte von Seeberg ist keinesweg nötig. Der Übergang zu La Palette (2170m) zieht sich im coupierten Gelände etwas in die Länge, dafür bleiben die Höhenmeter im übersichtlichen Bereich. Der Kulminationspunkt meiner Rundtour ist hiermit erreicht, Zeit für eine kurze Pause. Wer genug hat, kann von hier zum Col du Pillon oder nach Les Diablerets abfahren.

Bei der Planung war ich davon ausgegangen, dass sich das Arnenhorn nicht so einfach überschreiten lässt. Die Folge wäre ein umständlicher Schlenker durch die Ostflanke gewesen. Das war dann nicht nötig, wie sich bereits vom Walighürli vermuten liess. Also kurze Abfahrt in den Col des Andérets (2030m) - abfellen lohnt sich aufgrund der Strecke - und recht kurzer Gegenanstieg zur Floriette (2199m), wo ich auf die ersten Türeler des Tages treffe. Die drei Jungs werden anschliessend durch die Ostflanke des Arnenhorns abfahren, was recht attraktiv und beliebt scheint. Im Online-Tourenführer ist diese Variante nicht erwähnt und die gedruckte Version besitze ich nicht. Aber ich will sowieso über den Grat weiter und erreiche das Arnenhorn (2211m) gar, ohne die Ski abzuziehen. Im Weiterweg ist in einer Steilstelle eine kurze Portage dann unumgänglich, heute harmlos, aber das könnte auch anders aussehen.

Nach der Abfahrt ist vor dem Aufstieg, lautet heute das Motto. Also anfellen im Fenêtre d'Ardon (1885m) - die alten Dinger kleben noch immer - und in einer knappen Viertelstunde zur Tête de Clé (2015m). Eine kurze Fellabfahrt später geht's gen Arnätschistand. Sein Südgrat wirkt verlockend, kurzer Blick auf die Onlineportale: IIer Kletterei in Skischuhen ohne jegliche Ausrüstung? Das passt nicht ins heutige Konzept und ich halte mich an die offizielle Winterroute: Eine gutmütige Rinne - halb aper, halb aufgeweicht - vermittelt den Durchschlupf durch den Felsgürtel, hier ist kurze Portage angesagt. Wenn ich denn die Skier runterkriege. Denn prompt legt die Fritschi Xenic wieder eine ihrer Schwächen offen: sie lässt sich beidseitig (!) nicht öffnen. Schlussendlich hilft nur eine "Brute Force Attack" .- mir schwant schon ein Materialbruch und Abstieg zu Fuss. Aber ich schaffe es schliesslich, die Pins minim zu spreizen und auszusteigen. Wenn so was im Hochgebirge passiert, könnte das bös ins Auge gehen.

Oben dann präsentiert sich die Bindung wieder, als sei nichts gewesen... Schon etwas ermüdet spure ich durch die Ostflanke zum Arnätschistand (2097m), höchste Zeit für den ersten Gel. Das kurze Stimmungstief ist sogleich überwunden, wie ich eine 6er Gruppe Richtung Wittenberghorn hochspuren sehe. Die durchfeuchtete, bis dahin jungfräuliche Südflanke hätte mir sonst den Rest gegeben. Abfellen und möglichst höheneffiziente Querung in den Wittenberg-Kessel bis zur Spur. Es verbleiben 350Hm, die verhältnismässig flott vonstatten gehen, auch danke Hilfe meines zweiten und letzten Gels. Ich erreiche den Sattel und folge der Spur, welche direkt über den Grat angelegt wurde, bis zum Wittenberghorn (2350m). Die letzten Aufstiegsmeter wären damit geschafft und der Tageshöhepunkt erreicht. Klassisch fährt man an diesem Berg nach Norden ab, was in den vergangenen Tagen ausgiebig gemacht wurde. Auch die Variante über den Meielgrat zur Alp Gumm runter hat eine Spur drin. Aber mein Ding ist die Umrundung des Arnensees, also fahre ich zurück zur Alp Mittenberg - über schöne Sulzhänge. Weiter zur Unteri Längi Weid, wo man den Tschärzisbach und damit die Arnenseestrasse erreicht. Von hier bis zum Ausgangspunkt in Feutersoey fährt es sich wie von alleine, vorbei an zahlreichen Minieisfällen. Nach knapp sieben Stunde findet meine Reise ihren Abschluss. Arg im Kaloriendefizit peile ich auf direktestem Weg den Early Beck in Gstaad an - immer wieder eine Offenbarung!


Zeiten (kum)
1:20  Walighürli
2:00  Stuedlistand
2:40  Seeberghorn
3:35  La Palette
4:10  Arnenhorn
4:45  Tête de Clé
5:30  Arnätschistand
6:25  Wittenberghorn
6:55  Feutersoey

Tourengänger: Bergamotte
Communities: Skitouren


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Kommentare (3)


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Delta Pro hat gesagt:
Gesendet am 5. Februar 2023 um 19:18
Sehr schöne Umsetzung dieses Projekts! Gratulation!

lorenzo hat gesagt: Offensichtlich...
Gesendet am 5. Februar 2023 um 20:48
...auch im Winter der Hammer - Hut ab!

Bergamotte hat gesagt: RE:Offensichtlich...
Gesendet am 7. Februar 2023 um 08:55
Die wahre Bewährungsprobe folgt dann im Sommer - danke für die Inspiration.


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