Rotstock (Eiger)


Publiziert von Bergmax , 30. September 2022 um 21:24.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:11 September 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2 (WS)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:Kleine Scheidegg - Wart - Klettersteig - Rotstock - Station Eigergletscher - Eigertrail - Alpiglen - Brandegg - Grund - Grindelwald
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zug nach Lauterbrunnen, Zahnradbahn zur Kleinen Scheidegg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Zug ab Grindelwald
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Im Schatten der Eigerwand...

Der hübsche kleine Rotstock am Rande der Eigernordwand lässt sich prima in einen Ausflug mit dem Zug integrieren. Das ergibt zwar keine kreative, aber eine genussreiche Tour. So der Plan... Rückblickend fand ich es eigentlich erstaunlich stressig.

Bis Interlaken geht es aus Richtung Basel recht flott und gemütlich im IC-Schnellzug. Danach schon etwas beengt nach Lauterbrunnen. Die Wengernalpbahn zur Kleinen Scheidegg ist dann nur etwas für Großstädter: echtes U-Bahn-Flair mit brettharten Stahlbänken. Dies darf ich heute sogar etwas länger genießen, bevor ich endlich mit 20 Minuten Verspätung den Bahnhof (2061 m) erreiche.

Es fühlt sich befreiend an, endlich loszulaufen. Natürlich ist die Aussicht fantastisch und lässt den Anreisestress schnell vergessen. Vor allem das Silberhorn fasziniert mich heute... Zwischen dem Fallbodensee und dem Eigertrail bei Wart gibt es eine nur teilweise markierte Abkürzung, die recht angenehm zu gehen ist.

Der Klettersteig hat definitiv seinen Reiz, wenn man so darauf zugeht. Düstere Schluchten, steile Wände. Natürlich ist alles noch ein bisschen spannender, weil er am Rand der WAND hochgeht (wenn auch nur ein winziges Stückchen...).
Die ersten knapp einhundert Höhenmeter sind dann auch am spannendsten. Technisch leicht, aber einigermaßen steil und auch recht luftig turnt man die Leitern hoch. Das Stahlseil scheint immer so verankert zu sein, dass ein Sturz zielsicher auf den nächsttieferen Absatz anstatt im Klettersteigset enden würde, aber vielleicht kommt es mir auch nur so vor - wie geschrieben ist das Vergnügen technisch ohnehin eher einfach. Schon bald legt sich das Gelände zurück. Über gesicherte Felsstufen kraxelt man unausgesetzt in der recht eindrücklichen Schlucht aufwärts. Ich hänge mich nicht überall ein, aber das soll jeder selbst entscheiden. Nach dem verschlossenen Stollenloch der Jungfraubahn muss scheinbar noch eine Wand überwunden werden, diese löst sich aber letztlich recht unspektakulär auf. Ein kleines Highlight ist die uralte (angeblich über 100 Jahre alte) Leiter, die in diesem Bereich begangen wird.

In der Rotstockscharte wird es plötzlich hell. Die letzten Meter zum Gipfel des Rotstocks (2663 m) auf der Südseite sind ein hübscher Kontrast zu der düsteren Schlucht auf der Nordseite. Von oben hat man einen wunderbaren Einblick in die Eiger-Westflanke. Obwohl dort alles ungemütlich und auch ziemlich gefährlich aussieht, fasziniert mich dieser Weg zum Eiger mehr als der berühmte Mittellegigrat. 

Deshalb ist es auch kein Wunder, dass mir der Abstieg vom Rotstock durch den untersten Teil dieser Westflanke gut gefällt. Dort gibt es einen längeren Abschnitt über nicht allzu steile, aber trittarme Felsen, die üppig mit Fixseilen (keine Drahtseile) ausgerüstet sind. Man kann sich mehr oder weniger daran herabhangeln und kommt sehr schnell voran. Ich empfinde den Abstieg als lohnendes, wenn auch etwas unkonventionelles T4. Wer die Seile verschmäht, wird wohl eher in Richtung T5 und II unterwegs sein.

An der Station Eigergletscher (2320 m) ist die Wanderung noch nicht zu Ende. Ich möchte über den kompletten Eigertrail bis zur Gletscherschlucht absteigen und ab dort den Bus zum Bahnhof Grindelwald nehmen. Das erste Wegstück unter dem Rotstock (mit seiner respektablen Nordwestwand) ist schnell geschafft. Bei Wart, wo ich meinen Hinweg kreuze, beginnt der spannendste Teil des Eigertrails. Faszinierend, wie stark gegliedert und komplex die riesige Nordwand ist. Leider entfernt sich der Weg schon nach etwa einem Kilometer ab Wart ziemlich von der Wand und die Faszination lässt spürbar nach. Kurz vor dem Ende des eigentlichen Eigertrails lohnt es sich, die Wasserfälle in dem Tobel mit P. 1822 zu bestaunen.

Irgendwie habe ich jetzt keine Lust mehr, die östliche Verlängerung der Wanderroute noch anzuhängen. Denn auch eine eigentlich tolle Landschaft wird irgendwann monoton. Also gehe ich hinunter nach Alpiglen, wo mir die Zahnradbahn vor der Nase wegfährt.
Anstatt zu warten wandere ich einfach weiter talwärts bis zur Station Brandegg. Dort fällt mir auf, dass der Fahrkartenautomat kein Bargeld nimmt. Es ist nicht so, dass ich keine Karte habe, aber ich zahle für jede CHF-Buchung eine Gebühr und das wurmt mich in diesem Moment. Trotzig verschmähe ich den Zug und wandere noch weiter abwärts bis zur Station Grund (940 m). Dieser Abstieg verläuft zu 100% auf Asphalt und macht keinen Spaß. Als ich dort ankomme, fährt gerade kein Zug, aber angeblich ein Bus. Aber er kommt nicht. Vielleicht stehe ich auch an der falschen Haltestelle. Gereizt verzichte ich auf weitere ÖV-Experimente ab Grund und marschiere wieder 100 Höhenmeter hinauf zum eigentlichen Bahnhof Grindelwald (1034 m).

Dort habe ich endlich etwas Glück, dass nicht nur ein Zug nach Interlaken fährt - ich ergattere auch noch einen Sitzplatz. So gesehen war es gut, dass die neue Station Terminal auf den Wegweisern gar nicht erwähnt wird - man bekommt dort ja eh keinen Platz mehr in der Bahn. In Interlaken Ost stellt sich heraus, dass zu dieser Taktzeit gerade kein IC nach Basel fährt, sondern nur ein RE nach Spiez mit Anschluss zum IC Brig - Basel. Ich verweigere diese Sardinenbüchse, warte noch eine halbe Stunde auf den nächsten direkten IC.

Schließlich komme ich nach 15 1/4 Stunden wieder daheim im Schwarzwald an. Über neun Stunden davon habe ich mehrheitlich unkomfortabel im Zug oder auf Bahnhöfen verbracht. Ehrlich gesagt habe ich mir den Tag weniger zermürbend vorgestellt...

Schwierigkeiten & Gehzeiten

Kleine Scheidegg - Wart: 45 min, T2
Wart - Rotstock: 1 h 15 min, Klettersteig WS
Rotstock - Eigergletscher: 45 min, T4 / I (mit Benutzung der Fixseile)
Eigergletscher - Eiger Trail - Alpiglen: 1 h 30 min, T2
Alpiglen - Brandegg - Grund - Grindelwald: 1 h 30 min, T1 (fast nur Asphalt, besser meiden)

Fazit - wenn ich nur an den Rotstock denke und den Rest vergesse: prima...

Tourengänger: Bergmax


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