Gross Muttenhorn 3099m, Überschreitung Ost-West von Realp nach Oberwald


Publiziert von Ororretto , 25. August 2022 um 22:53.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:23 August 2022
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-VS 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1950 m
Strecke:21 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Realp
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Oberwald
Unterkunftmöglichkeiten:Hotels in Realp und Oberwald, entlang der Strecke gibt es keine Unterkünfte!

Das Gross Muttenhorn ist einer der höchsten Gipfel in jenem Gebiet der Alpen, wo Berner, Urner, Glarner, Bündner, Tessiner und Walliser Alpen aufeinandertreffen. Demenstsprechend eindrücklich ist die Aussicht vom Gipfel in alle Teile der Schweizer Alpen. Mit dem Aufstieg via Ostgrat und Abstieg via Westgrat ergibt sich eine Überschreitung vom Kanton Uri ins Wallis, welche für geübte Alpinwanderer ein absoluter Hochgenuss ist. Praktisch alle Berichte beschreiben die Überschreitung mit Start und Ende auf der Furkapasshöhe. Während dies für Automobilisten und Hohenmeter-scheue Berggänger die attraktivste Variante ist, habe ich mich für eine ÖV-technisch etwas interessantere und exklusivere Variante entschieden: Von Realp nach Oberwald. Bei diesen beiden Talorten befinden sich zudem auch gerade die beiden Portale des Furka-Basistunnels, was dieser Route auch noch einen besonderen Reiz verleiht.

Los gehts um 08:25 in Realp, frühestmöglicher Startpunkt fürs Zürcher Oberland, wenn man am selben Tag anreist. Ich folge den markierten Wanderwegen in Richtung "Stotzigen Firsten". Zuerst durchs Dorf und dann gemütlich entlang der Furka-Bergstrecke kann man sich schön warmlaufen. Nach der Brücke über die junge Reuss verlässt der Wanderweg Richtung Stotzigen Firsten bald die Strasse und führt auf gut ausgetretenem Weg weiter bergwärts. Rund 1000 Höhenmeter gilt es in diesem ersten Abschnitt zu bewältigen - der längste zusammenhängende Aufstieg heute. Vom breiten Grasrücken hat man bald eine schöne Aussicht Richtung Galenstock.

Ab ca. 2300m wird der Weg undeutlicher, die Markierungen reichen aber aus, um den Weg nicht zu verlieren, aber man muss jetzt etwas mehr darauf achten, da es einige irreführende Wegspuren gibt. Die auf der LK eingetragene Wegführung stimmt jedoch mit ziemlich grosser Sicherheit nicht mit der vor Ort markierten Wegführung überein (vgl. GPS-Track).

Auf ca. 2450m kann rechterhand ein kleiner (aktuell etwas trockener) See erspäht werden. Auf dieser Höhe verlasse ich den markierten Weg, da ich nicht bis 2600m aufsteigen und dann grade wieder absteigen möchte. Stattdessen habe ich auf der LK und Satellitenbild eine durchgängige, meist flache Wegspur entdeckt, welche von hier aus direkt zum Muttonhorn-Ostgrat führt. Auf der Höhe dieses namenlosen Sees auf 2444m bei Simmigstafel verlasse ich den Weg also nach links. Ich steige auf eine kleine Hügelkuppe auf, und sehe von dort das nächste Etappenziel: Den Garschigsee. Ich steige ein paar Meter ab und stosse auf eine deutliche Wegspur welche mich zum See führt. Am See gibts mal eine erste kurze Pause.

Ich folge den Wegspuren am See entlang und weiter Richtung Gross Muttenhorn. Es folgt ein weiterer kurzer Abstieg zu einer kleinen Hütte. Bei der Hütte sollte man sich nach links und leicht abwärts halten, die deutlichste Wegspur zieht nach rechts wieder zum Wanderweg zurück. Hier leistet mir die swisstopo-App sehr gute Dienste: Ich habe mir bei der Planung der Wanderung die beabsichtigte Wegführung als KML-File am PC eingetragen, aufs Handy geladen und in der swisstopo-App geöffnet. Mit dem GPS-Tracking konnte ich so sehr einfach prüfen, ob ich auf der richtigen Route bin. Der diesem Bericht beigefügte Track kann gern dazu verwendet werden. Es geht weiter direkt auf den Ostgrat des Gross Muttenhorns zu, meistens flach oder leicht absteigend. Im Gebiet "Ampelenplanggen" wird das Gelände etwas steiler und der Weg ist zum Teil etwas abgerutscht oder weggewaschen worden. Dies bereitet aber keine grösseren Probleme und ich erreiche bald wieder den markierten Wanderweg, welcher von Stotzigen Firsten zur Rotondohütte führt.

Von Weitem konnte ich den Zustieg zum Ostgrat bereits gut studieren und mir eine Route überlegen. Von Nahem sieht das Ganze dann viel einfacher aus als zuerst befürchtet: Das Gelände ist gut ganggbar und nicht allzu steil. Bei der zweiten Bachquerung verlasse ich den markierten Wanderweg und steige schräg zum von Felsen begrenzten Grasrücken auf. Dieser lässt sich von unten einfach ersteigen. Auf dem Grasrücken geht es einfach (T4-) nach oben und links in Richtung des ausgeprägteren Teils des Ostgrats, und bald wird der auf der LK markierte Punkt 2611 Muttenstöck erreicht wo der eigentliche Gratspass beginnt.

Der Ostgrat ist eigentlich immer ziemlich breit und nicht ausgesetzt. Bei den meisten felsigen Stellen kann man wählen, ob man die Stelle im ersten oder zweiten Klettergrat bewältigen will, oder die Stellen ganz umgehen will (meistens T4). Meine Routenwahl fällt meistens auf I-er und einfache II-er Stellen, meistens bin ich zuoberst auf dem Grat unterwegs. Alle Klettereinsätze sind kurz und können dank geringer Ausgesetztheit ziemlich unbeschwert angegangen werden. Auf den letzten paar Höhenmetern wird das Gelände etwas steiler, die technischen Schwierigkeiten aber kaum höher. Der Grat endet an einem Vorgipfel, von welchem aus der Hauptgipfel flach und einfach erreicht wird.

Obwohl mir Meteoblue für heute noch ein paar Wolken vorhergesagt hat, ist der Himmel weitherum wolkenfrei und die Aussicht in alle Himmelsrichtungen phänomenal.

Der Abstieg führt zuoberst erst einmal durch ziemlich steiles Blockgelände, etwas Vorsicht ist geboten (T4). Bald wird der Punkt 3003 erreicht, von wo aus auch zum Gletscher abgestiegen werden könnte (vgl. andere Berichte für diese Route). Ich bleibe auf dem Grat und stehe sogleich auch vor der generell als Schlüsselstelle bezeichneten Felsformation. Diese kann gemäss Berichten im ersten Klettergrat überklettert werden. Alternativ gibt es in der Südflanke eine Umgehung (T4). Ich versuche die Kletter-Variante. Ein erster kleiner Steinmann ist ersichtlich, danach kommt ein zweiter in Sicht. Ich erinnere mich an die Beschreibung im *Bericht von Daenu: "Zuerst steigen wir links am ersten Felsen vorbei, dann queren wir zwischen den Felsen auf die Nordseite (Kratzspuren von Steigeisen). Zuerst steigen wir einige Meter ab, dann gleich wieder hoch in eine Scharte und auf die Südseite zurück (gleich nach dem grossen Felsen). Kurzer Abstieg im Fels in eine Rinne und auf der anderen Seite im Geröll wieder hoch. Nun wird der Grat wieder breiter.". Durch eine Scharte komme ich vom zweiten Steinmann auf die ausgesetzte Nordseite, und kurz danach durch einen schmalen Spalt wieder zurück auf die Südseite. Dort finde ich jedoch keinen Abstieg, der mir einfach genug wäre. Generell war die Route durch die beiden Felsscharten bereits deutlich anspruchsvoller als die Kraxelei am Ostgrat, vor allem wegen der Ausgesetztheit auf der Nordseite. Ich versuche noch ein paar andere Routen, gebe aber schliesslich auf und steige zurück zur Umgehung der Schlüsselstelle und traversiere die Stelle südseitig.

Hier begegne ich dem ersten und einzigen anderen Wanderer heute. Ganz kurz hatte ich ihn schon beim Einstieg in die Schlüsselstelle gesehen, und mich gewundert, dass er mir noch nicht entgegengekommen ist. Jetzt sehe ich, dass er auch noch an der Schlüsselstelle von der anderen Seite am herumstudieren ist. Ein lautes Surren lenkt meinen Blick gen Himmel: Clever: Offenbar erkundet der Bergkollege die Stelle mit einer Drohne! Leider sehe ich ihn aber nur von Weitem - die Umgehung steigt erst ein Stück weit weg von der Schlüsselstelle zurück auf den Grat auf, so dass es zu keinem Gespräch kommt.

Nun wieder zurück auf dem Grat geht es meistens im T4 über den unebenen Grat, es gibt einige Gegensteigungen. Bald stehe ich vor dem Tällistock, welchen ich als Option für die Route in Betracht gezogen hatte. Da mittlerweile Konzentration, Kondition und Zeitbudget schon merklich nachgelassen haben, entscheide ich mich jedoch gegen eine Überschreitung des Tällistocks, folge dem deutlichen Weg durch seine Flanke (T3) und stehe bald wieder auf dem markierten Wanderweg bei P. 2771.

Von hier aus kann man entscheiden, ob man in 1h 05min zum Furkapass wandert, oder aber in rund 2h 40min die restlichen 1400 Höhenmeter runter nach Oberwald bewältigt. Ich bleibe bei meinem ursprünglichen Plan und folge dem Weg Richtung Oberwald. Über den breiten, grasigen und wenig steilen Tälligrat gehts nun abwärts. Da ich schon den Tällistock ausgelassen habe, wollte ich wenigstens noch den P. 2626 auf dem Tälligrat mitnehmen, welcher mit nur wenigen zusätzlichen Höhenmetern erreicht wird. Belohnt werde ich mit schöner Aussicht Richtung Rhonegletscher sowie Rückblick zum Gross Muttenhorn. Bald darauf wird das Kreuz bei Gale auf 2500m erreicht. Hier wird der Hang deutlich steiler und man sieht zum ersten Mal bis nach Oberwald runter - es gibt noch einige Höhenmeter zu tilgen!

Der weitere Abstieg ist nun recht eintönig und stellenweise etwas mühsam, da der Weg tief eingegraben ist, aber kaum Platz für zwei Füsse nebeneinander bietet sodass man öfters Gefahr läuft, über die eigenen Füsse zu stolpern. In diesem Hang hat es zudem sehr viele Wegspuren, aber nicht allzu viele Wanderwegzeichen, sodass ich hin und wieder die Karte konsultieren muss. Solang es aber abwärts geht ist man sicher nicht allzu falsch. Ich erreiche schliesslich das Bergrestaurant Hungerberg (ist bei Pt. 2771 beim Tälligrat als "Tabel" ausgeschrieben) und eine weitere Stunde später Oberwald. Nun noch durch das Dorf und zum Bahnhof und es ist geschafft.

Gerade einmal 15 Minuten braucht der Zug nach Realp, um die Strecke, für welche ich elf Stunden unterwegs war, zurückzulegen.

Zeiten und Schwierigkeiten
Hinweis: Die Wegzeiten und Schwierigkeiten beziehen sich auf die Strecke zwischen dem Checkpoint der vorhergehenden Zeile und dem Checkpoint der eingetragenen Zeile.
Zeit Checkpoint Höhe Angegebene Wegzeit Meine Wegzeit Pause Schwierigkeit
08:25 Realp 1538m        
09:05 Laubgädem 1729m 55min 40min   T2
10:35 Garschigsee 2445m - 1h 30min 15min T3
11:50 Verzweigung Ampelenplanggen 2400m - 1h 15min T3+
12:35 Muttenstöck / Pt. 2611 2611m - 30min 30min T4-
14:05 Gross Muttenhorn 3099m - 1h 30min T5-/II
16:45 Wegweiser "Tällistock" / Pt. 2711 2711m - 2h 10min* 10min T4*
18:30 Bergrestaurant Hungerberg / Tabel 1771m 1h 35min 1h 35min   T3
19:30 Oberwald Bahnhof 1367m 1h 5min 1h   T2
* Gross Muttenhorn Westgrat: Schwierigkeit, wenn Schlüsselstelle umgangen wird. Wegzeit beinhaltet ca. 30 Minuten erfolgloses Herumkraxeln an der Schlüsselstelle.

Wegzeit Total: 9h 25min
- Realp - Gross Muttenhorn: 4h 40min
- Gross Muttenhorn - Oberwald: 4h 45min

Pausen Total: 1h 40min
Zeitaufwand Total: 11h 5min

Varianten

Start und/oder Ende auf der Furka-Passhöhe. Erreichbar mit ÖV (Postauto), aber nur wenige Verbindungen.

Ausrüstung
Wanderschuhe und Helm. Die ganze Route war vollständig schnee- und eisfrei.

Tourengänger: Ororretto


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Geodaten
 57472.kml Manuell eingetragener Track

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Kommentare (1)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 27. August 2022 um 17:08
sehr interessant, der Anstieg ab Realp über den Ostgrat!


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