So einiger versteckter Granit im Tal des Sulzbächles


Publiziert von Schubi , 25. Juli 2022 um 17:37.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:16 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 792 m
Abstieg: 792 m
Strecke:9,7 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Am Abzweig zum Wohnplatz Sulzbächle 40/41 ist Platz zum Parken ÖPNV: Haltestelle Halbmeil der Kinzigtalbahn
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.

Warum überhaupt will sich Granit verstecken? Und: vor wem? Oder, investigativ betrachtet: wer hätte Interesse daran, Granit im Schwarzwald zu verstecken? Wenn solche und ähnliche Gedanken beim Lesen der Titelzeile aufkommen hab ich alles richtig gemacht, denn eigentlich suchte ich nur nach einem albernen Intro für meinen Bericht. Festzustellen bleibt (auch nach dieser Tour), dass das Granit-Grundgebirge des Schwarzwalds lieber mal unter schattigen Bäumen versteckt hervortritt und dort träge liegen bleibt, als sich in weithin sichtbarer Kanzel-Form pro-aktiv ins Tal herauszuschieben (wie sich's Hirsche, Jäger, Fotografen und Landschaftsmaler halt gerne so wünschen).

Egal ob versteckte oder herausragende Granite: sie alle bieten mitunter Plaisir beim Auskundschaften von Durchstiegsrouten und Try-And-Error-Kraxeleien. Mitunter sind sie auch einfach nur komplett von nerviger Vegetation vereinnahmt. In diesem Sinne also auch bei dieser Tour: schaumermol, dann sängmerscho.

Als Soundtrack zum Bericht haben die fantastischen Helio Sequence ihr Stoic Resemblance geschrieben.


Grundlage und Motivation zur Tour ist mal wieder die topographische Karte. Sie deutet mir, speziell in der Westflanke des Sulzbächle-Tals, mehrere Felsrippen undoder -Kanzeln an. Um das alles in eine Runde packen zu können, wird ein rechter Zick-Zack-Routenverlauf nötig sein und ich leg mir dafür zuhause also ein grobes GPX an (das hier im Bericht hinterlegte ist relativ genau die gegangene Route). Den Gipfel des nahen Kapfs (731 m) will ich höflichkeitshalber auch noch mitnehmen. Das Sulzbächle-Tal ist eines der steiler eingeschnittenen Seitentäler des Kinzigtals, von denen ich in letzter Zeit ja schon einige erkundet habe. Grad südlich gegenüber auf der anderen Seite des Kinzigtas liegt z. B. das Tal des Erdlinsbachs, *hier und *da gibt es Berichte zu ihm. Wenn ich das Badische Landesarchiv ums Sulzbächle bemühe, erfahre ich, dass am Suzbächle vor langer Zeit wohl mal Kupfer, Blei und Kobalt abgebaut wurden, die Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Baden berichten 1865 davon. Und sogar von dortigen  "prächtigen Felsgruppen" ist in dieser Schrift die Rede – so schliesst sich der Kreis.

Alles Felsige der heutigen Tour liegt im Gewann Hohberghalde, das ist die Westflanke des das Tal westlich begrenzenden Hohbergs. Start und Parkmöglichkeit unten im Tal. Kurz einen Forstweg herauf und bald in den Hang weglos weiter hoch, unterholzig zur ersten Felsformation: eine Granitrippe, die sich den Hang heraufzieht, rechts/nördlich fällt sie teils recht schroff ab. Ein Forstweg quert die Rippe, ich folge ihr noch höher, aber ihre felsige Aufwölbung verliert sich bald im Waldgelände. Deswegen GPS-geführt wieder herab, nordöstlich diagonal (mit erneuter Wegquerung), um ins benachbarte Terrain zu gelangen, wo die evtl. nächste Rippe versteckt liegen könnte. Tatsächlich finde ich diese Nachbarrippe bald und steige seitlich in sie hoch und auf ihr wieder bergan. Hier geht es jetzt schon etwas herzhafter zur Sache und die Hände müssen aus dem Hosensack. Auf ihrer Kammlinie angekommen sehe ich, wie schmal sie ist, hier eigentlich eher ein Grat. Nordseitig hat dieser eine tiefe Abbruchkante ... wow! Jenseits des nun bald zum dritten Mal gequerten Fortstwegs zieht sich die Rippe weiter schneidig hoch, dort auch ihre beste Kraxelpartie. Zwischenstufen bilden kleine Kanzeln mit netten Talblicken aus – schön. Schliesslich läuft sie im Hang aus und ich quere nördlich auf gleicher Höhe durchs Unterholz rüber zu einer vermuteten nächsten Rippe. Diese ist im oberen Bereich nicht sehr strukturiert und recht zugewachsen. Weiter unten öffnet sich die Vegetation etwas und es wird auch felsiger mit Ausblicken. Alles aber net so dramatisch, deswegen auf gleicher Höher nördlich weiter und die nächste Rippe gefunden. Sie verliert sich in beide Richtungen ebenfalls rasch. Also mal nach Gefühl weiter unterholzig nordöstlich. Hier gibt nur noch singulär liegende Felsgruppen, tendenziell überwuchert und daher meist ohne Talblicke und nicht kraxel-lohnend. Also erneut die restlichen Meter herab zum heute schon kennengelernten Forstweg, der netterweise die ganze Zeit parallel unterhalb verläuft.

Ich gehe auf ihm kurz nordöstlich. Der Weg endet an der nächsten Rippe in der To-Do-List, also mal herauf in die Botanik gestiegen. Tatsächlich hebt sie sich oben im Hang zunächst noch sanft, weiter bergan dann deutlicher heraus, aber leider nicht sich zum Grat verschmälernd. Interessanterweise hat auch sie zu ihrer Nordseite hin eine Abbruchkante, bleibt aber sonst recht unspektakulär. Sie läuft bald im Gelände nach oben aus und ich steige in der Fallinie des Hangs weiter hoch, bis ich auf einen aufgelassenen Forstweg treffe, den ich aber erst mal ignoriere. Nahbei eine kleine Felsgruppe für Kraxelübungen entdeckt: Neben ihr eine (wieder zuwuchernde) Rodungsfläche mit Talblick und nur wenige Meter oberhalb eine Wiesen-Lichtung. Das ist nun schon der Rücken des Hohbergs für den Rückweg. Ich schau, dass ich wieder den vorhin verlassenen Weg unterhalb finde. Auf ihm nur kurz nordöstlich und erneut (links) ins Gehülz gestiegen auf der Suche nach der nächsten Rippe.

Langsam schält sie sich aus dem Hang heraus und wird schmaler. Die zunächst kraxelbaren Felsen gehen aber allzubald in eine Steilstufe über, leider zu heavy zum direkten Abklettern. Also südseitg kurz runtergestiegen und westlich-untenrum nach einem schönen Durchstieg wieder herauf Ausschau gehalten. Der ergibt sich bald auf der Nordostseite des Fels-Ensembles: wunderschön gestuft , kurz um eine Nase herum und mit Varianten-Möglichkeiten weiter durch knorrige Eichen herauf bis zu einer wunderschönen Aussicht aufs Sulzbächle-Tal – Veschper! Und weiter geht's ... die Karte spricht nah nordwestlich von einem "Hohbergfelsen": GPX-geleitet finde ich ihn, ungewöhnlich niedrig-unscheinbar jedoch ist er ... ich tippe, das ist eine Ungenauigkeit des Kartographen, so wie auch erst vor ein paar Monaten im nahen Erdlinsbach-Tal erlebt/vermutet. Also auf zum nächsten Hoffentlich-Highlight, dem Rappengrund, laut Karte ein kleiner Tobel mit südlich angrenzenden Felsen. Einen kurzen Abschnitts des Wegs dorthin kann ich wieder auf einem Forstweg gehen, für die restliche Orientierung im Unterholz leistet GPS gute Dienste. Ich nähere mich den sich zu einer steilen Rippe (die Rippe am Rappengrund, höhö) aufschwingenden Felsen von der Tobelseite her und quere hoch.Oben freu ich mich, wieder in der Sonne zu stehen. Es ist ein recht zugewachsener Grat, nur einmal müssen die Hände ran, um bis nach ganz vorn zu kommen. Dort bricht das Ganze jäh in die Tiefe ab und ich habe einen prächtigen Talblick. Deswegen erneut: Veschper! Das Ganze ist eine Rippe mit einem Kanzel-Abbruch vorne sozusagen. In Anbetracht der Höhe dieser (für Schwarzwald-Verhältnisse) recht mächtigen Felskanzel und aufgrund einer im Netz gefundenen Abhandlung über regionale Felsen und ihre Benennungen (S. 6) tippe ich, dass dies nun der eigentliche Hohbergfelsen sein dürfte. Wieauchimmer: schön ist's hier droben und nein, ich denke nicht, dass ein etwas eckig verwitterter Block an der höchsten Stelle des kurzen Grats  in vorchristlichen Zeiten ein "Altar" war, wie es vom Autor der Abhandlung raunend suggeriert wird ... ich könnte im näherer Umkreis so einige derartig gefomter Blöcke aufzählen. Aber, ja: meistens klüftet/bricht/verwittert Granit nicht dermassen symbolig in Grabstein-Kontur wie hier. Nunja, bissel mystifizieren geht halt immer ...

Wieder zurück und bei der nächst-sich-bietenden Möglichkeit die Nordflanke der Felsformation heruntergerumpelt, zum Bachlauf im Rappengrund. Nah unterhalb hat er sich eine erstaunlich steile Rinne in den Granit geschliffen. In nicht so trockenen Zeiten wie jetzt dürfte es hier sehr laut rauschen ... etwas oberhalb befülle ich eine Trinkflasche im Bachbett und gehe GPX-geführt querholz-nördlich zu einem (aufgelassenen) Forstweg. Dieser bringt mich nördlich zu einer letzten (kurzen) Felsrippe. Ich erlaube mir, bequem vom Weg aus bergseitig draufzugehen. Das war's für heut mit den (weglosen) Erkundungen. Forstwege bringen mich nun hoch auf den Rücken des Hohbergs. Ihn entlang dann auf dem "Eckenhöhenweg" bequem und fast eben nach Süden. Bevor ich aber wieder zum Wagen absteige, erfolgt noch ein kurzer Höflichkeits-Abstecher (Pfadspuren) zur nahen Kuppe des Kapf (731 m). Erwartungsgemäß sind die Fernblicke von seiner höchsten Stelle "durch-wachsen" in guter Schwarzwald-Tradition :-) Schliesslich zur letzten Weggabelung wieder zurück und dann über den (wirklich schön geführten, markierten) "Eselspfad" sowie Forstwege herab zum Ausgangspunkt.

Fazit: interessante Erkundungsrunde über so einigen versteckten, aber auch präsenten Granit und dabei ein weiteres stilles Kinzig-Seitental kennengelernt. Im Rückblick würde es sicher auch reichen, wenn man sich auf die Zweite und die beiden letzten Rippen (letzte = Hohbergfelsen) beschränkt. Meist hat man die Wahl, wie schwierig man es sich mit dem Klettern machen will (I bis II). Hier und da bin ich zusätzlich einfach zum Üben reingestiegen. Recht hoher Weglos- und Kraxel-Anteil in der ersten Hälfte der Tour, deswegen war jetzt im Hochsommer der frühe Start sinnvoll. Ebenfalls sinnvoll sind wegen der dichten Botanik lange Ärmel und Hosen sowie eine Sportbrille.

Eine Tour aus der Rubrik Unterholz-Preziosen



Tourengänger: Schubi


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Kommentare (2)


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Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 26. Juli 2022 um 07:47
Sehr schöne Tour haste da wieder gemacht! Granitulation!

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Juli 2022 um 10:56
:o) Danke Dir!


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