Kurzbericht 

Gradus ad Parnassum...


Publiziert von lorenzo , 8. Oktober 2022 um 19:08.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum: 5 Oktober 2022
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 8:15
Aufstieg: 2660 m
Abstieg: 1710 m
Strecke:16,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Frutigen, Rybrügg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Luftseilbahn Kandersteg-Allmenalp, cff logo Kandersteg (1,2km, 10min]
Kartennummer:LK 1227 Niesen, 1247 Adelboden; M. Brandt, Clubführer Berner Voralpen, SAC 1981

Um das Elsighorn hatte ich wegen den Bergbahnen und der Ski- und Wanderarena auf der Elsigenalp bisher einen grossen Bogen gemacht. Zum Allmegrat hatte mir im Juni 2006 die Hüttenwartin auf der Lohnerhütte geraten, weil am Gross Loner noch zu viel Schnee lag und Lawinengefahr herrschte. Und auf den Chlyne Loner war ich im Juni 2013 mit aufgeschnallten Ski über das W-Couloir aufgestiegen, weil es für einen Versuch der Vordere Loner N-Flanke ebenfalls noch zu viel Schnee hatte und zu warm war. Da ich die Ski wegen zu hartem Schnee und einigen Felspassagen wieder hatte hinunter tragen müssen, stieg ich anschliessend zum Trost noch auf den Bunderspitz, wo ich - so jedenfalls meine damalige Fantasie...- der seinerzeit legendären Adelbodner Abfahrtsweltmeisterin Annerösli Zryd begegnete, die mit dem Töffli zur Bunderalp hochgefahren, und von dort ebenfalls mit Ski aufgestiegen war, für mein ursprüngliches Projekt, das ich während einem angeregten Austausch beiläufig erwähnte, aber nur ein mitleidiges Kopfschütteln übrig hatte...Angeregt durch die Berichte von [u Bergamotte] zu den erwähnten Gipfeln wollte ich diese nun wie Mosaiksteine zu einem Ganzen zusammenfügen.

An einem klaren Oktobertag startete ich an der Kander unterhalb der Tellenburg und mogelte mich auf Wander- und Bergwegen mit zahlreichen Abkürzungen über den N-Rücken zum eigentlichen N-Grat des Elsighorns hoch, während im W der zuhinterst bereits angezuckerte Niesengrat zum Leben erwachte, und im E schon bald die Sonne über dem Ärmighore hervorblinzelte. Obwohl sperrig wirkend, liessen sich die bewaldeten Abschnitte des N-Grats dank eines Pfads gut begehen, und am felsigen Gipfelaufbau erschloss sich die einfachste Aufstiegsvariante in Form eines über den NE-Grat gelegten S fast wie von selbst. Auf dem Gipfel machte ich eine kurze Pause, während ein Paar gerade seine Zeltausrüstung zusammenpackte, und im Süden die endlich wieder weiss gekrönten Dreitausender über der Lenk, Adelboden und Kandersteg aufleuchteten. Nach einem fast zu bequemen Abstieg über die SE-Flanke und während dem Wiederaufstieg zum Golitschepass erwischte ich gerade noch im letzten Moment die Kurve für einen Abstecher zum Chilchhore, von dem sich der weitere Gratverlauf recht ansprechend präsentierte. D
urch ein steiles Grascouloir gelangte ich direkt von E auf den Stand, wo mich ein rastender Einheimischer - dem ich natürlich nichts vom Chlyne Lohner erzählte...- für den Weiterweg zur Allmenalp zuversichtlich stimmte, und am Hohwang NNW-Rücken verkürzten Firnreste den eintönigen Aufstieg über das rutschige Geröll.

Auf dem First angelangt, wo etliche Wandergruppen Rast hielten, legte auch ich einen kurzen Stärkungshalt ein. Das gröbste Soll an Höhenmetern endlich hinter mir, konnte ich es mir auf dem nun folgenden traumhaften Allmegrat, auf dem Running- und Genusskletterpassagen abwechselten,
 nun so richtig gut gehen lassen, während im SW der Gross Loner an Volumen gewann, und sich im E zu den zusehends höher aufbauenden Kanderstegern die Drei- und Viertausender über Lauterbrunnen und sogar dem Lötschental gesellten. Dazwischen rückten im Vordergrund aber die beiden nächsten Herausforderungen immer beunruhigender näher: der zackig und widerspenstig wirkende NE-Grat zum Bunderspitz, und der von M. Brandt mit ZS und von Bergamotte mit T6+ bewertete NW-Grat zum Chlyne Loner, dem höchsten und letzten für den heutigen Tag geplanten Gipfel. Beim Abstieg vom Allmegrat SW-Gipfel über den SW-Grat befürchtete ich noch, dass die Überkletterung der vielen Türme und Aufschwünge im Bunderspitz NE-Grat wohl viel Zeit in Anspruch nehmen, und ich deshalb womöglich noch die letzte Gondel von der Allmenalp hinunter nach Kandersteg verpassen würde. Die Sorgen erwiesen sich dann aber vor Ort als unbegründet, indem sich fast alle Hindernisse NW und zuoberst SE auf guten Pfadspuren umgehen liessen. Auf dem Gipfel begrüsste ich die auch hier rastenden Wanderer und machte mich voller Aufregung unverzüglich an den Abstieg über den Bundergrat zum Chlyne Loner NW-Grat, der Crux der gesamten Tour.

Nach der einfachen untersten Felsstufe stärkte ich mich nochmals und sprach mir Mut zu. Ich zog den Leichthelm über und entschied mich für die von Bergamotte beschriebene Variante durch die Rinne NE vom NW-Grat, die tatsächlich mit Genusskletterei in griffigem Kalk aufwartete. Zurück auf dem nun brüchigen Grat, legte sich meine Aufregung aber noch nicht, da gemäss Routenbeschreibung noch ein "äusserst brüchiges Gratstück" mit einer "besonders heiklen Stelle" zu überwinden sei. Ich versuchte also, weiter
kletternd Ruhe zu bewahren, indem ich, wie in solchen Situationen üblich, jeden Tritt und Griff auf seine Festigkeit prüfte. So kam ich zwar langsam, aber stetig voran, wobei nur an einer kurzen scharfen Passage kurz vor dem Gipfel vorbei kam, die jener beschriebenen Stelle annähernd hätte entsprechen können. Schliesslich küssten mich auf dem N-Gipfel die Musen Apoll's, und ich gönnte mir noch einen beflügelten Abstecher zum Mittelgipfel. Danach stieg ich vorsichtig über die abschüssige und rutschige SE-Flanke ab, umging die folgenden Gendarmen S auf Geröll und Gras, und machte beim Wegweiser auf dem Alpschelegrat erstmals eine richtige Pause. Mit federendem Schritt erreichte ich schliesslich früher als befürchtet die Allmenalp, und bewunderte dann mit einem Paar aus der Zentralschweiz von der Gondel aus die berauschenden Allmenbachfälle, bevor ich nach einem kurzen Dorfspaziergang durch Kandersteg am Bahnhof mit zahlreichen Touristen, die dieser goldene Oktobertag auch ins Oberland gelockt hatte, schon wieder den Lötschberger Richtung Unterland bestieg.

Elsighorn
Aufstieg: von der Busstation Rybrügg (781m) gelben Markierungen folgend SE an der Tellenburg vorbei zu P. 841, nach SSW über Weide zum Bergweg, und weiss-roten Markierungen (wr) folgend mit Abkürzungen über Trutten (1280m) zur Alphütte 1425 und bis ca. 1440m. Über Weide nach S zum N-Grat, und diesem entlang durch Wald (Pfadspuren) und auf Gras über mehrere Aufschwünge bis zum Gipfelaufbau bei ca. 2260m. Unter diesem nach SW, dann über ein Grasband schrag nach E hinauf zu einem Absatz, der zum NE-Grat leitet. Über diesen (Sicherungsstangen), oder SE davon auf Gras und leichten Felsen (I) zum Gipfel (2341m), 2h 45min, T5.

Abstieg: vom Gipfel (2341m) wr über die SE-Flanke bis ca. 2150m, und auf einem Pfad über Homatti und Homattihubel (2109m) zum Sattel 2044, 30min, T2.

Chilchhore-Stand-Howang
Vom Sattel 2044 wr nach E bis ca. 2060m, nach NE über Weide zum Grat, und auf diesem (Stellen I) über P. 2162 Abstecher zum Chilchhore (2162m) und zurück zu P. 2162. Weiter auf dem Grat (Pfadspuren) über P. 2163 zum Golitschehöri (2194m) und Abstieg zum Golitschepass (2178m). Dann wr bis zum ENE-Grat, durch ein Grascouloir S davon auf den Stand (2322m), und wr über den SW-Rücken zum Sattel 2280. Entlang der NNW-Kante auf Gras und Geröll zum Howang (2520m) und über den S-Grat hinab zum Sattel ca. 2475m, 1h 30min, T4.

First-Allmegrat-Bunderspitz
Vom Sattel ca. 2475m wr entlang dem N-Grat (Kabel) auf den First (2548m) und wr über den SW-Grat hinab zum Sattel ca. 2515m und weiter über die Gratkuppe ca. 2520m (Pfadspuren) zum Sattel 2473. Einen felsigen Gratabschnitt (I) passierend, dann weiter dem Grat folgend (Pfadspuren) und zuletzt in leichter Kletterei (I-II) auf den Allmegrat NE-Gipfel (2531m), und hinunter zum Sattel ca. 2485m. Über die Gratkuppe 2504 (Pfadspuren) zum Allmegrat SW-Gipfel (2521m) und über den SW-Grat (Pfadspuren) hinunter zum Sattel ca. 2435m. Entlang dem NE-Grat, zuerst P. 2448 überschreitend, dann Gendarmen NW umgehend (Pfadspuren, I) oder überkletternd (II) zum Gipfelaufbau. Querung nach SE auf die E-Kante, über diese zurück zum NE-Grat, und eine Scharte überschreitend (I) auf den Bunderspitz (2546m). Abstieg wr über den SE- oder Bundergrat zum Sattel ca. 2410m, 1h 30min, T5.

Chlyne Loner
Aufstieg: vom Sattel ca. 2410m auf dem unteren NW-Grat zu einer Felsstufe, die durch eine Rinne von W nach E überwunden wird, und weiter zum Beginn des mittleren NW-Grats. NE von diesem über eine Stufe (III-) in eine Rinne, und durch diese (II, mehrere Bh mit Schlingen) hinauf bis zu einer senkrechten Stufe. Querung nach E auf eine Rippe (II), und über diese (I-II, Bh mit Schlinge) zurück auf den Grat (Stand mit 2 Bh und Schlinge). Über den nun brüchigen oberen NW-Grat, mehrere Stufen und Gendarmen überkletternd (II) auf den N-Gipfel (2587m), und Abstecher auf den Mittelgipfel (2585m), 45min, WS.

Abstieg: S vom N-Gipfel (2587m) und vom E-Grat auf abschüssigen Schrofen und rutschigem Geröll durch eine Rinne und über die SE-Flanke (Stellen I) hinunter zum Kar. Die folgenden Gendarmen S auf Gras und Geröll umgehend, weiter entlang dem Grat zum Alpschelegrat (2315m). Zuletzt wr (zuoberst Kabel) über Obere Allme P. 2103 und Alphütte 2014, die folgenden Kehren der Alpstrasse ggf. abkürzend, hinunter zur Allmenalp (1730m), 1h., T5.

Insgesamt 8h 15min.

Von der Allmenalp (1730m) mit der alle 15min nach Bedarf fahrenden Seilbahn (packende Tiefblicke zu den Wasserfällen des Allmenbachs und zum Klettersteig) hinunter zur Talstation (1181m), und von dort gelben Markierungen folgend zum Bahnhof Kandersteg (1171m), 10min, T1.

Verhältnisse: sonnig, mild und klar. Gras morgens noch feucht, später wie Pfade und Felsen trocken. Schneereste oberhalb ca. 2300m.

Material: Leichthelm und für alle Fälle Leichtpickel, 30m 6mm Reepschnur, 2 Schlingen und 1 Express (nicht gebraucht) zusätzlich zu üblicher Alpinwanderausrüstung.

Fahrplan: 7.15 Start Rybrügg, 10 Uhr Elsighorn, 12.15 First, 13.15 Bunderspitz, 14.15 Chlyne Loner, 15.30 Untere Allme.

Tourengänger: lorenzo


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